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G. J. II S. 105 flg.), enthielt die Grenzen der Menschheit und das Königliche Gebet1). Nachträglich, vermutlich aus Anlaß der unter dem 21. September angekündigten Nachsendung, hat Herder noch 9 Gedichte abgeschrieben, von welchen 5 in der Zeit vom September 1781 bis Dezember 1783 im Tiefurter Journal erschienen sind, unter ihnen als Nr. 5 Das Göttliche. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind die damals von dem Herderschen Ehepaare abgeschriebenen Gedichte nachweislich erst seit 1780 entstanden.

Dazu kommt, daß Goethe in das Tiefurter Journal (Schriften der Goethe-Gesellschaft Bd. 7) nur Beiträge geliefert hat, welche den Lesern etwas Neues boten. Es sind daher im ganzen nur wenige Stücke von ihm in diesem Journal erschienen, obschon sich die Schriftleitung zeitweilig ersichtlich in Verlegenheit wegen der Beiträge befand und von Einsiedel öfters den Bedarf allein decken mußte. Die im September 1780 der Frau von Stein zugesendete Ode Meine Göttin erschien nun (Nr. 5 des Journals) im September 1781, die Ode Das Göttliche (Nr. 40 desselben) Ende November 1783. Auf die lettere müssen sich sonach die Worte bezogen haben im Briefe an Frau von Stein vom 19. November 1783: „Schicke mir doch die Ode wieder; ich will sie ins Tiefurter Journal geben; du kannst sie immer wieder haben".

Darnach ist mir, wenn überhaupt vermutet werden soll, keine Vermutung einleuchtender als die Viehoffs, welcher bei den am 5. April 1782 aus dem abgebrannten Weimarischen Städtchen Kreuzburg an Frau von Stein geschriebenen Worten: „, ich habe mir etwas ausgedacht, das dir einen vergnügten Augenblick machen soll“ in Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie stehen, an die Ode Das Göttliche denkt (s. auch A. Schöll, Goethes Briefe an Frau von Stein, II. S. 180).

Bei meiner ängstlichen Scheu vor allen litteraturgeschichtlichen Mythen lasse ich es völlig dahingestellt, wieviel Wahrscheinlichkeit dieser bestimmten Datierung beizumessen sein möchte. Nur soviel stehe ich nicht an zu erklären, daß für mich die in Rede stehende Ode an Gewicht und Bedeutung bedeutend gewinnt, wenn ich mir sie auf der dienstlichen Reise Goethes nach Meiningen, Eisenach, Ilmenau im März und April 1782 oder aus Anlaß derselben entstanden denken darf.

An Erweisungen menschenfreundlichen Sinnes und werkthätiger Liebe hat es Goethe zu keiner Zeit seines Lebens fehlen lassen, wie jeder weiß, der dieses genauer kennt. Die Ernennung zum Geheimen Rat, der Aufenthalt bei Lavater (1779), der Eintritt in die Freimaurerloge (1780),

1) Allerdings auch den Ganymed, den wir einer früheren Zeit geglaubt haben zuweisen zu müssen.

