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selbstverständlich, wenn man überlegt, wie aus der ganzen fast tausendjährigen Geschichte, die das israelitisch-jüdische Volk erlebt hat, nur diese paar Bruchstücke erhalten sind, die wir Altes Testament nennen. Und doch wird selten Ernst gemacht mit diesem Gedanken. Man meint meist, wenn man die älteren Quellenschriften seziert hat, dann habe man eine Kenntnis von dem geistigen Leben des vorexilischen Israel. In Wirklichkeit besitzen wir eine ganz dürftige Kunde. GUNKEL hat des Öfteren darauf hingewiesen, daß an manchen Stellen des Priesterkodex gute alte Tradition vorliegt, die wir in den älteren, noch vorhandenen Schriften vergebens suchen. Es muß neben ihnen her ein breiter Strom existiert haben, der kostbare Überlieferungen mit sich führte, von denen wir zufällig einmal aus späterer Zeit hören. Genau so ist es mit den prophetischen Büchern. Aus einzelnen Anspielungen, unzusammenhängenden Fragmenten und undeutlichen, unverständlichen Bildern müssen wir notwendig schließen, daß neben ihnen und vor ihnen eine reiche, vor allem auch eschatologische Tradition fortgepflanzt wurde, sei es mündlich sei es schriftlich.

Etwas anders als Zephanja ist Jes. 133: Ich habe entboten meine Geheiligten, auch eingeladen meine Recken zu meinem Zorn, meine stolz-frohlockenden. Hier sind die Geheiligten

nicht das Opfer, sondern das Werkzeug Jahves: Horch Getümmel in den Bergen gleich einem großen Volk, horch Lärm von Königreichen1, versammelten Völkern! Jahve Zebaoth mustert das Heer der Schlacht (V. 4). Genauer sind es (nach V. 17) die Meder, die Babel vernichten sollen. Als Opferpriester von besonderer Heiligkeit, die sich nicht selbst durch Lustrationen und Sühnebräuche geweiht haben, sondern die von Jahve geweiht sind, vollziehen sie das Opfer an dem auserlesenen Schlachttier und nehmen als Gäste Jahves am Opfermahle teil. Nur dieser einleitende Vers setzt vielleicht die Opferidee voraus, während nachher das Ende Babels nicht mit den Farben der Opferung gemalt wird. Das Bild ist hier also ebenso typisch wie bei Zephanja, und die Anschauung vom Tage Jahves als einem Opferschmaus wird darum nicht verständlicher.

Zum dritten Male begegnet sie uns in der Gogweissa gung

1. Lies DE LAGARDE.

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Ez. 3917ff.: Du aber, Menschenkind, . sprich zu den mannigfach beschwingten Vögeln und zu dem Getier des Feldes: Schart euch zusammen von ringsum zu meinem Opfermahle, das ich für euch schlachten will, ein großes Opfermahl auf den Bergen Israels, und ihr sollt Fleisch fressen und Blut trinken. Fleisch von Helden sollt ihr fressen und das Blut der Fürsten der Erde sollt ihr trinken, Widder, Lämmer und Böcke, Farren und Masttiere von Basan, insgesamt. Und ihr sollt Fett fressen bis zur Sättigung und Blut trinken bis zur Trunkenheit von meinem Opfermahle, das ich für euch geschlachtet habe. Und ihr sollt euch an meinem Tische sättigen an Rossen und Pferden, Helden und allerlei Kriegsleuten. Vorausgesetzt wird in diesen Worten, daß Gog nicht bestattet wird, sondern unbeerdigt liegen bleibt. Das paßt nicht recht zu dem Vorhergehenden, wo von den Veranstaltungen zum Wegschaffen der Leichen die Rede ist. Der Zusammenhang ist nicht organisch (so schon KRÄTZSCHMAR). Trotzdem liegt auch hier uraltes Gut vor. Das Verzehren der Leichen durch Vögel und Tiere wird sonderbarer Weise als ein Opferschmaus beschrieben. Gog ist ein auserlesenes Menschenopfer, das mit den kostbarsten Schlachttieren, nämlich denen Basans, auf eine Stufe gestellt wird. Die Teilnehmer an der Mahlzeit, Vögel und Tiere, erhalten die besten Opferteile: Blut und Fett. Dieser Zug kann vom Verfasser nicht erfunden sein, er ist in dieser späteren und selbst in der früheren Zeit nicht begreiflich. Nach Ez. 4415 sollen Blut und Fett des Opfertieres als die vornehmlichen Träger des Lebens Jahve dargebracht werden, und nach Lev. 3 darf man Fett und Blut nicht genießen, weil sie die heiligsten Bestandteile des Opfers sind, die Jahve selbst zukommen. Sehr viel früher wurden Blut und Fett einmal von den Opferteilnehmern selbst getrunken (SMITH: Rel. der Sem. S. 177). Aber hier werden diese hochheiligen Stücke weder Jahve noch den Menschen, sondern den Tieren zu teil.

