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Vergröberung bekannter Tatsachen, den Himmel zusammenballen wird, bis er berstend auseinander kracht. Infolge der gewaltigen Hitze wird auch der Himmelsbaum verdorren, sodaẞ die Sterne abwelken, die wie goldene Früchte oder Blätter an ihm hangen. Daß der Himmelsbaum eine auch sonst nachweisbare mythische Anschauung1 der Israeliten ist, hat GUNKEL an der Hand von Zach. 41ff. treffend gezeigt.

Anderswo ist es weniger der Širokko als der Sturmwind überhaupt, der den Himmel zerfetzt gleich dem Rauche (Jes. 516). Und ebenso wird der Himmelsbaum nicht durch einen Samûm zum Verdorren gebracht, sondern durch einen gewaltigen Orkan geschüttelt (ὑπὸ ἀνέμου μεγάλου σειομένη), daß die Sterne wie Feigen zur Erde fallen (Apk. Joh. 613). Diese Nüanzen sind sehr interessant; sie lehren uns, wie falsch es ist, bei derartigen Schilderungen sofort an Abhängigkeit der Autoren zu denken. Eine Entlehnung ist schon deswegen unmöglich, weil die Anschauungen nicht genau übereinstimmen. Es handelt sich vielmehr um parallele Vorstellungen, die im Leben des Volkes gewiß noch viel mannigfaltiger waren, als wir heute konstatieren können, und deren Verschiedenheit man nicht verwischen darf. Matth. 2429 heißt es einfach: Und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Mächte der Himmel werden erschüttert werden. Hier ist von einem Baum keine Rede, es wird nur ein Beben des Himmels vorausgesetzt.

Jetzt kehren wir zu den Stellen zurück, von denen wir am Anfang dieses Paragraphen ausgingen. Denn jetzt verstehen wir, warum in den eschatologischen Schilderungen so oft von der Austrocknung des Meeres gesprochen wird. Dieser Zug ist angelehnt an die Erfahrung, die Israel beim Wehen des Širokko erlebte, nur daß das Versiegen der Bäche und Flüsse in grotesker Vergröberung und phantastischer Übertreibung auf das Meer übertragen ist: Siehe, durch mein Schelten trockne ich aus das Meer, mache Ströme zur Wüste; es verdorren die Fische ohne Wasser und es stirbt durch Durst ihr Getier3. Ich kleide die

1. Die von GUNKEL vermutete Herkunft dieser Idee aus Babylonien ist möglich, aber der als Himmelsbaum gedachte Ölbaum trägt spezifisch israelitisches Gepräge; Kanaan war ein Ölland (Hos. 122). 3. Lies ann mit DuнM.

2. Lies van mit den LXX.

Himmel in Schwärze und Sacktuch mache ich zu ihrer Hülle (Jes. 502f.). Ebenso wie das den klimatischen Verhältnissen Palästinas entnommene Bild vom Austrocknen des Wassers in den eschatologischen Mythus eingedrungen ist, so auch in die Erzählungen, die von der Urzeit handeln.

Es bildete von altersher einen Bestandteil der Lieder, die Jahves Großtaten in der mosaischen Vergangenheit besangen und die den Hymnendichtern ihr typisches Material lieferten. Das geht besonders klar aus der »halb mythisch« (BAETHGEN), richtiger vollkommen mythisch gefärbten Theophanie des 18. Psalms hervor, die in vielen zu Tage liegenden Einzelheiten an den Sinaibericht erinnert: Rauch stieg auf in seiner Nase, und Feuer fraß aus seinem Munde und Kohlen brannten vor ihm aus. Er neigte den Himmel und ließ sich hernieder, während Dunkel unter seinen Füßen war. Er ritt auf dem Kerub und flog dahin und schwebte einher auf dem Fittig des Windes. Er machte Finsternis zu seiner Hülle, Wasserdunkel, Wolkendickicht war seine Hütte rings umher. Vom Glanze vor ihm brachen durch: seine Wolken, Hagel und Feuerkohlen. Da donnerte im Himmel Jahve und Eljôn ließ seine Stimme ertönen1. Er warf seine Pfeile und zerstreute sie (seine Feinde) und blitzte mit Blitzen und schreckte sie. Da wurden die Betten des Meeres sichtbar und aufgedeckt die Grundfesten der Welt vor deinem Schelten, Jahve, vor dem Schnauben des Odems deiner Nase. Dazu bemerkt GUNKEL mit Recht: »Die ganze Theophanie ist schließlich dazu da, um das Meer aufzuwühlen und sein Bette bloßzulegen. Der Dichter hat diese Spitze der Jahveerscheinung benutzt, um daran seine Fortsetzung: die Rettung des Ertrinkenden, anzufügen; er hätte auf diesen einigermaßen sonderbaren Gedanken kaum kommen können, wenn die Theophanie nicht schon jenen Schluß vorher gehabt hätte« (S. 106).