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die verschiedentlichen dienstlichen Reisen in den Weimarischen Landen herum und an die Thüringischen Höfe alles dies zusammengenommen hatte aber, wie der Briefwechsel und die Tagebücher ausweisen, den in Goethes edlen Herzen von jung auf vorhandenen Trieb, sich „hilfreich und gut" zu erweisen, mächtig geweckt und in bestimmte Bahnen geleitet. Mit der Klarheit seines überlegenen Blickes hatte er die zahlreichen Schäden bald erkannt, welche die Verwaltung des kleinen Weimarischen Gebietes aufwies, vornehmlich deshalb, weil es infolge der ungebührlichen Kosten der Hofhaltung allerorten an den erforderlichen Mitteln fehlte. Wie heilig ernst er seinen Beruf als Mentor eines jugendlich dahinstürmenden Fürsten und getreuer Fürsorger für dessen Unterthanen1) aufgefaßt, wie unablässig er sich darüber Gedanken gemacht hat, auf welche Weise vorhandenen Notständen am besten gesteuert, Gutes und Zweckmäßiges am wirksamsten gefördert werden möchte, befunden vornehmlich die Briefe, welche er in jenen Jahren an die Freundin seines Herzens gerichtet hat, einzelne derselben in geradezu ergreifender Weise. In immer neuen Wendungen kehrt der Gedanke wieder, daß die, denen viel anvertraut ist, nicht müde werden dürfen, zum Besten der Menschheit mit ihrem Pfunde zu wuchern. Nach alledem wüßte ich keine Zeit im langen Leben des Dichters zu nennen, auf welche die Devise hilfreich und gut besser paßte, als das Jahr, in welchem er zu seinen bisherigen Bürden noch den Vorsitz in der Kammerverwaltung übernahm und mit dem ihm eigenen Feuereifer in die Pflichten dieser neuen Stellung sich einarbeitete, redlichst bemüht, zu heilen und zu retten, alles Jrrende, Schweifende nüßlich zu verbinden", d. i. 1782. Da auch die vorher erwähnten äußeren Indizien ungefähr auf dieses Jahr hinweisen, so will diese Datierung von allen möglichen mir als die schicklichste erscheinen.

Heinrich Jacobi hat in der Ode2) ohne Zweifel Spinozistisches entdeckt, weil er sehr zum Verdrusse Goethes seinen 1785 er= schienenen Briefen über die Lehre des Spinoza eigenmächtig dieses Gedicht und die Ode Prometheus als Eingangsbeilagen beigegeben hat. Wir lassen dahingestellt sein, ob ein Zusammenhang dieser Art bestanden hat. Jedenfalls fordert das Gedicht durch den einerseits ernst-feierlichen, andererseits lehrhaften Ton, den es anschlägt, dazu auf, als eine Art von Herzensbekenntnis und Lebensprogramm aufgefaßt und insofern mit

1) S. auch Ad. Schöll, Goethe als Staats- und Geschäftsmann (Goethe in den Hauptzügen seines Lebens und Wirkens, Berlin 1882) S. 159 flg.

2) Der von den Berliner Ephemeriden (1786) gewählten Überschrift Der Mensch möchten wir den Vorzug geben vor der erstmalig in der Ausgabe der Werke von 1789 auftretenden Das Göttliche. Noch zutreffender wäre vielleicht: Des Menschen Würde.

Über den befriedigenden Schluß einer Tragödie 2c. Von August Koberstein. 441

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Schillers drei Worten des Glaubens" in Vergleich gestellt zu werden. Es wird daher dem kleinen Gedichte auch im Unterrichte der Oberklassen eine besondere Beachtung zugewendet werden mögen. Schon aus dieser Rücksicht wird es aber gerechtfertigt erscheinen, da die Datierung dieses Gedichtes für dessen Würdigung unzweifelhaft von Belang ist, daß im Vorstehenden Chronologica mit so breiter Gründlichkeit erörtert worden sind.

Zum Schlusse wollen wir nicht unterlassen, auf die Abhandlung von Emil Große (Programm des Wilhelm-Gymnasium in Königsberg 1892), in welcher das Gedicht mit ebenso großer Belesenheit als Herzenswärme aus sich selbst, wie aus Goethes Schriften, Briefen und Gesprächen erklärt wird, noch besonders hinzuweisen. Wir thun das um so mehr, da in dieser Abhandlung noch ein zweites Goethesches Gedicht von hoher Bedeutung,,Dauer im Wechsel" eine gründliche und feinsinnige Auslegung gefunden hat.

Über den befriedigenden Schluß einer Tragödie,
mit besonderer Beziehung auf Stücke von Leffing,
Schiller, Goethe und Shakespeare.

Aus dem Nachlasse August Kobersteins1).

