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habe, daß Noahs Wasser nicht mehr über die Erde kommen, so habe ich geschworen, dir nicht zu zürnen und dich nicht zu bedräuen. Mögen auch die Berge weichen und die Hügel wanken, meine Gnade soll nicht von dir weichen, mein Friedensbund nicht wanken (Jes. 549f.). Die Parallelisierung der Zeit nach dem Exil mit der Zeit nach der Sintflut könnte man für eine geistreiche Idee des Verfassers erklären oder gar für »>eine Frucht aus der Lektüre des Jahvisten« halten (DUHм), obwohl dieser weder von einem Schwur noch von einem Friedensbunde redet. Aber Deuterojesaja ist auch sonst davon durchdrungen, am Anfang einer neuen Zeit zu stehen. Von diesem Bewußtsein aus, die Wende zweier Welten zu erleben, muß er gradezu verstanden werden: Das Frühere, fürwahr, es ist geschehen und Neues tue ich kund (Jes. 429).

Zunächst muß es auffallen, daß der Verfasser den Jahve einen Schwur tun läßt, er werde nie wieder ein Exil über Israel verhängen. Das ist um so wunderbarer, als jede innere Begründung fehlt. Einem Frommen lag es gewiß nahe, Gott um Gnade für Israel zu bitten, und er mochte der Erhörung gewiß sein, solange er sich bewußt war, mit der Gesamtheit des Volkes den Willen Jahves zu erfüllen. Aber hier wird ohne jede Bedingung und ohne jede Rücksicht auf eine künftige mögliche Sünde Israels ewige Huld (548) verheißen. Dieses Wort erklärt sich nur aus dem Glauben des Verfassers, am Anfang einer neuen Epoche zu stehen. Zu einer neuen Zeit gehört ein neuer Bund. Darin zeigt sich die schwärmerische Begeisterung der Propheten, die der gegenwärtigen, zeitweiligen und vorübergehenden Not eine ewig dauernde Begnadigung in Zukunft gegenüberstellt1. So heißt es auch Jes. 553: Gewähren will ich einen ewigen Bund, beständige Gnadenerweisungen für David. Wenn ein König den Thron bestieg oder bei sonstigen feierlichen Gelegenheiten, forderte der Hofstil, daß man ihm und seinem Hause ewige Dauer verkündete (Ps. 457). Man liebte es, diesen Wunsch in ein Versprechen Jahves zu kleiden (II Sam. 716). Der ewige Bund d. h. die für alle Zeiten gültige Verheißung Jahves wird hier nicht zunächst dem davidi

1. Auf diese psychologische Vermittlung hat mich GUNKEL hingewiesen.

schen Könige (wie Jer. 3320ff.), sondern dem Volke zu teil. Dieselbe Anschauung wird Jes. 5921. 618. Ez. 1660ff. 3726 ausgesprochen. Sie besagt, daß das Kriegsbeil zwischen Jahve und Israel begraben wird. Ein Friedensbund wird geschlossen. Jahve verpflichtet sich feierlich, niemals wieder seinem Volke zu zürnen, nie wieder eine Katastrophe heraufzuführen, sondern ewige Gnade und Huld zu gewähren: Ich mache mit ihnen einen ewigen Bund, daß ich nicht aufhören will, mich ihrer zu erbarmen1, indem ich ihnen wohltue (Jer. 3240).

In allen diesen Fällen ist die ursprüngliche Idee umgedeutet worden, wie aus dem ältesten Belege geschlossen werden darf: Siehe, Tage kommen, spricht Jahve, da mache ich mit dem Hause Israel und dem Hause Juda einen neuen Bund

Legen will ich mein Gesetz in ihr Inneres und auf ihr Herz es schreiben, und ich will ihnen zum Gott und sie sollen mir zum Volk sein. Dann belehren sie nicht mehr einer den anderen und ein Bruder den Bruder mit den Worten: »Erkennet Jahve, denn sie werden mich erkennen, klein und groß (Jer. 3131ff.). Dem alten, mit Mose errichteten, in geschriebene Gesetze gefaßten Bunde gegenüber verheißt hier Jeremia zum ersten Male einen neuen Bund, der nicht äußerlich auf Tafeln eingegraben, sondern innerlich ins Herz hineingemeißelt wird. Seine Worte sind ein denkwürdiger Protest gegen Gesetzrollen und Buchreligion. Mögen diese Dinge auch in der Gegenwart zu Recht bestehen, dennoch sind sie minderwertig und vergänglich, und müssen in der herrlichen Zukunft einem höheren Ideale weichen. Wenn die neue Zeit anbricht, verschwinden alle Satzungen und Statuten, die den Menschen doch nur äußerlich zwingen. An ihre Stelle tritt die innere geistige Erkenntnis Gottes, die weder auf Buchstaben noch auf Belehrung beruht. Dazu muß der Mensch von Grund auf umgewandelt werden, und diese Umwandlung führt der Prophet zurück auf einen neuen Bund, während spätere Schriftsteller von einem neuen Herzen oder Geiste reden (Ez. 1119. 3626. Ps. 5112).

Sehen wir zunächst einmal von dem Bunde ab, so finden wir denselben Gedanken, daß die Menschen der Heilszeit vollkommen sind, auch anderswo. Z. B. Jes. 119: Nicht handelt

.GIESEBRECHT לא אשבת מרחמם Lies .1

man böse noch verderbt auf meinem ganzen heiligen Bergland (Jes. 6525). Denn voll ist das Land von Erkenntnis Jahves, wie Wasser das Meer bedecken (= Hab. 214). Wenn der Erlöser aus Zion kommt und den Abfall aus Jakob entfernt, schließt Jahve einen Bund mit ihm: Mein Geist, der auf dir ist, und meine Worte, die ich in deinen Mund gelegt, nicht werden sie weichen aus deinem Munde, aus dem Munde deines Samens und aus dem Munde des Samens deines Samens von nun an bis in Ewigkeit (Jes. 5921). Die Israeliten werden nicht nur fromm1, sondern sie werden auch, wie Joel 3ıff. in grotesker Weise ausführt, insgesamt zu Propheten: Und darnach will ich meinen Geist über alles Fleisch ausgießen, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen, eure Greise sollen Träume haben, eure Jünglinge Gesichte sehen. Und auch über die Knechte und Mägde will ich in jenen Tagen meinen Geist ausgießen. Diese Hoffnung eines Epigonen (GIESEBRECHT) stammt aus einer Zeit, wo Ekstasen, Träume und Gesichte selten waren und wo man sie allen Menschen, selbst den Dienstboten, anwünschte. Ebenso wie die Psyche wird auch die Physis des eschatologischen Menschen verändert. Die Langlebigkeit der Urzeit kehrt wieder. Wer jung stirbt, wird als Hundertjähriger dahingerafft (Jes. 6520. Zach. 84). Auch diese Idee erklärt sich aus der Anschauung vom Paradiese. Im Lande der Götter führt man ein seliges, sündloses und vor allem längeres Leben als hier auf Erden, ja nach später bezeugter, aber älterer Vorstellung hat der Tod überhaupt kein Existenzrecht mehr in der neuen Zeit (Jes. 258).

Wir haben nachgewiesen, daß an manchen Stellen unabhängig von einander die Umwandlung der Tier- und Menschenwelt auf einen Bund zurückgeführt wird. Dies Zusammentreffen kann nicht zufällig, sondern muß in der Natur der Sache begründet sein. Aus der Bundesidee ist die genannte Umwandlung nicht zu erklären, jene ist also das Sekundäre, diese das Primäre. Vielmehr ist hier, um die aus der Idee des Götterlandes völlig verständliche Umwandlung zu begründen, ein Motiv aus dem Rechtsleben aufgegriffen. Die Bundschließung ist zunächst ein juristischer Akt, unter reli

1. Weitere Stellensammlungen bei SCHULTZ5 S. 583 f.

giösen Zeremonien vollzogen. Wenn zwei Parteien mit einander streiten, so wird die Sache beglichen durch einen Vertrag, an den beide Teile samt Kind und Kindeskindern gebunden sind. Das friedliche Zusammenleben verschiedener Leute, Stämme und Städte, wir würden sagen, die Ordnung in einem Rechtsstaate beruht auf dem »>Bunde«. Das ist nicht nur auf das Verhältnis der Staaten unter einander, sondern auch vom Mikrokosmos auf den Makrokosmos übertragen. Die Frage: Wie kommt es, daß Menschen, Tiere, ja die ganze Natur bestimmten Gesetzen untertan sind? wird beantwortet durch die Idee des Bundes. Der Gedanke des abstrakten Naturgesetzes ist nicht erreicht; die Regelmäßigkeit der Erscheinungen erklärt man sich durch einen Vertrag, auf den sich alle Naturwesen verpflichtet haben. Man darf nicht weiter fragen, wie dieser Vertrag zustande gekommen ist. Die Volksmythologie ist fragmentarisch. Sie begnügt sich, eine Einzelheit zu konstatieren, ohne sie genauer auszuführen. Wenn die Sonne das Auge eines Gottes ist, so kümmert sich das Volk nicht weiter darum, wo nun die Hand sein mag. So wird man sich anfangs darauf beschränkt haben, von einem Bunde der Gottheit mit Menschen und Tieren zu sprechen. Wenn Jahve (nach Jer. 3320. 25) einen Bund hat mit Tag und Nacht, so liegt hier eine »starke Abgebrauchtheit der Bundesvorstellung « vor (GIESEBRECHT). Spätere Schriftsteller, die über diese Idee bereits reflektieren, wissen dann von einem Eide zu erzählen, den die Dinge, z. B. die Sterne, der Gottheit geschworen haben (I Hen. 6916ff.). Die alte Zeit denkt naiver.

