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Die neueren chriftenfeindlichen Bewegungen

in China.

Von P. F. Hartmann in Paderborn.*)

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Wer in den letzten Monaten in der Tagespresse die Nachrichten aus China aufmerksam verfolgte, der konnte wohl aus denselben folgendes entnehmen: In der Provinz Kuang-tung haben im Mai und Juni 1895 Beunruhigungen von Missionsstationen stattgefunden und im September ist eine der Basler Mission gehörige zerstört, in Szi-tschhuen sind Ende Mai eine ganze Anzahl evangelische und katholische Missionsstationen geplündert und verbrannt. Der Gipfel der Unthaten aber ist erreicht, als am 1. August 1895 in Hua-Bang (Ku-tschheng) in der Provinz Fu'-tien elf mit der Mission verbundene Personen ermordet wurden. Auch eingeborene Christen sind in verschiedenen Gegenden manchen Leiden unterworfen worden. Die Leser der „Allgemeinen Missions-Zeitschrift“ und überhaupt alle Missionsfreunde werden die Verfolgungen neben einer lebhaften persönlichen Teilnahme für die betroffenen Missionare oder eingeborenen Christen auch daraufhin ansehen, ob dieselben etwa einen Schluß auf die Stellung und Stimmung Chinas zum Christentum gestatten möchten. Soweit es möglich ist, soll deshalb der Bericht über jene Unruhen unter diesen Gesichtspunkt gestellt werden. Zu dem Zweck wird es sich empfehlen, wenn wir zunächst einen etwas allgemeineren Ueberblick zu gewinnen suchen.

Bei den fortgesetzten schmählichen Niederlagen Chinas im Kriege gegen das so viel kleinere Japan hatten manche Missionsfreunde gehofft, die äußeren Schläge fönnten zur inneren Demütigung führen und dadurch dem Evangelium die Bahn bereiten. Und in der Hinsicht erschien es als ein günstiges Zusammentreffen, daß fast gleichzeitig mit der Nachricht von den Niederlagen die Bibel in den kaiserlichen Palast ihren Einzug hielt. Als nämlich der Kaiserin-Witwe zum 60. Geburtstage von christlichen Frauen Chinas ein Neues Testament geschenkt war, wurde bekannt, daß auch der Kaiser Kuang-Hsü nach einer Bibel verlangt habe. (Vergl. Allg. Missions-Ztschr., 1895, S. 137.) Auch das war von manchen als ein günstiges Zeichen gedeutet, daß der junge Kaiser bei Gelegenheit dieses 60. Geburtstages die europäischen Gesandten zum ersten Mal nicht in der Halle für die Abgesandten der Tributärstaaten empfing, sondern innerhalb der verbotenen" Stadt im kaiserlichen

"

*) Der Verfasser war früher Missionar in Hongkong. D. H.

Palaste selbst. Dies lettere dürfte kaum einer richtigeren Würdigung der allgemeinen Weltlage entsprungen sein, sondern der Nötigung, in diesem Punkte nachzugeben, wenn er nicht die fremden Mächte verlegen (und natürlich die Gratulationen entbehren) wollte, zu einer Zeit, wo er nur zu sehr auf ihre guten Dienste hoffen mußte. Von irgend welcher Hinneigung zu europäischen Ideen oder gar zum Christentum sind einstweilen keine Anzeichen vorhanden, ebensowenig aber auch von einem Aufschwung zu intelligenter Aufnahme der Selbstregierung. Ein Herrscher, der keinen persönlichen Verkehr mit der Außenwelt unterhält, der unter der täglichen Tyrannei einer geisttötenden Hofetikette lebt, wird kaum einen nennenswerten persönlichen Einfluß auf große Regierungsangelegenheiten haben. Die hohen Staatsbeamten, welche in den frühen Morgenstunden von 3-5 Uhr gebeugten Knies ihm nahen, werden vermutlich die Wahrheit in ihnen zweckmäßig erscheinender, großer Sparsamkeit ihm zumessen. Die Audienzen fremder Gesandten werden, wenn sie sich zuweilen wiederholen sollten, keinen wirklichen Austausch herstellen, sondern sich auf Förmlichkeiten beschränken.

In dem geheimen Kronrat, dessen Mitglieder meistens auch zum Zung-li Ja-men oder Ministerium für auswärtige Angelegenheiten gehören, herrscht ein stockchinesischer Geist, und jede Hinneigung zu oder Rücksichtnahme auf europäische Ideen wird mit Argwohn betrachtet. Die beiden neuesten Mitglieder, die Erzieher des früheren und des jetzigen Kaisers, sollen zu der Partei gehören, die stets jedem ausländischen Einfluß sowohl im Heer wie in der Flotte, sowohl in Handelsvie in Missionsangelegenheiten widerstrebt hat. Der amerikanische Missionar Gilbert Reid schreibt in der North China Daily News", daß einer der gefürchtetsten Zensoren (man fönnte sie fast kaiserliche Beichtväter nennen) ihm offen seinen Glauben an die in ganz China geflissentlich verbreitete schändliche Verleumdung, die Missionare machten aus den Augen und Herzen kleiner Kinder Medizin, eingestanden habe.

