ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Luthers Vermahnung wider die Juden."

81

mans nicht mit Gottes Segen in guten nötigen Brauch wendet." Ist dieser Rat unchristlich? Luther fährt fort: Zum siebenten,

daß man den jungen starken Juden und Jüdin in die Hand gebe Flegel, Art, Karst, Spaten, Rocken, Spindel (der Verfasser des kalten Windes sagt dafür, Luther habe gerathen, die Jüngeren unter den Juden zwangsweise zur Handarbeit anzuhalten), und lasse sie ihr Brot verdienen im Schweiß der Nasen, wie Adams Kinder aufgelegt ist 1. Mose 3, 19. Denn es tügt nicht, daß sie uns verfluchten Gojim wollten lassen im Schweiß unsers Angesichts arbeiten, und sie, die heiligen Leute, wolltens hinter dem Ofen mit faulen Tagen, Feisten und Pompen verzehren und drauf rühmen lästerlich, daß sie der Christen Herren wären, von unserm Schweiß; sondern man müßte ihnen das faule Schelmenbein aus dem Rücken vertreiben." Ist auch dieser Rat unchristlich? Der Verfasser des kalten Windes sagt dann weiter: „Luther haßte die Juden gegen Ende seines Lebens mit tödlichem Hasse. Es war ein Haß, welchem mehr und mehr der paulinische Hintergrund tragender und hoffender Liebe abhanden gekommen war. Und als er kurz vor seinem Tode in Eisleben die Kanzel bestieg, gestalteten sich seine leßten Predigten zu wahren Kreuzzugspredigten gegen die Juden". Betrachten wir diesem Vorwurf gegenüber die lezte „Vermahnung wider die Juden“, welche Luther seiner leßten Predigt beigefügt hat. Darin sagt er: „Wir wollen christlich mit ihnen handeln und bieten ihnen erstlich den christlichen Glauben an, daß sie den Messiam wollen annehmen, der doch ihr Vetter ist und von ihrem Fleisch und Blut geboren u. s. w. Nu ists mit den Jüden also gethan, daß sie unsern HErrn Christum nur täglich lästern und schänden, dieweil sie das thun, und wir wissens, so sollen wir es nicht leiden u. s. w. Darum sollt Ihr Herren sie nicht leiden, sondern sie wegtreiben. Wo sie sich aber bekehren, ihren Wucher lassen und Christum annehmen, so wollen wir sie gerne als unsre Brüder halten u. s. w. Nun wollen wir die christliche Liebe an ihnen üben und wir sie bitten, daß sie sich bekehren u. s. w.“ Klingt aus diesen Worten tödlicher Haß heraus? XXII. (1885).

6

82

Der Proselyt Bernhard.

Die Außerung des kranken Luther: „die Juden haben mich hart angeblasen“, darf man doch wohl nicht in Betracht ziehen, wenn man die Luther'sche Ausdrucksweise, die so oft aus dem Ernsten in das Scherzhafte hinüberspielt, im Auge hat.

Ob nun aus den späteren Schriften Luthers über die Juden wirklich ein so tiefer Schatten auf Luthers Person fällt, wie er aus dem Aufsat: „der kalte Wind von Rißdorf“ hervorzugehen scheint, darüber möge der geneigte Leser selbst urteilen.

Ein Freund der Judenmission.

Auf diesen Wind und Gegenwind lassen wir einen harmlosen Aufsatz folgen, welcher zeigt, daß die Proselytenpflege schon unsern Reformatoren allzuschwere Rätsel aufgab.

B) Bernhardus Israelita.

Unter die Verehrerinnen Luthers gehörte die evangelisch gefinnte fromme und wohlhabende österreichische Wittwe Dorothea Jörgerin, welche durch seine Vermittelung arme Wittenberger Theologie-Studirende reichlich unterstüßte 1). Auch ihn selbst beschenkte sie 2). Im Juli 1536 gelangte von Wolfgang Seldner, ihrem Vertrauensmann, wieder einmal ein Päckchen von ihr mit Geldbrief an Andreas Ofiander in Nürnberg, um beides an Luther zu befördern und diesen um baldige Empfangsbescheinigung zu bitten. Das Päckchen enthielt Schriftstücke, eine Erbschaftsangelegenheit betreffend 3). Eum (fasciculum) — schreibt Osiander unterm 12. Juli 1536 an Luther dedi Bernhardo Israelitae tibi reddendum 4).

