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Wir können uns seinen hierauf bezüglichen Ausführungen nicht ganz anschließen. Wir hören aus diesen Worten nur die Klage des Dichters, daß das Schöne im Leben untergehen muß, „das Tragische als Gesetz des Universums", wie Vischer diesen Vorgang genannt hat. Dieser Klage giebt Schiller auch anderwärts beredten Ausdruck sowohl in seinen Gedichten, z. B. in Nenie:

Siehe, da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt,

als auch in seinen Dramen, z. B. in Wallensteins Tod IV, 12:

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Faßt es des Freundes zärtliche Gestalt

Und wirst ihn unter den Hufschlag seiner Pferde —
Das ist das Los des Schönen auf der Erde!

Des Verfassers Bemühen, die Verknüpfung der einzelnen Teile zu einem Kunstwerk in der höheren Einheit einer allumfassenden Idee nachzuweisen, verleiht aber seiner Arbeit einen besonderen Wert. Er kommt am Schlusse zu folgendem Ergebnis: die Glocke, deren ursprünglicher und Hauptzweck ja ist, die Menschen zusammenzurufen, ist das Symbol der menschlichen Vereinigung überhaupt. Nicht, wie Viehoff sagt, „steht jede Betrachtung zu dem technischen Meisterspruch, worauf sie folgt, in sinnbildlicher Beziehung", vielmehr ist die ganze Entstehung der Glocke von ihren Anfängen bis zu ihrer Vollendung ein Symbol der Entwickelung der gesellschaftlichen Vereinigung der Menschen, wie die Glocke selbst das Symbol einer solchen Vereinigung überhaupt.

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Schillers Glocke". Neue Textausgabe mit veranschaulichender Erklärung, eingehender Erläuterung und umfassender Würdigung. Von M. Evers, Professor und Gymnasialdirektor zu Barmen. 9. Bändchen der Sammlung: Die deutschen Klassiker. 194 S. Preis 1 Mark 25 Pf. Leipzig 1893. Verlag von Heinrich Bredt. Evers' Kommentar ist wohl die umfänglichste Erklärungsschrift zur Glocke. Besondere Sorgfalt ist zunächst der Tertwiedergabe und der Interpunktion gewidmet. Die Erläuterungen find sämtlich mit großer Begeisterung für Schillers Gedichte niedergeschrieben und treten der Plattheit in der Auslegung gewisser Stellen erfolgreich entgegen. Der Wert der Schrift wird dadurch nicht herabgesezt, wenn wir an diesem Orte einmal den Wunsch aussprechen, daß sich die Kommentatoren zu unseren Klassikern nicht zu sehr in die Breite verlieren mögen die Gefahr liegt nahe, daß im Unterricht eine Geschwäßigkeit des Interpreten um

sich greift, durch welche der Genuß der Dichtung selbst stark beeinträchtigt wird. Evers ist es aufrichtig darum zu thun, wie seine bisher erschienenen Erläuterungen bewiesen haben, das Verständnis für die klassische Epoche unserer Litteratur zu fördern; auch diese neue Gabe seines fleißigen Studiums verdient Beachtung.

Anschauungstafel für den Glockenguß unter besonderer Berücksichtigung von Schillers Lied von der Glocke, gezeichnet von Dr. B. Rein, Rektor der I. Mädchenbürgerschule und Lehrer am Fürstlichen Landesseminar zu Rudolstadt Nebst Text. Preis 3 Mark. Verlag von Fried. Andreas Perthes in Gotha 1894.

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Die Lektüre von Schillers Glocke" verlangt eine Erklärung der Vorgänge in der Glockengießerei, an welche sich dem Dichter die Gedanken. über das Menschenleben angereiht haben. Für den Unterricht, der diese Beziehungen nicht unbeachtet beiseite liegen lassen will, bleibt nur die Wahl, mit Aufwand von Worten und Zeit ein doch nur unklares Bild zu erzeugen oder durch Zeichnungen, die mühsam und zeitraubend sind, eine anschauliche Darstellung zu erstreben. Schon Uellner in seinem Werke: Das Lied von der Glocke technisch erläutert, Düsseldorf, Michaelis 1891", erkannte die Notwendigkeit eines Anschauungsmittels. Evers in seinem obenerwähnten Kommentar bringt Seite 28 flg. ebenfalls Bild und Beschreibung. Aber erst die vorliegende Anschauungstafel, welche nur dasjenige bietet, was Schiller in der Glockengießerei aufgefaßt und zu seinem Gedicht verwertet hat, entspricht vollkommen den Anforderungen, die an ein Lehrmittel gestellt werden müssen. Die in 8 Farben sauber ausgeführte Tafel erreicht eine klare, auf die Entfernungen im Klassenraume berechnete Wirkung (Format: 9363 cm). Ein knapper Vortrag auf besonderem Blatt für den Lehrer kann dazu dienen, daß mit wenigen Fingerzeigen der Inhalt der Zeichnung erklärt wird. Ein kurzer Text auf der Tafel selbst kann dem Schüler behilflich sein, sich in der Zeichnung auch allein noch zurechtzufinden. Wir haben die Brauchbarkeit dieses Anschauungsmittels beim Unterricht selbst erfahren; es vermag in mehrfacher Beziehung das geistige Auge des Lernenden an jene Stätte zu geleiten, wo das Lieblingsgedicht der Jugend entstand, und wo heute noch die von Regensburger verfaßte Inschrift an der Meyerschen Glockengießerei, Jenaische Straße Nr. 1 in Rudolstadt zu lesen ist:

Steh', Wandrer still! denn hier erstand,
Daß keine zweite möglich werde,
Gebaut von Schillers Meisterhand,
Die größte Glockenform der Erde!

