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uns belehren, braucht der Schwefel durchaus nicht auf vulkanischen Ursprung hinzuweisen, weil er selbst ein Erzeugnis der organischen Welt ist. Die Sodom- und Gomorrhageschichte weist ihrer Lokalfarbe nach auf das Tote Meer hin, obwohl es auffällig ist, wie GUNKEL mit Recht gezeigt hat, daß sie nichts von der Bildung des Salzmeeres erzählt, was grade für den Ort, an dem sie haftet, charakteristisch ist. GUNKEL nimmt daher eine Übertragung der Sage von anderswoher auf das Tote Meer an. Da diese jedoch gut dort hinpaßt, so liegt es wohl näher, eine Verstümmelung, sei es absichtlich oder unabsichtlich, zu vermuten. Nach Ansicht der Geologen war es möglich, daß bei einer Katastrophe, die mit tektonischem Erdbeben verbunden war, Gase, Thermen, petroleum- und asphalthaltige Massen aus neu geöffneten Spalten hervorstiegen. Kohlenwasserstoff und

Schwefelwasserstoff, die brennbar sind, können sich unter gewissen Umständen sogar von selbst entzünden, und so konnte die Luft über der Spalte in Flammen stehen und Rauch sich bilden (BLANCKENHORN: ZdPV XIX 1896).

Viel wichtiger ist für uns die Kenntnis der populären Anschauung vom Toten Meere, die uns bei STRABO XVI 763 f. entgegentritt. Darnach befinde sich dort unter der Erde ein großes Feuer, durch dessen Hitze der dort ebenfalls vorhandene Asphalt flüssig werde. Er verweist darauf, daß der See gleichsam zu kochen scheine, indem Blasen an der Oberfläche zerplatzen, ferner auf heiße Quellen1, die Schwefelgeruch verbreiten, und auf Felsen mit durchschwitzendem Erdpech. Da in Palästina Schwefel nur in den Schichten der sogenannten Niederterrasse am südlichen Teile des Toten Meeres vorkommt, so ist es wahrscheinlich, daß die Israeliten dort die Farben gewonnen haben für die Bilder, in denen der Schwefel eine Rolle spielt. Wenn Jahve Feuer und Schwefel »regnen« läßt, so muß das sagen

1. Wo heiße Quellen sind, nimmt der Volksglaube auch sonst ein unterirdisches Feuer an. Pausanias II 341 berichtet von den warmen Quellen bei Methana: φασὶ δὲ Αντιγόνου τοῦ Δημητρίου Μακεδόνων βασιλεύοντος τότε πρῶτον τὸ ὕδωρ φανῆναι, φανῆναι δὲ οὐχ ὕδωρ εὐθύς, ἀλλὰ πῦρ ἀναζέσαι πολὺ ἐκ τῆς γῆς, ἐπὶ δὲ τούτῳ μαρανθέντι ῥυῆναι τὸ ὕδωρ. RADERMACHER: Das Jenseits im Mythos der Hellenen (Bonn 1903), S. 96 f. erklärt aus dieser Anschauung mit Recht die Entstehung der Vorstellung vom Pyriphlegeton.

Forschungen zur Rel. u. Lit. d. A. u. NT. 6.

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hafte Volksauffassung sein, nach der alle meteorologischen Erscheinungen himmlischer Natur sind. In Wirklichkeit mag es eher geschehen sein, daß brennende Schwefelbäche sich ergossen, deren Ursache auf ein unterirdisches oder überirdisches Feuer zurückgeführt wurde, wie in der wunderbar imposanten Jahvetheophanie, die in grell mythologischem Kolorit gehalten ist: Siehe, Jahves Name kommt von Ferne, brennenden Zorns und wuchtiger Erhebung, seine Lippen sind voll Grimm, und seine Zunge wie fressendes Feuer und sein Atem wie ein bis zum Hals reichender strömender Bach Und hören läßt Jahve seinen hehren Donner und die Senkung seines Armes läßt er sehen mit grimmigem Zorn und der Lohe fressenden Feuers, mit Sturm und Wetterguß und Hagelstein... Denn zuge rüstet ist vordem1 schon die Brandstätte. errichtet tief, breit, ihre Schicht ist Feuer und viel Holz, Jahves Hauch wie ein Schwefelbach brennt darein (Jes. 3027ff.). Die hier erwähnte Brandstätte, die wohl nach Art einer tiefen Grube gedacht ist, ist dem >> Moloch «kult entnommen. Man wird nach der Analogie schließen dürfen, daß auch im Hinnomtale der Volksglaube ein unterirdisches Feuer vermutete, in dem die Feuergottheit wohnte, der zu Ehren die Menschenopfer verbrannt wurden. Die Glosse (DUнм), daß die Brandstätte auch für den Moloch bestimmt sei, entstammt einer anderen Anschauung, wonach der jetzt zum Dämon degradierte Gott zur Strafe für seine Bosheit im Feuer gequält werden solle. Beide Auffassungen können verhältnismäßig alt sein, die eine dem Jahvismus entsprechend, die andere ihm widersprechend. Ähnliches wird uns noch im Folgenden begegnen.

