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Feier der Brüdergemeinde am jüd. Versöhnungstag.

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der Zeiten hervorgerufene Meinung Einzelner" anzusehen seien, sofern sie den Worten der Schrift: „Du sollst lieben Deinen Nächsten als dich selbst, ich bin der Ewige" widerstreiten diese Erklärung erscheint ihm als eine halbe Maßregel; er verlangt die Anerkennung Jesu als des letzten und rechten Propheten in Israel und wünscht seine Lehren als Lebensnorm für den Juden wie für den Christen aufgestellt zu wissen. Wir sind dessen gewiß, daß solchem redlichen Dringen auf die Bethätigung der Lehre Jesu Christi auch die Verheißung nicht fehlen würde: „So jemand wird thun den Willen des, der mich gesandt hat, der wird inne werden, ob ich von Gott bin oder ob ich von mir selbst rede!"

Die Feier des Versöhnungstages in der Brüdergemeine,

ein Vermächtnis des Grafen von Zinzendorf.

Von Gustav Marx.

(Aus der in Neusalz erscheinenden Zeitung Herrnhut" 4. Oct. 1884.)

In der Biographie Zinzendorfs erzählt Spangenberg unter dem Jahre 1739 Folgendes: „Am 12. Oktober, welches der Tag des Versöhnungsfestes der Juden war, hielt der Graf an die ganze Gemeine eine nachdrückliche Rede und legte ihr darin sehr an's Herz, der armen Juden fleißig im Gebet zu gedenken. Darnach fiel er auf die Kniee und betete für dieselben aus einem innig gerührten und mitleidigen Herzen. Dann sang er das Lied aus dem Herzen (nur 8 Verse von 35 werden hier mitgeteilt) :

Erbarm Dich Deines Volts, das vor Dir lieget,

und sich in seiner Blindheit schmiegt und bieget! Du hast Dich ihm doch, großer HErr, vor diesen auf ein' erstaunungsvolle Art bewiesen.

Ursprung der Feier.

Wenn, großer Jude, wenn kommt Deine Stunde?
wenn sieht das Volk hinein in Deine Wunde,
Um sich an Dessen Blute zu erlaben,

den ihre Väter durchgestochen haben?

Wenn diese auserwählte Stunde käme

und ihre Schuppen von den Augen nähme,
Und sie erführen das, was Thomas fühlte,
mit dem die Gnade so getreulich spielte,
So hätten wir die erstgebornen Brüder

in unsers lieben Vaters Hause wieder.
Das würde dann ein Hallelujah geben,

ein Lob des Lamms, bis in das ewge Leben!

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Unser

Außer den Gliedern der Brüdergemeine, die aus dem Judenvolk herstammen, war (der aus Westindien mit Zinzendorf gekommene Jude) Dacosta nebst seiner Frau auch gegenwärtig. HErr Jesus Christus wird das Gebet und die Thränen nicht verschmähen, die Ihm für dieses Volk unter uns geopfert worden und noch werden.

Es war wohl in diesem Jahr das erste Mal, daß Zinzendorf den Versöhnungstag der Juden zu einem Bettage für Israel weihte. Samuel Lieberkühn hatte in diesem Sommer Leonhard Dober, den Generalältesten, in seiner Amsterdamer Judenmissionsthätigkeit abgelöst. Nunez Dacosta war Zinzendorfs mehrmonatlicher Reisegefährte gewesen, dem der Graf nicht nur die Mittel zur Ueberfahrt von Westindien nach Europa verschafft, sondern auch auf dem Schiff seine eigene Kabine abgetreten hatte. Dacosta und seine Frau lebten noch in seinem Hause. So ist erklärlich, wie Zinzendorf dazu kam, eben dies Jahr seine Marienborner Hausgemeine zum Gebet für Israel aufzurufen.

Aber er hat auch später Israels nicht vergessen. Manches Mal, wenn die Tagesterte Anlaß dazu boten, hat er die Gemeine an ihre Liebespflicht den Juden gegenüber erinnert und ihre Hoffnung auf einen endlichen Erfolg der Missionsarbeit gestärkt. Mit

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Zinzendorfs Vermächtnis.

Vorliebe hat er dazu den Versöhnungstag der Juden benutzt! Grade an dem Tag, an welchem die Juden selbst Gottes Vergebung auf sich herabrufen, sollte die Gemeine ihrer gedenken und die Gebete Israels, gleichsam in den Weihrauch ihres eignen Flehens eingehüllt, vor den Vater unsers Herrn Jesu Christi bringen. In den Losungsbüchern der Jahre 1755 und 1757 wird der 15. bez. 24. September in dieser Absicht als Jom Kippur (Versöhnungstag) der Juden in Erinnerung gebracht.

In den ersten Monaten des Jahres 1760 verfaßte Zinzendorf das Losungsbuch für das kommende Jahr. Die Revision desselben beschäftigte ihn auf dem Sterbebett. Als er an dem leßten Nachmittag, den er hienieden verbrachte, es war der Nachmittag des 8. Mai die Correktur des letzten Monate beendet hatte, legte er die im Dienste seines Heilands und der Gemeine so rege Feder nieder, um sie nicht wieder aufzunehmen. In diesen Tagen hat der Sterbende, wie Lieberkühn bezeugt, sich nach dem Versöhnungstag der Juden noch erkundigt und aus der Losung des 8. Oktober vermutet, daß er auf diesen Tag fallen werde. Und seine Vermutung traf zu. Da hat er denn den 8. Oktober im Losungsbuch von 1761 als den Jom Kippur der Juden" bezeichnen lassen. Auch nach seinem Tode sollte die Gemeine des Volkes nicht vergessen, von dem er einst in einem Verse gesungen: „Nach Gott, dem Gottes-Eltern Ein,

hat meine Gojimsche Gemein

den nächsten Teil am Herzen mein,

den andern hat Jisrael."

