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SMEND (S. 189 Anm. 1) meint: »Die eigentlichen Propheten, von Amos bis auf Jeremia, bedrohen andere Völker mit den Assyrern und den Chaldäern doch nur deshalb, weil sie Israel und Juda die Unmöglichkeit jedes Widerstandes gegen die von Jahve bestellte Weltmacht zu Gemüte führen wollen«. Aber in manchen Heidenorakeln (z. B. Amos c. 1 und Zephanja) wird es so dargestellt, als erfolge die Vernichtung der Völker nicht durch eine irdische Weltmacht, sondern durch Jahve selbst. In allen diesen Fällen ist die Erklärung SMENDS von vorneherein unmöglich. Wozu brauchte man die Weissagung gegen die Heiden, da immer wieder hervorgehoben wird, daß Jahve es ist, der durch die Weltreiche oder ohne sie Israel vernichten will? Wer wollte Jahve widerstehen? Wie sollte dem Leichtfüßigen die Zuflucht nicht entschwinden, wie sollte der Held sein Leben nicht verlieren, wenn Jahve durch ein Erdbeben den Boden schwankend macht, wie der Wagen schwankt, der voller Garben ist (Am. 218ff.)? An dieser Stelle und an anderen, wo ähnliche Naturkatastrophen geschildert werden, denen gegenüber der Mensch mit Notwendigkeit wehrlos und ohnmächtig ist, wäre es doch überflüssig, die Unmöglichkeit des Widerstandes oder die Sicherheit des Verderbens noch besonders zu betonen und durch Beispiele der heidnischen Völker zu illustrieren. Der Prophet Amos stellt einfach sieben Nationen neben einander und zeigt, wie die Katastrophe über alle gleichmäßig ergeht, einen weiteren Zweck verfolgt er nicht. Man darf ihm auch nicht den Schluß unterschieben: »Wenn die Sünde an Israel heimgesucht wurde, dann sollte sie auch in der ganzen Welt gerichtet werden« (SMEND ebd.). Die Idee der Weltkatastrophe in der Form, die sie nach den uns vorliegenden Quellen gehabt hat, wird damit nicht erklärt. Denn wäre sie wirklich aus der Ethik geboren und von Hause aus ethisch begründet worden, so wäre nur die Vernichtung der Menschen begreiflich. Tatsächlich aber ist es eine Naturkatastrophe, die daneben auch das Land und die Tiere trifft und die durch eine ethische Motivierung niemals verständlich gemacht werden kann. Wenn beides trotzdem mit einander verknüpft ist, so ist das nicht ursprünglich, sondern sekundär. Die Entstehung der Heidenorakel als Gattung erklärt sich am einfachsten durch die Idee einer universalen Katastrophe, während

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die einzelnen Weissagungen natürlich durch besondere zeitgeschichtliche Umstände veranlaßt und modifiziert wurden.

Obwohl es falsch ist, den universalen Charakter der Unheilseschatologie in den älteren Prophetenschriften gänzlich zu leugnen, so ist auf der anderen Seite nicht zu verkennen, daß diese erste oder mythische Stufe nur noch leise dort hinein ragt. Sie ist bis zu einem gewissen Grade undeutlich geworden, die Konturen des Gemäldes sind nicht mehr scharf gezeichnet. Viel klarer, wenn auch keineswegs einheitlicher, wird das Bild, sobald wir uns der zweiten oder volkstümlichen Stufe zuwenden, auf der die Unheilseschatologie in historischer, aber voramoseischer Zeit steht. Sie ist ebenso wie die erste ihrem Wesen nach naturmythologischer Art, unterscheidet sich aber von ihr wie wir nicht beweisen, sondern nur aus inneren Gründen vermuten können deshalb, weil die Art der Weltkatastrophe mannigfach variiert wird, während sie ursprünglich einmal in einer ganz bestimmten Weise gedacht sein muß. Noch die Schilderungen unserer Propheten, die das Ende ausmalen, stimmen mitunter recht wenig zu historischen Feinden, die den Ratschluß Jahves an seinem Volke ausführen sollen. Statt von dem, was Assyrer, Babylonier, Ägypter und überhaupt Menschen tun, lesen wir von den mythischen Schrecken Jahves; bisweilen ist von Schlachten und Niederlagen und Deportationen gar nicht, sondern allein von Naturkatastrophen die Rede, bisweilen geht beides so durcheinander, daß man zweifelt, was eigentlich die Meinung der Propheten sei. Da es die unbestrittene Hauptaufgabe dieser Männer seit Amos war, den Untergang des israelitischen Volkes durch historische Feinde zu verkündigen, so sind wir gezwungen, die Naturkatastrophe für dichterische Einkleidung zu halten. Aber diese dichterische Einkleidung will erklärt sein. Es genügt nicht, an die Theophanieen zu erinnern, als ob Jahve den Gegnern zu Hülfe komme und nur durch seine göttlichen Mittel mitwirke am Werk der Zerstörung. Durch diese Annahme bleiben alle die Stellen unbegreiflich, an denen allein von Jahve die Rede ist und ein irdischer Feind nicht genannt wird. Sie werden erst dann begreiflich, wenn Jahve in der voramoseischen Zeit der einzig Handelnde war. Das ist noch in der uns vorliegenden Literatur so deutlich, daß ich schlechterdings nicht verstehe,

