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XVI.

Allwill an Clåre,

Den 30ten März.

Verzeihen Sie, meine liebenswürdige Cusine

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zuerst diese etwas vertraulichere Anrede, wegen der mich Clerdon, den ich Onkel nennen darf, entschuldigen mag; verzeihen Sie, holde Clåre, wenn ich Ihnen bringe, was Sie nicht gefodert haben. Es ist der Versuch eines Schülers, der von seinem Meister gern erfahren möchte, ob er ihn genug verstanden hat, und der, von Schüchternheit und Eitelkeit in gleichem Maße geångstigt, gern einen Dritten ins Spiel bringt, mit dem er sich decken, oder hinter den er sich verbergen könne.

Sokrates, der Jugendfreund, soll mich vertreten; soll mich unter seine Flügel nehmen.

Zu diesem kam ein Jüngling, mit Namen Theages, glühend von Begierde, in seinem Umgange Weisheit zu lernen.

Um ihn zu prüfen, that der Mann mit dem Genius seinem Verlangen Widerstand. Er rieth

ihm, sich an einen unter den vielen berühmten Månnern zu wenden, welche den Vortheil in ihrer eigenen Gewalt hätten, womit sie andern Menschen fortzuhelfen wüßten; und nicht wie er einem Genius, ohne den er nichts vermöchte, unterthan wåren.

Des Sokrates Widerstand machte den Jüngling traurig. Du siehest, sagte er zu seinem Vater Demodokus, in dessen Begleitung er gekommen war, und der für ihn das Wort führte: Sokrates spottet unser, indem er also redet, und hat nur nicht Lust, sich mit mir einzulassen; denn ich kenne ja verschiedene unter meinen Altersgenossen und etwas älteren, die ehe fie mit ihm umgingen, nichts werth waren; nachdem fie aber sich zu ihm begeben, zeigen sie sich in kurzer Beit beffer als alle, hinter denen sie vorher zurück standen.

Dieses läugnete Sokrates nicht, sondern versi= cherte nur, es dürfe ihm, seiner Kunst und gutem Willen, dieser glückliche Erfolg nicht bengemessen wer= den. Er selbst habe bey einem dieser Jünglinge, der ein Enkel des Aristides gewesen, sich erkundigt, wie es zugegangen sey, daß er so großen Vortheil aus seis

nem Umgangè gezogen, da er ihn doch nie etwas ge= lehrt habe, und darauf folgende Antwort erhalten: ,,Gelernt habe ich nie etwas von dir, o Sokrates, wie „du selbst weißt; aber ich machte Fortschritte, wenn ,,ich bey dir war, auch nur in demselben Hause, nicht ,,in demselben Zimmer;, mehr aber noch, wenn ich ,,auch in demselben Zimmer war. Und wenn ich in ,,demselben Zimmer war, schien es mir, weit mehr, „so bald ich dich im Redén ansah, als wenn ich anders ,,wohin blickte. Am meisten aber und stärksten nahm ,,ich zu, wenn ich neben dir saß, dich haltend und be,,rührend."

Holde Clåre! der Sinn dieser Worte übernahm mich in dem Augenblick, da ich vorgestern, wie ein Begeisterter, Ihre Hand ergriff, um meinem Dank einen Ausdruck zu verschaffen, und mit größerem Danke mein Herz von neuem und auf immer zu erfüllen.

Sokrates gab dem flehenden Jüngling, den sein Vater unterstüßte, endlich nach.

„Wir müssen also, sagte Theages, über unsern „Umgang den Willen des Dåmons erforschen; und „wenn er sich uns sogleich nicht günstig zeigen sollte,

„das Göttliche, was dir beywohnt, durch Gebet„und Opfer und jedes fromme Mittel zu gewinnen ,,trachten." ,,Nun denn," sagte Sokrates zuleßt, ,,wenn es euch scheint, daß wir es so machen müssen, ,,so wollen wir es so machen."

Glücklicher Theages, dem die gute Vorbedeutung seines Namens: Eines von Gott geleiteten, Wahrheit und Erfüllung wurde!

Von noch einem Jünglinge erzählt Plato, der hieß Phädros.

Dieser Phådros war der Schüler und Liebling eines redseligen Weisen, mit Namen Lysias; und Sokrates fand ihn eines Tages in der vollen Bewunderung einer kürzlich von seinem Freunde und Lehrer gehaltenen Rede, worin von der begeisternden Liebe des Schönen lauter Böses; von der nicht begeisternden Liebe des Vortheilhaften lauter Gutes gesagt wurde.

Sokrates nöthigte den Phädros, ihm die Rede vorzulesen, und fand, nicht allein die Weisheit, sondern auch die Kunst des berühmten Mannes seicht. Es laufe beym Lysias, bemerkte Sokrates, alles darauf hinauf, daß der Klugheit der Vorzug

vor der Unbesonnenheit gebühre. Da mit dem Schönen, sage Lysias, das Angenehme so nahe verwandt sey, daß sie überall gemeine Sache mit einander machten; das Angenehme aber leicht dem Vortheils haften vorgezogen werde: so fånde sich zuleht, wenn man, was der Begierde und was der Vernunft zugehöre, richtig unterschiede, daß sich die Liebe des Schönen zu der Liebe des Nüglichen verhalte, wie das Laster zu der Tugend; wie zu dem Zustande, der Bes sonnenheit der Zustand des Wahnsinns.

Diese Seite, fuhr Sokrates fort, könne noch mehr hervorgezogen, schärfer gestellt, und dann mit besserem Erfolg, als es von Lysias geschehen sey, das Ding der Ueberlegung über das Ding der bloßen Empfindung erhoben, und die reine Sache des Buchsta= bens wider die unreine des Geistes vertheidigt werden.

Phädros zwang ihn zum Beweise; worauf SoErates sich verhüllte, damit er nicht vor Scham in seiner Rede stecken bliebe; alsdann zu reden anfing, und sein Wort wahr machte.

Nach geendigter Rede enthüllte sich Sokrates, um, mit entblößtem Angesicht, durch einen öffentli

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