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ären neben einander gestellt zur gegenseitigen Ergänzung und Berichtigung. ich fühle mich berufen, ja verpflichtet, dem Eindruck gegenüber, welchen der Sortrag des Herrn Referenten auf mich gemacht hat, andererseits zu erkläen, daß ich wohl den Anspruch erheben kann, die theologische Seite der frage in einem langen Kampfe zu meiner Lebensaufgabe gemacht zu haben, nd ich daher wohl eine gewisse Competenz in dieser Beziehung für mich in Inspruch nehmen darf. Ich muß nun sagen, wenn ich den Haupteindruck es Vortrages mir vergegenwärtige, ich mich gedrungen fühle, hier zu erklä= en und dieses Zeugniß möchte ich vor Ihnen ablegen - daß ich im Besentlichen nichts zu ergänzen habe zu dem, was der verehrte Herr vom taatsrechtlichen Gesichtspunkte aus, als staatsrechtliche Autorität, so treffend ntwickelt hat. Wenn er sagt: „Von meinem Etandpunkt als Staatsrechtsehrer verlange ich die selbständige Stellung des Staats und des Volkes illen Ansprüchen der Kirche gegenüber," so sage ich von meinem Standpunkt: Das ist erst diejenige Anschauung von den Verhältnissen von Staat ind Kirche, welche allein dem Christenthum entspricht. Denn, was das Mittelalter verlangt, was nachher die protestantische Kirche verlangt hat, ist nichts anderes, als das Resultat des Judenthums und Heidenthums. Chritus hat dadurch die wahre Religion den Menschen geoffenbart, daß er sie befreit hat von jeder äußeren Vermittlung, von allen territorialen Schranken, daß er sie versenkt hat in die Tiefen des Geistes. Sodann komme ich auf ein sehr wichtiges Moment, auf das, was diefer großartige Vortrag, welchen ich in der That als ein Ereigniß betrachten muß, enthält, und um meine Ansicht zu verdeutlichen, muß ich hinzufügen, daß mir der Vortrag im Großen und Ganzen nicht nur correct den eigentlichen christlichen Begriffen und dem Standpunkte des alten und neuen Testaments gegenüber, so wie der Grundlage der Kirchengeschichte entspricht, sondern daß auch die Art und Weise, wie der Vortrag gehalten ist, mich erbaut hat. Ich habe es ganz in der Ordnung gefunden, daß das Staatsrechtliche vor dem Kirchlichen und Geistigen in den Hintergrund getreten ist. Dann komme ich auf die Hauptsache: nämlich, steht es nun so, daß wir nach 1800 Jahren erst genau wissen und merken, wie es mit dem richtigen Verhältniß von Staat und Kirche beschaffen ist, dann, meine ich, können wir das nicht aussprechen ohne die allertiefste Beschämung. Es ist nämlich nicht richtig, wie man es von theologischer Seite oft darzustellen sucht, daß der Staat mit seiner Machtvollkommenheit diesen unberechtigten Anspruch geltend gemacht hätte. Das ist nicht wahr. Die Kirche trägt die Schuld!

Nicht Constantin hat sich zum Intimator der Concilien, zum Exekutor ihrer Beschlüsse selbständig hingestellt, die Donatisten und die Bischöfe haben ihn bewogen, sich dazu zu machen. Nicht der Kurfürst von Sachsen hat auf eignen Antrieb sich zum summus episcopus gemacht, Luther und Melanchthon

haben ihn in einem schwachen Augenblick, in einem Augenblick nicht des Glasy bens, sondern des Unglaubens dazu provocirt. Daher der Zustand von heu Wir stehen in einem Zustande, oder ich will sagen, Urzustande, in eine Chaos, welches ruht auf einer fünfzehnhundertjährigen Tradition, weld von der Kirche durch ihre Schuld eingeleitet, durch eine zweite Schuld de nachreformatorischen Zeit, oder der Zeit, in welcher der erste Impuls de Reformation abließ, gemacht worden ist.

Was folgt daraus?

