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litterarisch gebildeter Mann, den sie um seiner mehrere Zoll langen Fingernägel willen immer als „Langnagel“ bezeichneten, unter ihnen großen Einfluß gewonnen. Derselbe warf drei Abende hintereinander das Los darüber, ob sie die Stadt Ku-tschheng an vielen Stellen anzünden und, wenn der Landrat entfliehe, denselben töten sollten, oder ob sie eines gewissen reichen Mannes Kornvorräte plündern, oder endlich ob sie die Ausländer ausrauben und morden sollten. Alle drei Male fiel das Los für den lettgenannten Plan. Man möchte nun fast glauben, daß dieser Mann als Werkzeug der Beamten sich bei den Geheimbündlern eingeschlichen habe es wurden von ihm verfaßte revolutionäre und fremdenfeindliche Gedichte vorgefunden, durch die er sich vielleicht bei ihnen beglaubigt hatte und daß er die Kunst verstanden habe, das Los nach seinem Wunsche fallen zu lassen. Auch sah fich Herr „Langnagel“ in der Lage, den Räubern in ihrer Verschanzung zu erklären, das Kommen der Soldaten nach der Gegend gelte ihnen nicht, sie würden von denselben nicht belästigt werden. Gefaßt ist er nicht. Sollte obige Vermutung richtig sein, so ging für die Beamten alles nach Wunsch. Das Köpfen von einigen Dußend Aufrührern nach der Ermordung der Ausländer hatte für sie ja auch weiter keine Unannehmlichkeit.

Verfolgung von eingeborenen Christen. Als die Nachricht von dem Blutbad im Ku-tschheng-Kreise nach Hock-tschiang gelangte (einer Station südlich vom Minflusse, von der in lezter Zeit immer ein nie dagewesener Zuwachs der Mission berichtet war), bemächtigte sich der Leute eine große, freudige Erregung, die noch wuchs, als der Mandarin eine Proklamation erließ, die zwischen den Zeilen gleiche Gesinnung blicken ließ. Gleich nach dem Erlaß dieser Proklamation besuchten 40 Unterbeamte dieses Mandarins die Häuser der Christen

Hügels geschleppt (eine peinliche Annahme), sondern der Mörder habe vor Gericht die Wahrheit gesagt, welcher erzählt, er sei (als Ortskundiger, der die Gegend früher ausgelundschaftet) allen andern vorausgestürmt und habe, ehe er das Haus von Missionar Stewart betrat und bei dessen Ermordung half, eine aus dem Nebenhause kommende Frau (Fräulein Newcombe) durch Backe und Hand gestochen und den Abhang hinuntergestürzt.

Derselbe Mann fagt, er sei nach Ermordung von Missionar Stewart zu dem 5 Minuten weit entfernten Hause des Fräulein Hartford gerannt, um auch diese zu töten. Seine Aussage stimmt mit der Erzählung der letteren genau überein. Sie stieß die auf sie gerichtete Waffe bei Seite, sodaß sie nur am Ohr und Nacken gestreift wurde. Als er dann aber auf sie einschlug, wurde er von ihr zu Hilfe kommenden Chinesen so verhauen, daß sie Zeit gewann zu entkommen.

in der Stadt und verlangten in jedem 2 Dollar für die demnächst stattfindenden Gößenfeste und -Prozessionen. Als sie sich des weigerten mit Hinweis auf ein kaiserliches Edikt, das sie davon befreite, wurden ihre Namen angeschrieben, um ihnen einen amtlichen Befehl zuzustellen.

Den nächsten Tag kamen diese Ja-men-Leute mit einigen einflußreichen Gelehrten in ein benachbartes Dorf, plünderten die Häuser der eingeborenen Christen und nahmen ihr Vieh und Ackergerät fort. Dies wiederholte sich mehrere Tage, und endlich wurden acht Häuser von Christen zerstört und ihre Einwohner grausam geschlagen und verwundet. Auf fünfmaliges Ersuchen weigerte sich der Beamte nicht nur, Schutz zu leisten, sondern erließ eine neue Proklamation, worin er erklärte, die Christen hätten die Unruhen durch ihre Verweigerung des Beitrages selbst verschuldet.