Einer unserer talentvolleren Romanschreiber aus dem Anfange dieses Jahrhunderts, der aber schon lange und über zum Teil weit schlechteren Nachfolgern in Vergessenheit geraten ist, Ernst Wagner, läßt in den Reisenden Malern einen jungen Humoristen äußern, der sicherste Probierstein für die Güte eines Romans sei das Ende: hier zeige sich hauptsächlich, ob der Verfasser ein tüchtiges Buch habe schreiben können oder nicht; der reine Mensch des Dichters, sei er auch noch so schmußig und ärmlich, müsse da, wenn es ihm auch im Anfange und in der Mitte seiner Komposition gelungen sei, mit den Lesern Versteckens zu spielen und ihr Urteil zu täuschen, endlich in seiner eigensten Gestalt heraustreten.

Diese Bemerkung scheint mir vollkommen treffend, nicht nur in Bezug auf Werke der besonderen Kunstgattung, auf die sie hinweist: fie dürfte noch auf andere Arten poetischer Erfindungen, ja vielleicht auf alle diejenigen Anwendung erleiden, die an den Entwurf und die Aus

1) Der Aufsatz stammt aus dem Nachlasse des berühmten Litterarhistorikers A. Koberstein und ist, nach einer Mitteilung des Enkels, ein Vortrag, den Koberstein am 20. Februar 1838 im litterarischen Verein zu Naumburg gehalten hat.

führung eines kunstmäßigen Plans gebunden sind und die Schürzung und Lösung eines sogenannten poetischen Knotens in der Darstellung von Begebenheiten und Handlungen vorausseßen, insbesondere und ganz vorzüglich also auch auf dramatische Dichtungen. Oder werden wir es etwa dem Verfasser einer Tragödie, um bei dieser Kunstform stehen zu bleiben, nachsehen dürfen, wenn er sein Werk, sobald es uns nur die vier ersten Akte hindurch ganz tadellos erschienen ist und alle die vielen und großen Forderungen, die gerade in dieser Gattung der Poesie an den Dichter gestellt werden müssen, zu erfüllen versprochen hat, auf eine unbefriedigende Art mit dem fünften Akte abschließt. Wird wohl das Gefühl der Leerheit, das die scenische Darstellung oder auch schon die bloße Lektüre des lezten Teils in uns zurückläßt, durch Rückerinnerung an den Reichtum dichterischer Gestaltung in den früheren Teilen verdrängt, ein gewaltsames oder willkürliches Zerhauen des dramatischen Knotens mit seiner kunstreichen Schürzung entschuldigt, der Mangel einer trostvollen Erhebung über den Gedanken an die Hinfälligkeit und Vergänglichkeit selbst des Größten, Schönsten, Besten und Heiligsten in der Welt der Erscheinungen durch die Fülle der erschütternden und rührenden Affekte vergütigt werden können? Gewiß nicht, und nie oder nur selten wird sich das wahrhaft dramatische Genie dieser und ähnlicher Fehler schuldig machen; je auffallender dieselben aber nebeneinander oder vereinzelt an einer Tragödie hervortreten, desto mehr wird man an des Dichters vollem Berufe zu dieser Kunstgattung oder an der Richtigkeit seiner Theorie zweifeln müssen und das, was etwa sonst in seiner Darstellung gelungen heißen kann, entweder der Natur des behandelten Stoffs oder einer glücklich abgelernten Manier und geschichten Aneignung überlieferter Kunstmittel und Kunstformen, Gedanken, Bilder und Wendungen oder endlich auch einer zufälligen, momentanen Jnspiration zuzuschreiben geneigt sein, nicht aber seinem in jedem Teile seiner Schöpfung mit gleicher Klarheit, Kraft und Allgegenwart waltenden künstlerischen Bewußtsein.