Hat die Kirche den Knoten geschürzt, diesen furchtbaren Knoten mit s nen entseßlichen Folgen, so ist sie auch zur Lösung desselben verpflichtet. H fie die Initiative zu dem Vorgange ergriffen, muß sie die Initiative ergre fen zu der Rectificirung dieses Vorgangs. Irgendwo muß die Sache in A griff genommen werden. Ich meine hier in dieser Stadt Bremen lägen di Dinge so, daß ich nicht anders kann, als sagen: Hier wäre die Möglicht. eines solchen richtigen Anfangs, einer solchen richtigen Initiative zur Rec ficirung eines ungeheuren Fehlgriffs. Ich meine, hier sind die Elemente vo handen: Ein tüchtiges, kräftiges, bürgerliches Gemeinwesen, ein kräftige selbstbewußtes, kirchliches Gemeinwesen, und zwar nach denjenigen beides Seiten hin, welche sich im Lauf der Geschichte als berechtigt gebildet haben Es sind eben die beiden Richtungen, die sich als zwei Gegensäße einanda gegenüber stehen. Aber das ist ja eben das Wesen unseres Vereins, daj wir das Recht dieses Gegensates behaupten, und daß wir die Ausgleichung desselben nicht blos dociren, sondern darstellen. Ich meine, es ist zuweilen nothwendig, daß wir uns erinnern, daß in der Gegenwart nicht blos d Verstand frank, sondern vielmehr der Wille, daß unser Verein, viel meh noch zum Handeln als zum Lehren berufen ist. Ich meine nun in Bremen find die beiden Seiten des Gegensages auf eine durchaus würdige Weije vertreten. Ich will zunächst von der positiven Seite sprechen. Ich nenne zwei Namen aus der Bremer Geistlichkeit, welche in Aller Gedächtniß sind: Die Namen des seligen Mallet und des noch lebenden Treviranus haben in der ganzen gläubigen deutschen Christenheit einen sehr guten Klang. Ich sage weiter von der positiven Seite dieses Gegensates: Hier, in einem verhält nißmäßig kleinen Gebiet der Kirche ist eine eigene Anstalt für die Bekehrung der Heiden gegründet worden, und sie erhält sich. Es ist hier kürzlich auf derselben Seite eine Diakonissen-Anstalt gegründet worden. Es genügte dieß um zu behaupten, daß auf jener Seite Kraft des kirchlichen Lebens vor handen ist. Ich hoffe, es ist Niemand in unserm Verein, der das nicht mit Freuden bekennt. Daß nun auch die kritische Seite ihre würdige, treffliche, und bedeutsame Vertretung hat, davon ist eben unsere Anwesenheit ein Zeng niß, davon brauche ich nicht weiter zu reden.

Ich meine nun, da ist Anlaß gegeben, die Aufforderung dringend

Boten, daß man hier, in dieser guten Stadt, die wie ich höre, den Namen ner „Herberge der Kirche“ hat, einmal einen wirklichen thatsächlichen Anng mache und diese Herberge so gestalte, daß sie die Kirche darstelle, wie e in der Gegenwart nur dargestellt werden kann, als Ausgleichung dieser iegenfäße, welche sich nothwendig mit einander vertragen müssen. Das christche Gewissen fordert es auf der einen wie auf der andern Seite. Ist das eschehen, ist unser Verein das Vorbild, und der dritte Protestantentag ein (nlaß dazu, daß es geschähe, dann kann der Vorstand des kirchlichen Geeinwesens hintreten zu dem Vorstande des bürgerlichen Gemeinwesens, und ich mit ihm in Frieden auseinanderseßen, Samit endlich einmal das normale Zerhältniß, welches die 1800 Jahre der Christenheit noch nie sahen, hergetellt werde. Mein Spruch ist daher: Bremen beginne! (Bravo!)

Dr. Schenkel aus Heidelberg:

Hochgeehrte Herren!

