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läßt sich nicht klar beweisen, sondern nur erschließen und an einigen Stellen voraussetzen. Aber die Kritiker haben Unrecht, wenn sie deshalb die Zukunftshoffnungen ganz oder teilweise streichen wollen. Der mythische Untergrund, auf dem die Heilseschatologie beruht, ist ein unumstößlicher Beweis für ihr hohes Alter. Der Glaube an die Wiederkehr des Paradieses, der allein die Heilseschatologie begreiflich macht, kann nicht im Licht der Geschichte, geschweige denn in dem oder nach dem Exil entstanden sein. Wenn eine Eschatologie erst einmal vorhanden war, konnten sich neue Ideen, seien es heimische, seien es auswärtige, leicht ankrystallisieren. Es soll darum nicht geleugnet werden, daß einzelne Fragmente zu allen Zeiten, namentlich seit dem Exil, hinzugekommen sind. Aber der Grundstock existierte schon früher und muß als vorprophetisch gelten.

Auf diese älteste oder mythische Stufe der Heilseschatologie, die in der vorexilischen Prophetie nur noch als Untergrund mehr oder weniger deutlich erkennbar ist, folgte, wie in der Unheilseschatologie, eine zweite oder volkstümliche Stufe. Sie wird auch in der Heilseschatologie vornehmlich charakterisiert durch die palästinische Färbung des aus der Fremde überlieferten Stoffes. Israel hat die Ideen, die es vom Ausland bezog, umgestaltet und teilweise in seinem Geiste umgeprägt. Dadurch ist der ursprünglich recht reiche mythische Gehalt verringert worden. Die Hoffnungen, die das Herz des Volkes erfreuten, sind nur noch flüchtig in das leuchtende Gold des Mythus hineingetaucht und mit ihm wie mit einem leichten Überzug bedeckt. Vor allem ist aber der ursprünglich weltweite Horizont verengert und auf Palästina beschränkt worden. Was anfänglich von der neuen Welt mit ihrem neuen Paradiese galt, das ist jetzt allein für das Palästina der Endzeit in Anspruch genommen. Dort im Lande Israels spielen dann die Kinder mit Kreuzottern und Löwen, dort triefen die Berge von Milch und Honig, dort werden die Schwerter zu Winzermessern umgeschmiedet, dort feiert man das göttliche Freudenmahl der neuen Zeit, dort liegt die Residenz auf dem Gottesberg im Norden, dort fließt der Strom, dessen Arme die Gottesstadt erfreuen, dort verschwinden Krankheit, Tränen und Tod, dorthin eilt nun alle Welt, um mit

Israel des höchsten Glückes teilhaftig zu werden und mit ihm seinen Gott Jahve zu preisen.

Mochten auch die religiösen Farben in diesem Bilde nicht ganz fehlen, so werden sie doch nur als Hintergrund gedient haben, von dem sich Israels Herrlichkeit desto schärfer und klarer abhob. So erquickte und erfreute sich der israelitische Patriot an diesem Gemälde der Endzeit, und sehnsüchtig schaute er in die Zukunft, wo alle diese köstlichen Dinge sich erfüllen würden. Ging es den Israeliten gut, so mochte die Aussicht auf ein solches Ende gerechten Stolz oder wohl gar nationale Eitelkeit hervorrufen. Aber in noch höherem Grade wird die Heilseschatologie sie getröstet haben, wenn äußere Gefahren und innere Not sie bedrängten. Dann hängte sich das Herz des Frommen an die Zukunft, und dieser Glaube trug ihn hinweg über die Qual der Gegenwart. Die Heilseschatologie war die Lösung all der bangen Rätsel, die ihn ängstigten, und ersetzte ihm die Hoffnung auf ein Jenseits. Gar manche Lieder haben die Sänger im Voraus gedichtet, die dann gesungen werden sollen, wenn die Zeit erfüllt ist. Der Psalter, der freilich im großen und ganzen nachprophetisch ist, spiegelt dennoch die Stimmungen wieder, mit denen man im Volke der großen heilbringenden Wendung entgegensah1.