Die Tradition kehrt Jes. 34 in doppelter Form wieder. Man hat mit Unrecht an eine Nachahmung Ezechiels gedacht. Denn hier findet sich ein Zug, den wir dort nicht getroffen haben. Alle Völker werden bestimmt für die Schlachtung und geopfert. Die Leichname werden hingeworfen, und die Berge

zerfließen von ihrem Blut und flüssig werden alle (Hügel)1. Da im Folgenden das Schwert Jahves besonders auf Edom herabfährt, so werden die Edomiter als Hammel und Böcke dargestellt, an deren Blut und Nierenfett das Schwert Jahves sich berauscht. Und es trinkt ihr Land das Blut, und ihr Staub wird von Fett getränkt. Blut und Fett, die hochheiligen Träger des Lebens, werden also hier nicht von der Gottheit, auch nicht von Menschen oder Tieren, sondern von den Bergen und der Erde genossen.

Die nächste Parallele zu dem Opfer der Völker sind die Erzählungen vom Ende der Tiâmat. Der Tannin wird ebenso wie sie nicht begraben, sondern aufs Land, in die Wüste geworfen, wo ihn die Tiere des Feldes und die Vögel des Himmels fressen (Ez. 295. 324. Ps. 7414). Das Fleisch wird auf die Berge gebracht, mit dem Ase werden die Täler gefüllt und mit dem Blute das Land getränkt (Ez. 326). Es ist möglich, daß die eschatologischen Schilderungen der Propheten durch diese urzeitlichen Gemälde beeinflußt sind, und eine gemeinsame Wurzel scheint nicht ausgeschlossen zu sein. Aber die Deutung der zusammengestellten Tatsachen ist sehr hypothetisch, und auch die im Folgenden versuchte andersartige Erklärung kann keineswegs auf Sicherheit, sondern nur auf Wahrscheinlichkeit Anspruch erheben.

Nach Jes. 256 wird Jahve in der Heilszeit (vgl. 2423) ein Gelage veranstalten von Fettspeisen und Hefenweinen für alle Völker. Dies Symposion darf man schwerlich trennen von der im Vorhergehenden behandelten Opfermahlzeit. Denn sein heiliger Opfercharakter zeigt sich nicht nur darin, daß Jahve der Gastgeber ist und daß die Bewirtung auf dem heiligen Berge Zion geschieht, sondern auch in der Wahl der Speisen. Fett ist das Ambrosia Jahves (Lev. c. 3). Auch hierzu liefert der Tiâmatmythus eine frappante Parallele. Leviathan und Behemoth sollen einst von den Übriggebliebenen im messianischen Reiche verzehrt werden (I Bar. 29. IV Esra 652. I Hen. 6024). Nach den Rabbinen wird ihr Fleisch aufbewahrt für das köstliche Mahl der Seligen (WEBER: Jüd. Theol. S. 202). Leider

1. So mit BICKELL, DUHM.

2. Auf sie hat mich GUNKEL hingewiesen.

2

erfahren wir alle diese Dinge nur aus späten Quellen. Obwohl sie ihrer mythischen Natur nach alt sein müssen, ist es doch die Frage, ob wir sie grade in Israel vor dem Exil als bekannt voraussetzen dürfen. Nehmen wir das hypothetisch an, so würde sich die prophetische Idee von der schrecklichen Opfermahlzeit Jahves als gegensätzlich daran orientiert erklären.

