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Besonders ist es aber die Landschaftsmalerei, die hier eine früher nicht geahnte Bedeutung gewonnen hat. Schon in der ersten Hälfte des Jahrhunderts hatte einer unserer größten und vielseitigsten Naturforscher, Alexander Humboldt, darauf hingewiesen, wie die Entwickelung der modernen Landschaftsmalerei nicht nur als „Anregungs- Mittel zum Naturstudium“ und als geographisches Anschauungs-Mittel von hoher Bedeutung sei, sondern wie sie auch in anderer Beziehung als ein edles Bildungsmittel hochzuschäßen sei. Seitdem ist der Sinn dafür noch bedeutend weiter entwickelt. Es sollte Aufgabe jeder Schule sein, die Kinder frühzeitig zum Genusse der Landschaft anzuleiten und zu der höchst dankbaren Kunst, sie durch Zeichnen und Aquarell-Malen ihrem Gedächtniß einzuprägen.

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Moderner Naturgenuß. Der unendliche Reichthum der Natur an Schönem und Erhabenem bietet jedem Menschen, der offene Augen und ästhetischen Sinn besigt, eine unerschöpfliche Fülle der herrlichsten Gaben. So werthvoll und beglückend aber auch der unmittelbare Genuß jeder einzelnen Gabe ist, so wird deren Werth doch noch hoch gesteigert durch die Erkenntniß ihrer Bedeutung und ihres Zusammenhanges mit der übrigen Natur. Als Alexander Humboldt vor fünfzig Jahren in seinem großartigen „Kosmos“ den Entwurf einer physischen Weltbeschreibung" gab, als er in seinen mustergültigen „Ansichten der Natur" wissenschaftliche und ästhetische Betrachtung in glücklichster Weise verband, da hat er mit Recht hervorgehoben, wie eng der veredelte Naturgenuß mit der „wissenschaftlichen Ergründung der Weltgefeße" verknüpft ist, und wie beide vereinigt dazu dienen, das Menschenwesen auf eine höhere Stufe der Vollendung zu erheben. Die staunende Bewunderung, mit der wir den gestirnten Himmel und das mikroskopische Leben in einem Wassertropfen betrachten, die Ehrfurcht, mit der wir das wunderbare Wirken der Energie in der bewegten Materie untersuchen,

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die Andacht, mit welcher wir die Geltung des allumfassenden Substanz-Gesetzes im Universum verehren, sie alle sind Bestandtheile unseres Gemüths-Lebens, die unter den Begriff der „natürlichen Religion" fallen.

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Diesseits und Jenseits. Die angedeuteten Fortschritte der Neuzeit in der Erkenntniß des Wahren und im Genusse des Schönen bilden ebenso einerseits einen werthvollen Inhalt unserer monistischen Religion, als sie andererseits in feindlichem Gegensaße zum Christenthum stehen. Denn der menschliche Geist lebt dort in dem bekannten Diesseits", hier in einem unbekannten „Jenseits“. Unser Monismus lehrt, daß wir sterbliche Kinder der Erde sind, die ein oder zwei, höchstens drei „Menschenalter" hindurch das Glück haben, im Diesseits die Herrlichkeiten dieses Planeten zu genießen, die unerschöpfliche Fülle seiner Schönheit zu schauen und die wunderbaren Spiele seiner Naturkräfte zu erkennen. Das Christenthum dagegen lehrt, daß die Erde ein elendes Jammerthal ist, auf welchem wir bloß eine kurze Zeit lang uns zu fasteien und abzuquälen brauchen, um sodann im „Jenseits ein ewiges Leben voller Wonne zn genießen. Wo dieses Jenseits" liegt, und wie diese Herrlichkeit des ewigen Lebens eigentlich beschaffen sein soll, das hat uns noch keine „Offenbarung“ gesagt. Solange der „Himmel“ für den Menschen ein blaues Zelt war, ausgespannt über der scheibenförmigen Erde und erleuchtet durch das blinkende Lampenlicht einiger tausend Sterne, konnte sich die menschliche Phantasie oben in diesem Himmelssaal allenfalls das ambrosische Gastmahl der olympischen Götter oder die Tafel-Freuden der Walhalla Bewohner vorstellen. Nun ist aber neuerdings für alle diese Gottheiten und für die mit ihnen tafelnden unsterblichen Seelen" die offenkundige, von David Strauß geschilderte Wohnungsnoth eingetreten; denn wir wissen jezt durch die Astrophysik, daß der unendliche Raum mit ungenießbarem Aether erfüllt ist, und daß Millionen

von Weltkörpern, nach ewigen ehernen „Gefeßen" bewegt, sich rastlos in demselben umhertreiben, alle im ewigen großen „Werden und Vergehen" begriffen.

