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Anmerkungen und Erläuterungen.

1) Kosmologische Perspektive (S. 17). Der geringe Spielraum, welchen unser menschliches Vorstellungs-Vermögen uns bei Beurtheilung großer Dimensionen in Raum und Zeit gestattet, ist ebenso eine reiche Fehlerquelle von anthropistischen Illusionen wie ein mächtiges Hinderniß der geläuterten monistischen Weltanschauung. Um sich der unendlichen Ausdehnung des Raumes bewußt zu werden, muß man einerseits bedenken, daß die kleinsten sichtbaren Organismen (Bakterien) riesengroß sind gegenüber den unsichtbaren Atomen und Molekeln, welche weit jenseits der Sichtbarkeit auch bei Anwendung der stärksten Mikroskope liegen; andererseits muß man die unbegrenzten Dimensionen des Weltraumes erwägen, in welchem unser Sonnen-System nur den Werth eines einzelnen Firsternes hat und unsere Erde nur einen winzigen Planeten der mächtigen Sonne darstellt. In entsprechender Weise werden wir uns der unendlichen Ausdehnung der Zeit bewußt, wenn wir uns einerseits an die physikalischen und physiologischen Bewegungen erinnern, die innerhalb einer Sekunde sich abspielen, und andererseits an die ungeheure Länge der Zeiträume, welche die Entwickelung der Weltkörper in Anspruch nimmt. Selbst der verhältnißmäßig kurze Zeitraum der „organischen Erdgeschichte“ (innerhalb deren das organische Leben auf unserem Erdball sich entwickelt hat) umfaßt nach neueren Berechnungen weit über hundert Millionen Jahre, d. h. mehr als 100 000 Jahrtausende!

Allerdings lassen die geologischen und paläontologischen Thatsachen, auf welche sich diese Berechnungen gründen, nur sehr unsichere und schwankende Zahlen - Angaben zu. Während wohl die meisten sachkundigen Autoritäten gegenwärtig für die Länge der organischen Erdgeschichte 100-200 Millionen Jahre als wahrscheinlichste Mittelzahl annehmen, beläuft sich dieselbe nach anderen Schäßungen nur auf 25-50 Millionen; nach einer genauen geologischen Berechnung der neuesten Zeit auf mindestens vierzehnhundert Jahrmillionen. (Vergl. meinen Cambridge-Vortrag über den Ursprung des Menschen, 1898, S. 51: „Wenn wir aber auch ganz außer Stande sind,

die absolute Länge der phylogenetischen Zeiträume annähernd sicher zu bestimmen, so besißen wir dagegen andererseits sehr wohl die Mittel, die relative Länge derselben ungefähr abzuschäßen. Nehmen wir hundert Millionen Jahre als Minimal-Zahlen, so würden sich dieselben auf die fünf Hauptperioden der organischen Erdgeschichte etwa folgendermaßen vertheilen: I. Archozoische Periode (Primordial - Zeit), vom Beginn des organischen Lebens bis zum Ende der kambrischen Schichtenbildung; Zeitalter der Schädellosen .

II. Paläozoische Periode (Primär-Zeit), vom Beginn der silurischen bis zum Ende der permischen Schichtenbildung; Zeitalter der Fische

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III. Mesozoische Periode (Sekundär-Zeit), vom Beginn der Trias - Periode bis zum Ende der KreidePeriode; Zeitalter der Reptilien

IV. Cänozoische Periode (Tertiär-Zeit), vom Beginn der eocänen bis zum Ende der pliocänen Periode; Zeitalter der Säugethiere . .

V. Anthropozoische Periode (Quartär- Zeit), vom Beginn der Diluvial-Zeit (in welchen wahrscheinlich die Entwickelung der menschlichen Sprache fällt) bis zur Gegenwart; Zeitalter des Menschen, mindestens 100 000 Jahre

52 Millionen,

34 Millionen,

11 Millionen,

3 Millionen,

.. 0,1 Million.