wie die Forscher (abgesehen von GUNKEL S. 21 ff.) darüber haben hinweglesen können. So allein wird vollends klar, warum dieser Tag in eminentem Sinne als ein Tag Jahves bezeichnet werden konnte. Denn mochte auch für den Frommen aller Zeiten jede siegreiche Schlacht Israels eine Fügung sein, in der er Gottes Hand erkannte, sie deshalb nach Jahve zu heißen, fiel ihm nicht ein. Nur der Tag, an dem eine Sintflut, ein Erdbeben, ein Weltensturm stattfand, war würdig, den Namen Jahves zu tragen.

Ebenso sind wir aus inneren Gründen gezwungen, diese Ausmalung der Weltkatastrophe für vorprophetisch zu halten. So wenig in historischer Zeit eine Weltkatastrophe erdichtet wird, so wenig die Idee von einem Tage Jahves oder vom Ende der Tage dem prophetischen Geiste entsprungen sein kann, so wenig ist auch die naturhafte Art dieser Katastrophe als Eigentum der Propheten erklärlich. Hätten nicht Erdbeben, Sturm, Feuer, Gewitter, Seuchen und Kriege längst als Offenbarungen Jahves gegolten, so wären sie durch die Propheten niemals dazu gemacht worden. Nur deshalb weil alle diese Naturerscheinungen von den Israeliten bereits vorher dem Jahve zugeschrieben wurden, spielen sie auch in den prophetischen Reden eine Rolle. Die älteren Propheten sind in der Gottesauffassung, soweit sie sich auf das Verhältnis Jahves zur Natur bezieht, abhängig vom Volksglauben. Das Neue, das sie brachten, liegt auf einem anderen Gebiet.

Ein weiteres Charakteristikum der volkstümlichen Stufe, worin sich ihre Eschatologie von der mythischen Stufe unterscheidet, ist die Beschränkung des Unheils auf die Heiden. Während die Weltkatastrophe von Hause aus über die ganze Menschheit ergeht, von der vielleicht niemand, vielleicht nur ein besonderer Teil gerettet wird, ist diese ursprüngliche Anschauung im Glauben des Volkes heilseschatologisch dahin umgebogen, daß eben Israel selbst mit dem Leben davonkommt. Das ist sehr unanschaulich und sehr inkonkret gedacht, da ja schließlich bei einer naturhaften, über die ganze Welt sich erstreckenden Katastrophe schlechterdings niemand dem Verderben entrinnen kann. Aber was ist menschlich begreiflicher als die Differenzierung, die der Patriotismus zwischen Israel und den Heiden vollzieht? Für jenes ist das Heil, für

diese das Unheil bestimmt; jenes wird gerettet, diese gehen zu Grunde. Der landläufige Patriotismus ist stets mit eigentümlichen Werturteilen verbunden. Er sieht nur den Splitter im Auge der fremden Völker, ohne sich um den Balken im eigenen Auge zu kümmern. So überläßt er jenen den Schatten, um sich selbst das Licht vorzubehalten. Wie sollte es in Israel anders gewesen sein?

