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Gehör geben und ein schönes Mädchen umarmen, aber du musst eingestehn, dass es eine schändliche Sünde war, und für diese Sünde musst du Abbuße thun. Dass diese Abbuße durch Geld geschehen konnte, war eben so wohlthätig für die Menschheit, wie nützlich für die Kirche. Die Kirche ließ, so zu sagen, Wehrgeld bezahlen für jeden fleischlichen Genuss, und da entstand eine Taxe für alle Sorten von Sünden, und es gab heilige Kolporteurs, welche im Namen der römischen Kirche die Ablasszettel für jede tarierte Sünde im Lande feilboten, und ein Solcher war jener Tezel, wogegen Luther zuerst auftrat. Unsere Historiker meinen, dieses Protestieren gegen den Ablasshandel sei ein geringfügiges Ereignis gewesen, und erst durch römischen Starrsinn sei Luther, der Anfangs nur gegen einen Missbrauch der Kirche geeifert, dahin getrieben worden, die ganze Kirchenautorität in ihrer höchsten Spitze anzugreifen. Aber Das ist eben ein Irrthum, der Ablasshandel war kein Missbrauch, er war eine Konsequenz des ganzen Kirchensystems, und indem Luther ihn angriff, hatte er die Kirche selbst angegriffen, und diese musste ihn als Keger verdammen. Leo X., der feine Florentiner, der Schüler des Politian, der Freund des Raphael, der griechische Philosoph mit der dreifachen Krone,

Heine's Werke. Bd. V.

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die ihm das Konklave vielleicht desshalb ertheilte, weil er an einer Krankheit litt, die keineswegs durch christliche Abstinenz entsteht und damals noch sehr gefährlich war . . . Leo von Medicis, wie musste er lächeln über den armen, keuschen, einfältigen Mönch, der da wähnte, das Evangelium sei die Charte des Christenthums, und diese Charte müsse eine Wahrheit sein! Er hat vielleicht gar nicht ge= merkt, was Luther wollte, indem er damals viel zu sehr beschäftigt war mit dem Bau der Peterskirche, dessen Kosten eben mit den Ablassgeldern bestritten wurden, so dass die Sünde ganz eigentlich das Geld hergab zum Bau dieser Kirche, die dadurch gleichsam ein Monument sinnlicher Luft wurde, wie jene Pyramide, die ein ägyptisches Freudenmädchen für das Geld erbaute, das sie durch Prostitution erworben. Von diesem Gotteshause könnte man vielleicht eher als von dem Kölner Dome behaupten, dass es durch den Teufel erbaut worden. Diesen Triumph des Spiritualismus, dass der Sensualismus selber ihm seinen schönsten Tempel bauen musste, dass man eben für die Menge Zugeständnisse, die man dem Fleische machte, die Mittel erwarb, den Geist zu verherrlichen, Dieses begriff man nicht im deutschen Norden. Denn hier, weit eher als unter dem glühenden Himmel Italiens, war es möglich,

ein Christenthum auszuüben, das der Sinnlichkeit die allerwenigsten Zugeständnisse macht. Wir Nordländer sind kälteren Blutes, und wir bedurften nicht so viel' Ablasszettel für fleischliche Sünden, als uns der väterlich besorgte Leo zugeschickt hatte. Das Klima erleichtert uns die Ausübung der christlichen Tugenden, und am 31. Oktober 1516, als Luther seine Thesen gegen den Ablass an die Thüre der Augustinerkirche anschlug, war der Stadtgraben von Wittenberg vielleicht schon zugefroren, und man konnte dort Schlittschuhe laufen, welches ein sehr kaltes Vergnügen und also keine Sünde ist.

Ich habe mich oben vielleicht schon mehrmals der Worte Spiritualismus und Sensualismus bedient; diese Worte beziehen sich aber hier nicht, wie bei den französischen Philosophen, auf die zwei verschiedenen Quellen unserer Erkenntnisse, ich gebrauche sie vielmehr, wie schon aus dem Sinne meiner Rede von selber hervorgeht, zur Bezeichnung jener beiden verschiedenen Denkweisen, wovon die eine den Geist dadurch verherrlichen will, dass sie die Materie zu zerstören strebt, während die andere die natürlichen Rechte der Materie gegen die Usurpationen des Geistes zu vindicieren sucht*).

*) Dieser Absatz fehlt in der Revue des deux mondes, und lautet in den späteren französischen Ausgaben, wie folgt:

Auf obige Anfänge der lutherischen Reformation, die schon den ganzen Geist derselben offenbaren, muss ich ebenfalls besonders aufmerksam machen, da man hier in Frankreich über die Reformation noch die alten Missbegriffe hegt, die Bossuet durch seine Histoire des variations verbreitet hat, und die sich sogar bei heutigen Schriftstellern geltend machen. *) Die Franzosen begriffen nur die negative

„Ich habe mich so eben der Worte Spiritualismus und Sensualismus bedient. Ich werde dieselben später erklären, wenn ich von der deutschen Philosophie rede. Es genügt mir hier zu bemerken, dass ich diese Ausdrücke nicht zur Bezeichnung philosophischer Systeme, sondern nur zur Unterscheidung zweier socialer Systeme gebrauche, wovon das eine, der Spiritualismus, auf dem Grundsatze basiert ist, dass man alle Ansprüche der Sinne verachten muss, um ausschließlich dem Geiste die Herrschaft zu gewähren, dass wir unser Fleisch kreuzigen, fletrieren, abtödten müssen, um unsere Seele desto mehr zu verherrlichen; während das andere System, der Sensualismus, die Rechte des Fleisches wieder in Anspruch nimmt, welche man weder vernichten soll noch kann.“ Der Herausgeber.

*) Dieser Satz lautet in der Revue des deux mondes: „Obigen Anfängen der lutherischen Reformation, welche schon den ganzen Geist derselben offenbaren, muss ich die Bemerkung hinzufügen, dass man in Frankreich die verkehrtesten Ansichten über die Reformation hegt, und dass diese Ansichten vielleicht die Franzosen verhindern werden, jemals zu einer

Seite der Reformation, sie sahen darin nur einen Kampf gegen den Katholicismus, und glaubten manchmal, dieser Kampf sei jenseits des Rheines immer aus denselben Gründen geführt worden, wie diesseits in Frankreich. Aber die Gründe waren dort ganz andere als hier, und ganz entgegengesetzte. Der Kampf gegen den Katholicismus in Deutschland war Nichts anders als ein Krieg, den der Spiritualismus begann, als er einsah, dass er nur den Titel der Herrschaft führte, und nur de jure herrschte, während der Sensualismus durch hergebrachten Unterschleif die wirkliche Herrschaft ausübte und de facto herrschte; - die Ablasskrämer wurden fortgejagt, die hübschen Priesterkonkubinen wurden gegen kalte Eheweiber umgetauscht, die reizenden Madonnenbilder wurden zerbrochen, es entstand hie und da der sinnenfeindlichste Puritanismus.

gerechten Würdigung des deutschen Lebens zu gelangen." ~ In den späteren französischen Ausgaben lesen wir: „Die Anfänge der Reformation lassen schen die ganze Tragweite derselben erkennen. Kein Franzose hat noch die Bedeutung dieser großen Thatsache begriffen. Die irrthümlichsten Ansichten herrschen in Frankreich Betreffs der Reformation; und ich muss hinzufügen, dass diese Ansichten vielleicht die Franzosen verhindern werden, jemals zu einer gerechten Würdigung des deutschen Lebens zu gelangen.” Der Herausgeber.

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