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Nordberge wohnte, schufen die Kanaaniter sich eine eigene Gottheit: den Baal Zaphon. Oder es liegt eine von Hause aus parallele religionsgeschichtliche Entwicklung vor. Wie die Babylonier, angeregt vielleicht durch die bis in den Himmel steigenden Gebirge des Nordens, dort den Sitz ihres höchsten Gottes suchten, so hätten die Kanaaniter etwa den im Norden gelegenen Libanon für den Thron eines Gottes gehalten. Aber die zweite Möglichkeit ist wenig wahrscheinlich. Denn der Libanon sowohl wie der Baal des Libanon sind ganz bestimmte Namen. Wie man sich auch entscheiden mag, die Idee eines Gottesberges im Norden ist in Palästina als alt zu erweisen, älter denn das Alte Testament.

§ 13. Die Persönlichkeit Jahves.

Wir haben gesehen, wie Jahve, der im Mittelpunkt der vorprophetischen Unheilseschatologie steht, dem Glauben seines Volkes durch sein Walten in der Natur als eine lebendige Größe erschien. In den Erdbeben, die panikartige Furcht hervorriefen, in den Stürmen, die über das Land brausten, in den Feuersbrünsten, die Wälder und Städte verheerten, in den Gewittern, deren Majestät die Herzen überwältigte, in den Regengüssen, die Bäche in Ströme verwandelten, in den Seuchen, die Tausende unerbittlich dahinmähten, in den Kriegen, die das Blut der Jünglinge forderten, allüberall, wo Entsetzliches geschah, war Jahve den Sinnen unmittelbar nahe. Kein Unglück konnte vorübergehen, ohne daß der Fromme mit Schrecken der Realität seines Gottes gewahr ward. Mit wie gewaltigem Pathos verstehen es die Propheten, die Erhabenheit Jahves vor die Augen zu malen, indem sie die grandiosen Naturereignisse schildern, als deren Urheber die Gottheit betrachtet wird! » Überall, wo Jahves Erscheinung in poetischen Stücken beschrieben wird, finden wir . . . in gesteigerter Diktion gehaltene Naturschilderungen« (KÖBERLE).

Überblicken wir dies Ergebnis, so ist es wert, in mehrfacher Hinsicht genauer erwogen zu werden. Durch diese Untersuchungen ist die Voraussetzung bestätigt, von der wir ausgingen (§ 3): Jahve wird in der älteren Zeit durchaus nicht mit allen, sondern nur mit einem Teil der Naturerscheinungen

in Zusammenhang gebracht. Er ist nicht zunächst der Gott der ganzen Welt, sondern in erster Linie der Gott einzelner, besonders der entsetzlichen Naturereignisse, die die menschliche Phantasie anregen und aufregen. Weder als Schöpfergott noch als Sterngott wird er verherrlicht, sondern vor allem, um es kurz zu sagen, als Naturgott der schrecklichen Phänomene. In diesen Dingen lebte die Religion, soweit sie sich auf die Natur bezog, auf sie war das Augenmerk der Israeliten gerichtet, wenn es daneben gewiß auch möglich war, andere Naturerscheinungen von Jahve abzuleiten und ihm zuzuschreiben, war er doch der einzige Gott des Volkes. Aber diese theoretische Möglichkeit spielte eine nur geringe Rolle gegenüber den Tatsachen, die sich in Palästina dem frommen Empfinden mit Gewalt aufdrängten, gegenüber den Naturerlebnissen, in denen sich die göttliche Macht auf eine ganz bestimmte Weise offenbarte. Wir begreifen, wie auch die Religion Israels bis zu einem gewissen Grade abhängig ist von Land und Klima, von Wind und Wetter. Allein in dieser Modifikation war sie existenzfähig in Palästina. Das ist ja im letzten Grunde selbstverständlich, aber es schien nötig, darauf aufmerksam zu machen, weil es bisher nicht genügend beachtet ist.

So wie die uns überlieferten Texte es lehren, sah man in all den aufgezählten Naturereignissen die Offenbarung Jahves. Mit den uns zu Gebote stehenden Mitteln ist es unmöglich, das ursprüngliche Wesen Jahves zu eruieren und es auf eine einzige, ganz bestimmte Erscheinung zurückzuführen, falls dieser Versuch überhaupt gerechtfertigt ist. An zwei Punkten haben wir zwar eine geschichtliche Wandlung konstatieren können, aber doch nur unklar und verschwommen. Es scheint, als ob Jahve, soweit er als Vulkangott galt, speziell auf dem »Sinai << lokalisiert war und dort zum Nationalgotte Israels erhoben wurde. Allein wir wissen nicht, wie weit sich sein Wirkungskreis schon damals auf andere Naturereignisse ausgedehnt hatte, und es wäre einseitig und verfehlt, wollten wir die verschiedenen Seiten seines Wesens auf diese eine Wurzel des Vulkangottes reduzieren. Ebenso glaubten wir, in der Auffassung Jahves als eines Kriegsgottes eine sekundäre Neuerung erblicken zu dürfen, die nicht so ursprünglich ist wie die Verehrung Jahves als eines Naturgottes. Allein wann diese Umdeutung vollzogen wurde, ist

unserer Kenntnis verborgen. Tatsache ist nur, daß sie in der prähistorischen Epoche erfolgte, von der uns keine gleichzeitige Nachricht Kunde gibt.

Wenn Jahve der Gott einer einzelnen Naturerscheinung genannt wird, so muß man sich vor dem Irrtum hüten, als sei er mit ihr identisch! Davon kann in der israelitischen Religion keine Rede sein. Er gilt überall als eine lebendige göttliche Persönlichkeit, die hinter, nicht in dem Naturereignis steht, die es verursacht und hervorruft, aber nicht in ihm aufgeht. Wie wäre das auch denkbar? Wäre er etwa mit dem Erdbeben identisch, wie könnte er dann die Seuchen schicken? Grade die Fülle der Dinge, zu denen er in Beziehung gesetzt wird, ist der beste Beweis dafür, daß er mit keinem einzelnen sich völlig deckt. Aber man kann einen Unterschied in der Art der Darstellung wahrnehmen. Während die ältere Zeit es liebt, Jahve als Sturmgott etwa dadurch zu charakterisieren, daß man den Wind als den Hauch seines Mundes bezeichnet, und so seine Person, ja seinen Leib mit der Naturerscheinung aufs engste verknüpft, rückt eine höhere Auffassung ihn ferner von ihr und sucht eben dadurch seine erhabene Majestät zu steigern. Dem Elia begegnet er nicht mehr im Orkan, sondern im sanften Säuseln des Windes (IReg 1912). Die imposante Größe Jahves tritt so viel wirkungskräftiger hervor. Wir dürfen diese Stufe für eine höhere halten, wenn sie auch chronologisch für unser Auge der ersten parallel läuft. Die Frömmigkeit aller Zeiten, die die lebendige Persönlichkeit Gottes nach dem Bilde des Menschen denkt und denken muß, da auf Erden kein Wesen existiert, das höher wäre als der Mensch, scheut sich nicht, von einer Stimme Gottes oder einem Arm Gottes oder einer Hand Gottes zu sprechen, ohne darum die Gottheit in der Sphäre des rein Menschlichen aufgehen zu lassen. Und doch ist ein scharfer Unterschied zwischen der Auffassung des antiken Menschen und der unsrigen vorhanden. Wenn sich auch das Jahrhundert nicht fixieren läßt, wo die eine zur anderen wird, so ist doch die Etappe sachlich gegeben durch das Aufkommen der Philosophie. Während wir uns in jenem Falle des bildlichen Charakters unserer Ausdrucksweise und ihrer Inadäquatheit stets bewußt sind und uns ihrer nur zur Veranschaulichung unserer Aussagen von Gott mangels

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anderer Vorstellungsreihen bedienen oder sie zu bloß rhetorischem Schmuck unserer Rede verwenden, ist dem antiken Menschen dieser Unterschied zwischen Realität und Phantasie nicht bewußt, da für ihn das subjektive Erleben zugleich ein objektives bedeutet. Aus diesem Grunde nennen wir dasselbe poetische Bild, das für uns auf dem Spiel unserer dichtenden Phantasie basiert, überall da, wo es bei antiken Völkern begegnet, ein mythisches Bild, um damit anzuzeigen, daß es früher eben mehr als ein bloßes Bild sein sollte, daß es als Realität galt und aufgefaßt ward.

