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die für Jahve mitten durch die Wüste gelegt werden soll. Zu diesem Zweck wird jeder Berg und Hügel sich senken und jedes Tal sich heben (Jes. 403f. 4216. 4911). Spätere Schriftsteller haben die Anschauung von dem Wunderwege nachgeahmt und etwas verändert (Jes. 1116. 1923. 358. 5714. 6210). Man verweist zur Erklärung dieser Idee darauf, daß »vorher die Straßen in Stand gesetzt wurden, wenn Könige reisten (Justin 210. Arrian Alex. 480. Diod. Sic. 213); so sollen dem Jahve die Wege geebnet werden da, wo er durchziehen werde<< (KITTEL). Viel näher liegt es, an die babylonischen Götterstraßen zu erinnern z. B. an die berühmte Prozessionsstraße des Gottes Marduk, die von Babylon nach Borsippa führte und auf der die Götterbilder in feierlichem Zuge durch Priester getragen wurden1. Bei Deuterojesaja, der im Exil lebte, macht es keine Schwierigkeit, direkt babylonischen Einfluß anzunehmen. Eine so herrliche Straße wie die babylonischen Götter sie besitzen, ja noch eine viel wunderbarere wird Jahve sich selbst bauen, wenn er an der Spitze seines Volkes durch die Wüste nach Palästina heimkehrt. Ohne jede Vermittlung freilich konnte der Verfasser auf diese Idee nicht verfallen. Da ihm aber, wie wir gezeigt haben, die Verwandlung der Wüste in das Paradies ein aus der Tradition bereits geläufiger Gedanke war, so ist es verständlich, daß er die Götterstraße dem Bilde einfügte. Sie begegnet uns später wieder in dem himmlischen Jerusalem, der Gottesstadt, die durchquert wird von einer Gasse mit reinem Golde wie durchsichtiges Glas (Apk. Joh. 2121). Diese Gasse ist nichts Anderes als die in den Himmel projizierte Götterstraße2.

Das Verschwinden der Berge und Hügel ist damit noch nicht erklärt. So hoch waren die Wüstenberge nicht, als daß keine Straße darüber hinweg gelegt werden könnte. Es scheinen bei Deuterojesaja zwei Ideen mit einander verschmolzen zu sein.

1. GUNKEL a. a. O. S. 49 Anm. 5. Auch bei den Ägyptern gab es solche Gotteswege; vgl. ADOLF ERMAN: Die ägyptische Religion. Berlin 1905. S. 43.

2. GUNKEL denkt speziell an die Milchstraße, ohne einen stichhaltigen Beweis dafür zu liefern. Einen Beleg dafür, daß eben diese himmlische Erscheinung im älteren Orient als »Straße« bezeichnet sei, gibt er nicht und gibt es nicht, so viel ich weiß.

In dieser Ansicht werden wir bestärkt durch die Parallele bei Zach., wo die Verwandlung der Berge in eine Ebene losgelöst ist von der Gottesstraße, und durch die persische Eschatologie, für die es charakteristisch ist, daß es auf der neuen Erde keine Berge mehr geben solle1. Diese Vorstellung muß entstanden sein in einem mit gewaltigen, schwer passierbaren Bergen ausgestatteten Lande, wo das Nichtvorhandensein von Gebirgen als ein Vorzug des Götterlandes erscheinen konnte. Babylonien kann darum nicht ihr Ursprungsort sein, da dort überhaupt keine Berge existieren. Wohl aber konnte sie sich in Persien bilden. Denn »>in den Gebirgsketten, welche es durchziehen, sind Gipfelhöhen von mehr als 5000 Meter nicht selten« (GEIGER). Man kann freilich auch auf Palästina verweisen. Grade Judäa, der südlichste Teil des Westjordanlandes, »ist ein schwer zugängliches Gebirge, wo die als Eingangspforte dienenden Täler so eng und steil sind, daß sie von einer geringen Anzahl Krieger verteidigt werden können« (BUHL). Es wäre an sich nicht unmöglich, einen analogen Ursprung der Idee in Judäa wie in Persien zu behaupten, obwohl die frappante Übereinstimmung in einer so speziellen Einzelheit stutzig macht. Die Zweifel mehren sich, wenn man bedenkt, daß die Vorstellung zum ersten Mal in Verbindung mit der sicher ausländischen Idee der Götterstraße bei einem Schriftsteller des Exils auftaucht. Deuterojesaja mag sie in Babylonien kennen gelernt haben, wohin sie damals vielleicht aus Persien gewandert sein mag. Überdies läßt sich bei jedem Zuge der mythischen Topographie die fremde Herkunft wahrscheinlich machen.