Die tüchtigsten Staatsmänner Chinas aber sind nicht am Hofe in Peking, sondern es sind zwei von den acht Vizekönigen, nämlich Li Hungtschang und Tschang Tschi'-tung. Der letztere war früher Vizefönig von Liang Kuang (d. i. Kuang-tung und Kuang-Bi) in Kanton. Er galt bei den Europäern, die gern Geschäfte in großem Maßstabe mit ihm abgeschlossen hätten, als sehr ausländerfeindlich und antifortschrittlich, das letztere aber jedenfalls mit großem Unrecht. Mir schien er immer, vom chinesischen Standpunkte aus betrachtet, ein muster

hafter Patriot zu sein. Er will für China den Fortschritt nach europäischem Muster; aber die Chinesen sollen selbst dafür erzogen, die Hilfsquellen Chinas sollen aufgeschlossen werden. In Kanton hat er eine Art Hochschule für Realwissenschaften, eine Münze nach europäischem Muster u. a. angelegt. Der Erbauer und Direktor der Münze sagte mir einmal, der Vizekönig habe sich öfter aufs leutseligste mit ihm unterhalten und sein Interesse nicht nur für den Plan der Anstalt, die eigentlich für ganz China außer Messing auch Kupfer und Silber prägen sollte, sondern auch für alle Einzelheiten kundgegeben. Er sei überhaupt gegen alle diejenigen Europäer, die er einmal anstelle, jehr freundlich, nur wolle er nicht mehr haben, als unumgänglich nötig seien.

Als Tschang Tschi'-tung 1889 nach Wu-tschhang versezt wurde als Vizekönig von Hu-kuang (d. i. Hu-pe' und Hu-nan), unterbreitete er dem Kaiser den Plan, eine große Eisenbahnlinie von Peking nach Hanfau (gegenüber von Wu-tschhang am Jang-zi-fiang) zu bauen, aber gänzlich mit chinesischem Material und so viel wie möglich durch Chinesen. Als sein Plan gebilligt wurde, begann er Bergwerke, legte ungeheure Hochöfen und Eisenhämmer an, um Stahlschienen und Eisenbahnmaterial aller Art anzufertigen. Einem Kreismandarin, der erklärt hatte, er könne für die Sicherheit zweier ihm anvertrauter europäischer Bergwerksingenieure bei dem unruhigen Charakter der Einwohner des Kreises keine Gewähr leisten, und es sei besser, dieselben zurückzuberufen, sandte er eine Abteilung Soldaten mit dem Bedeuten, da der Landrat die Ausländer nicht schützen könne, so wolle der Vizekönig es selbst thun. Natürlich hatte der Landrat die Truppen zu beköstigen. Tschang Tschi'-tung soll nun aber aus Mangel an genügenden und fähigen europäischen Helfern bei den großen industriellen Unternehmungen wenig Glück gehabt und nicht nur die darauf verwandten Staatsgelder, sondern auch sein eigenes großes Vermögen geopfert haben, das letztere bei einem chinesischen Beamten etwas noch nicht dagewesenes. Im japanischen Kriege soll er zur Fortsetzung bis zum Aeußersten geraten haben und beim Friedensschluß außer sich gewesen sein. Ihm schreibt man die Organisation des Widerstandes auf Formosa zu (?), und es fehlt nicht an solchen, die behaupten, er habe bei den Verfolgungen der Missionare in Szi-tschhuen seine Hand im Spiele gehabt. Das lehte ist aber, im Gebiete eines andern Vizekönigs, sehr unwahrscheinlich. Ob er feindlich) zur Mission steht, weiß ich nicht. In Kanton gab er jährlich

100 Dollar für die Schulen der Berliner Mission, was wenigstens eine besondere Feindschaft für damalige Zeit auszuschließen scheint, wenn auch das Prangen auf einer Subskriptionsliste noch nicht gerade tieferes Interesse zu befunden braucht. Neuerdings ist Tschang Tschi'-tung nach Nanking versezt als Vizekönig von Kiang-nan, d. i. Kiang-ßu, Ngan-hoei und Kiang-Bi.

Noch weit bekannter und auch wohl bedeutender als Tschang Tschi'-tung ist Li Hung-tschang, der Vizekönig von Chi'-li. Ein Mann von außerordentlicher Begabung verbindet er mit mehr als gewöhnlicher chinesischer Verschlagenheit eine gründlichere Kenntnis europäischen Wesens, als irgend ein anderer Chinese sich dessen rühmen fann. Als der anerkannt gewandteste Diplomat und geschickteste Politiker ist er seit 25 Jahren zu allen wichtigeren Verhandlungen mit dem Auslande herangezogen, obwohl er nicht zum auswärtigen Amte gehörte. Mehr noch als Tschang Tschi'-tung erkannte er die Notwendigkeit mancher Reformen nach europäischem Muster; aber wenn er einesteils weniger durch Vorurteile und Grundsäge in dem Verfolg der erstrebten Ziele gehindert wurde als jener, so hatte er andernteils auch nicht die patriotische Begeisterung, etwa dem Vaterlande sein Vermögen zu opfern. Man glaubt im Gegenteil vielfach, daß er in solchem Maße seinen eigenen Vorteil zu wahren gewußt habe, daß er das größte Privatvermögen auf Erden erworben habe. Daß er aber sollte die Missionsverfolgungen begünstigen, ist noch weniger anzunehmen, als dies bei Tschang Tschi'-tung der Fall ist.