Es kann nicht in meiner Absicht liegen, auf die einzelnen Thesen, welche eute mit so beredtem Munde hier vertheidigt und nachher begründet woren sind, einzugehen. Ich möchte vielmehr die heute vor Ihnen gehaltene rgreifende Rede als ein großes Ganzes betrachten, und zwei zeitbewegende Bedanken der Cultur und Religion aus demselben hervorheben, sowie mit Rücksicht auf die vorhin ausgesprochenen Bemerkungen meinerseits einige Anvendungen daran knüpfen. Die beiden Grundgedanken, die beiden Cardinalunkte, um welche sich die sechszehn Thesen unseres Referenten gruppiren lassen, cheinen mir folgende zu sein:

1) Der Staat giebt seinerseits die Religion frei, betrachtet sie als eine elbständige Angelegenheit, in die er mit seinen Mitteln und seinen Kräften ich nicht zu mischen hat, und ebenso umgekehrt die Religion läßt den Staat frei, läßt ihn seine Wege gehen und mischt sich nicht in seine Angelegenheiten.

Das die eine These;

2) Der Staat ist deßhalb, weil er religiös frei geworden ist, nicht gleichgültig gegen die Religion, sondern sie ist ihm eine sehr respectable Sache, eine respectable Thatsache. Wie er seinerseits andere Thatsachen und Kräfte schüßt, ihnen seinen Rechtsschuß angedeihen läßt und sie auch fördert, z. B. Kunst und Wissenschaft, in noch höherem Maße stellt er unter seinen Rechtsschuß die Religion, aber nicht eine besondere, sondern alle Religionsgemeinschaften. Das die beiden großen Grundgedanken.

Ich glaube, daß wir unserem Referenten nur dafür danken können, daß er lediglich diese mächtigen Ideen ausgesprochen hat, und in ihrer objectiven Kraft und Gewalt sie auf unsere Gemüther hat wirken lassen, ohne ihre Consequenzen zu ziehen, ohne uns zu sagen, was wir, als die Mitglieder des Protestantentages, nun auf dem praktischen Felde des Staats und der Kirche

wünschen müssen, damit diese beiden großen Gedanken nicht blos als The rien über unsern Köpfen schweben, sondern vielmehr gestaltend unser deutsch nationales staatliches und kirchliches Leben durchdringen. Hochgeehrte Herre es ist vielleicht unbescheiden, wenn ich sage, daß ich versuchen will, in dies Richtung Einiges ergänzend beizubringen, ja ich kann nicht einmal fager ergänzend, weil, wie ich vorhin sagte, der Referent Recht hatte, daß er nur de Gedanken selbst auf uns wirken ließ. Aber mir scheint es, daß es eine Aufgal der Discussion sei, nicht zu wiederholen, sondern die Consequenzen zu ziehen Wie verhält es sich mit der ersten These auf dem Boden des praktische deutschen Lebens?

Läßt der Staat die Kirche frei, und umgekehrt, läßt die Kirche de Staat frei? Ich rede nicht von der römisch-katholischen Kirche. Der Sta wäre in der Regel von Herzen gern frei von ihr, aber diese Kirche hat ein so übermäßige Liebe zu dem Staate, daß sie ihn aus ihren Umarmunga nicht lassen will, daß sie ihn wohl gern so lange umarmen möchte, bis e erstickt ist. (Heiterkeit.) Ich beschränke mich auf die protestantische Kirche. muß allerdings einem Vorredner widersprechen, was ihm beweisen wird, daß e nicht wahr ist, wenn man manchmal annimmt, die Theologen hätten nu eine Meinung. Ich bin nicht der Meinung meines verehrten Freundes un Collegen Baumgarten, daß die Kirche allein die Schuld trage, wenn de Staat bis auf den heutigen Tag einen überwiegenden Einfluß auf die A gelegenheiten der protestantischen Kirche übte, wenn mit einem Wort da staatskirchliche System bis heute noch immer im Großen und Ganzen fortbe steht. Ich bin auch, nebenbei gesagt, nicht der Ansicht, daß der heilige Con stantinus so unschuldig sei, wie der Vorredner ihn hingestellt hat. Mir scheint, daß er einen sehr starken Appetit nach der Stellung in sich gefühlt hat, welche ihm von Seiten der Bischöfe mit lebhafter Huldigung entgegen getragen worden ist, eine Stellung, welche mit dem großen und weiten Lic besmantel der Kirche seine großen und starken Sünden bedeckte. Aber nod weniger bin ich der Ansicht, daß Luther und Melanchthon, deren Namen wit gerade jezt in den Tagen der Einweihung des Luther-Denkmals mit doppel tem Interesse und Liebe nennen wollen, wie dieß auch Professor Baumgarten that, nur in einer schwachen Stunde, angewandelt von einer Art theologischer Faiblesse, dem sächsischen Kurfürsten die Leitung der religiösen Angelegen heiten übertragen haben. Ein verehrter Nachbar sagte mir vorhin ins Dhr „Es war nicht ein schwacher, sondern ein welthistorischer Moment der prote stantischen Kirche, als ein deutscher Fürst die Leitung der religiösen Ange legenheiten in die Hand nahm." Wer hätte in jenem Augenblick, als die Bischöfe der Geistesfreiheit untreu geworden waren oder nichts davon wissen wollten, wer hätte damals unsere Kirche regieren sollen? Es gab nur eine Alternative: entweder die Pastoren, oder die Fürsten!

