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Füße. Man würde Israel einen seltsamen Größenwahn zusprechen, wollte man ihm selbst in den kühnsten Träumen die genuine Erwartung eines weltumspannenden Königreiches zutrauen. Sie kann bei ihm so wenig entstanden sein, wie es heutzutage bei einem modernen Dichter undenkbar ist, daß er etwa dem Fürsten von Montenegro die europäische Kaiserkrone spontan verheißen sollte! Der Ursprung des Glaubens an ein Weltreich ist psychologisch nur verständlich bei einem Volke, das mit gutem Recht den Anspruch auf die Weltherrschaft erheben darf. Die >> Welt ist nach damaliger Anschauung natürlich viel kleiner als heute, aber Israel hatte kaum einmal einen Begriff von dieser kleinen Welt. Es fehlte ihm der lebendige Eindruck, und darum kann die Rolle, die die Welt in seiner Religion tatsächlich spielt, nicht von ihm selbst gedichtet sein. Etwas ganz anderes ist es, wenn etwas zum Stil geworden ist. Dann kann es weiter wandern und sich auch da lokalisieren, wo es, streng genommen, absurd oder lächerlich ist. Das Hofzeremoniell Ludwigs XIV., das in Frankreich vielleicht seinen guten Sinn hatte, ward, weil der König nun einmal tonangebend war, nachgeahmt an all den kleinen Fürstenhöfen Europas und sank damit zur Karrikatur herab.

So muß notwendig auch der israelitische Hofstil aus der Fremde stammen. Man kann sich das sehr gut an Ps. 2 klar machen. Die hier vorausgesetzte Situation paßt nur schlecht zu einem israelitischen Könige. Denn er hat keine Fürsten und Völker unter sich, die sich wider ihn empören könnten. Das Bild wird sofort anschaulich und lebendig, wenn man einmal annimmt, der Psalm sei in einem Weltreich entstanden. Wie oft hat es die Geschichte gelehrt, daß der Thronwechsel in einem gewaltigen Weltreich von den unterworfenen Völkern und Königen benutzt wird, um das Joch der Fremdherrschaft von sich abzuschütteln! Unter diesem Gesichtspunkte muß man den Psalm lesen: Der mächtige König, der auch die fremden Untertanen im Zaum hielt, ist gestorben. Das ist das Zeichen zum Abfall, und schon laufen die Fäden der Verschwörung durch das ganze, unermeßliche Reich. Diese Situation benutzt der Sänger, um den neuen König bei seiner Thronbesteigung zu verherrlichen. Er schildert die gefährliche politische Lage, gibt aber zugleich seinem Herrscher den Trost,

daß sein Gott im Himmel für ihn ist. Wer vermag wider ihn zu sein? Und dann legt er ihm die Worte in den Mund und läßt ihn selbst reden: Ich aber bin als sein (Gottes) König bestellt 1 Er sprach zu mir: »Du bist mein Sohn, ich selbst habe dich heute gezeugt! Bitte von mir, so geb ich dir Völker zum Erbe, zum Besitz die Enden der Welt! Du darfst sie mit eisernem Stabe zermalmen, wie Töpfergeschirr sie zertrümmern«. Zum Schluß wendet sich der Dichter an die unterworfenen Könige: Nun aber, ihr Könige, seid klug; laßt euch warnen, ihr Richter der Erde.

Von besonderem Interesse ist, daß hier die babylonische Adoptionsformel (Hammurabi § 192) vorliegt. An dem Tage, wo der König den Thron besteigt, wird er von der Gottheit an Sohnes statt angenommen mit den Worten: Du bist mein Sohn; ich selbst habe dich heute gezeugt. Ebenso beachtenswert ist der Ausdruck in Ps. 728, dessen Verständnis ich EICHHORN verdanke: Er herrsche von Meer zu Meer und vom Euphrat bis zu den Enden der Welt. Die zweite Hälfte dieser technischen Redensart (sie kehrt auch Zach. 910 wieder) muß in Babylonien geprägt sein, obwohl sie einstweilen aus babylonischen Quellen noch nicht belegt werden kann. Denn die Größe eines Reiches wird allewege bezeichnet, indem man entweder die beiden äußersten Grenzen nennt (von einem Weltmeer bis zum andern), oder indem man vom Zentrum3 zur Peripherie geht (vom Euphrat bis zu den Enden der Welt). So sind einige Phrasen aus Babylonien nach Israel gewandert, dort einheimisch geworden und in israelitischem Sinne umgedeutet. Da sie ihren Sitz im Hofstil haben, so dürfen wir diesen, wenigstens zum Teil, für babylonischen Ursprungs halten.

