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in Wirklichkeit durchaus kein Anlaß vorhanden war« (Prolegomena S. 425). Zu den von ihm zitierten Stellen (Ez. 38f. Jes. 6618ff. Jo. 4. Zach. 12. 14) könnten noch manche andere hinzugefügt werden (wie Zeph. 38ff. Mch. 411ff. Ps. 46. 48 u. a.). Aber wichtiger ist, daß dieselbe Idee und dasselbe Schema bereits in vorexilischer Zeit nachweisbar ist, und zwar in einer bestimmten Reihenfolge verbunden mit dem vorhin besprochenen ersten Schema. Zuerst heißt es: Israel wird vernichtet, dann: Israel wird gerettet. Das ist um so merkwürdiger und rätselhafter, als beides meist unvermittelt neben einander gestellt wird.

So heißt es Jes. 89f.: Tobt, ihr Völker, und seid betäubt! Und horcht auf, alle Weiten der Erde! Rüstet euch und seid betäubt! ... Plant einen Plan, daß er gebrochen werde, beschließt einen Beschluß, daß er nicht zu stande komme! Diese Verse stehen in striktem Gegensatz zum Vorhergehenden. Denn vorher wird ausgeführt, wie die vielen und gewaltigen Wasser des Euphrat Juda überschwemmen und überfluten werden, während hier hinterher Völker vergeblich versuchen, ihre böse Absicht gegen Israel zu verwirklichen. An der zweiten Stelle ist es genau so. Jes. 174ff. schildert die fast völlige Vernichtung Jakobs. In engem, unvermittelten Anschluß daran fährt unser Text fort: Ha, ein Brausen vieler Völker, die wie das Brausen des Meeres brausen, ... doch er schilt darein, und es flieht in die Weite und ist gejagt, wie Spreu der Berge vor dem Winde und wie Wirbelstaub vor der Windsbraut. Zur Zeit des Abends, siehe da: Schrecken, bevor der Morgen da, ist es dahin. Das ist das Teil für unsere Plünderer und das Los für unsere Räuber (Jes. 1712ff.). Wahrscheinlich ist auch Mch. 4 vorexilisch, da die Gründe, die für die Unechtheit geltend gemacht werden, nicht ausreichend sind. Hier finden sich ebenfalls beide Schemata lose neben einander. Während die V.9f. geschilderte Belagerung Zions als erfolgreich gedacht wird, werden nach V. 11 ff. die vielen Völker, die Jerusalem stürmen, siegreich abgeschlagen und vernichtet. Diese drei Stellen genügen zum Beleg unserer These, daß das angeblich nachexilische Schema bereits vor dem Exil fertig war. Ein Teil der Exegeten freilich (wie STADE ZATW. 1883 S. 16) plädiert auch hier für Unechtheit, weil in Jesajas Theologie die vielen Völker noch nicht vorkommen könnten. Aber einmal gehen sie von

einer petitio principii aus, der eine innerliche Berechtigung kaum zugestanden werden kann, zum anderen müßten sie außer den genannten Zitaten auch Jes. 526 und 297 streichen. So weit freilich haben sie Recht: Das zweite Schema ist in den vorexilischen Schriften sehr selten. Es wird von den älteren Propheten deshalb in den Hintergrund gedrängt, weil es die Rettung Jerusalems voraussetzt, also im letzten Grunde nicht zur Unheils-, sondern zur Heilseschatologie gehört.

Wir stehen hier vor demselben Problem wie vor der Anschauung des Tages Jahves überhaupt. Schon im Volksglauben umfaßte sie, wie wir gesehen haben, die beiden scheinbar einander ausschließenden Gegensätze: Heil und Unheil. Diesen beiden Polen entsprechen genau die beiden jetzt erkannten Schemata: Israel wird gerettet und Israel wird vernichtet. Wie vor dem Exil die schriftstellernde Prophetie das Unheil voranstellte, so benutzte sie vorzugsweise das ihm korrespondierende Schema, ohne es freilich exklusiv zu verwenden. Nach dem Exil ist das Umgekehrte häufiger der Fall. Es ist Pflicht des Historikers, weder die These noch die Antithese zu leugnen, sondern die höhere Synthese zu suchen, in der sie beide sich auflösen. Auf welche Weise beide mit einander ausgeglichen werden können, muß späterer Untersuchung vorbehalten bleiben, wenn wir das ganze Material überschauen. Hier muß es genügen, die Tatsachen zu registrieren.