Wir haben diesen Glauben bereits im Anschluß an Jes. 2815ff. konstatiert (vgl. o. S. 65) und verweisen hier noch auf Amos 518-20: Weh denen, die den Tag Jahves herbeiwünschen! was soll euch der Tag Jahves? er ist Finsternis und kein Licht. Wie wenn einer vor dem Löwen flieht und der Bär stößt auf ihn, oder er tritt ins Haus und lehnt seinen Arm an die Wand und es beißt ihn die Schlange! Ist doch der Tag Jahves Finsternis und kein Licht, und dunkel ohne einen hellen Strahl. Es ist klar, daß Amos hier gegen eine Volksvorstellung polemisiert. Es gab Zeitgenossen des Propheten, die den Tag Jahves herbeiwünschten, auf daß er Licht bringe in das Dunkel der Gegenwart. Sie sehnten, um es ganz allgemein und unbestimmt auszudrücken, die in der Zukunft liegende » große Krisis herbei, die mit einem Schlage die neue schöne Ära herbeiführt, ohne daß sie den Finger zu rühren brauchen« (WELLHAUSEN). Obwohl die Zeit noch ferne schien, hielten sie es doch für möglich, daß sie bald kommen werde. Das Schlagwort des Tages Jahves ist also nicht von Amos geprägt worden, wie hier noch einmal ausdrücklich bestätigt werden mag, er legt ihm nur einen anderen Inhalt bei. Im Gegensatz zur populären Anschauung betont er zweimal, der jôm jahre sei nicht Licht, sondern Finsternis, nicht Heil, sondern Unheil. Er verkehrt die Erwartung dieser Leute in ihr Gegenteil. Sie meinen, es werde ein freudiger, festlicher Jubeltag, ein ai oi, werden, während er ihn zu einem Unglückstage, einem i, stempelt. Darum sind jene voll herzlicher Sehnsucht, er aber warnt sie, düsterer Ahnung voll. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie nach dem Volksglauben Israel von der Katastrophe verschont bleiben soll und wie sittlich indifferent die populäre Eschatologie war!

Als das wichtigste Ergebnis unserer ganzen Untersuchung dürfen wir die These bezeichnen, daß die Eschatologie der Vorläufer der Prophetie ist, nicht umgekehrt, wie WELLHAUSEN

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und alle seine Anhänger behaupten. WELLHAUSEN hat seine Ansicht einmal im Anschluß an Zeph. 3sff. knapp so formuliert: >> Wir haben hier statt der aus Zeit und Umständen geborenen, historischen und ursprünglich mündlichen Prophetie die von Ezechiel begründete dogmatische und literarische Eschatologie mit für alle Zeit giltigen, fest ausgebildeten Zügen«. Im Gegenteil! Die Prophetie beruht von Anfang an auf einer, durch die historischen Ereignisse zwar modifizierten, sonst aber längst fertigen Eschatologie. Das Schema war bereits vor Amos vorhanden und konnte bald so bald anders ausgefüllt werden. Mit der Unheilsprophetie verhält es sich, um einen Vergleich anzuwenden, wie mit einer Orgel: Klaviatur und Register sind gegeben, es kommt nur darauf an, wer spielt und wie er spielt. Der Klaviatur entspricht die Eschatologie, den Registern die verschiedene Form, in der die Weltkatastrophe gedacht ist: sei es als Erdbeben oder Sturm oder Feuer oder Kampf oder sonstwie. Nicht einmal eine neue Technik haben die Propheten gebracht, aber die Melodie ist ihr persönliches Eigentum.

Um diese Melodie zu würdigen, müssen wir uns endlich der dritten oder prophetischen Stufe der Unheilseschatologie zuwenden. Wohl mochte es Leute geben, die den Tag Jahves herbeiwünschten (Am. 518), aber die große Masse wird geglichen haben den Sicheren in Zion und den Sorglosen auf dem Berge Samariens . . . Sie wähnen den bösen Tag ferne und rücken doch nahe das Jahr des Frevels (Am. 61. 3). Sie teilen das Sehnen und Hoffen der Wenigen nicht; für sie ist die Krisis in viel zu weiter, nebelhafter Ferne, als daß sie sich ernstlich darum kümmern sollten, und so sündigen sie sorglos darauf los. Da brachte Amos, so viel wir wissen, zum ersten Male die Botschaft, die seitdem durch die Jahrhunderte immer wieder von Zeit zu Zeit aufgetaucht und fast nie ganz verstummt ist, daß der nahe herbeigekommen sei. Was die einen für so gut wie ausgeschlossen hielten, was die anderen auch in den kühnsten Träumen kaum zu hoffen

1. Lies (im Anschluß an eine mündliche Vermutung GUNKELS: Stunde) und vgl. zum Wechsel von Jahr und Tag im Parallelismus Jes. 348. 612. 634.

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