Ebenso wie der Becher Jahves (vgl. o. S. 135) würde die göttliche Opfermahlzeit ursprünglich eine Freudenfeier darstellen. Jahve lädt sein Volk oder alle Völker bei sich zu Gaste, setzt ihnen auserlesene, himmlische Speisen vor und reicht ihnen seinen Becher, gefüllt mit köstlichem Meth. So etwa dürfen wir ohne allzu viel Phantasie die populären Schilderungen der Heilseschatologie rekonstruieren. Diese freundlichen Anschauungen haben die Propheten ins Grausige verzerrt. Jawohl! ein Jahvefest soll kommen, so lehren auch sie, allein statt des Jubels wird Entsetzen herrschen. Statt von Milch und Most, wie das Volk glaubte (Am. 913. Jo. 418), werden die Hügel und Berge vom Blute triefen. Denn Jahve benutzt die Gelegenheit, um die geladenen Gäste zu töten! Die Grausamkeit dieses Bildes wird etwas gemildert, wenn wir uns seine Entstehung in dieser Weise denken dürfen, aber furchtbar bleibt es doch. Hier können wir einmal einen Blick werfen in die unheimlich-gigantische Größe der Propheten, vor der wir erschauern. Wer dies Gemälde des Jahvefestes ersonnen hat, in dessen Augen flammte die Glut der Erregung, in dessen Geist pochte das Wort Gottes wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert. Diese Seiten in dem Wesen der Propheten sind zwar nicht so freundlich wie diejenigen, die man gewöhnlich betont, aber wir dürfen auch sie nicht übersehen, wenn anders wir der historischen Bedeutung dieser Männer gerecht werden wollen. Je mehr wir uns in sie versenken, um so mehr emfinden wir, auf wie einsamer Höhe sie stehen, in ihrer grandiosen Einseitigkeit mit niemandem vergleichbar.

§ 15. Der Tag Jahves.

EUGEN HÜHN: Die messianischen Weissagungen. Freiburg 1899. R. H. CHARLES: Eschatology (in der: Encyclopaedia Biblica). London 1901. J. M. P. SMITH: The Day of Yahweh (American Journal of Theology) Bd. V, S. 505 ff. HERMANN GUNKEL: Forschungen, Heft I, S. 21 ff.

Zu vgl. STÄRK in der ZATW 1891, S. 247 ff. Wesen der Apokalyptik vgl. SMEND in der ZATW 1884, S. 161 ff.

Zum

Jetzt endlich kann unsere Untersuchung zu dem Punkte zurückkehren, von dem sie ausgegangen ist. Beim Propheten Amos begegnet uns zum ersten Male der Ausdruck Tag Jahves (01 518). Was bedeutete er damals? SCHULTZ5 S. 574 antwortet auf diese Frage: »Unter allen Tagen der Zeit bezeichnet er den Tag, den sich Gott für sein großes Werk bereitet und vorbehält, von dem er redet und an dem er sich verherrlichen will den Tag, der einzig ist unter allen Tagen, und darum auch einfach jener Tag heißen kann<<. An dieser Definition ist richtig, daß die Phrase bei Amos einen prägnanten Sinn haben muß, da sie eine bereits feststehende Formel, ein Terminus technicus ist. Denn schon Amos redet von jenem Tage (89. 13), ohne daß das Pronomen demonstrativum aus dem Zusammenhang zu erklären wäre. Nur der Inhalt macht den Hörer darauf aufmerksam, daß jener Tag gemeint ist, den jedermann als den Tag Jahves kennt. Der Prophet kann demnach den Ausdruck nicht geprägt haben, er fand ihn bereits im Volksglauben vor, und eine bloße Anspielung genügte, um jedem Zeitgenossen ein bestimmtes, ganz konkretes Bild zu geben, etwa wie wir bei »jener Entwicklungstheorie<< sofort den mehr oder weniger scharf abgegrenzten Ideenkomplex des »Darwinismus« in das Gedächtnis zurückrufen. Je technischer sozusagen eine Formel geworden, je mehr sie als tägliche, gangbare Münze abgeschliffen ist, um so vorsichtiger wird man sein, allein aus der sprachlichen Fassung eines Ausdrucks Schlüsse auf den derzeitigen Inhalt zu ziehen. Wir erleben es ja täglich, wie der Inhalt einer Formel von Mund zu Mund, von Generation zu Generation sich unmerklich-merklich wandelt und modifiziert, den veränderten Anschauungen eines neuen Geschlechtes entsprechend.

Mit dieser Einschränkung wollen wir zunächst auf den sprachlichen Ausdruck achten und versuchen, ob wir der damals bereits erstarrten Formel das ursprüngliche Leben wieder einhauchen können. Auf den Begriff der bestimmten Zeitspanne, der von Hause aus dem Worte »Tag« beikommt, wird in den Schriften der Propheten kein Gewicht mehr gelegt, da neben

auch

(Jer. 3315. 504. Jo. 41) jene Tage und nyn

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