Um die ungeheure Länge dieser phylogenetischen Zeiträume dem menschlichen Auffassungs - Vermögen näher zu bringen und namentlich die relative Kürze der sogenannten „Weltgeschichte“ (d. h. der Geschichte der Kulturvölker!) zum Bewußtsein zu bringen, hat kürzlich einer meiner Schüler, Heinrich Schmidt (Jena), die angenommene Minimal-Zahl von hundert Jahr-Millionen durch chronometrische Reduktion auf einen Tag projicirt. Durch diese „verjüngende Projektion“ vertheilen sich die 24 Stunden des „Schöpfungs-Tages" folgendermaßen auf die fünf angeführten phylogenetischen Perioden:

I. Archozoische Periode (52 Jahrmillionen) (= von Mitternacht bis 1⁄21 Uhr Mittags). II. Paläozoische Periode (34 Jahrmillionen) (= von 121 Uhr Mittags bis 129 Uhr Abends). III. Mesozoische Periode (11 Jahr-Millionen) (= von 1/29 Uhr bis 1/412 Uhr Abends). IV. Cänozoische Periode (3 Jahrmillionen) (= von 112 Uhr Abends bis 2 Min. vor Mitternacht).

V. Anthropozoische Periode (0,1-0,2 Jahrmillionen).

VI. Kultur Periode, sogen. „Weltgeschichte“ (6000 Jahre). . .

=

12 St. 30 Min.

=

8 St. 5 Min.

=

2 St. 38 Min.

43 Min.

2 Min.

5 Sef.

Anmerkungen und Erläuterungen.

443

Wenn man also nur die Minimal-Zahl von 100 Jahrmillionen (nicht die Maximal-Zahl von 1400!) für die Zeitdauer der organischen Entwickelung auf unserem Erdball annimmt und diese auf 24 Stunden projicirt, so beträgt davon die sogenannte „Weltgeschichte" nur fünf Sekunden (Prometheus, Jahrg. X, 1899, Nr. 24 [Nr. 492, S. 381]).

2) Wesen der Krankheit (S. 58). Die Pathologie oder Krankheitslehre ist erst in unserem 19. Jahrhundert zu einer wirklichen Wissenschaft geworden, seitdem die Grundlehren der Physiologie (und besonders der Zellentheorie) ebenso auf den kranken wie auf den gesunden Organismus des Menschen angewendet wurden. Seitdem gilt die Krankheit nicht mehr als ein besonderes „Wesen", sondern als ein „Leben unter abnormen, schädlichen und gefahrdrohenden Bedingungen". Seitdem sucht auch jeder gebildete Arzt die Ursachen der Krankheiten nicht mehr in mystischen Einflüssen übernatürlicher Art, sondern in den physikalischen und chemischen Bedingungen der Außenwelt und ihren Beziehungen zum Organismus. Eine große Rolle spielen dabei die kleinen Bakterien. Troßdem wird auch heute noch in weiten Kreisen (selbst unter „Gebildeten“!) die alte, abergläubische Ansicht festgehalten, daß die Krankheiten durch „böse Geister“ hervorgerufen werden, oder daß sie Strafen der Gottheit für die Sünden der Menschen" sind. Lestere Ansicht vertrat z. B. noch um die Mitte des Jahrhunderts der angesehene Pathologe Geheimrath Ringseis in München.