Parallelstellen bei Schiller. Von Dr. Heinrich Stickelberger. Beilage zum Jahresbericht über das Gymnasium zu Burgdorf 1893. 125 S.

Aus Schillers Werken, mit Ausschluß der Briefe, werden in der vorliegenden Abhandlung diejenigen Anleihen zusammengestellt, die der Dichter bei sich selbst machte, und zwar sind die angeführten Parallelstellen zunächst nur sprachliche, die freilich, wie der Verfasser richtig bemerkt, oft genug zugleich inhaltlich verwandt sind, oder, wie ich hinzufügen möchte, zuweilen zu einander in Widerspruch stehen. Man vergleiche 3. B. S. 112 die Aussprüche Mortimers: Ist Leben doch des Lebens höchstes Gut" (Maria Stuart III, 6) mit „Das Leben ist das einz'ge Gut des Schlechten" (Maria Stuart IV, 4); lettere Sentenz bekanntlich in Übereinstimmung mit den Schlußversen der Braut von Messina: „Das Leben ist der Güter höchstes nicht". Wenn daher der Verfasser behauptet, daß die Parallelstellen einen pädagogischen Wert haben können, insofern Nachschlagen (und Vergleichen) eine gute Übung sei, an wissenschaftliches Arbeiten gewöhne, und von einem Ausdruck auf eine Situation zu schließen, als eine gute Sprach- und Denkübung angesehen werden müsse, so ist dieser Meinung wohl beizupflichten. Der Schüler soll beispielsweise lernen wie die Nebeneinanderstellung obengenannter Citate berechtigtes Befremden erregen muß, diese Aussprüche gleichwohl aber dem, was der Dichter beweisen wollte, gut angepaßt sind. Aus meiner Schulzeit kann ich bestätigen, daß der Lehrer bei der Lektüre des Horaz solche Übungen fleißig mit uns anstellte, und daß wir durch dieselben den römischen Dichter besonders nach der sprachlichen Seite gründlich kennen lernten und liebgewannen. Freilich wird man sich, und darin wird der Verfasser mir wohl beistimmen, bei der Behandlung der deutschen Klassiker, weil man die Zeit zu anderen Dingen braucht, viel größere Beschränkung auferlegen müssen, als bei der der griechischen und lateinischen. Viel bedeutender ist der wissenschaftliche Wert der Parallelen. Wir lernen durch dieselben die Eigenart des Dichters kennen, die der Verfasser auch gebührend her= vorhebt: Da der Kreis des Selbsterfahrenen bei Schiller, dessen spekulativer Geist mehr zur Abstraktion neigte, ein verhältnismäßig geringer war, so mußte auch die Auswahl seiner Bilder eine beschränkte sein, und darum wiederholen sich dieselben Vergleiche häufig; und wie in seinen Bildern, so bemerken wir auch in Schillers Sprache ein gewisses stereotypes Wiederkehren gleicher und ähnlicher Wendungen, und darin liegt bei allem Glanze der schwungvollen Säße eine gewisse, natürlich nur verhältnismäßige Armut. Mitunter sinkt sein poetischer Stil zu wirklicher Schwäche, d. h. zu prosaischer Abstraktion herab. Sollte nicht, möchte ich fragen, aus der Art Schillers zu arbeiten, in der durch die Not des Lebens hervor

gerufenen Haft und Unruhe, die ihn oft zwangen, die Muse zu „kommandieren", eine weitere Begründung jener Einseitigkeit zu suchen sein? Stickelbergers Abhandlung ist ein wertvoller Beitrag zu einer Stilistik des Dichters; er erregt Spannung auf das Erscheinen der angekündigten erschöpfenden Arbeit über Schillers Sprache ein Gegenstand, der, soviel mir bekannt, bisher nur sehr beiläufig behandelt worden ist.

Dr. Hermann Bender, Rektor des Gymnasiums zu Ulm: Horaz, Homer und Schiller im Gymnasium. Drei Gymnasialreden. Tübingen, Verlag der H. Lauppschen Buchhandlung 1893. 94 S. Preis 1 Mark 80 Pf.