Die dritte oder prophetische Stufe der Heilseschatologie wird weniger gekennzeichnet durch eine Wandlung des Stoffes als vielmehr durch die andersartige Beleuchtung, in die der überlieferte Stoff von jetzt an gerückt wird. Die Endhoffnungen, die der Tradition entlehnt sind, dienen fortan dazu, um der Sehnsucht nach dem religiös-sittlichen Ideal der Propheten Ausdruck zu verleihen. Die herrliche Zeit, die mit dem Tage Jahves anbricht, schafft die Erfüllung der prophetischen Forderungen: Dann wird man sich nicht mehr auf Schwerter, Rosse und Kriegswagen verlassen, weil ein großes Friedensreich die Nationen umspannt und weil sogar in die Tierwelt und in die Natur der ewige Friede seinen Einzug hält. Dann wird man auf Jahve allein vertrauen, der seine Residenz inmitten seines Volkes aufschlägt und der ihr ein besserer Hüter sein wird als alle waffenstarrenden Heere. Dann wird man nur 1. Vgl. den Artikel GUNKELS: Die Endhoffnung des Psalmisten, in der Christlichen Welt. 1903. No. 48. Sp. 1130 ff.

den einen Gott verehren in vollkommener Gerechtigkeit und Treue und wird die silbernen und goldenen Götzen den Ratten und Fledermäusen überlassen. Die möglichst enge Verknüpfung der Heilseschatologie mit der Religion und der Sittlichkeit dürfen wir als die hauptsächlichste prophetische Neuerung ansehen, die später nach dem Exil teilweise wieder verloren gegangen ist.

B. Der Messias.

§ 23. Der Hofstil.

WEINEL: und seine Derivate (ZATW Bd. 18). Gießen 1898. WELLHAUSEN: Zwei Rechtsriten bei den Hebräern (Archiv f. Rel.-Wiss. Bd. 7). Leipzig 1904. ADOLF ERMAN: Die ägyptische Religion. Berlin 1905. MORRIS JASTROW: Die Religion Babyloniens und Assyriens. Bd. I. Gießen 1902.

Ein heutzutage dem Könige eingereichtes Aktenstück trägt einen festen, ausgeprägten Stil, zu dem gewisse Anreden, Unterschriften und Formeln gehören, die zum Teil unserm modernen Empfinden widersprechen, die wir aber doch ruhig gebrauchen, weil sie aus der alten Zeit stammen und durch Jahrhunderte lange Gewohnheit geheiligt sind. Das wird so bleiben und ist immer so gewesen, solange Sitte und Brauch existiert haben. Genau ebenso haben die vom Könige selbst ausgefertigten Erlasse einen ganz charakteristischen Typus, dessen Eigenart möglichst wenig, am liebsten gar nicht Änderungen unterworfen wird. Das konservative Element, das jedem Stile innewohnt, macht sich aus naheliegenden Gründen beim Hofstil, der die beiden genannten Arten zusammenfaßt, am meisten geltend. Leider besitzen wir im Alten Testament kein einheimisch-israelitisches Dokument, etwa den Brief eines Untertanen an seinen Herrn, durch den uns der Hofstil anschaulich vor Augen geführt würde. Wir sind darum auf indirekte Schlüsse aus gelegentlichen, zufällig überlieferten Notizen angewiesen. Gute Führerdienste können uns die babylonischen Urkunden leisten, ohne daß wir darum die israelitischen Parallelen ohne weiteres für babylonischen Ursprungs zu halten brauchen.

Das Vorhandensein dieses Stiles ist im letzten Grunde selbstverständlich. Bei der Thronbesteigung, bei der Rückkehr

vom Kriegsschauplatz, bei der Vermählung, bei der Geburt eines Thronfolgers, bei diplomatischen Empfängen und sonst bei prunkvollen Festen des Königs muß der Hofsänger die Leier stets auf einen bestimmten Ton stimmen und alte, regelmäßig sich wiederholende Gedanken nicht nur über den König selbst, sondern auch über den Glanz seiner Herrschaft, den Reichtum seines Landes und das Gelingen seiner Unternehmungen vortragen. Nur die Form, in die er seine Worte kleiden will, ist ihm überlassen. Je nachdem sich bedeutende Zeitereignisse abgespielt haben oder nicht, je nachdem wird der charakteristische Typus dieser Hoflieder stärker oder schwächer gewandelt. Dieser Einschlag aus der Gegenwart ist inhaltlich meist leicht zu erkennen, er allein verleiht zusammen mit der Eigenart des Dichters den Liedern lebendigen Reiz. Zieht man das Individuelle und die Zeitfärbung ab, so bleibt noch ein großer Rest, der für alle Hoflieder typisch ist und der uns hier allein interessiert.

...

