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den Gegenstände und Vorgänge des Liedes mit der seinigen zu begegnen. In nicht wenigen Punkten ist er ihm für besser Begründetes zu Dank verpflichtet. Es sei mir gestattet, das Urteil des Lesers über einige Punkte in Anspruch zu nehmen.

Der Unterzeichnete ist durch den Verfasser für die Annahme gewonnen worden, daß die Decke des brennenden Saales in der Heunenburg ursprünglich eine Balkendecke war, die von dem Redaktor C in einer Zusaßstrophe in eine gewölbte verwandelt worden ist. Der lettere findet es eben unbegreiflich, daß die Helden in dem angezündeten Saale nicht verbrennen, es müßte dieser denn gewölbt gewesen sein. Und da er, der so manche Stelle des Epos nach seinem eigenen Urteil zurechtrückt, dies annimmt, so fügt er hinzu: die geste half daz sêre daz der sal gewelbet was.

In einem neuen Buche sieht man sich natürlich zunächst nach den Dingen um, die einer Lösung harren. Von dem Verfasser hätte ich Annahme oder Widerlegung der in meiner Einführung in das Nibelungenlied S. 235 begründeten Ansicht erwartet. Ich gestatte mir die Sache hier vorzutragen. Strophe 1772 ist die Thür, die in den Saal führt, erwähnt. Plöglich taucht 1774, 1910, 1911 (B 1836 1973/74) ein Turm auf, der nach der Meinung von Bartsch dem Saale vorgebaut war, so daß die Stiege darin hinaufführte. Gestützt auf den Schreiber von C vermute ich, daß der Schreiber der den Handschriften A und B zu Grunde liegenden Urschrift irrtümlich turn (1774) für türe (1910 und 1911 sogar türne) geschrieben hat. C liest an der erstgenannten Stelle: dô gie er (Volkêr) ûz dem hûse für die türe stân (A: für den turn stân). An der zweiten Stelle schreibt C an der stiegen (statt an den türnen). Auch hier paßt nur „die Thür". Der Sinn ist: Dankwart ließ niemand hinein oder heraus. Damit entsteht denn ein großes Gedränge vor der Thüre" (1911). C hat hier an der porte (A und B vor den türnen). Mit der Mehrzahl der Türme ist aber erst recht an dieser Stelle nichts anzufangen. Später ließ der Schreiber jener Vorlage von A und C den falsch angebrachten Turm wieder fallen. 1950 heißt es von den Nibelungen: si truogen für die tür siben tûsent tôten wurfen si derfür: vor des sales stiegen vielen si zetal. Als vorher (1885) Dankwart die leztere heranstürmt und die Diener vor Schrecken die Speisen und Getränke fallen lassen, ist auch kein Turm erwähnt. Der Hartung aber drückt sich an demselben mit den Worten vorbei: „Der Dichter scheint sich also vorzustellen, daß man von der Treppe aus nicht erst in eine Laube gekommen sei, wenn man in den Saal eintreten wollte, sondern daß der Weg dorthin durch einen Turm geführt habe."

Noch an einer anderen Stelle hätte ich vom Verfasser die Lösung einer Schwierigkeit erwartet. Sowohl diu helmgespan (in Strophe 2157) als auch die spange (in Strophe 2214) erklärt Hartung mit allgemeinem Einverständnis für die mit Eisenblech überzogenen Rippen des Helmes. Wie kommt es nun, daß der auf den Helm geführte Schlag an der ersten Stelle, der nur bis auf die Helmrippen geht (unz ûf diu helmgespan), tödlich wirkt, an der zweiten Stelle aber den so Getroffenen nicht tötet, obwohl auch in diesem Falle des swertes ecke (bis auf) unz ûf die spange wuot? Stirbt Rüdiger (2157) infolge einer Gehirnerschütterung? Jedenfalls bedurfte diese Stelle einer Erklärung.