Dieser Schluß ist eben entstanden durch eine Kombination des Schilfmeeres mit dem Sinai. Und durch dein Zornesschnauben türmten sich empor die Wasser, standen wie ein Wall die Rinnsale, waren geronnen die Tiefen im Herzen des Meeres heißt es Ex. 158, und ähnlich sagt der Psalmist: Er bedräute das Schilfmeer, da ward es trocken, und führte sie durch Tiefen

1. Streiche die Schlußworte und vergleiche überhaupt II Sam. 22.

wie durch eine Trift (Ps. 1069). Hier wird noch der Name erwähnt, anderswo ist einfach von dem Meere die Rede: Die Wasser sahen dich, Gott, die Wasser schauten dich, bebten, und es zitterten die Tiefen. Die Wolken strömten Wasser, die Himmelswolken donnerten, und deine Pfeile zuckten hin und her. Deine Donnerstimme erscholl im Wirbelwind, Blitze erleuchteten den Erdkreis, die Erde erbebte und schwankte. Durch das Meer ging dein Weg, deine Pfade durch große Wasser und deine Spuren wurden nicht erkannt1 (Ps. 7717-20). Bist du es nicht, der das Meer austrocknete, die Wasser der großen Flut, der Meerestiefen zum Wege machte, daß hindurchzogen die Erlösten (Jes. 5110)? Den urkundlichen Beleg endlich, daß der israelitische Erzähler die Austrocknung des Meeres durch das Motiv des Ostwindes verständlich machte, gibt uns der älteste Bericht: Da ließ Jahve das Meer durch einen starken Ostwind die ganze Nacht über zurücktreten und legte so den Meeresboden trocken (Ex. 1421). Der Ostwind wird genannt, nicht deshalb, weil der biblische Verfasser in den Himmelsrichtungen ungenau orientiert ist (BAENTSCH), sondern infolge einer Art von Anachronismus; denn der Ostwind ist der typische, alles versengende Širokko Palästinas.

Der Zug vom Austrocknen der Wasser2) stammt also im letzten Grunde nicht aus dem Schöpfungsmythus, wie GUNKEL (S. 106) vermutet, noch vom Schilfmeer, wie KÖBERLE (S. 123) annimmt, sondern aus der damaligen Gegenwart Israels. Von hier aus ist er sowohl in die Endzeit wie in die Urzeit übertragen worden und ist auch in den inn- tiâmat - Mythus eingedrungen, der seinerseits wieder die Geschichte der mosaischen Zeit und, wie wir noch sehen werden, die Eschatologie beeinflußt hat.

1. Im Märchen fährt der Schmied Ilmarinen über das offene Meer; dabei ward des Pferdes Huf nicht naß, noch zog der Schlitten eine Spur. Vgl. EMMY SCHRECK: Finnische Märchen S. 3 ff. (nach RADERMACHER).

2. Über Jahve als Wassergott vergleiche die erschöpfende Zu<sammenstellung bei KöBERLE S. 120 ff.

§ 6. Die Offenbarung Jahves im Vulkan.

HERMANN GUNKEL: Deutsche Literaturzeitung 1903. Sp. 3058 f. Ausgewählte Psalmen. Göttingen 1904. WILHELM BOUSSET: Die Religion des Judentums. Berlin 1903. PAUL VOLZ: Jüdische Eschatologie. Tübingen 1903. A. V. WILLIAMS JACKSON: Die iranische Religion (Grundriß der iranischen Philologie Bd. II von W. GEIGER und E. KUHN), Straßburg 1904. NATHAN SÖDERBLOM: La vie future d'après le Mazdéisme. Angers 1901. ERNST BÖKLEN: Die Verwandtschaft der jüdisch-christlichen mit der parsischen Eschatologie. Göttingen 1902. S. HERRLICH: Die antike Überlieferung über den VesuvAusbruch im Jahre 79. (Beiträge zur alten Geschichte von LEHMANN und KORNEMANN, Bd. IV). Leipzig 1904. S. 209 ff.