Dieser Bernhard ist der Proselyt, welchem Luther sein Buch Daß Jesus Christus ein geborener Jude sei 1523 zusendete, damit er daran seinen Glauben stärke und es anderen Juden zu

1) be Wette, Briefe Luthers 4, 489 f.

2) Ebend. 4, 631.

3) Ebend. 5, 9 f.

4) Kolbe, Analecta Lutherana (1883) S. 236.

Bernhards Verhältnis zu Luther unb Draconites.

83

lesen gebe. Sein Begleitschreiben ist durch Justus Jonas bekannt geworden, der es seiner lateinischen Ueberseßung jenes judenfreundlichen Buches Luthers beigab 1). Der deutsche Text bei Walch ist Übersetzung. Bernhard gehörte also zu den Gebildeten, welche Latein verstanden. Er war ja in der römischen Kirche getauft worden, che er sich dem in der deutschen Reformation aufgehenden Lichte des Evangeliums zuwandte 2). Da jezt schreibt ihm Luther das goldene Licht des Evangeliums aufgeht und erstrahlet, so ist zu hoffen, daß viele von den Juden ernstlich und treulich sich bekehren und so aus der Welt hingerissen werden zu Christo, wie du hingerissen worden und einige andere, die ihr die Übergebliebenen des Samens Abrahams seid, welche aus Gnaden selig werden sollen.

[ocr errors]

Diese Hoffnung erfüllte sich auch, obwol nicht in dem Maße, wie Luthers feuriger Geist hoffen zu dürfen meinte. Bernhard aber bewährte sich als treuer Bekenner der evangelischen Kirche. Er leistete ihr auch einige Dienste. Einer der eifrigsten Förderer des Reformationswerks in Wort und Schrift, Johannes Drach (Draconites), nennt diesen Bernhard seinen „ersten Schulmeister“ im Hebräischen. Von ihm erfahren wir auch, daß er vor seiner Taufe Rabbi Jakob hieß und daß es besonders das 33. Kap. des Propheten Jeremia war, durch welches er zur Erkenntnis, daß Jesus der verheißene Messias sei, gelangte 3).

Schon in der Reformationszeit aber liefert dieser Bernhard einen traurigen Beleg der Thatsache, daß die mütterliche Sorge der Kirche um ihre aus Israel gewonnenen Kinder meistens das Noviziat dieser nicht lange überdauert. Im J. 1523 hatte Luther an ihn so freundlich geschrieben, aber noch im J. 1535 befand er

1) Aufgenommen bei de Wette 2, 450 f.

2) s. Joh. de le Roi, Die evangelische Christenheit und die Juden (1884) S. 25.

3) s. die Biographie des Joh. Draconites von Wilh. Keil in Saat auf Hoffnung 1879 S. 156, vgl. de le Roi a. a. D. S. 56.

84

Bernhards Hülflosigkeit und Luthers Ratlosigleit.

sich ohne eine Stellung gefunden zu haben, in größter Not. Jonas legte ein gutes Wort für ihn bei Luther ein und dieser antwortete in dem Postscriptum eines Briefes vom 19. August 1): „Dem Bernhard möchte ich gern dienen, aber von dem Meinigen kann ichs nicht, da ich so viel eigene Angehörige zu erhalten von Gott verpflichtet bin, auch so viel schulde . .2) Ich wundere mich, wie es kommt, daß dieser gesunde Mann mit einer gesunden Frau von so gar großer Armut gedrückt wird; mit einem oder dem anderen Almosen ist ihm nicht geholfen und beständiges Almosen so gesunden Leuten zu reichen ist doch schier unmöglich. Gieb mir deinen Rat, womit ich ihm nüßen kann, ich möchte dem guten Mann gern dienlich sein, zumal ihm, der in der jüdischen Gemeinde heimisch und nun in der heidenchristlichen Gemeinde ein Fremdling ist (in Ecclesia gentium hospiti et in Ecclesia Judaea domestico)".