In einem Punkte widerspricht sich der Verfasser. S. 51 sollen die niedrigen Dienste, die Hagen als Ruderknecht auf der Brautfahrt Gunthers zu verrichten, gezwungen" war, ihn als Ministerialen, als nicht zum hohen Adel gehörig, verraten, S. 152 aber wird zugegeben, daß auf derselben Fahrt auch Gunther und Siegfried das Ruder führen, es wird hinzugefügt, daß die Helden das Rudern üben, so oft sie dazu Gelegenheit haben. Die erste Auffassung wird durch diese Thatsache widerlegt.

Eine auffallende Beurteilung des Heldengeistes des Nibelungenliedes verrät die Bemerkung, daß „Schlauheit und List (im schlimmen Sinne)" für keine geringere Tugend gegolten habe als Tapferkeit und Heldenmut, und daß daher gerade die tapfersten Helden nicht zurückschreckten vor Trug und Hinterlist. Im Sinne des Liedes sowohl wie des damaligen und jeßigen Hörers ist die listige Art, wie sich Hagen Kenntnis von der verwundbaren Stelle am Leibe Siegfrieds verschafft, eine That, die seinen Charakter entstellt, wie denn auch die nordische Sage ihm nicht den Makel der Untreue und Hinterlist anhängt.

Neu war mir auch die gelegentliche Bemerkung des Verfassers eine ausführliche Schilderung der Personen des Liedes darf man ja in seinem Buche nicht erwarten, daß der edle Rüdiger, als er Kriemhilde zur Ehe mit seinem Herrn zu überreden suchte,,mit schlauer Berechnung verfuhr“. „Da er den auf Rache an den Mördern ihres Gatten ge= wandten Sinn der Kriemhild erkannte, so benußte er dies und zeigte ihr, daß ihr als Ezels Gattin die Macht gegeben sei, ihre Rachepläne auszuführen. Hierin liegt die tragische Schuld des Helden, welche die kommenden Ereignisse herbeiführte und ihn selbst ins Verderben stürzt". Es ist für den kundigen Leser überflüssig und würde zu weit führen, dem Verfasser diese tragische Schuld Rüdigers auszureden. Dieser und die Königin verstehen unter dem Worte: er mües es sêre engelten unt het in ieman iht getân etwas sehr Verschiedenes. Hartung begründet seine Auffassung mit dem Eidschwur, durch den Rüdiger sich, wie er meint, zur Ausführung dieser auf die Vergangenheit sich beziehenden Zeitschr. f. d. deutschen Unterricht. 8. Jahrg. 9. Heft.

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Rache besonders verpflichte, da ihm die Abwehr der seiner Herrin am Egelhofe etwa zugefügten Kränkungen die zukünftige Mannentreue gebiete.

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Zum Teil ist Hartung zu dieser Beurteilung des von Rüdiger der Kriemhild geleisteten Eidschwurs durch seine Theorie der Freundschaft“ gelangt, die er zwischen einer Reihe von Personen des Liedes und so auch zwischen Kriemhild und Rüdiger bestehend annimmt, die im Norden als Blutsbrüderschaft durch Mischung des Blutes geschlossen, deren Verbindlichkeit in unserm Liede durch Eidschwur oder Gabe gesichert wird. Unter diesen Verhältnissen steht im Vordergrunde das zwischen Hagen und Volker geknüpfte, da sie sich zum Beistande im Leben und zur Rache nach dem gewaltsam erlittenen Tode verbunden zeigen. Andere engere Freundschaftsverhältnisse mit der alten Blutsfreundschaft vielleicht im weiteren Zusammenhange stehend" (der Ausdruck wagt nicht viel) find folgende. Ein solches besteht zwischen Gunther und Siegfried (die Volsungasage läßt sie Blutsbrüderschaft schließen). Zwischen Hagen und dem getreuen Warner Edewart wird die Freundschaft durch eine Gabe begründet. Wie die enge Verbindung zwischen Dietrich und den Burgunden entstanden ist, darüber verrät die Sage nichts. Endlich besteht eine solche zwischen Dietrich und den Wölfingen einerseits und Rüdiger anderseits. So der Verfasser. Wenn nun, um auf den Eid zurückzukommen, den Rüdiger der Kriemhilde schwört, dieser sich verpflichtet, Rache an dem Mörder Hagen zu nehmen, bald darauf aber mit diesem durch Gastfreundschaft und Geschenke ebenfalls in ein Freundschaftsverhältnis tritt, so ist mit dieser Doppelzüngigkeit sein edler Charakter unvereinbar. In dieser Beurteilung des edlen Helden wird sich nicht leicht ein Leser dem. Verfasser anschließen, noch viel weniger aber Schlauheit und List, die sich als Hinterlist herausstellt, im Liede als eine dem Heldenmute gleichartige Tugend erkennen.