Die unorganische, unvermittelte Vereinigung der beiden Schemata ist ein Problem für sich, das auch dann nicht gelöst ist, wenn man die drei oben genannten Beispiele für nachexilisch erklärt. Die Frage wird damit nur hinausgeschoben. Denn es muß beantwortet werden, wie der nachexilische Glossator dazu kam, in völlig sinnloser Weise das grade Gegenteil von dem auszusagen resp. hinzuzufügen, was der Text überlieferte. Aber ob vorexilisch oder nachexilisch, ist relativ gleichgültig gegenüber der klaren Erkenntnis, daß es zum Stil der prophetischen Schriften gehört, beide Schemata an einander zu reihen, ohne den Umschwung von der Drohung in die Verheißung zu motivieren. Zeph. 31-7 enthält eine bittere Anklage gegen Jerusalem und kündigt den Juden die verdiente Strafe an. V. 8 dagegen wird umgekehrt über die Völker und Reiche der Zorn Jahves ausgegossen und Jerusalem aus aller

Not gerettet1. Mch. 71ff. schildern die Verderbtheit Jerusalems und stellen die nahe Strafe in Aussicht; V. 7ff. dagegen wird die große Wendung geweissagt: Jerusalem, jetzt öde, wird dann wieder aufgebaut und umgekehrt das Land der Heiden zur Wüste, ohne jede Motivierung dieses Umschwungs. Nach Zach. 141ff. versammeln sich zunächst alle Heiden gegen Jerusalem und erobern es. Dann aber zieht Jahve aus und kämpft gegen jene Heiden, so wie er einst kämpfte zur Zeit des Krieges. Wiederum fehlt der innere Zusammenhang zwischen beiden Tatsachen.

Nach der am weitesten verbreiteten Vorstellung war Jahve selbst es, der die Feinde herbeirief, der ihnen pfiff vom Ende der Erde. Seltener eilen sie auf eigenen Antrieb herbei. Beide Theorien sind in sich verständlich und der prophetischen Predigt angemessen. An einer Stelle nun können wir verfolgen, wie die eine Idee in die andere übergeht: in der Gog-Magogweissagung (Ez. c. 38f), die nach WELLHAUSENS Auffassung für die Geschichte der Eschatologie von besonderer Bedeutung ist: >> Bei Ezechiel, in dem ersten und klassischen Beispiel der Metamorphose von Prophetie in Eschatologie, haben die Skythen in Gog und Magog ihren Reflex erzeugt... Er kann nur an Prophetien denken, die dem Einbruch der Skythen gleichzeitig und dadurch veranlaßt waren. Der literarische Ursprung der Eschatologie ist hier mit Händen zu greifen« (zu Zeph. 215). WELLHAUSEN legt besonderes Gewicht darauf, daß der Verfasser sich auf frühere nicht erfüllte Weissagungen beruft. Das ist in der Tat etwas Neues, bis dahin in der prophetischen Literatur nicht Nachweisbares. Hier haben wir nicht mehr Prophetie, sondern Apokalyptik, und nur von der apokalyptischen Eschatologie gilt der von WELLHAUSEN behauptete literarische Ursprung. Über die prophetische Eschatologie ist damit noch nichts ausgemacht. Daß die Skythen in Gog und Magog ihren >>Reflex<< erzeugt hätten, ist ein etwas änigmatischer Ausdruck, mit dem ich nicht viel anzufangen weiß. Ist WELLHAUSEN von derselben Ansicht beherrscht, die BERTHOLET in folgenden Worten ausspricht: »Unter König Josias Regierung Ez. mochte damals vielleicht schon in den Jahren stehen,

1. Auch dies Stück ist schwerlich nachexilisch.

in denen die Empfänglichkeit für äußere Eindrücke am Allergrößten ist war plündernd und ohne Schonung der skytische Feind aus dem Norden über das Land hereingebrochen. Der Eindruck war bei allen, die ihn kennen gelernt hatten, unauslöschlich geblieben, und seine Erscheinung war so unheimlich überraschend gewesen, daß man sich darauf gefaßt machen mußte, ihn eines Tages plötzlich wiederkehren zu sehen. Es scheint, als habe sich dieser Gedanke auch Ez. tief eingeprägt und habe ihn nicht verlassen«. BERTHOLET und andere gehen also von der Annahme aus, die Gog-Magogweissagung sei so, wie sie vorliege, im Wesentlichen ein Werk der schöpferischen Phantasie des Propheten.