In dem unter dem Titel „Des fel. Ordinarii Fratrum Valetsegen“ erschienenen Losungsbuch vom Jahr 1761 lautet aber der für den 8. Oktober geloste Bibelspruch: „Die Kinder Israel werden lange Zeit shue König, ohue Fürßen, ohne Opfer, ohne Heiligtum bleiben; darnach werden sich die Kinder Israel bekehren.“ ren." Hos. 3, 4. 5. Und darunter steht als Antwort der aus den Heiden berufenen Gemeine, die der Bekehrung ihrer älteren Schwester hoffnungsvoll gewiß ist, die Strophe: „Drum dürfen

Sam. Lieberkühn über die Versöhnungstagsfeier.

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wir nicht Abschied nehmen, als ob wir nicht mehr zusammenfämen."

Dies Vermächtnis Zinzendorfs ist in Ehren gehalten worden. Am 8. Oktober 1761 hat die Gemeine zu Herrnhut sich zum Gebet für Israel versammelt. Samuel Lieberkühn, den wir mit Recht unsern Judenmissionar“ nennen können, hielt bei dieser Gelegenheit eine Ansprache, welche wir noch besigen. Er erzählt in derselben zuerst von der jüdischen Feier des Versöhnungstages, legt dann das Losungswort des Tages aus, knüpft daran ein Bekenntnis von seinem eignen Beruf an die Juden, und schließt mit folgenden Worten:

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Es ist wahr, dies Volt ist in einem sehr erbärmlichen Zustand. Ihre Blindheit ist ganz entseßlich, ihre Feindschaft gegen den Heiland unbeschreiblich; das Vorurteil von einem weltlichen König und Messia steckt noch immer tief bei ihnen. Ihr äußerlicher Gottesdienst, worauf sie sich doch gänzlich verlassen, ist so schlecht, daß einem gleich dabei einfallen muß, was Gott ehemals sagte: „Dies Volk nahet sich zu mir mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir." Der Heiland selbst weinte zu Seiner Zeit über den elenden Zustand des Volks, der seitdem immer schlechter geworden ist. - Wenn wir aber bedenken, daß wir auch solche waren, die in Blindheit und mancherlei Vorurteilen gesteckt haben, und was für Mühe der Heiland mit uns gehabt hat, ehe wir den geraden Weg zu Ihm gefunden haben, da wir doch von Christen herstammen: so können wir nichts anders als Mitleiden mit solchen armen Menschen haben, die in der Feindschaft gegen Jesum geboren und erzogen sind. Wir wollen denn dies arme Volk am heutigen Tage ihrem und unserm Heiland an Sein treues Herz legen. Die Zeit kommt gewiß, da der Geist der Gnaden und des Gebets über sie ausgegossen wird, daß sie Den ansehen können, welchen Jene zerstochen haben. Da werden sie um Ihn heulen und weinen, und wird ein offener Born sein wider alle Sünde und Unreinigkeit, und das wird erst ein rechter

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Erneuerung des Zinzendorfischen Vermächtnisses.

Versöhnungstag für das Volk sein, da Er ihnen Alles vergeben wird auf einmal."

Noch einmal, am 3. Oktober 1767, ist der Versöhnungstag der Juden im Losungsbuch verzeichnet. In diesem Jahrhundert soll Johann Heinrich Martin ihn in Königsfeld zum öfteren mit einer Liturgie begangen haben. Die Brüdergemeine hat die Jubenliebe Zinzendorfs nicht immer besessen. Aber völlig verloren hat sie dieselbe nicht. Die Synode dieses Jahres bewies, daß man des Vermächtnisses des Stifters der Gemeine noch gedenkt. Sie hat am 24. Juni ausgesprochen, daß die Judenmission ein Werk sei, an dem mitzuarbeiten die Brüdergemeine, soweit sie es jezt vermag, bereit ist. Sie hat weiter (nach dem Wortlaut der „Allgem. Beschlüsse“) „ihre Zustimmung dazu gegeben, daß der Antrag, der Versöhnungstag der Juden möge künftig in allen Gemeinen als Bettag für Israel durch Abhaltung eines abendlichen Judenmissionsgottesdienstes gefeiert werden" als ein Vorschlag in die Synodalberichte aufgenommen werde und zwar mit der Erwartung, daß die allgemeine Gebetsversammlung im Oktober, in welchen der Versöhnungstag fällt, die Judenmission zum Gegenstand der Betrachtung und des Gebetes nehme." Der offizielle Synodalbericht fügt hinzu: „Zugleich wurde Anregung gegeben, bei Gelegenheit dieser Gebetsversammlung eine Kollekte zu veranstalten, deren Ertrag der Judenmission zu gute kommen sollte."

Am 29. September haben die Juden dies Jahr [1884] den Versöhnungstag gefeiert. Am nächsten Montag, den 6. Oktober, den wir nun wohl als unsern diesjährigen Bettag für Jsrael_bezeichnen können, heißt die Losung der Gemeine: „In meinem Zorn habe ich dich geschlagen und in meiner Gnade erbarme ich mich über dich." Jesaia 60, 10. Und der Lehrtext lautet: „Mich jammert des Volks." Markus 8, 2. Wollte Gott, das Erbarmen Des, der durch die Propheten des Alten Bundes redet, und das Erbarmen unsers Hohenpriesters und Mittlers Jesu Christi würde zur Flamme, die in den Herzen der Seinen hell auflodert!

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