Der Verfasser möchte noch auf Grund der Betrachtung gewisser Altertümer die Abfassung des Nibelungenliedes einige Jahrzehnte früher, als gewöhnlich geschieht, etwa um das Jahr 1170 ansehen. Im Zeitalter des Frauenkultus, sagt er, der nach Weinhold „zwischen den Jahren 1180-90 bereits in voller Blüte stand“, schmückt den schönen Helden schlanker Wuchs, blondes lockiges Haar, leuchtende Augen, weiße Hände, ganz im Sinne der weiblichen Schönheit. Vor diesem Zeitalter galt der Edle für schön. „Männliche Erscheinung, heldenhafter Wuchs, breite Brust, stroßende Muskelkraft, ein solches Leidenschaft und Thatkraft verratendes Aussehen war es, worin man ehemals die Schönheit eines Mannes fand." „Aber der alte Haudegen (Hagen), sagt der Verfasser, gefällt den Frauen nicht mehr. Diese zogen das Aussehen der anderen höfischen Ritter vor. So läßt bereits der Dichter des Nibelungenliedes

die junge Tochter Rüdigers zusammenschaudern beim Anblick der kriegerischen Gestalt Hagens." Wir sind gegen den Verfasser überzeugt, daß in der Gestalt Hagens nicht ein älteres Schönheitsideal in die neue höfische Zeit hineinragt, sondern daß die furchtbare Erscheinung Hagens der Ausdruck seines Innern sein soll.

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Der Verfasser schließt dann noch aus folgenden Beobachtungen auf das etwas höhere Alter des Nibelungenliedes. Er sagt: Jm 13. Jahrhundert war die Erlangung der Ritterwürde keineswegs mehr ein unbedingtes Erfordernis für einen König, während sie im Nibelungenlied Siegfried noch erteilt wird. Aber ein Wilhelm von Holland wird noch im Jahre 1247 als in Aussicht genommenes Oberhaupt des Reiches zum Ritter geschlagen. Das Wort Turnier fehlt im Nibelungenliede, von dessen Verbreitung kaum viel vor dem Beginn des 13. Jahrhunderts die Rede sein kann". Aber der Verfasser selbst giebt an, daß das erste Turnier 1127 zu Würzburg abgehalten wurde. „Im 12. Jahrhundert, sagt Hartung weiter, wird die Lanze schon fast ausschließlich nur zum Stoß verwandt. Diese ritterliche Kampfweise finden wir aber nur an zwei Stellen des Nibelungenliedes." Auch dies ist kein Beweis für das höhere Alter des Epos. In den unzähligen Ritterspielen desselben, beim Buhurt und beim Tjost, wird der Speerstoß, nicht der Speerwurf geübt. Der Speerwurf, der im Liede vorkommt, war dem Dichter aus den Liedern oder älteren Gesängen geläufig, nach denen er sein Epos dichtete. In ihnen war noch der Ger die allgemeine Waffe des deutschen Kriegers. Auf dieselbe Weise erklärt sich das Fehlen des Turniers. Ferner schließt Hartung aus dem Umstande, daß gemalte Wappen auf den Schildern im Nibelungenliede fehlen - den Adler auf dem Schilde Siegfrieds will er nicht dafür gelten lassen, während der im Jahre 1204 gedichtete Parzival gemalte Wappen mehrfach erwähne, auf das höhere Alter des Epos. Er folgert es endlich daraus, daß die Halsberge, dieses jüngere Panzerkleid, seltener erwähnt wird als die Brünne, die als Kettenpanzer nach der Mitte des 12. Jahrhunderts eingeführt wird. Wir nehmen von diesen Ausführungen des Verfassers soviel an, daß das Nibelungenlied, wie es jezt vorliegt, nicht vor der Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden sein kann, können aber nicht finden, daß der Verfasser die Abfassung desselben um das Jahr 1170 wahrscheinlich gemacht habe. Um es noch einmal zu sagen: Ältere Waffen, ältere Anschauungen können aus dem, was dem Dichter als Stoff zu seinem Epos vorlag, in dieses hinübergenommen sein.

Wir schließen diese Reihe von Besprechungen, die sich auf das Nibelungenlied beschränken, mit der Anerkennung, daß die Sprache des Buches bestimmt, der Druck korrekt, die Ausstattung gut ist. Abbildungen

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fehlen. Dem Übelstande, daß in verhältnismäßig wenig Kapiteln ein so mannigfaltiger Stoff abgehandelt werden mußte, wird durch ein ausführliches Wort und Sachverzeichnis entgegengewirkt. Daß das umfangreiche Kapitel „ritterliches Leben", auch diejenigen, die von Stand, König und Lehnsmannen handeln, zu Wiederholungen führen mußten, ist dem Verfasser gewiß selbst nicht entgangen.

Das Werk sei noch einmal namentlich den Kollegen angelegentlichst empfohlen.

Dortmund.

Schulze.

Gotthold Ephraim Lessing. Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen. Für den Schulgebrauch herausgegeben von Dr. Oskar Netoliczka, Gymnasialprofessor. Wien und Prag, Verlag von F. Tempsky. 1893. Kl. 8. 163 S. 80 Heller [so!] gebunden.

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Dieses Bändchen gehört der Sammlung an, die unter dem Namen ,,Freytags Schulausgaben klassischer Werke für den deutschen Unterricht" gemäß einem ausdrücklichen Erlasse des t. t. Ministeriums des Kultus 1893 den Lehrkörpern österreichischer Anstalten ganz besonders empfohlen wurde. Es möge hier, woselbst im Laufe der letzten Jahre schon so viele Glieder der verschiedensten gleichzielenden Unternehmungen zur Anzeige gelangten in Österreich selbst erscheint ja noch die mannigfach recht gut versehene im Verlage von Carl Gräser in Wien herausgehoben sein, weil ihm mehrere Ursachen eine Ausnahmestellung zuweisen. Einmal der Stoff. Wie oft und wie hartnäckig ist nicht über die Nuzbarkeit von Lessings unvergänglichem Versdrama für die schulmäßige Einführung in unsere zweite große Litteraturblüte gestritten worden! Autoritäten vom Range eines Wilhelm Wackernagel haben sich entschieden dagegen aufgelehnt, und noch heute, nach einem vollen Menschenalter, wird kein ehrlich erwägender Verfechter der Nathan"-Lektüre den Ernst und den Gehalt der Auslassungen dieses Mustergermanisten (vergl. Kleinere Schriften II, S. 452 flg.) angreifen. Die in der Gegenwart in pädagogischen Kern- und Sonderfragen so häufig ausgespielte Tendenz sollte hier nichts hineinreden dürfen. Im Gegenteil, als gediegenste Schuhwehr wider den andringenden Unrat der neueren und jüngsten Bühne müßte diese reine Frucht der theatralischen Muse immer und immer wieder in den Vordergrund treten, wo man die Jugend, insbesondere die männliche, in die herrlichen Schäße unserer neuklassischen Poesie redlich einweisen will, um sie für den Kampf des Lebens zu stählen.

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Diese grundsäglichen Vorfragen berührt Netoliczkas Büchlein zwar nicht, wohl aber regt es sie an, wenn man mit Freuden wahrnimmt,

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