Schon vorher, nämlich im Juni und Juli, hatten in der Nähe von Bing-jai, im Südosten der benachbarten Provinz Tsche'-kiang, Verfolgungen von eingeborenen Christen stattgefunden, wobei 21 Häuser, deren Einwohner ganz aus Christen bestanden, zerstört worden waren, während einzelnen Christen in sonst heidnischen Familien nur ihre persönlichen Sachen geraubt waren. Der Anlaß war folgender: Ein Gelehrter, dessen Drachenboot beim Wettrudern geschlagen war, hatte erklärt, seine Niederlage rühre davon her, daß einigen Gößenbildern die Augen ausgenommen wären, und dies könnten nur die Christen gethan haben. Die Beamten hatten sich in jener Gegend ebenfalls durchaus geweigert, den Christen Schuß zu bieten.

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Es erübrigt nun noch, ein Wort zu sagen von den Unruhen in derjenigen chinesischen Provinz, die uns Deutschen besonders nahe angeht, da in ihr die Barmer, Baseler und Berliner Mission arbeiten, nämlich von den Unruhen in Kuang-tung. Zusammenrottungen zu Hunderten und zu Tausenden von verzweifelten Leuten, die sich hier vielfach Sam-hop-wui“, d. i. Dreizusammenbund, nennen, kommen in vielen Teilen der Provinz schon seit vielen Monaten unaufhörlich vor, es herrscht eine allgemeine Unsicherheit. Bald scheint es nur auf Raub abgesehen zu sein, bald heißt es, es sei eine Verschwörung gegen die Regierung, bald taucht das Gerücht auf, es sollten sämtliche Missionsstationen in der Provinz zerstört werden. Schon Mitte Mai 1895 wurden im Tschhong-lok-Kreise die Baseler Stationen Njen-hang-li und Tichong-zhun derartig bedroht, daß die 100 Anstaltsschüler der ersteren und die 50 Anstaltsmädchen der letteren in ihre Heimat entlassen

werden mußten. Am 28. Mai wurde das mit der wesleyanischen Mission in Fat-schan (westlich von Kanton) verbundene Hospital (vergl. Allg. Missions-Zeitschr. 1888, Bbl. 21 u. ö.) von einem Pöbelhausen angegriffen und teilweise zerstört. Am 2. Juli überfielen mehrere hundert Aufrührer die katholische Missionsstation Wong-then am Ostfluß im Kreise Ho-njen, griffen das 400 Schritte von den übrigen Stationsgebäuden entfernte Waisenhaus an, raubten, was sie konnten, und zündeten es an. Da bewaffnete der vorstehende Pater 29 Christen der Station und schlug die große Ueberzahl der Angreifer in die Flucht. Am 14. September wurde die Baseler Station Moi-lim am Moifluß (der sich in den bei Swatau mindenden Hanfluß ergießt) angegriffen und geplündert. Schon im Mai war sie arg bedroht gewesen, so daß der Missionar Kammerer sich nach der englischen Station Ng-kang-po hatte flüchten müssen; auch jetzt hatte er auf eine ihm zugesandte Warnung hin kurz vor dem Anrücken der Aufrührer die Station verlassen können. Von Moi-lim wollten die Rebellen nach der Kreisstadt Hin-nen ziehen. Sie hatten es schließlich zu einer Stärke von 8000 Mann gebracht. Der Missionsveteran Lechler, der im Jahre 1846 zum ersten Mal nach China ausgesandt wurde, und ein jüngerer Bruder Maiers zogen sich von ihrer außerhalb der Stadt gelegenen Station zu einer befreundeten chinesischen Familie innerhalb der Stadtmauern zurück. In der Wohnung stürzte ein Boden, auf dem sich die Missionare befanden, zusammen, so daß diese zunächst unter den Trümmern begraben wurden, aus denen sie nur mit Mühe befreit werden konnten, Lechler mit einer Wunde am Kopf, die genäht werden mußte. Die Aufrührer wurden übrigens, ehe sie Hin-nen erreichten, von der Bevölkerung in der Gegend von Wang-pi, die sich gut bewaffnet und einen Flußübergang befestigt hatte, abgeschlagen.

Was diese Leute zu ihrem Räuberleben treibt, das ist zunächst vielleicht der leidige Hunger, da die zweite Reisernte in den leßten Jahren meist mißriet, und die reichen Besitzer mit ihren Vorräten vielfach halsabschneiderischen Wucher trieben. Die meisten Beamten leben in einem Schlendrian dahin, der sie unfähig macht, irgend etwas ordentliches zur Herstellung der Ruhe zu thun. Wenn die Kreismandarinen Soldaten" halten, dann ist es im besten Falle nur eine Art Landgendarmerie. Aber meist stecken sie das dafür bestimmte Geld lieber in die Tasche. Auch in der Provinz Kuang-tung aber giebt es solche Beamte, die die Ausländer und das Christentum bitter hassen

und die Aufrührer gern gegen die Fremden hezen möchten.

Der jett

für einige Jahre in Kanton weilende kaiserliche Examinator ist ein arger Fremdenhasser. Er schenkte jedem Examinanden ein von ihm selbst verfaßtes Werk in Reimen, welches Missionar Schaub von einem Graduierten bekommen hat. Dasselbe hezt an der Hand des 7. Gebotes von dem sogenannten heiligen Edikte des Kaisers Khang-hi (Allgemeine Missions-Zeitschr., 1893, S. 37 ff.) gegen die Irrlehren in einer Weise, daß jedermann deutlich "Bersteht, daß die Europäer und Christen gemeint sind, wenn auch von Buddhisten und Taoisten die Rede ist. Da heißt es u. a.:

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„Die Verkündiger der neuen Irrlehre müssen wie Raubvögel im Walde vernichtet, wie Ratten auf den Straßen gesteinigt werden.“ Wie ein Blizz tommt eines Morgens die Strafe über sie. Alle werden niedergemacht. Die Leiter des Volkes werden dafür sorgen, daß die Giftbrut ausgerottet werde.“ Wenn die an der chinesischen Küste einflußreichen fremden Mächte sich mit einander vereinigen könnten, einen beständigen Druck auf die Reichs- und auf die Provinzialregierungen auszuüben, daß diese für Aufrechterhaltung der Ruhe und Sicherheit im Lande sorgen müßten, dann könnte und würde es geschehen, nicht nur zum Nußen der Ausländer, sondern sehr zum Segen des Landes selber.

Nachschrift. Eben geht mir durch den Sekretär der Amerikanischen Missions-Konferenz die folgende bereits von 517 chinesischen Missionaren unterzeichnete Resolution mit der Bitte um Abdruď zu:

1. Das Blutbad von Ku-tschheng als der Abschluß einer langen Reihe von Bergewaltigungen, bildet einen entscheidenden Wendepunkt, dessen richtige Behandlung für das fernere Gedeihen der Mission in China und für die höchsten Intereffen des chinesischen Volks von ungeheurer Tragweite sein muß.

2. Die Politik, welche bisher von den ausländischen Mächten in der= artigen Fällen befolgt wurde, hat sich hauptsächlich aus folgenden Gründen als nuglos erwiesen:

a) Beil die Schuld nicht den Mandarinen und Literaten zur Last gelegt wurde, die doch fast ohne Ausnahme entweder die Anstister der Verbrechen waren, oder aber ihrer strafbaren Nachlässigkeit wegen doch dafür verant= wortlich zu machen waren.

b) Beil durch Annahme von Blutgeld als Entschädigung für Menschen= leben die Bestrafung auf Wenigerschuldige oder auf Unschuldige fiel, von denen das Geld erpreßt wurde, und die Geringachtung von Menschenleben dadurch genährt wurde.

c) Weil durch die langen Verzögerungen und häufigen Schwankungen, welche bisher die Behandlung derartiger Fälle charakterisiert haben, die endlich erreichte Entscheidung ihres durchaus notwendigen abschreckenden Eindrucs vollständig beraubt wurde.