Es ist nicht zu leugnen, schwer, außerordentlich schwer muß es sein, den Plan zu einer Tragödie so gründlich, tief, innerlich geschlossen, und organisch gegliedert zu ersinnen, daß er der künstlerischen Vollendung und Ausführung in keiner Art Eintrag thue, vorzüglich aber nicht schon in fich die Schuld eines mehr oder weniger unbefriedigenden Ausganges der Dichtung trage. Wenigstens finden wir, daß auch große Talente, denen in anderen Beziehungen der poetische Preis gewiß nicht vorenthalten werden kann, entweder nie oder doch nicht immer im stande gewesen sind, allen Forderungen eines geübten Kunstverstandes an den Schluß ihrer Trauerspiele ein Genüge zu leisten. Besonders schwierig scheint

es zu sein, ein tragisches Gedicht gleich von vornherein so anzulegen und dann vornehmlich gegen das Ende hin so zu halten, daß der Eintritt der Katastrophe und der völlige Schluß nicht bloß erschütternd und rührend auf uns wirke und uns durch den zu sinnlicher Anschaulichkeit umkleideten Gedanken von der Hinfälligkeit aller menschlichen Größe, Schönheit und Herrlichkeit niederbeuge, sondern uns zugleich aus der Tiefe des Schmerzes erhebe und uns neben der Versinnlichung von dem Walten einer ewigen Gerechtigkeit auch das tröstende Bewußtsein gegenwärtig halte, daß zwar der einzelne durch eigene oder fremde Schuld untergehen könne, die Gattung aber nichtsdestoweniger fortbestehe und die durch den Tod ausgezeichneter Individuen, vielleicht gar durch die Vernichtung ganzer Geschlechter entstandenen Lücken durch das Vorschieben anderer großartigen Persönlichkeiten ausfülle, sodaß über dem Grabe und der Zerstörung ein neues, frisches und kräftiges Leben, Genießen und Handeln der Übergebliebenen möglich erscheint, nicht mehr von den Verirrungen und Verbrechen gestört und entstellt, zu deren Sühnung Heldengröße und Schönheit, Liebreiz und Anmut, Liebesfülle und Lebensglück den Schauern des Todes haben anheimfallen müssen. Diese unerläßliche, wo nicht gar höchste Forderung an einen tragischen Dichter befriedigt unter den bekanntesten und gelesensten Neuern Shakespeare immer, Goethe zumeist, Schiller vielleicht nur einmal, Lessing, wenn man ihn wirklich selbst nie that - für einen Dichter im höchsten Sinne des Wortes halten will, in dem berühmtesten seiner Trauerspiele, das hier allein in Betracht kommen kann, in der Emilia Galotti auch nicht.

was er

Es wird einer weitläufigen Erörterung nicht bedürfen, um zu beweisen, daß am Schlusse der Emilia Galotti auch gar nichts übrig ist, was nach den erschütternden und herzbeklemmenden Ereignissen, die im Laufe des Stücks an uns vorübergegangen sind und die in der entsezlichsten That, Ermordung eines schönen Mädchens durch Vaterhand, als dem einzigen Mittel, die Ehre der Jungfrau zu retten, ihre Katastrophe finden, - was uns hiernach tröstend dem gerechtesten Schmerze über den Untergang der Rechtlichkeit, Tugend und Schönheit, dem bittersten Unwillen über die Folgen frevelhaft leichtsinniger Leidenschaft, endlich dem Grausen vor menschlicher Verruchtheit und Verworfenheit entheben könnte. Denn wer bliebe noch, an dem sich der Glaube emporzuranken vermöchte, daß aus so ungeheueren Verbrechen und einer solchen Verleugnung des natürlichsten Gefühls ein neues, weniger zerrissenes und verzerrtes Leben, ein sittlicheres, edleres, unschuldvolleres Dasein erblühen werde? Der Prinz? Was läßt sich wohl von dem erwarten, der, als er die blutigen Folgen seiner verbrecherischen Leidenschaft vor Augen hat, die Schuld seinem Helfershelfer zuschiebt und sein Gewissen mit der

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