Eine Reihe von archaistischen Redewendungen in den Jahvetheophanien und eschatologischen Gemälden weist zweifellos vulkanischen Ursprung auf. Wir behandeln sie im Zusammenhang mit den Vorstellungen, die nach volkstümlichem Glauben mit unterirdischem Feuer verbunden waren. Wenn es Nah. 16 heißt: Jahves Wut brennt wie Feuer und die Felsen schmelzen vor ihm, so ist dieser Zug einer vulkanischen Erscheinung entlehnt. Denn fragen wir nach dem Naturereignis, bei dem von einem Schmelzen der Felsen die Rede sein könnte, so ist die einzig mögliche Antwort: beim Vulkan. Ähnlich heißt es Ps. 467: Er ließ seine Stimme erschallen, da zerschmolz die Erde. Ein anderes Bild begegnet uns Mch. 13: Siehe, Jahve zieht aus von seiner Stätte, kommt herab und tritt auf die Höhen der Erde, und die Berge zergehen unter seinem Schritt und die Täler zerteilen sich wie Wachs vor dem Feuer, wie Wasser ausgeschüttet an einem Abhang. Das Sichspalten der Berge und Täler kann in vulkanischen Gegenden beobachtet werden. Vollkommen verständlich ist, wie ihr Zergehen verglichen werden kann mit Wassern, ausgeschüttet an einem Abhang nur bei einem typisch vulkanischen Gemälde, nicht bei einem einfachen Erdbeben. Denn was konnten diese am Abhang ausgeschütteten Wasser, verbunden mit der Spaltung der Berge, ursprünglich anders symbolisieren als die flüssige Lavamasse, oder aber die glühende Aschenwolke, die den Berg hinabrollt und auch sonst mit einem Strom verglichen wird1? Die Stelle ist naturmythologisch

1. Plinius epp. VI 2013: densa caligo tergis imminebat, quae nos torrentis modo infusa terrae sequebatur.

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und eben das beweist, daß Nahum nicht der Schöpfer dieser Theophanie ist, sondern daß er mit überkommenem Gute arbeitet. Der ebenfalls hier angestellte Vergleich mit dem Schmelzen wie Wachs ist in derselben Weise für vulkanische Erscheinungen typisch (vgl. Ps. 2215. 683. 975) wie das Rauchen der Berge: Der die Erde anblickt, daß sie zittert, der die Berge schlägt, daß sie rauchen (Ps. 10432. 1445). Wenn in dem »Sinai<< ein Feuer brennt und eine Rauchwolke über ihm lagert und nur dann kann er einem glühenden Schmelzofen (Ex. 1918) verglichen werden. Da Jahve am Ende der Tage im Vulkan erscheint, so sagt Maleachi mit einer wunderlichen uɛváɛos eis alλo yévos: Denn siehe der Tag kommt, brennend wie ein Ofen (Mal. 319). In einem anderen Bilde findet sich derselbe Vorgang. Jahve, dessen Vesuv ursprünglich der >>Sinai«< ist und der später in Jerusalem wohnt, hat nun ein Feuer in Zion und einen Ofen in Jerusalem1, um Assur zu vernichten (Jes. 319), wie er einst einen Ofen hatte für Sodom und Gomorrha (Gen. 1928). Dtn. 3222 wird vulkanisches Feuer beschrieben: Denn ein Feuer loderte auf in meiner Nase, das brennt bis in die Tiefen der Unterwelt, verzehrt die Erde samt ihrem Gewächs und entzündet die Grundfesten der Berge. Übersetzt man diesen Satz aus der religiösen Poesie in die profane Prosa, so wird eine Naturerscheinung geschildert, die nur beim Vulkan beobachtet werden kann. Ähnlich lautet Ps. 8315f.: Wie Feuer, das den Wald anzündet, wie die Flamme, die die Berge verbrennt, so verfolge du sie mit deinem Wetter und schrecke du sie mit deiner Windsbraut. Daß die Berge als bewaldete zu denken seien (BAETHGEN) widerspricht dem klaren Wortsinn, der vielmehr »>brennende Berge« voraussetzt.

Bei der Zerstörung Sodoms spielt neben dem Feuerregen der Schwefel eine Rolle (Gen. 1924). Man könnte den Schwefel direkt mit dem Vulkan kombinieren, da z. B. die Kraterwände des Vesuvs mit ihm geschmückt sind (MEYER S. 12) und da auch der Ausbruch des Mont Pelé mit Kohlensäure und Schwefeldampf verbunden war (MEYER S. 23. 26) und da auch hier manche Gelehrte daran gedacht haben. Aber wie die heutigen Geologen

1. DUHм leugnet, daß der Ofen ein Werkzeug der Vernichtung sei, weil er unter dem einen Altar versteht.

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