3. Wir fordern deshalb alle christlichen Kirchen und besonders die

Missionsgesellschaften und ihre leitenden Komitees dringend auf, ihren Einfluß bei den zuständigen Regierungen auf jede Weise dahin geltend zu machen, daß eine derartige Behandlung der jeßigen Krisis angeordnet werde, die geeignet ist, unter Gottes Segen einen friedlichen Betrieb des Missionswerkes in allen Provinzen des chinesischen Reichs anzubahnen.

4. Wir legen es allen christlichen Kirchen an das Herz, ernstlich und ohne Unterlaß Fürbitte zu thun, daß diese Ereignisse durch Gottes Walten zur Verherrlichung seines Namens und zum Wachstum des Reiches unseres Heilandes unter dem chinesischen Boll ausschlagen mögen, Wck.

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Missionsrundschau.

China.

Von D. Grundemann.

In den Vordergrund unseres Berichtes drängt sich diesmal der Krieg.*) Mag er auch die Mission nur wenig und vorübergehend berührt haben, feine Bedeutung für ihre weitere Entwicklung wird niemand bestreiten. Das himmlische Reich" mit seinen alten verknöcherten Ordnungen ist tief erschüttert worden, so daß es in allen Fugen krachte. Die Ereignisse von 1894/95 werden den Markstein einer neuen Zeit bilden. Ihre Wurzeln reichen weiter zurüď. Daß das große, stolze Reich den gewaltigen Schlag einer solchen Niederlage überhaupt zu überdauern vermochte, ohne, wie man nach früheren Vorgängen hätte vermuten können, durch einen Wechsel des Herrscherhauses sich äußerlich umzuwandeln, ist schon ein Zeichen, daß ganz im verborgenen bereits neue Lebenskräfte keimten. Keinem Geschichtsforscher wird es gelingen, die Entstehung dieser Keime flarzulegen und abzuwägen, wieviel davon auf diesen und jenen der mancherlei Einflüsse kommt, denen China im letzten halben Jahrhundert ausgesezt war. Uns kann es nicht zweifelhaft sein, wenngleich unter Gottes Leitung auch andere weltliche Verhältnisse dazu mitwirken mußten, daß ein sehr bedeutender Teil jener verborgenen Wurzelbildung einer neuen Zeit auf Rechnung des Evangeliums zu sehen ist und auf die treue, fleißige und hingebende Arbeit der Mission, die es nach China gebracht hat. Hier lassen sich Erfolge mehr ahnen als nachweisen, die in keiner Missionsstatistik mit ihren zahlreichen Nubriken zum Ausdruck kommen können. Die sichere Ueberzeugung: „Für China ist eine neue Zeit angebrochen," muß die Herzen der Missionsfreunde mit freudigem Danke erfüllen.

Je größer das Verständnis dafür, desto klarer und zuversichtlicher wird auch der Blick sein auf das, was wir von der neuen Zeit zu erwarten haben. Freilich ist es unwahrscheinlich, daß die großen Massen sich in kurzem den christlichen Gemeinden, die es nun schon in allen Provinzen giebt, anschließen. Die jeßige Generation wird es nicht erleben, daß Chinas Millionen das christliche Bekenntnis annehmen. Nach meiner Auffassung sollten wir die Frage nicht so stellen, als ob jezt die Entscheidung vorliege mit einem zugespißten

*) Vergl. 1895 S. 186 dieser Zeitschrift.

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