Dies echt jesajanische Stück ist das älteste, das von einem Untergange der Feinde Israels, hier Assur, durch Jahves Feuer, speziell durch einen brennenden Schwefelbach redet. Jesaja als den Schöpfer dieser mythischen Idee anzusehen, ist schon deshalb unmöglich, weil mythische Vorstellungen ihrem Wesen

1. Lies binns mit den LXX.

2. Da wir von heißen Quellen in dem Hinnomtale nichts wissen, so hat sich der Volksglaube hier nicht an Naturerscheinungen, sondern an den Kult des Gottes angeschlossen. Weil » Moloch« ein chthonischer Feuergott war und hier verehrt wurde, so mußte sich hier auch das Element befinden, in dem die Gottheit zu Hause war.

nach uralt sind und am allerwenigsten aus der Phantasie der Propheten erklärt werden können, die wir als Vertreter einer höheren, geistigeren Religionsstufe mit Recht zu beurteilen gewohnt sind. Wenn Jesaja trotzdem diese Anschauung äußert, die ihrem Charakter nach durchaus naturmythologisch ist, so muß sie von ihm der populären Tradition entlehnt sein. Wir dürfen also sagen, daß im Volke von alters her noch zur Zeit Jesajas die Ansicht herrschte, die, ihres poetischen Gewandes entkleidet, so lauten würde: Jahve vernichtet oder wird seine Gegner vernichten durch Feuer, sei es durch einen Schwefelbach oder Vulkan (Jes. 319). An einer anderen Stelle, die aus einem späteren Jahrhundert stammt, wird, was wir soeben vom alten Jesaja gehört haben, prosaischer so ausgedrückt: Denn einen Tag der Rache hat Jahve und ein Jahr der Vergeltung für Zions Hader. Und verwandeln werden sich seine Bäche zu Pech und sein Staub zu Schwefel, und es wird sein Land zum Pech, brennend bei Nacht und Tage (Jes. 348ff.).

Jedenfalls kann nach dieser Übersicht kein Zweifel sein, daß die Israeliten Jahves Offenbarung im Vulkan, d. h. in der Bergeslohe, im unterirdischen Feuer und in brennenden Schwefelströmen, sahen und deshalb seine Theophanie mit derartigen Zügen ausstatteten. Diese Schrecken der Majestät Jahves galten ihnen zugleich als Strafmittel wider die Feinde der Gottheit und des Volkes, wie bereits aus der Zeit Jesajas belegt werden kann. Beide Anschauungen sind ihrer Natur nach älter als die Prophetie, da sie dem volkstümlichen Glauben entstammen müssen. Von einem Weltbrand ist keine Rede, sondern nur von einem lokalen Feuer Jahves, das teilweise typisch palästinische Züge trägt (Schwefelstrom), teilweise aber nicht palästinischen Ursprungs sein kannn. Denn ein Zerschmelzen der Erde (Ps. 467), eine Spaltung der Berge, verbunden mit dem Herabfließen der Vulkanmasse wie Wasser, ausgeschüttet an einem Abhang (Mch. 18), ist in Palästina nie beobachtet worden. Hier müssen also fremde Überlieferungen vorliegen. Ob sie an die >>Sinai «tradition anknüpfen, die im nächsten Paragraphen ausführlicher behandelt werden soll, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Doch ist es deshalb unwahrscheinlich, weil die Jahvetheophanie des Buches Exodus - ihren vulkanischen Charakter vorausgesetzt ausschließlich freundliche Züge zeigt und trotz