Die Übertragung der Bundesidee vom Mikrokosmos auf den Makrokosmos ist als ursprünglich israelitisch nicht zu begreifen. Denn sie setzt ein Interesse an der Kosmologie voraus, das die Israeliten kaum je gehabt haben. Die Ahnung der Naturgesetze kann nur in einem Volke entstanden sein, das wissenschaftliche Beobachtungen anstellte und wissenschaftliches Denken besaß. Beides fehlte den Israeliten. Wir müssen zufrieden sein, den außerisraelitischen Ursprung dieser Anschauung zu behaupten, da sich nichts Näheres über die Herkunft ausmachen läßt.

Die Fessel des Bundes (Ez. 2037), die den Menschen, Tieren und Dingen der neuen Zeit angelegt wird, ist das Gegenbild

zu der vorhergehenden Auflösung des Bundes und Entfesselung der Naturgewalten am Ende der Tage. Wenn Israel getadelt wird, weil es den Bund gebrochen habe (Jer. 11 10. 1421. Ez. 447), so ist das ohne weiteres verständlich. Denn die Sünde des Volkes, um derentwillen es gestraft wird, gilt als eine Übertretung des Bundes, den Jahve mit ihm am Sinai geschlossen hat. Auffälliger ist das Wort Jahves: Und ich nahm meinen Stab: Huld, und zerbrach ihn, um meinen Bund zu vernichten, den ich mit allen Völkern geschlossen habe (Zach. 11 10). Aus der uns geläufigen Vorstellung vom Bunde, der speziell zwischen Jahve und Israel stattgefunden hat, ist das nicht begreiflich. Mit allen Völkern hat Jahve nach israelitischer Anschauung nie einen Bund gehabt. Hier wirkt die außerisraelitische Idee nach, die alle Ordnung unter den Menschen und in der Welt überhaupt auf das Bestehen eines Bundes zurückführt. Wird er aufgehoben, so beginnt ein allgemeiner Wirrwar, eine Unordnung, die zum Kampf aller gegen alle und zur endlichen Weltkatastrophe hinüberleitet. Dieser Bund ist von dem mosaischen gewöhnlich unterschieden durch das Beiwort ewig, da er aus der Urzeit stammt: Es trauert, verfällt die Erde, verwelkt, verfällt die Welt, verwelkt der Himmel samt der Erde, da die Erde entweiht ist unter ihren Bewohnern. Denn sie übertraten die Gesetze, überschritten die Satzung, brachen den ewigen Bund (Jes. 244f.). Hier wird der Bund durch die Menschen, an der vorher zitierten Stelle durch Jahve gelöst. Beides ist im Grunde dasselbe, obwohl die ursprüngliche Idee damals schon nicht mehr klar gewesen sein mag: Alle Ordnung hört auf. Soll sie wiederhergestellt werden, so muß am Anfang der neuen Welt ein neuer Vertrag geschlossen werden, auf den Gottheit und Menscheit, ja auch die Natur sich verpflichtet. Später redet man zwar noch von dem neuen Bunde, aber der ursprüngliche Sinn ist umgebogen worden, wie im Vorhergehenden ausgeführt ist.

§ 19. Die Umwandlung der Natur.

H. USENER: Milch und Honig (im Rheinischen Museum für Philologie N. F. Bd. 57) S. 177 ff. B. STADE: Ein Land, wo Milch und Honig fließt (ZATW. 1902) S. 321 ff. J. GOLDZIHER: Milch und Honig (Mitteilungen des Deutschen Palästinavereins 1903) S. 73f.

1. Lies in GUNKEL.

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