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Monistische Kirchen. Die Stätten der Andacht, in denen der Mensch sein religiöses Gemüths-Bedürfniß befriedigt und die Gegenstände seiner Anbetung verehrt, betrachtet er als seine geheiligten Kirchen". Die Pagoden im buddhistischen Asien, die griechischen Tempel im klassischen Alterthum, die Synagogen in Palästina, die Moscheen in Egypten, die katholischen Dome im südlichen und die evangelischen Kathedralen im nördlichen Europa alle diese Gotteshäuser" sollen dazu dienen, den Menschen über die Misere und Prosa des realen Alltagslebens zu erheben; sie sollen ihn in die Weihe und Poesie einer höheren, idealen Welt verseßen. Sie erfüllen diesen Zweck in vielen tausend verschiedenen Formen, entsprechend den verschiedenen Kulturformen und Zeitverhältnissen. Der moderne Mensch, welcher Wissenschaft und Kunst besigt“ - und damit zugleich auch „Religion“ —, bedarf keiner besonderen Kirche, keines engen, eingeschlossenen Raumes. Denn überall in der freien Natur, wo er seine Blicke auf das unendliche Universum oder auf einen Theil desselben richtet, überall findet er zwar den harten „Kampf um's Dasein", aber daneben auch das „Wahre, Schöne und Gute"; überall findet er seine Kirche" in der herrlichen Natur selbst. Indessen wird es doch den besonderen Bedürfnissen vieler Menschen entsprechen, auch außerdem in schön geschmückten Tempeln oder Kirchen geschlossene Andachtshäuser zu besigen, in die sie sich zurückziehen können. Ebenso, wie seit dem 16. Jahrhundert der Papismus zahlreiche Kirchen an die Reformation abtreten mußte, wird im 20. Jahrhundert ein großer Theil an die freien Gemeinden" des Monismus übergehen.

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Neunzehntes Kapitel.

Unsere monißtische Sittenlehre.

Monistische Studien über das ethische Grundgesetz. Gleichgewicht zwischen Selbstliebe und Nächstenliebe. Gleichberechtigung des Egoismus und Altruismus. Fehler der christlichen Moral. Staat, Schule und Kirche.

,,Kein Baum wird mit einem Hieb gefällt. Ist aber auch der Hieb, den ich hier gegen eine uralte Denkgewohnheit führe, durchaus nicht der erste: nie könnt' es mir in den Sinn kommen, ihn für den legten zu halten und zu meinen, daß ich diesen Baum werde fallen sehen. Sollte es mir gelingen, andere und mächtigere Aerte nach derselben Richtung in Bewegung zu sehen: meine kühnsten Wünsche gingen in Erfüllung. Daß eines Tages dieser Baum fallen und die Sittlichkeit an der Einheitlichkeit des Menschen einen zweckentsprechenderen Hort finden wird, als den die Vorstellung einer Doppelnatur bislang ihr geboten hat, bezweifle ich keinen Augenblic."

Garneri (1891).

Inhalt des neunzehnten Kapitels.

Monistische und dualistische Ethik. Widerspruch der reinen und praktischen Vernunft bei Kant. Sein kategorischer Imperativ. Die Neokantianer. Herbert Spencer. Egoismus und Altruismus (Selbstliebe und Nächstenliebe). Aequivalenz beider Naturtriebe. Das ethische Grundgeset: Die Goldene Regel. Alter desselben. Christliche Sittenlehre. Verachtung des Individuums, des Leibes, der Natur, der Kultur, der Familie, der Frau. Papistische Moral. Unsittliche Folgen des Cölibats. Nothwendigkeit der Abschaffung von Cölibat, Ohrenbeichte und Ablaßkram. Staat und Kirche. Religion

ist Privatsache. Kirche und Schule. Staat und Schule. Nothwendigkeit der Schul-Reform.

Tiferatur.

Herbert Spencer, Principien der Sociologie und der Ethik. Stuttgart 1889

Lester F. Ward, Dynamic Sociology, or applied social science. 2 Vol. New York 1883.

Bartholomäus Carneri, Der moderne Mensch. Versuche einer Lebensführung. Bonn 1891. Sittlichkeit und Darwinismus. Drei Bücher Ethik. Wien 1871. Grundlegung der Ethik. Wien 1881. - Entwickelung und Glückseligkeit. Stuttgart 1886.

Benjamin Better, Die moderne Weltanschauung und der Mensch. (Sechs Vorträge.) Zweite Auflage. Jena 1896.

Heinrich Ernst Ziegler, Die Naturwissenschaft und die socialdemokratische Theorie. Stuttgart 1894.

Otto Ammon, Die Gesellschafts-Ordnung und ihre natürlichen Grundlagen. Entwurf einer Social-Anthropologie. Jena 1895.

Paul Lilienfeld, Socialwissenschaft der Zukunft. 5 Theile. Mitau 1873. Ernst Grosse, Die Formen der Familie und die Formen der Wirthschaft. Leipzig 1896.

F. Hanspaul, Die Seelentheorie und die Geseße des natürlichen Egoismus und der Anpassung. 1899.

Max Nordau, Die Konventionellen Lügen der Kultur-Menschheit. Leipzig 1883. Zwölfte Auflage 1886.

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