In der dritten seiner Schulreden (S. 67-94), die uns hier interessiert, tritt Bender mit wohlthuender Herzenswärme für die Lektüre Schillers im Gymnasium ein: Schiller war eine heroische Natur, davon zeugt sein Leben und Dichten. Er war nicht wie Goethe sein Lebenlang ein Liebling der Götter; durch Niedrigkeit und Not, durch Druck und Enge der Verhältnisse hat er sich durcharbeiten, durchkämpfen müssen. Dazu kam ein früh von Krankheit angegriffener Körper: „Er hatte früh das strenge Wort gelesen, dem Leben war er, war dem Tod vertraut.“ Besonders das Große war an ihm, daß er, um ein Wort des Perikles gut gebrauden, verftans φιλοσοφεῖν ἄνευ μαλακίας, unb δαβ er mit sem Ästhetischen und Poetischen stets die höchste Kraft des Willens verband. Einverstanden können wir uns auch mit des Verfassers Urteil über Schillers Romanzen erklären: Wir befinden uns hier hinsichtlich sowohl des epischen Stoffes als des ideellen Gehaltes gleichsam en pays de connaissance; der alte Vater Herodot und die Tragiker der Griechen leben wieder auf, fie geben und erhalten einen Beitrag zur Erklärung und zum Verständnis, es sind Stoffe, welche zum Nachfühlen, zum vollen Nachdenken ein Daheimsein auf griechischem Boden verlangen, welche aber zugleich so allgemein menschliche Ideen enthalten, daß sie jedem zugänglich und verständlich find. Nicht einverstanden sind wir dagegen mit der Meinung, daß sich Uhland im Verhältnis zu Schiller in einer uns fernerstehenden, oft phantastischen Welt bewegt, und daß seine Balladen an romantischer Unbestimmtheit leiden. Uhland, meinen wir, muß auf einer niederen Stufe ebenso fleißig, wie auf einer höheren Schiller gelesen werden; denn er ergänzt den letteren, weil er einführt in die Welt des Mittelalters und der Romantik, des Rittertums und Minnegesangs, des nordischen Recken- und Skaldentums. Daß Schiller in ganz anderem Sinne ein heroischer Prophet der Idee ist als sein schwäbischer Landsmann und in Leben und Dichtung das leuchtendste Vorbild der Jugend bleibt, geben wir gern zu. Ganz gewiß: Die Jugend mag sich begraben lassen, die ihn nicht hochhalten wollte!

Schillers Briefe. Kritische Gesamtausgabe in der Schreibweise der Originale herausgegeben und mit Anmerkungen von Frit Jonas 12.-40. Lieferung (à 25 Pf.). Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart, Leipzig, Berlin, Wien 1894.

Niemand kann heutzutage behaupten, daß er Schiller gründlich kennt, ohne dessen Briefe gelesen zu haben. Erst aus ihnen wird man inne, wie eng des Dichters Ideale mit der Wirklichkeit verknüpft waren, wie warmherzig sein Empfinden den großen Aufgaben des Lebens zugewandt gewesen ist, mit welcher Schärfe sein Geist auch die kleinsten Vorgänge durchdrang, um aus ihnen eine bedeutende Idee zu schöpfen oder zu bilden, wie aber fortwährend zugleich sein Blick unverwandt zum Himmel gerichtet war. Schillers Gedankentiese spricht auch aus seinen Briefen; auch der nicht einseitige Bewunderer desselben muß zugestehen, daß Schiller in dieser Art schriftlicher Äußerung von niemandem, auch von Goethe nicht, übertroffen wird. Die wissenschaftliche Benuzung der Sammlung und der im Anhang gegebenen Lesarten und Anmerkungen, welch lettere für die Meisterhand des Herausgebers, Friz Jonas, besonders ehrendes Zeugnis ablegen, ist bereits eine sehr rege geworden, und für Dissertationen dürfte hier noch reichliches Material zu finden sein. Der Bilderschaß, der in die einzelnen Hefte verteilt ist, bildet eine dankenswerte Zugabe der Verlagsanstalt zu dem schön ausgestatteten Werke. Schillers Sohn Ernst. Eine Briefsammlung mit Einleitung von

Dr. Karl Schmidt, Oberlandesgerichtsrat zu Colmar i. E. Mit
Bildnissen und zwei Handschriften von Schiller und Goethe.
I-IV. 531 S. à 1 Mark 50 Pf. Paderborn. Druck und
Verlag von Ferdinand Schöningh. 1893.

Die Veröffentlichung der teilweise im Privatbesiße des Herausgebers befindlichen Briefe wird jedenfalls einen wertvollen Beitrag zur Kulturgeschichte jener Tage liefern. Freilich für die Beurteilung der litterarischen Epoche selbst werden, wie dies in der Natur der Sache liegt, durch den Briefwechsel wesentlich neue Gesichtspunkte nicht zu Tage gefördert werden; aber die lettere wird jederzeit einzig dastehen in ihrer Art und besonders um deswillen anziehend wirken, weil man aus ihr deutlich ersehen kann, wie sich Weimars goldene Zeit in der Erinnerung und Auffassung von Schillers Angehörigen und in vertrautestem Gedankenaustausch von Mutter, Geschwistern und Kindern wiederspiegelt. Noch mehr aber als durch diese gelegentlichen allgemeinen Rückblicke auf die große künstlerische Vergangenheit fühlt der Leser sich angeregt, oft sogar ergriffen durch das Gedächtnis an den geliebten Toten, dessen verklärtes Bild überall da deutlich hervortritt, wo mütterliche Sorge, kindliche Verehrung und

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