So hören wir auch im Alten Testamente fast von allen einzelnen Gliedern Jahves: von dem Kopf (Jes. 5917), dem Antlitz (s. u.), den Augen (Zach. 410. Ps. 3416), den Wimpern (Ps. 114), dem Ohre (Ps. 176. 312), der Nase (Dtn. 3222), dem Munde (Ps. 189), der Lippe und Zunge (Jes. 3027), den Hüften (Ez. 127), dem Arme und der Hand (s. u.), dem Finger (Ex. 3118), den Beinen und Füßen (Jes. 661. Ps. 1810. Nah. 13), der Rückseite (Ex. 3323). Aber eine Zusammenfassung dieser verschiedenen Teile des Körpers wird nirgends geboten. Die Phantasie des Dichters haftet an dem Einzelnen, ohne das Bedürfnis, es zu einer Gesamtanschauung zu kombinieren. Wie groß dieser Mangel ist, empfindet man erst dann deutlich, wenn man den Gott Ezechiels etwa mit den Göttern Homers vergleicht. Man hat aber deshalb kein Recht, von einem Defekt der Religion zu reden, wo offenbar nur eine Beschränktheit der israelitischen Phantasie vorliegt. Im Gegenteil, diese Unfähigkeit Jahve zu beschreiben, kam der Religion eher zu gute, da sie eine Herabsetzung des Göttlichen auf das Niveau des rein Menschlichen oder gar Untermenschlichen, wenn auch nicht unmöglich machte, so doch erschwerte. Jahve blieb von Anfang an der Unnahbare, unzugänglich und unsichtbar selbst für die Dichter, die neben der Erde auch den Himmel in den Bereich ihrer Schilderungen zu ziehen pflegen. Später hat man aus der Not eine Tugend gemacht. Die Religion verbot jede Darstellung der Gottheit. Gewiß haben die Israeliten von alten Zeiten her eine große Scheu gehabt, die Gottheit in menschlichem Bilde zu malen, und grade darin zeigt sich in besonderem Maße die Kraft ihres Glaubens. Daneben aber ist auch die Eigentümlichkeit des hebräischen Dichters in

Betracht zu ziehen, der »nur in geringem Grade befähigt ist, das zur Darstellung zu bringen, was er sieht. Der Verfasser des 45. Psalms will offenbar ein Bild von einem Brautzug und einem Brautpaar geben; zu plastischer Anschaulichkeit aber hat er seine Schilderung nicht gebracht« (BAUDISSIN: Einleitung S. 644).

Eine besondere Rolle, die noch niemals klar herausgearbeitet ist1, spielen der Arm, die Hand oder die Rechte Jahves. Diese Glieder wechseln unterschiedslos, um die gewaltige, sozusagen muskulöse Kraft Gottes im Bilde darzustellen: Du hast einen Arm voller Kraft, stark ist deine Hand, hoch erhoben deine Rechte (Ps. 8914). Es ist kaum noch erlaubt, hier von einem Bilde zu reden, da es nicht ausgeführt, sondern nur fragmentarisch ist. Der Arm Jahves muß freilich irgendwann einmal als ein plastisches Bild empfunden worden sein; denn sonst hätte man nicht davon geredet. In den uns vorliegenden Schriften des Alten Testamentes aber denkt man überhaupt nicht mehr an eine Hand. Nicht ein einziges Mal wird an all den Stellen, die im Folgenden zitiert werden, nach homerischer Weise mit epischem Behagen gemalt, nur ein einzelner Pinselstrich deutet flüchtig an. Es handelt sich zwar um ursprünglich anschauliche, aber später nicht mehr angeschaute bildliche Redensarten, die vor allem den siegverleihenden, hülfreichen Gott bezeichnen: Mit deiner Hand vertriebst du Völker Denn nicht durch ihr Schwert haben sie das Land in Besitz genommen, und nicht ihr Arm verschaffte ihnen den Sieg, sondern deine Rechte und dein Arm und das Licht deines Antlitzes, denn du hattest Wohlgefallen an ihnen (Ps. 443f.). Deine Rechte, Jahve, ist herrlich ob ihrer Kraft, deine Rechte, Jahve, zerschmettert die Feinde (Ex. 156). Horch, Jubel und Siegesruf in den Zelten der Frommen, die Rechte Jahves verrichtet große Taten, die Rechte Jahves erhöht, die Rechte Jahves verrichtet große Taten (Ps. 11815f.). Es ist schon zu viel gesagt, daß Jahve als Longimanus gelte.

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1. Abgesehen von den Kommentaren, die fast immer an der Einzelstelle haften, hat m. W. nur GIESEBRECHT (Der Knecht Jahves S. 72) dies Problem gestreift. Er redet von einem »Begriff des Armes Jahves, wohl zu unterscheiden von dem der Hand Gottes«, ohne diese unhaltbare These näher zu begründen.

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