Sonst kann man wohl im allgemeinen sagen, daß, während das Volk durchweg friedlich und den Missionaren nicht unfreundlich gesinnt ist, gerade die Gelehrtenklasse, einschließlich der höheren und niederen Beamten, deren Gesinnung man sich von der der übrigen Klassen nicht scharf genug unterschieden denken kann, voll Feindschaft gegen alles Fremde, vor allem gegen das Christentum sind.

Kommen wir nun zu den christenfeindlichen Bewegungen, die zu diesen Betrachtungen Anlaß gaben, und zwar zuerst zu den Verfolgungen in Szi-tschhuen.*)

Einige Bemerkungen über diese Provinz mögen vorausgeschickt werden. Sie ist die größeste von allen 18 Provinzen Chinas. Man muß etwa 1600 km

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*) Vergleiche die Kartenbeilage im Juni - Heft 1895. Abonnenten steht die Karte gratis vom Verleger zur Verfügung.

Den neuen

den Jang-zi-liang aufwärts reisen, und zwar die letzten 100 km (von der Stadt J-tschhang aufwärts) eine Reise der schwierigsten Art durch die Stromschnellen der großartigen Jang-zi - Schluchten, ehe man die Dstgrenze dieser Provinz erreicht, und von dort kann man fast noch einmal so weit denselben Fluß aufwärts reisen, ehe man zur Westgrenze dieser Provinz kommt. Während die römisch-katholische Mission derselben schon aus der Zeit ihrer Glanzperiode im 17. Jahrhundert stammt, begann von evangelischer Seite zuerst die ChinaInland-Mission hier ihre Arbeit im Jahre 1877, und zwar in Tschhung-thing, einer großen Stadt am Jang-zi, dem Siß eines britischen Konsuls. Von dort aus hat sich die Mission strahlenförmig nach Nordwesten, Norden und Nordoften ausgebreitet. Es werden in diese Provinz diejenigen ihrer Missionare geschicht, die der Kirche von England angehören, und es darf hier wohl erwähnt werden, obwohl das erst nach den Unruhen geschah, daß der längere Zeit in Bao-ning in Ost-Szi-tschhuen thätige Missionar B. B. Cassels, einer von den Sieben der Cambridge-Schar, jezt vom Erzbischof von Canterbury zum Bischof von Westchina geweiht ist und ihm auch die Missionare der englisch-kirchlichen Mission unterstellt sind.

Außer den schon genannten find hier noch die amerikanische Baptistenmission, die fanadisch-methodistische und die methodistisch-bischöfliche Mission vertreten.

Die Provinzialhauptstadt Tschheng-tu,*) in welcher die Unruhen zuerst ausbrachen, liegt 4 oder 5 Tagereisen nordwestlich von Tschhung-ling und umfaßt mit ihren breiten Mauern von 15 km Umfang eine Bevölkerung von 300000 Einwohnern, die im allgemeinen als betriebsam, ruhig und freundlich geschildert werden, während die Mantschu-Bejaßung in einer ummauerten Binnenstadt oder Festung mitten in der Stadt, sowie auch eine zahlreiche mohammedanische Kolonie am Südende der Stadt weniger friedlich sein sollte. So hieß es in der Juninummer von Chinas Millionen. Aber eben als diese Nummer erschien, brach der Aufstand dort aus.

Am fünften Tage des fünften Mondes feiern die Chinesen in allen Provinzen das Drachenbootfest, ein Wettrudern in langen, schlanken Booten zur Erinnerung an einen vor Jahrtausenden ertrunkenen beliebten quasi-Märtyrer, und in dieser Zeit sind immer große Massen von müßigen Leuten auf allen Straßen, Pläßen und an allen Flußläufen versammelt in großer Spannung und Erregung. Eine weit und breit in Szi-tschhuen herrschende anhaltende Dürre mochte in diesem Jahre der erregten Stimmung der Leute in dieser Provinz noch eine gewisse Erbitterung beigemischt haben. So hatte eine böswillige Verhehung des Volfes möglichst viel Aussicht auf Erfolg. Es war an dem genannten Feste, das in diesem Jahre auf den 28. Mai fiel, als in Tschheng-tu, der Hauptstadt der Provinz Szi-tschhuen, folgender Maueranschlag gefunden wurde:

*) Vielfach auch Tschhen-tu geschrieben, so auf unserer Karte.

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