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3) Impotenz der introspektiven Psychologie (S. 111). Um sich zu überzeugen, daß die althergebrachte metaphysische Seelenlehre ganz außer Stande ist, die großen Aufgaben dieser Wissenschaft durch bloße Analyse der eigenen Denkthätigkeit zu lösen, braucht man nur einen Blick in die gangbarsten Lehrbücher der modernen Psychologie zu thun, wie sie den meisten akademischen Vorlesungen darüber als Leitfaden dienen. Da ist weder von der anatomischen Struktur der Seelen-Organe noch von den physiologischen Verhältnissen ihrer Funktionen die Rede, weder von der Ontogenie noch von der Phylogenie der Psyche. Statt dessen phantasiren diese „reinen Psychologen“ über das immaterielle Wesen der Seele“, von dem Niemand etwas weiß, und schreiben diesem unsterblichen Phantom alle möglichen Wunderthaten zu. Nebenbei schimpfen sie weidlich über die bösen materialistischen Naturforscher, die sich erlauben, an der Hand der Erfahrung, der Beobachtung, des Experimentes die Nichtigkeit ihrer metaphysischen Hirngespinnste nachzuweisen. Ein ergößliches Beispiel solcher ordinären Schimpferei lieferte neuerdings Dr. Adolf Wagner in seiner Schrift: Grundprobleme der Naturwissenschaft. Briefe eines unmodernen Naturforschers." Berlin 1897. Der kürzlich verstorbene Führer des modernen Materialismus, Prof. Ludwig Büchner, der auf's Schärffte angegriffen war, hat darauf die gebührende Antwort gegeben (Berliner „Gegenwart", 1897, Nr. 40, S. 218 und Münchener „Allgemeine Zeitung“, Beilage, 20. März 1899, Nr. 58). — Ein Gesinnungsgenosse von Dr. Adolf Wagner,

Herr Dr. Adolf Brodbeck in Hannover, hat mir kürzlich die Ehre erwiesen, einen ähnlichen, wenn auch anständiger gehaltenen Angriff gegen meinen „Monismus“ zu richten: „Kraft und Geist! Eine Streitschrift gegen den unhaltbaren Schein-Monismus Professor Haeckel's und Genossen“ (Leipzig, Strauch 1899). Herr Brodbeck schließt sein Vorwort mit dem Saße: „Ich bin begierig, was die Materialisten mir zu erwidern haben werden." Die Antwort darauf ist sehr einfach: „Erwerben Sie sich durch fünfjähriges fleißiges Studium der Naturwissenschaft und besonders der Anthropologie (speciell der Anatomie und Physiologie des Gehirns!) diejenigen unentbehrlichen empirischen Vorkenntnisse der fundamentalen Thatsachen, die Ihnen noch gänzlich fehlen."

4) Der Völkergedanke (S. 119). Da der sogenannte „Völkergedanke“ von Adolf Bastian nicht nur in der Ethnographie, sondern auch in der Psychologie vielfach bewundert und angestaunt wird, da er auch von seinem Erfinder selbst als die bedeutendste theoretische Frucht seines unermüdlichen Fleißes angesehen wird, müssen wir darauf hinweisen, daß eine klare wissenschaftliche Definition dieses mystischen Phantoms in keinem der zahlreichen und umfangreichen Werke von Bastian zu finden ist. Leider fehlt es diesem verdienstvollen Reisenden und Sammler an jedem Verständniß für die moderne Entwickelungs-Lehre; die vielfachen Angriffe, welche derselbe gegen den Darwinismus und Transformismus gerichtet hat, gehören zu den seltsamsten und theilweise zu den erheiterndsten Erzeugnissen der ganzen betreffenden umfangreichen Literatur.

5) Neovitalismus (S. 52). Nachdem die mystische Lehre von der übernatürlichen „Lebenskraft“ durch den Darwinismus ihren Todesstoß erhalten hatte und bereits vor zwanzig Jahren glücklich überwunden schien, ist dieselbe neuerdings wieder aufgelebt und hat sogar im leßten Decennium zahlreiche Anhänger wieder gewonnen. Der Physiologe Bunge, der Pathologe Rindfleisch, der Botaniker Reinke u. A. haben den wiedererstandenen Wunderglauben an die immaterielle und intellektuelle Lebenskraft mit großem Erfolg vertheidigt. Den größten Eifer haben dabei einige meiner früheren Schüler bewiesen. Diese „modernsten“ Naturforscher sind zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Entwickelungslehre und insbesondere der Darwinismus eine haltlose Irrlehre ist, und daß „Geschichte überhaupt keine Wissenschaft“ ist. Einer derselben hat sogar die Diagnose gestellt, daß „alle Darwinisten an Gehirn-Erweichung leiden“. Da nun trop des Neovitalismus die große Mehrzahl der modernen Naturforscher (wohl mehr als neun Zehntel!) in der Entwickelungslehre den größten Fortschritt der Biologie in unserem Jahrhundert erblickt, wird man wohl diese bedauerliche Thatsache durch eine furchtbare cerebrale Epidemie erklären müssen. Alle diese albernen Verdammungsurtheile von Seiten unklarer und einseitig gebildeter Specialisten schaden unserer modernen Entwickelungslehre und Geschichtswissenschaft ebenso wenig, wie die Bannflüche des Papstes (S. 456).