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aller Furchtbarkeit keine verheerenden Wirkungen zurückläßt. Von den Geschichten des Alten Testamentes gehört, was ebenfalls beachtenswert ist, nur eine einzige, die von Sodom und Gomorrha, in diesen Zusammenhang. Die Eschatologie weist demnach verhältnismäßig reiche und andersartige vulkanische Spuren auf, sodaß sie in dieser Beziehung durchaus singulär dasteht. Die Vorstellung vom Tage Jahves als eines vulkanischen Ofens (Mal. 319) findet in Palästina selbst keine Erklärung. Man wird sie nicht trennen dürfen von der Idee des Weltbrandes, die uns in der persischen Eschatologie und in der späteren jüdischen (Vita Adae 49f. Jos. Ant. I § 70 f.) und christlichen (II Petr. 35ff.) Literatur begegnet. Es fragt sich nur, wie man beide Anschauungen mit einander kombinieren will. Der Gedanke des Weltbrandes, so viel ist sicher, kann, weil er mythisch ist, nicht durch eine bloße Vergröberung jesajanischer oder prophetischer Behauptungen entstanden sein, kann sich also nicht in Israel gebildet haben, sondern muß aus der Fremde kurz vor der christlichen Zeit eingewandert sein. Umgekehrt lassen sich die eschatologischen Vorstellungen der Prophetie am ehesten begreifen als der letzte blasse Schimmer einer ursprünglich viel farbenkräftigeren Schilderung des Weltbrandes. Das Schmelzen der Erde, das Brennen der Berge, die Verheerungen der Schwefelströme sind die winzigen Überbleibsel eines einst gewaltigen Gemäldes. Was damals von der ganzen Welt galt, ist jetzt auf einen kleinen Bruchteil der Erde beschränkt und in Palästina aller Geologie zum Trotz - lokalisiert. Wir müßten, um diese Auffassung zu rechtfertigen, eine zweite, bereits in früher vorprophetischer Zeit erfolgte Einwanderung derselben Ideen annehmen, die später aufs neue eingeströmt sind. Ob diese Hypothese Anspruch auf Wahrscheinlichkeit hat, läßt sich erst dann entscheiden, wenn wir das gesamte Material überschauen.

Besonders zahlreiche Anspielungen an einen Feuerstrom finden sich in den Sibyllinen: Und es wird fließen ein Gießbach mächtigen Feuers, unermüdlich, verbrennend die Erde und verbrennend das Meer (III 84f.). Obwohl hier nicht bloß wirkliche Erlebnisse vergrößert sind, da auch der Himmel und die ganze Schöpfung in eins zusammengeschmolzen werden sollen, so liegt doch die Idee von dem verbrannten Meere vulkanischen

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Erscheinungen nicht so fern, daß man zu ihrer Erklärung auf
den >>urzeitlich gottwidrigen Charakter des chaotischen Unge-
heuers<< verweisen müßte (VoLz S. 295). Aus St. Vincent ist
bekannt, wie das Wasser in Siedeglut versetzt ward (MEYER
S. 38). Im Anschluß an solche oder ähnliche Erfahrungen mag
die phantastische Vorstellung von einer Verbrennung des Meeres
entstanden sein. HERRLICH (S. 224 ff.) hält es für wahrschein-
lich, daß die Prophezeiungen der Sibylle beeinflußt seien durch
die Katastrophe, die Pompeji im Jahre 79 zerstörte. Aber die Idee
des Weltbrandes selbst ist anderer Herkunft, nur die Form, in
die sie gekleidet wird, ist durch die Zeitgeschichte und die
Lokalität modifiziert, genau so wie es in der prophetischen Escha-
tologie der Fall ist. Wenn wir ferner Apk. Joh. 1920. 2010. 14f.
218 von einem brennenden Feuer- und Schwefelsee lesen, in den
die Gottlosen geworfen werden, so hängt dies Mythologem
hier mit dem Toten Meere zusammen
mag es auch dem
Ursprunge nach außerpalästinisch sein - da wir in jener Gegend
sogleich eine parallele Anschauung nachweisen werden1. Für
die Frage nach dem Ursprungsort der Vorstellung vom Welt-
brande ist es wichtig zu untersuchen, ob, wie BOUSSET (S. 481)
behauptet, in der späteren Zeit spezifische Züge der iranischen
Eschatologie aufzuzeigen sind.

Charakteristisch ist dort, daß in den Gathas wie im Bundahishn von einer Flut geschmolzenen Metalls die Rede ist (JACKSON § 80; SÖDERBLOM S. 238. 268 f.). Durch diese glühend heiße Flut, so wird weiter gelehrt, müssen alle Menschen hindurchgehen, aber dem Gerechten erscheint es nicht schlimmer, als wate er durch warme Milch (JACKSON § 85). Solche Vorstellung einer Metallflut, die doch wohl teilweise im Anschluß an Lavaströme sich gebildet hat, konnte in Persien entstehen, weil das Innere des iranischen Hochplateaus in der Tat von vulkanischen Massen durchbrochen ist. »Ö. vom Urumiasee erhebt sich der Sahend (3440 m), weiter gegen Norden der mächtige Gebirgsstock des Säwelän (4813 m). Beide Vulkane sind erloschen. Vulkanische Bildungen treten auch im sö. Persien

1. Das hierher gehörige Material ist äußerst umfangreich (vgl. BÖKLEN S. 119 ff.; BOUSSET S. 269). Es im Einzelnen vorzuführen, ist überflüssig, da die Züge typisch sind.

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