Nicht immer sind wir in der günstigen Lage, Zusammenhänge zwischen dem Hofstil Israels und dem der beiden Weltreiche, Babylonien oder Ägypten, nachzuweisen. Wir müssen uns im übrigen begnügen, sie zu vermuten und uns auf eine Sammlung des Materials beschränken. Besonders beliebt war, nicht nur in Israel, das Prädikat der Ewigkeit, das in verschwenderischer Fülle über den König ausgeschüttet wird. So

1. So ist mit den LXX zu verstehen.

2. So zuerst GUNKEL. 3. Als Ende der Welt kann der Euphrat für die Israeliten nicht in Betracht kommen.

כימי עולם

heißt es in dem Gruße: Der König lebe ewiglich (I Reg. 131. Neh. 23. Dan. 24. 39), so heißt es auch im Liede: Ihm möge Jahve ewige Lebensdauer verleihen (Ps. 215. 617). Sein Haus soll für ewig Bestand haben, sein Thron feststehen in Ewigkeit (II Sam. 716. I Reg. 245. 95. Ps. 1851. 457. 72 17). Aber auch abgesehen von den Segenswünschen für die Zukunft wird, was unserm Empfinden nicht so verständlich ist, das Haus Davids in die Urzeit zurückdatiert: An jenem Tage will ich die verfallene Hütte Davids wieder aufrichten und ihre Risse vermauern und die Trümmer wieder aufbauen, und ich will sie machen wie in den Tagen der Urzeit (Am. 911). ist, wörtlich aufgefaßt, in dem oder nach dem Exil ebenso unbegreiflich wie zur Zeit des Amos. Es wird begreiflich nur durch den Hofstil, dem solche Übertreibungen geläufig sind, der es liebt, die Dynastie als uralt hinzustellen, mag sie nun im Licht der Geschichte oder gar erst vor kurzem zur Herrschaft gekommen sein. Ferner gehören hierher die üblichen Segenswünsche: Es möge dem Könige nie an Nachfolgern und an zahlreichem Nachwuchse fehlen (II Sam. 712. I Reg. 95. Jer. 3320 ff. Ps. 8930); mit seinem Namen sollen sich segnen alle Geschlechter auf Erden, und alle Völker sollen ihn glücklich preisen (Ps. 7217); überhaupt alle die Lobeshymnen des Regenten, wie auch immer sie lauten mögen.

Daß dieser Hofstil sich nur in Israel und nirgendwo sonst gebildet haben könnte, läßt sich nicht nachweisen. Im Gegenteil deuten einige seiner Elemente (die Idee der Weltherrschaft, die Vorstellung von der Adoption des Königs durch die Gottheit, die Redensart Ps. 728) auf ausländischen, vornehmlich babylonischen Ursprung hin. Fragen wir, wann er eingewandert sei, so ist als Terminus a quo die Entstehung des israelitischen Königtums gegeben. Genauer werden wir an die Zeit Salomos denken dürfen, der zuerst in größerem Umfange einen regen Verkehr mit den Nachbarkönigen unterhielt und unter dem das israelitische Hofzeremoniell geprägt wurde. Eine direkte Abhängigkeit vom babylonischen Hofstil ist wenig wahrscheinlich; eher mag dieser auf indirektem Wege durch phönikische Vermittlung seinen Einfluß ausgeübt haben, da ja König Hiram von Tyrus ein Freund Salomos war. Unter solchen Umständen wäre es falsch, wollten wir in Israel nach psychologischen Mo

tiven suchen, aus denen der Hofstil zu erklären sei. Da er aus der Fremde übernommen ist, so darf man nur sagen: Der Hofstil spielte eine Rolle allein deshalb, weil er nun einmal vorhanden war und zu dem notwendigen Zeremoniell jedes orientalischen Königtums gehörte. Höchstens darf man auf die devote Überschwänglichkeit aufmerksam machen, die diesen Stilz um Teil geschaffen und sich auch in Israel geäußert hat (GUNKEL). Aus den technischen Bezeichnungen Sohn Gottes (II Sam. 714. Ps. 27) oder Erstgeborner Gottes (Ps. 8928) für den König darf man irgend welche Schlüsse auf Königsvergötterung nicht ziehen. Denn das war eben Stil, so vom König zu reden, und bei einem Stil fragt niemand, ob er einen Sinn hat oder nicht. Am allerwenigsten darf man diese Ausdrücke wörtlich fassen, als ob der König damals für einen physischen Sohn der Gottheit gegolten habe. Oder glaubt man die Grüße, die dem Könige ewiges Leben wünschen, wörtlich deuten zu dürfen?