Etwas anders ist die Entstehung des Paradiesstromes zu denken. Für das Paradies, das dem Semiten wie eine Oase in der Wüste dünkt, ist vor allem das Wasser charakteristisch. Denn ohne den Quell ist die Oase unmöglich. Je größer das Paradies vorgestellt wird, desto mehr Quellen und Ströme gibt es dort. Die Zahl ist unbegrenzt. Erst später wird die Vierzahl bevorzugt, nachdem die Paradiesströme mit den Weltströmen kombiniert sind, die die Erde umfließen, entsprechend den

1. Bund. 3033. Plutarch: De Isid. et Osir. c. 47. Vgl. BÖKLEN S. 131 ff., der die spätjüdisch-christlichen Parallelen gesammelt hat. 2. So jetzt mit Recht auch GUNKEL (vgl. Deutsche Rundschau 1904, S. 61 f.).

vier Himmelsrichtungen. Wird das Paradies in den Himmel projiziert, so wird einfach das irdische Bild mit allen Einzelheiten dorthin übertragen. Die Phantasie hat hier freien Spielraum, sodaß man sinnlich wahrnehmbare Äquivalente nicht mehr suchen darf. Man fabuliert von dem Strom sei es im Himmel sei es auf Erden voll Milch und Honig, Öl und Wein (II Hen. 6), aus dem die Götter den unsterblichen Trank schöpfen, von den Schiffen, die auf diesem Kanal fahren, um die Seelen von der Erde in den Himmel überzusetzen (Mani), von dem Meer im Osten und Westen, in das der Paradiesstrom mündet usw. Dies mythische Weltmeer haben wir bereits in der israelitischen Eschatologie kennen gelernt (§ 16). Mythisch ist das Meer, in dessen östlicher Gegend das Totental Gogs liegt (Ez. 3911), das östliche und westliche Meer, in das der Nördliche gestürzt wird (Jo. 220), die Meere und der Berg der heiligen Pracht, zwischen denen der König des Nordens fällt (Dan. 1145). Alle diese Aussagen sind im Hinblick auf die Geographie Palästinas absolut unverständlich und müssen darum mythischen Ursprungs sein. Der Zusammenhang dieses Meeres mit dem Paradiesstrom erhellt besonders aus Zach. 148: Und dann an jenem Tage gehen lebendige Wasser von Jerusalem aus, deren eine Hälfte zum östlichen und deren andere Hälfte zum westlichen Meere läuft, im Sommer und im Winter werden sie1 vorhanden sein. Der Quell, der in Jerusalem entspringt, wird zum Strom und mündet auf beiden Seiten in ein Meer. Woher diese Vorstellung stammt, ist hier nicht mehr deutlich und ist dem Verfasser dieser Verse schwerlich bewußt gewesen, der wohl an das Mittelländische und Tote Meer gedacht hat. Andere Züge desselben Stückes, vor allem die Erhebung Zions zum höchsten Gottesberge, lehren uns, daß die von Jahve an seinem Tage geschaffene Szenerie das Paradies oder das Gottesland darstellen soll.

Der hier genannte Quell und der Strom, dessen Arme nach Ps. 465 die Gottesstadt erfreuen, und der Bach, der nach Jo. 418 das mythische Akaziental tränkt, und die Quelle, die sich öffnet für Sünde und Unreinheit (Zach. 131), begegnet uns zum ersten Male Ez. 471-12. Unter der Schwelle des

1. Lies

WELLHAUSEN.

Forschungen zur Rel. u. Lit. d. A. u. NT. 6.

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Tempels entspringt eine Quelle, die nach Osten zu fließt und bald zu einem gewaltigen Wasser anschwillt. Durch die Ostmark Judas gelangt der Strom bis zum Toten Meere und macht es gesund, sodaß es fortan wimmelt von Fischen. An den Ufern des Flusses wachsen allerlei eßbare Bäume, deren Laub nicht welkt und deren Früchte nicht aufhören. Ihre Früchte dienen zur Speise, ihr Laub zur Arzenei. Fragen wir, wo diese wunderbaren Bäume ursprünglich zu Hause sind, so kann die Antwort nicht zweifelhaft sein: im Paradiese. Nur im Götterlande fließen so wunderbare Lebenswasser, die das Salzige süß und das Kranke gesund machen können. Von Ezechiel sind diese Züge sicher nicht in der Schreibstube erdichtet, da sie mythischen Ursprungs sind. Er hat vielmehr aus einer Tradition geschöpft, die in Israel nicht autochthon sein kann. Denn die Paradieserzählung in Gen. 2 und 3 weiß wohl von Strömen, hingegen nichts von einem Meere, sei es im Osten oder Westen. Eine andere Frage ist die, ob Ezechiel die Stoffe zum ersten Male aus der Fremde übernommen hat oder ob er von einer älteren israelitischen Volksüberlieferung abhängig ist. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir erstens beachten, wie undeutlich, verblaßt und schematisiert die Vorstellungen sind. Gewiß dürfen wir ein gut Teil auf Kosten des eigentümlichen Geschmacks dieses Propheten setzen, aber die ursprünglichen Farben sind so verwischt, daß es wahrscheinlicher ist, das Gemälde sei bereits längere Zeit in Palästina bekannt gewesen, zumal es in Beziehung zum Toten Meere gebracht ist. Eine solche Umdeutung, wie sie hier vollzogen ist, geschieht schwerlich in einem Augenblick und bei einem einzigen Schriftsteller, sondern fordert einen längeren, langsameren Prozeß. Zweitens können die späteren Propheten nicht von Ezechiel allein abhängig gewesen sein, wie die Exegeten behaupten, da neue Züge hinzugefügt werden und vor allem neben dem östlichen noch ein westliches Meer genannt wird.

Das Alte Testament enthält im Grunde nur mehr oder weniger deutliche Anspielungen an den eschatologischen Paradiesstrom. So heißt es auch Ps. 369f.: Sie trinken vom Fett deines Hauses und mit deinem Edenbache tränkst du sie. Denn bei dir ist der Brunnen des Lebens. Klarer und plastischer werden

die Vorstellungen, auf denen diese Anspielungen beruhen, erst in den späteren Apokalypsen ausgesprochen. Sie reden von Weisheitsbäumen, Ölbäumen, Lebensbäumen, vom Holz des Lebens und Wasser des Lebens1. Von besonderem Interesse ist die Schilderung des himmlischen Jerusalem, das Apk. Joh. 221f. als Gottesstadt beschrieben wird: Und er zeigte mir einen Strom von Lebenswasser, glänzend wie Kristall, hervorkommend aus dem Thron Gottes und des Lammes, mitten in ihrer Gasse; hüben und drüben am Strom den Baum des Lebens, zwölfmal Frucht bringend, jeden Monat seine Frucht gebend; und die Blätter des Baumes sind zur Heilung der Nationen. Der Strom bricht hier aus dem Throne Gottes hervor, der den irdischen Tempel vertritt. Die Anschauung, die längst geläufig ist, ist hier von der Erde in den Himmel übertragen. Wir fragen, woher sie ursprünglich stammen mag. Vermutlich ist das Bild der Quelle, die unter der Tempelschwelle entspringt, da entstanden, wo es Sitte war, über der Quelle ein Heiligtum zu errichten, da ja das Wasser als göttliche, lebenspendende Macht galt. Vielleicht wurde mitunter der Gottesthron grade über die Stelle gesetzt, wo das Wasser aus dem geheimnisvollen Schoße der Erde hervorbrach3.

In demselben Stück Zach. 144ff., das die mythische Topographie des neuen Jerusalem schildert, ist die Rede von der Verstopfung des Tales Harai. Wir haben diese Stelle bereits verglichen (§ 16) mit dem ebenfalls mythischen Tale Oberim, dem Totentale, das den Wanderern den Weg versperrt (Ez. 3911). Auch dieser Zug scheint mit dem Götterlande zusammenzuhängen, zu dem kein Zugang führt, von dem alle Götterfeinde ferngehalten werden. Überall da, wo das Gottesland mit Jerusalem identifiziert ist, sind die Gottesfeinde einfach die Heiden. So heißt es Jo. 417: Und Jerusalem soll unverletzliches Gebiet sein, und Heiden werden nicht mehr den Weg darüber nehmen dürfen (vgl. Ob. V. 17). Oder Jes. 521: Kleide dich in deine Prachtkleider, . . . heilige Stadt; denn nicht mehr soll ferner in dich kommen der Unbeschnittene, Unreine. Anderswo

1. Vgl. VoLz S. 376.

2. Etwas anders, mir nicht ganz verständlich, ist die Idee von dem Thron Gottes über den himmlischen Wassern (vgl. Ps. 2910).

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