Anmerkungen und Erläuterungen.

445

Der Neovitalismus wird in seiner ganzen Dürftigkeit und Haltlosig= keit klar, wenn man ihn den Thatsachen der Geschichte in der ganzen organischen Welt gegenüberstellt. Diese historischen Thatsachen der „Entwickelungsgeschichte“ im weitesten Sinne, die Fundamente der Geologie, der Paläontologie, der Ontogenie u. s. w. sind in ihrem natürlichen Zusammenhang nur durch unsere monistische Entwickelungslehre erklärbar, und diese verträgt sich weder mit dem alten noch mit dem neuen Vitalismus. Daß gerade jeßt der lettere an Ausdehnung gewinnt, erklärt sich zum Theil auch aus der bedauerlichen Thatsache der allgemeinen Reaktion im geistigen und politischen Leben, welche das lezte Decennium des neunzehnten Jahrhunderts vor demjenigen des achtzehnten in höchst unvortheilhafter Weise auszeichnet. In Deutschland insbesondere hat der sogenannte „neue Kurs“ höchst depravirende byzantinische Zustände nicht nur im politischen und kirchlichen Leben, sondern auch in Kunst und Wissenschaft hervorgerufen. Indessen bedeutet diese moderne Reaktion im Großen und Ganzen doch nur eine vorübergehende Episode.

6) Plasmodomen und Plasmophagen (S. 178, 203). Die Eintheilung der Protisten oder einzelligen Lebewesen in die beiden Gruppen der Plasmoden und Plasmophagen ist die einzige Klassifikation derselben, welche ihre Einreihung in die beiden großen Reiche der organischen Natur: Thierund Pflanzen-Reich, gestattet. Die Plasmabauer (Plasmodoma wozu die sogenannten einzelligen Algen" gehören) haben den charakteristischen Stoffwechsel der echten Pflanzen; das aufbauende Plasma ihres Zellenleibes besißt die chemisch-physiologische Eigenschaft, aus anorganischen Verbindungen (Waffer, Kohlensäure, Ammoniak, Salpetersäure) durch Synthese und Reduktion (Kohlenstoff- Assimilation) neues lebendiges Plasma bilden zu können. Die Plasmafresser hingegen (Plasmophaga Jn= fusorien und Rhizopoden) haben den Stoffwechsel der echten Thiere; das analytische Plasma ihres Zellenleibes besißt jene synthetische Fähigkeit nicht; sie müssen ihre nothwendige Plasma - Nahrung direkt oder indirekt aus dem Pflanzenreich aufnehmen. Ursprünglich sind jedenfalls (im Beginne des organischen Lebens auf der Erde) zunächst durch Urzeugung oder Archigonie nur plasmodome Urpflänzchen einfachster Art entstanden (Phytomoneren, Probionten, Chromaceen); aus diesen sind erst später plasmophage Urthierchen durch Metasitismus hervorgegangen (Zoomoneren, Bakterien, Amöben). Die wichtige Erscheinung dieses Metasitismus oder „Ernährungswechsels“ habe ich in der leßten Auflage meiner „Natürl. Schöpfungsgeschichte“ erläutert (1898, S. 426, 439). Ausführlich erörtert habe ich dieselbe im ersten Bande meiner „Systematischen Phylogenie“ (1894, S. 44 −55).

7) Entwickelungs-Stufen der Zellfeele (S. 179). Als vier Hauptstufen in der Psychogenie der Protisten habe ich unterschieden: 1. die Zellseele der Archephyten, 2. der Archezoen, 3. der Rhizopoden und 4. der Infusorien.

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