Toy und KRÄTZSCHMAR haben mit Recht betont, daß in diesen beiden Kapiteln Ezechiels zwei parallele Rezensionen verarbeitet sind. 391-8 ist eine Dublette, einmal zu 3818—23, da beide Stücke die Vernichtung Gogs verheißen, zweitens zu 399-20, da beide vom Opfermahl für die Tiere erzählen. Charakteristisch für 391-8 ist die Tatsache, daß Gog hier von Jahve selbst gegen Israel heraufgeführt wird. In 383-9 wird. Gog ebenso samt seinen Anhängern als Vasall und Untertan Jahves dargestellt, auf dessen Befehl er über Israel herfällt. 3810-160 dagegen handelt er selbständig. Er denkt sich einen bösen Plan aus, um wider das Volk zu ziehen, das auf dem Nabel der Erde wohnt. Also gehören 383-9. 16b. 17. 391-8 (B) auf der einen Seite und 38 10-16a. 18-23. 399—20 (A) auf der andern Seite zusammen1. Beide Rezensionen unterscheiden sich außer in dem bereits genannten Grunde besonders darin, daß A mehrere Einzelzüge enthält, die in B fehlen. Da diese Einzelzüge sämtlich mythischer oder märchenhafter Natur sind, so ist A älter als B. Zweitens werden in B, obwohl Gog aus dem äußersten Norden kommen soll, neben ihm die Äthiopen genannt, die bekanntlich im äußersten Süden wohnen, wiederum ein sekundärer Zug, der in A fehlt. Drittens finden sich nur in B Berufungen auf frühere, nicht erfüllte Weissagungen, die in A tatsächlich vorliegen, sonst aber im ganzen Alten Testament nicht aufgezeigt werden können.

1. 3921-29 sind späterer Zusatz und ohne Belang für unseren Zweck.

Viertens muß auch darum A den Vorzug verdienen, weil dort die Erzählung pragmatisch ist: Gog überfällt die Israeliten und wird dafür von Jahve bestraft. B verkündet in rätselhafter Weise, wie Jahve selbst Gog gegen Israel führt und ihn dann vernichtet, nur um sich den Heiden als Gott zu erweisen, nicht einmal um sich als Schutzherr Israels zu zeigen. BOUSSET1 hat wohl mit Recht vermutet, die Weissagung sei erst später in das Buch Ezechiel aufgenommen worden, da 388. 12 bereits die Sammlung der Zerstreuten vorausgesetzt wird. Dazu kommt die Beobachtung, die von allen Exegeten gemacht wird, daß nämlich Ezechiels Zukunftsweissagung mit c. 37 zu Ende gebracht ist. Daraus muß derselbe Schluß auf Unechtheit gezogen werden. Nachdem Israel in die Heimat zurückgekehrt, der messianische König eingesetzt, der Friedensbund geschlossen und Jahves Heiligtum auf ewig in ihre Mitte gestellt ist, kann dieser Friede nicht noch einmal, wenn auch nur in maiorem Dei gloriam, gestört werden. In c. 37 wird eine kommende Beunruhigung um es milde auszudrücken, in Wirklichkeit soll es sehr viel schlimmer werden durch nichts angedeutet.

Der Feind aus dem Norden, der in den älteren Prophetien namenlos ist, heißt hier Gog. Der Name Gog ist von WINCKLER (Altoriental. Forsch. II S. 160ff.) wohl richtig zusammengestellt worden mit dem Lande Gag, das in einem der Tel-Amarnabriefe (KB. V 5) erwähnt wird. Gog galt damals als ein sagenhaftes Volk des fernsten Nordens, wie bei den Griechen die Skythen oder die Kimmerier. Für den Verfasser dieser Prophetie handelt es sich jedenfalls nicht um ein mythisches, sondern um ein reales, historisches Volk, von dem zwar allerlei Sagen umliefen, an dessen Wohnort am Ende der Welt jedoch geglaubt wurde. Soweit ist es erlaubt, von einem Zusammenhange Gogs mit den Skythen zu reden. Mochten beide von Hause aus auch nicht identisch sein, so konnten sie doch mit einander identifiziert werden. Ich will kein Gewicht darauf legen, daß Rez. B mit den »früheren Weissagungen<< grade die ausgeschiedene Rez. A meint, sondern gebe gern die Möglichkeit zu, sie beziehe sich auf die Aussprüche Zephanjas oder Jeremias. Die Farben, mit denen der von ihnen verkündete

1. Rel. S. 205 Anm. 3.

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