Grade das läßt sich als ein spezifisch israelitisches Charakteristikum innerhalb des Hofstiles herausheben: das fast völlige Zurücktreten der Königsvergötterung. Die babylonisch-assyrischen Könige galten schon nach den ältesten Inschriften als Kinder der Muttergöttin und wurden als Göttersöhne verherrlicht. So ernährte sich Lugalzaggisi von der Lebensmilch der Ninharsag, Gudea sog an den Brüsten der Nina und Assurbanipal saß im Schoße der Ištar1. In der altbabylonischen Zeit wurden sie auch nach dem Tode apotheosiert und direkt mit den Sterngöttern identifiziert. Aber das klassische Land der Königsvergötterung war Ägypten: »>Die Göttlichkeit des Herrschers gehört in Ägypten zu den uralten Dogmen<< 3. So lehrt es uns auch der Hofstil der Tell-elAmarnabriefe. Wenn also Israel den Hofstil von einem anderen Volke übernommen hat, so hat es ihn doch in seinem Geiste umgeprägt. Denn im ganzen Alten Testamente wird der (regierende) König nur ein einziges Mal mit dem Titel Gott angeredet: Dein Thron, o Gott, steht immer und ewiglich. Wir haben hier ein Überbleibsel aus einer Periode, wo es auch in Israel einmal geläufiger war, den König Gott zu nennen,

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1. ZIMMERN KAT S. 379.

2. ZIMMERN KAT3 S. 639.

3. ERMAN S. 39; vgl. S. 40. 79. 199. 208.
4. So mit Recht GUNKEL zu Ps. 457.

obwohl dieser Brauch vielleicht niemals allzu stark in Übung gewesen sein mag. Spätere Redaktoren werden unsere Texte überarbeitet und wie alles Anstößige so auch diese Titulatur des Königs ausgemerzt haben. Nur diese eine Stelle ist ihnen entgangen und gibt uns Kunde von einem verschollenen Hofstil, der einen allgemein orientalischen Charakter trug. Mag nun die Königsvergötterung von vorneherein zurückgetreten oder später zurückgedrängt sein, jedenfalls zeigt sich hier die gewaltige Höhe der israelitischen Religion, die, frei von byzantinischer Schmeichelei, den menschlichen Herrscher in respektvoller Entfernung von Jahve hält1. Der ungeheure Abstand des Königs von der Gottheit zeigt sich deutlich auch Zach. 128, wo gesagt wird, daß in der eschatologischen Zeit der Schwächste zum Helden wird wie David und das Haus Davids wie Gott. Wer wollte es da wagen, das gegenwärtige Königsgeschlecht auch nur mit der Gottheit zu vergleichen, geschweige denn mit ihr gleichzusetzen? Aus dem Worte des Weibes von Tekoa, dem David ob seiner Weisheit wie der Engel Jahves erscheint (II Sam. 1417. 20), darf man keine Schlüsse auf Vergötterung ziehen, da es sich hier um eine devote Redewendung handelt, die keinen religiösen Wert hat. So lange die Israeliten nur Dorfschulzen und kleine Scheichs hatten, d. h. in der sogenannten Richterzeit, war eine Vergötterung der Herrscher überhaupt ausgeschlossen, da sie ein höfisches Zeremoniell, eine Schranke zwischen Volk und Thron und eine größere Macht zur unbedingt notwendigen Voraussetzung hat. Diese Erwägung zwingt uns wiederum, beim israelitischen Hofstil fremden Einfluß anzunehmen: Die Königsvergötterung kann nicht israelitischen Ursprungs sein. Daß sie seit der Zeit Davids in Israel autochthon entstanden sei, ist von vorneherein unwahrscheinlich.

Eine gewisse Annäherung des Königs an die Gottheit, die aber noch zu keiner Identifizierung mit ihr geführt hat, läßt sich freilich auch in Israel an zwei Punkten beobachten. Der elfenbeinerne Thron Salomos, der auf sechs von je zwei Löwen flankierten Stufen stand (I Reg. 1018ff.), >ahmt den Thron des höchsten Himmelsgottes nach, der hoch oben auf der siebenten der von Dämonen bewachten himm

1. Vgl. GUNKEL zu Ps. 20.

2. Und wie der Engel Gottes ist Glosse. Forschungen zur Rel. u. Lit. d. A. u. NT. 6.

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