Die Berufung des Königs Merodochbaladan II. wird auf dem Berliner Grenzstein so geschildert: Marduk faßte zum Lande Akkad (= Babylonien), von dem er im Grimm sich abgewandt hatte, Zuneigung, hielt Umschau unter allen Leuten, musterte die Menschheit; unter allen Menschen, sämtlichen Wohnsitzen traf er in festem Beschlusse Auswahl; Merodachbaladan, den König von Babylon, sah er freudig an und verkündete durch seinen Ausspruch: Dies sei der Hirte, der die Versprengten zusammenbringt1. Ähnlich heißt es in der Cylinderinschrift von Cyrus: Marduk faßte Erbarmen. In allen Ländern insgesamt hielt er Umschau, musterte sie und suchte einen gerechten Fürsten nach seinem Herzen, ihn zu fassen bei seiner Hand: Kuras, König von Anšan, berief er mit Namen; zur Herrschaft über die Gesamtheit des Alls tat er kund seinen Namen. Zum Teil mit denselben Ausdrücken sagt der in Babylonien lebende3 Deuterojesaja von Cyrus, daß Jahve ihn bei der Hand gefaßt und seinen Namen gerufen habe (Jes. 451.4). Ob hier ein, wenn auch nur indirekter, Anschluß an den baby185 ff. ZIMMERN KAT3 S. 382. ZIMMERN KAT3 S. 381.

1. Keilinschr. Bibl. III 1 S.
2. Keilinschr. Bibl. III 2 S. 121 ff.

3. Vgl. das, was oben (S. 223) über die Idee der Götterstraße ausgeführt wurde.

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lonischen Hofstil vorliegt1, läßt sich nicht sicher entscheiden, da wir den israelitischen Hofstil nicht genügend kennen. Jedenfalls müssen beide, wie aus den zahlreichen Parallelen im folgenden erhellt, einander sehr ähnlich gewesen sein. Sie stimmen übrigens auch mit dem ägyptischen Hofstil im großen und ganzen überein.

Ebenso wie in den bereits zitierten Texten, »>so heißt es nicht nur zahllose Male in den babylonischen und assyrischen Königsinschriften seit der ältesten Zeit bis in die jüngste Zeit, daß der und der König von den Göttern zur Herrschaft über das Land berufen, von ihnen ausersehen worden sei, z. T. auch mit dem Zusatz, daß schon in seiner Kindheit, im Mutterleibe, der König durch die Götter zur Regierung bestimmt worden sei, sondern es wird wiederholt auch gesagt, daß schon vor alters, vor fernen Tagen, solche göttliche Bestimmung des Königs zur Herrschaft erfolgt sei«3. Auch die israelitischen Könige fühlten sich als die Erkorenen Jahves. David sagt zur Michal, Jahve habe ihn vor ihrem Vater und vor dessen ganzem Hause erwählt, um ihn zum Fürsten über Israel, das Volk Jahves, zu bestellen (II Sam. 621 vgl. I Reg. 816), und I Sam. 16 schildert, wie Samuel auf Anstiften Jahves den jüngsten der Söhne Isais, der des Vaters Schafe hütet, erkiest und salbt. Es fehlt hier zwar der weltweite Horizont des Babyloniers, der die Gottheit nicht bloß ein Volk, sondern alle Völker mustern läßt, um seine Auswahl zu treffen, aber das ist durch die Situation notwendig gegeben. Wer aber wollte behaupten, daß auch solche Worte, die von der ganzen Welt reden, in Israel ausgeschlossen seien?

Das ersehen wir aus Dichtungen wie Ps. 2. 72. 110. Höfische Schmeichelei wünscht hier dem regierenden Könige Israels die Weltherrschaft: Er soll die Völker zermalmen mit eisernem Stabe, soll herrschen von Meer zu Meer und sitzen zur Rechten Jahves, bis daß dieser lege die Feinde zum Schemel seiner

1. So KITTEL: Cyrus und Deuterojesaja ZATW Bd. 18. S. 160. 2. So GUNKEL nach schriftlicher Mitteilung. Doch vgl. § 28. 3. ZIMMERN KAT S. 403.

4. So mit Recht GUNKEL in seinen » Ausgewählten Psalmen«. Aber mit Unrecht nimmt er eine Übertragung der eschatologischen Messiashoffnungen auf den regierenden König an. Der Messias hat hier nichts zu suchen. Es war eben Hofstil, so vom Regenten zu sprechen.

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