Mit Hindeutung auf das Gesetzeswort: Du sollst den Fremdling lieben wie dich selbst (Luc. 19, 34) gemahnt sich Luther hierdurch an seine Pflicht, aber er befindet sich in einer leidigen Collision von Pflichten. Über Geldmittel verfügt er nicht, und was wäre auch mit einer momentanen Hülfe genüßt? So entledigt er sich denn vorderhand der Sache, indem er sie auf Jonas zurückwirft. Er steht vor einem Rätsel; Jonas soll sagen, wie es zu lösen sei. Das ist die alte Misère, welche die Judenmission so unvergleichlich schwieriger als die Heidenmission macht. Bernhard war ein gelehrter Jude. Wenn ein solcher Christ geworden, fristete er sein Leben mit Stundengeben, einige fanden als Lectoren einen notdürftigen Unterhalt, die meisten aber waren zu einem

1) de Wette 4, 621.

2) Die schwierigen Worte Eschaussina non vult esse domi vel nunquam potius vult solvere lassen vermuten, daß Jonas Luther gebeten hatte, fich für Bernhard an die Frau des damals berühmten Arztes Dr. Eschhaus zu wenden: sie macht sich unzugänglich — sagt Luther oder vielmehr sie will nie was auszahlen. Bei dieser Vermutung gehe ich von der Voraussetzung aus, daß Esch bei Kolbe, Analecta p. 97 (Medicus doctor Esch), und Eschhaus Eine Person seien.

Magister Delißsch in den Dunkelmänner-Briefen.

85

elenden Bettlerleben gezwungen, welches nicht selten mit Rückfall in die Synagoge endete.

Da ich nun einmal daran bin, meinen Curiosa teilweise einen Unterschlupf in Saat auf Hoffnung zu verschaffen, und da, wenn mich Gott von hinnen genommen, diese Zeitschrift manche meiner Personalien fortpflanzen wird, so erlaube ich mir hier noch mitzuteilen, was mir schon als jungem Manne curios war, daß ich in den Epistolae obscurorum virorum einen Leipziger Doppelgänger habe. Seit 1835 hieß ich fast 10 Jahre lang in Leipzig nicht anders als Magister Delitzsch und genau ebenso hieß ein Leipziger Docent in der Reformationszeit. Eine Verwandtschaft besteht kaum. Mein Vater, Johann Gottfried Delitzsch, welcher 54 Jahre alt in der Nacht des 4. April 1836 in meinen Armen starb, war aus Leisnig und mein Großvater aus Wendisch-Luppa, und übrigens schrieb sich mein unvergeßlicher Onkel, der Steuereinnehmer, der mit der Tochter des Cantors an der Ulrichskirche in Halle verheiratet war, nicht Delizsch, sondern Dölizsch.

C) Magifter Delizsch.

Was unser Kahnis in seinem Werke „Die deutsche Reformation" (Bd. 1. 1872) da, wo er mit seinem Meistergriffel die Mitwirkung der klassischen Bildung zur Begründung einer neuen Aera schildert, zu Ehren der deutschen Humanisten im Unterschiede von den italienischen sagt, das bewährt sich in vollem Maße an Johannes Rack aus Sommerfeld in der Lausiß, der meistens nach diesem seinem Geburtsort Jo. Aesticampianus oder auch nach seinem Familiennamen Jo. Rhagius heißt. Er war ein großer Philolog und dabei doch ein allem Frivolen abholder frommer Mann. Die Häupter der deutschen Reformation schäßten ihn hoch. Im J. 1515 kam er nach Freiberg, wohin ihn für Begründung einer Gelehrtenschule Nicolaus Hausmann empfohlen hatte. Drei Jahre darauf zog ihn Kurfürst Friedrich nach Wittenberg. Luther titu

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »