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einer zwölf größere Artikel umfassenden Serie. Am glänzendsten äußerte sich jedoch der damals 26 jährige Karl Marx darüber; im Pariser „Vorwärts" vom Jahre 1844 hat er über Weitlings Garantieen das folgende Urtheil gefällt:

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Was den Bildungsstand oder die Bildungsfähigkeit der deutschen Arbeiter im Allgemeinen betrifft, so erinnere ich an Weitlings geniale Schriften, die in theoretischer Hinsicht oft selbst über Proudhon hinausgehen, so sehr sie in der Ausführung nachstehen. Wo hätte die Bourgeoisie ihre Philosophen und Schriftgelehrten eingerechnet ein ähnliches Wert wie Weitlings: Garantieen der Harmonie und Freiheit" in Bezug auf Emanzipation der Bourgeoisie die politische Emanzipation auf zuweisen. Vergleicht man die nüchterne, kleinlaute Mittelmäßigkeit der deutschen politischen Literatur mit diesem maßlosen und brillanten litera= rischen Debut der deutschen Arbeiter; vergleicht man diese riesenhaften Kinderschuhe des Proletariats mit der Zwerghaftigkeit der ausgetretenen poli= tischen Schuhe der Bourgeoisie, so muß man dem deutschen Aschenbrödel eine Athletengestalt prophezeien. Man muß gestehen, daß das deutsche Proletariat der Theoretiker des europäischen Proletariats, wie das englische Proletariat sein Nationalökonom und das französische Proletariat sein Politiker ist.“

Das war nun freilich 1844, und die Stellung, welche Mary Weit= ling gegenüber einnahm, änderte sich schon in den nächsten Jahren, wie wir bald sehen werden. Mary mit seinem historisch-kritischen Denken blieb selbstverständlich nicht bei Weitling stehen, sondern seine Einsicht in den historischen Werdegang der Gesellschaft führte ihn rasch mit Riesenschritten über Weitling hinaus und ließ ihn dessen Entwürse als kühne Phantastereien erkennen.

Das Evangelium eines armen Sünders ist das merkwürdigste Werk Weitlings. Eine Talentprobe imponirendster Art. Welche Kraft des Ausdrucks in jeder Zeile, welch ergreifende Sprache! Von Weitlings Wesen giebt es uns das treffendste Bild. Mehring trifft in seiner Geschichte der deutschen Sozialdemokratie den Nagel auf den Kopf, wenn er ausführt, im Jesus der Evangelien spiegelt Weitling sich selbst wieder. Das Buch ist eine Art Beichte vor sich und der Welt. Es sind seine Erfahrungen und Erfolge, seine Freuden und Leiden, an denen er die Thaten und Worte Jesu mißt. Für Weitling handelte es sich mehr um sich, als um Jesus. Es ist der zweite Messias, der den ersten für sich in die Schranken rust. Aber Weitling hält sich nicht nur für den zweiten, sondern auch für den größeren Messias. Daß Jesus keinen Organisationsentwurf einer neuen Gesellschaft gemacht habe, entschuldigt er mit der Zeit, und es sei auch nicht zu verlangen, daß er „damals alle Tiefen der heutigen kommunistischen Lehre aufgefaßt haben“ solle.

Für die Agitation hat das Evangelium große Dienste gethan. Was Weitling der Oeffentlichkeit gegenüber als Aufgabe des Werkchens ausführte, das finden wir in dem bekannten Prospekt, den er vor Erscheinen des Buches zu Reklamezweden für das Buch schrieb und verbreiten

ließ, darin heißt es in diesem Werke wird in mehr als 100 Bibelstellen bewiesen, daß die fühnsten Folgerungen der freisinnigen Ideen ganz im Einklang mit dem Geist der Lehre Christi sind“ und weiter „die Religion muß also nicht zerstört, sondern benußt werden, um die Menschheit zu befreien... Christus ist ein Prophet der Freiheit, seine Lehre die der Freiheit und Liebe." Und wenn man Weitling sagte, aus der Bibel lasse sich alles machen, was man wolle, so antwortete er: „Wohl, ihr Herren, ihr habt's bewiesen, ihr habt ein Evangelium der Tyrannei, der Bedrückung und der Täuschung daraus gemacht, ich wollte eines der Freiheit, Gleichheit und Gemeinschaft, des Wissens, der Hoffnung und der Liebe daraus machen, wenn es dies nicht schon wäre. Wenn jene sich irrten, so geschah es aus persönlichem Interesse; wenn ich mich irre, so geschieht es aus Liebe für die Menschheit. Meine Absicht ist bekannt und die Stellen, aus denen ich schöpfe, angemerkt. Der Leser mag nun lesen, prüfen, urtheilen und glauben, was er will. Amen.“

Bielgestaltig sind die Schicksale des Buches und auch diejenigen Weitlings, die sich direkt an dieses Buch knüpfen. In Lausanne im Frühjahre 1843 hatte er es geschrieben. Aber sein Plan war längst, nach Zürich überzusiedeln, um in engere Verbindung mit den literarischen Kreisen zu kommen, darum suchte er sich dort einen Verleger. Fröbel, der das liter. Kontor in Zürich leitete, fürchtete, sich durch das Buch zu fompromittiren und lehnte deßhalb den Verlag ab, besorgte aber Weitling einen anderen Verleger. Fröbel war es auch, der Weitling immer vor der Uebersiedelung nach Zürich warnte, denn er wußte, daß die Regierung längst darnach trachtete, der kommunistischen Sache einen vernichtenden Schlag zu verseßen und daß sie hoffte, dabei auch gleich die radikale Partei, in der Fröbel hervorragend thätig war, mit treffen zu können. Er wußte, daß sie die erste Gelegenheit dazu benüßen werde. Was Fröbel befürchtete, traf ein. Der oben zitirte Prospekt bot die erwünschte Handhabe, auf Grund seines Inhalts denunzirten Züricher Pfaffen Weitling der Gotteslästerung. Der Staatsanwalt ließ Weitling bereitwilligst verhaften und Haussuchungen bei ihm und dem Drucker vornehmen, dadurch fiel ihm nicht nur Weitlings gesammte Privatforrespondenz in die Hände, sondern auch der noch nicht gesezte Theil des Druckmanuskripts vom Evangelium. Selbstverständlich auch der schon fertige Theil der Auflage. Die beschlagnahmten Papiere wurden vom Staatsanwalt der Regierung ausgeliefert, welche nun ihrerseits eine Kommission von fünf Mitgliedern ernannte, mit dem Prof. Bluntschli an der Spize, die das Material verarbeiten sollte. Bluntschli that dies in dem berühmten Kommunistenbericht. Freilich bewies er durch denselben nun weiter nichts, als den Tiefstand seiner staatsretterischen Fähigkeiten, oder noch richtiger, welch armseliger Schlucker in wirthschaftlicher, historischer und politischer Einsicht, er im Gegensaß zu dem

einfachen, aber doch genialen Schneidergesellen war. Er bewies dies durch seine Abwehrmaßregeln, die er gegen den Kommunismus und dessen Ans hänger in Vorschlag brachte.

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Die spätere Zierde des Liberalismus wußte als Hilfsmittel nur eines den Polizeiknüppel. Einzudringen in Weitlings Lehre, ihre theoretische Bedeutung, ihre historische Nothwendigkeit zu prüfen, die Ursachen ihrer so großen agitatorischen Wirkung und der so raschen Verbreitung zu erforschen und dann darauf zu dringen, daß sie gewürdigt werden, das fiel ihm nicht ein. Aber troß alledem mangelte die ganze Geschichte nicht des köstlichsten Humors; eine Zeitungsstimme aus jener Zeit giebt uns darüber Kunde.

„Herr Bluntschli hat bewiesen“, heißt es da, „daß ein deutscher Schneider und seine Kameraden Probleme aufstellen, deren gefährliche propagandische Natur er um so weniger versteht, je mehr er beabsichtigt, sie zu verbreiten. Die Kommunisten, die er reden läßt, behandeln ihre Sache mit einer Beredtsamkeit und einem Enthusiasmus, dem er nichts entgegenzuseßen hat, als einige oft wiederholte, abgenußte, von den Bewegungsmännern bekämpfte Prinzipien. Hat der Berichterstatter nicht überlegt, daß der Mann, der nicht mehr dienen will, unwiderlegbar ist? Herr Bluntschlt veröffentlicht eine Schrift, in welcher das Talent und die Organisation der Kommunisten sich im schönsten Lichte zeigt, und er will dadurch bezwecken, daß man sich nicht für, sondern gegen diese Männer und ihre Ideen ausspreche?“

So zu lesen in der Kölnischen Zeitung vom 2. August 1843. Um die Gemeingefährlichkeit des Kommunismus und seiner Anhänger recht eindringlich darzuthun, hatte Bluntschli umfangreiche Auszüge aus Weitlings Schriften gebracht und ausführlich die Kommunisten in ihrer uner. schütterlichen Opferwilligkeit und Hingabe an ihre Sache geschildert. So war aus der Anklageschrift gegen den Kommunismus wider Willen eine Agitationsschrift für den Kommunismus geworden. Die Idee des Kommunismus fand in weite Kreise Eingang, zu deren Kenntniß er sonst so rasch wohl nicht gelangt wäre, umsomehr da die Züricher Regierung das Buch auf ihre Kosten herstellen und in den Buchhandel hatte bringen lassen. Es kann uns also nicht wundern, wenn auch die Anhänger Weitlings, nachdem ihr Lehrer ausgewiesen und der Vertrieb der kommunistischen Literatur bedeutend erschwert war, mitunter eifrig die Verbreitung dieses Buches unterstüßten. Nach einem Bericht, den der preußische Gesandte in Paris nach Berlin erstattete, soll Bluntschlis Bericht 300 Handwerksburschen zum Eintritt in den Kommunistenbund veranlaßt haben!

Was Fröbel für sich, resp. für die Radikalen befürchtet hatte, traf ebenfalls ein; Bluntschli ließ die Gelegenheit nicht vorübergehen, das Material auch gegen andere politische Gegner auszunüßen. Freilich mußte er, um dies fertig zu bringen, erst einige Fälschungen vornehmen, aber

das war ja ein stets erprobtes und wenn man es im Interesse der Herrschenden gegen die Unterdrückten ausübt, auch ganz gefahrloses und stets immer gutgeheißenes Mittel. Drum frisch drauf los, ein geschickter Redakteur vermag viel. Das bewies Bluntschli und wurde dadurch ein würdiger Vorgänger der in Berlin beamtet gewesenen Dynamitlieferanten, der Spizel Haupt und Schröder. Die Redaktion wurde vorgenommen und Bluntschli „bewies“, daß die Radikalen die „verbrecherischen Zwecke“ der Kommunisten gefördert hätten. Fröbel wehrte sich dagegen, für diese Frechheit wurde er vom Regierungsrath wegen ungeziemender Ausdrücke“ in eine Geldstrafe genommen. Die bürgerlich Radikalen Heldenseelen wie immer riffen aus, resp. sie kuschten, indem sie sich von Fröbel zurückzogen, dadurch ging der von ihm redigirte „Schweizer Republikaner“ an Abonnentenschwindsucht ein.

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Die Herausgabe des Evangelium eines armen Sünders konnte die Züricher Regierung aber doch nicht verhindern, sie erfolgte durch Weitlings Freunde. Er selbst theilt uns darüber in seiner Vorrede zur zweiten Auflage folgendes mit:

„Vorliegendes Werk war bestimmt, im Sommer 1843 in Zürich zu erscheinen. Um dasselbe so billig als möglich verbreiten zu können, beschloffen Gleichgesinnte die Bestreitung der Druckkosten. Kaum hatte indeß die Schrift zur Hälfte die Presse verlassen, als die Behörden durch einen nächtlichen Ueberfall auf offener Straße meine Verhaftung und die Konfiskation der Druckbogen und des noch unvollendeten Manuskripts bewerkstelligten. Eine Gefangenschaft von 50 Wochen, Verbannung, Auslieferung, wieder Verbannung und Transport nach England waren die weiteren Folgen. Die konfiszirten Druckbogen des Evangeliums ließ man zerstampfen.

Indeß war es meinen Freunden gelungen, das schon in den Händen der Behörden befindliche noch unvollendete Manuskript fast ganz zu retten. In der Absicht, mir zu helfen und es zugleich veröffentlichen zu können, verkauften diese es während meiner Gefangenschaft an Herrn Jenni in Bern. Während dieser Gefangenschaft hatte ich aber sowohl die Vollendung, als die Vervollständigung dieses Evangeliums beschlossen, welche ich nach meiner Freilassung in London ausarbeitete. Diese Ausgabe kam indeß für die Jennische Ausgabe zu spät; diese war bereits unter der Presse. Um jedem Unbemittelten es möglich zu machen, sich dieses Buch um einen billigen Preis anzuschaffen, beschlossen meine Freunde, dieses vollständige Manuskript auf gemeinschaftliche Kosten drucken zu lassen. Es enthält sonst alles, was die erste Auflage enthält, nur in einer veränderten Klassifikation und mit einer Vermehrung des Inhalts . . .

Um zugleich zu beweisen, daß meine Erklärung des Evangeliums von teiner Seite eine Widerlegung zu fürchten hat, gab ich in einem Kapitel eine Uebersicht der Lehrwidersprüche des Neuen Testaments, zugleich beweisend, daß dieselben deßwegen keine Widersprüche in der Lehre Jesu seien.

Die Jennische Ausgabe hat wieder zu Verfolgungen Anlaß ge= geben. Es wurden davon in Zürich 100 Exemplare tonfiszirt und die Besizer derselben eingesperrt und über die Grenze gewiesen. Das

Manuskript dieser zweiten Auflage, das einer der Eingesperrten in Verwahrung hatte, lief dabei wieder Gefahr, konfiszirt zu werden, wurde indeß glücklicher Weise bei der Haussuchung nicht gefunden."

Der Absaß dieser Schrift war ein außerordentlicher, so daß 1848 schon eine dritte Auflage folgte, die gleichzeitig mit einer englischen Ueberseßung in New-York erschien; 1843 war eine französische Ueberseßung in Lausanne unter anderem Titel erschienen und 1846 eine norwegische. Ueberall und immer war der Eindruck dieses interessanten Werkes gleich mächtig. Ein gewiegter Verleger in den Rheinlanden nüßte erst neuerdings Ende der achtziger Jahre diesen Umstand aus, er ließ von der ersten Auflage eine Facsimile-Ausgabe herstellen, die er dann in seinem Antiquariats-Katalog als antiquarische Exemplare aus der ersten Ausgabe anzeigte und das Exemplar zu fünf bis zehn Mark verkaufte. Daß es sich um einen Neudruck handelte, erfuhr niemand. Für einen Drucksachverständigen ist diese Ausgabe übrigens leicht erkenntlich, sowohl am Druck wie am Papier.

Der von uns auf den nachfolgenden Blättern veranstaltete Neudruck ist nach der ersten Auflage hergestellt. Da es uns jedoch darum zu thun ist, Weitlings Werke möglichst vollständig darzubieten, so haben wir, nachdem es uns unterdessen gelungen war, auch ein Exemplar der dritten Auflage aufzufinden, die von Weitling später beigefügten Kapitel als Anhang der zweiten von uns herausgegebenen Schrift Weitlings „Die Menschheit, wie sie ist und wie sie sein sollte“ (Hest 9 dieser Sammlung) beigegeben.

Die Behandlung, welche Weitling im Züricher Gefängniß zu theil wurde, muß eine empörende gewesen sein. Es steht ziemlich fest, daß er sogar körperliche Züchtigungen erdulden mußte. Aber so wenig seine in der Freiheit lebenden Freunde sich abschrecken ließen, so fest hielt Weitling aus, er verleugnete keinen Augenblick seine Theorien und Bestrebungen und seine Vertheidigung vor Gericht war eine in jeder Beziehung würdige. Das für die Züricher Rechtspflege beschämende Urtheil war in der ersten Instanz hart, es lautete auf 6 Monate Gefängniß und lebenslängliche Verweisung aus der Schweiz, aber die zweite Instanz konnte ihrem Gerechtigkeitsgefühl doch nicht widerstehen, sie erkannte auf nur fünfjährige Berweisung aus der Schweiz und auf 10 Monate Gefängniß. Fürwahr, ein würdiges Ende dieser unwürdigen Justizkomödie !

Im Gefängniß erwachte in Weitling auch der Drang zum Dichten. Wenn es nun auch keine poetischen Meisterwerke sind, die seine Muse schuf, so sind doch mehrere seiner Gedichte von großem phsychologischem Interesse. Merkwürdig ist, daß gerade jene Merkmale, die seine Prosaschriften so glänzend auszeichnen, der blühende Bilderreichthum, die Kraft der Sprache, die glühende Leidenschaft seinen Gedichten völlig mangeln. Die erlösenden

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