Es sind nun viele hochgeehrte Collegen hier; sie mögen es mir nicht ibel nehmen: Wenn ich zwischen Fürstenherrschaft und Pastorenherrschaft in er Kirche wählen soll, so erkläre ich mich gegen die Pastoren und für die Fürsten. (Beifall.) Darum wollen wir solche Momente in ihrer weltgeschichtichen Bedeutung nicht verkennen, obwohl ich vollständig einsehe, daß es nicht in geregelter Entwickelungsgang war, welchen damals die protestantische Kirche genommen. In der großen allgemeinen Verwirrung, in einem Augenblick, wo das zündende Wort Gemeinde, Selbstverwaltung der protestantischen Gemeinde — noch nicht gefunden war, da mußte der Staat als Vertreter der allgemeinen Interessen an die Stelle der Gemeinde treten, bis der entscheidende Augenblick kam, der leider bis jezt noch nicht durchschlagend gekommen ist, wo der Gemeinde zurückgegeben wird, was ihr von Gottes und Rechts wegen gehört, wo die Gemeinde als Subject der Kirche anerkannt wird, wo sie ihre Angelegenheiten selbst verwaltet und regiert. (Bravo.)

In Beziehung auf die erste These erlaube ich mir nun noch ein Wort. Wir sind in diesem Augenblick, nach meiner unmaßgeblichen Anschauung, welche ich mit aller Bescheidenheit ausspreche, in einem Uebergangsstadium begriffen. Die Gemeinde dürstet nach ihrem heiligen Recht, die große deutsche protestantische Volksgemeinde will ihre kirchlichen Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen. Wenn ich mir erlauben darf, als Fremdling, als Gast in dieser lieben Stadt von den Angelegenheiten dieser Stadt zu reden, so sage ich: auch diese Bremer Gemeinde weiß, was Selbstverwaltung heißt. Wenn Bremen in deutschen Landen als die Herberge Gottes hingestellt wird, so kommt das daher, daß es in Bremen nicht nur Pastoren, sondern Gemeinden giebt.

Die Gefahr, in der wir uns befinden, ist die, daß, während die Gemeinde ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgt und ich gestehe offen, auch in Baden, wo wir eine Gemeindeverfassung in beschränktem Sinne haben, besorgt sie ihre Angelegenheiten noch nicht ganz selbständig, -die Regierungen auch nicht in der Lage sind, auch nicht die Möglichkeit haben, die Kirche zu regieren. Das Leztere ist nicht mehr möglich, das Erstere noch nicht wirklich. Jest ist ein neues System erfunden: Dieses heißt: Regierung der Kirche durch das membrum praecipuum ecclesiae, nicht mehr durch den Staat, diejenige Behörde, welche die allgemeinen Interessen vertritt, sondern durch das Staatsoberhaupt, aber so, daß, wenn er kein Thcologe ist, er nicht viel davon versteht und durch die Consistorien die Theologen regieren läßt. Das ist das System, welches darf ich einen Namen nennen der Oberkirchenrath Kliefoth, den mein College Baumgarten genauer kennen gelernt hat, auf seine Fahne geschrieben hat, das gefährlichste, schlechteste und unprotestantischste aller Systeme. Daß unser Verein gegen dieses System kämpft, das ist seine ernste Pflicht und sein gutes Recht.

Jezt über die zweite These auch noch ein ganz kurzes Wort.

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