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Auch der unweit der Renthierknochen gefundene Oberarm eines Auerhahns zeigt an beiden Enden Verletzungen, welche ich lieber auf ein Raubthier, als auf den Menschen zurückführen möchte.

Uebrigens ist zu beachten, dass die erwähnten Thierreste nicht in der unteren Culturschicht gelegen haben, sondern über derselben; sie scheinen also in der Zwischenzeit, welche zwischen der ersten und zweiten Bewohnung der Höhle von Seiten des Menschen liegt, in die Höhle gelangt zu sein, und zwar durch Raubthiere, welche nach dem Abzuge der ersten menschlichen Bewohner wieder Besitz von der Höhle ergriffen hatten. Herr Prof. Roth hat auch keineswegs behauptet, dass die erwähnten Thierknochen als sichere Spuren menschlicher Einwirkung zu betrachten seien.

Die deutlich erkennbare Kohlenschicht ist schon ausreichend, um die zeitweise Anwesenheit des Menschen zu beweisen, und zwar für eine Periode der Vorzeit, in welcher der Höhlenbär bei O-Ruzsin noch zahlreich vorhanden war, d. h. also in der Diluvialzeit.

Aber auch abgesehen von dem Nachweise diluvialer Menschenspuren sind die Roth'schen Ausgrabungen für die Wissenschaft von hervorragender Bedeutung. Unsere Kenntniss der Diluvial-Fauna Ober Ungarns tritt dadurch mit einem Schlage in ein neues Stadium 1), und es ergeben sich daraus ferner sehr wichtige Resultate für die Paläozoologie im Allgemeinen, sowie auch für die Zoogeographie.

Es war für mich keine geringe Arbeit, die nach Tausenden zählenden Thierreste, welche meistens bunt durch einander lagen, zu ordnen und zu bestimmen. Ich habe viele Tage darauf verwenden müssen. Aber das Resultat ist auch, glaube ich, der Mühe werth. Die Mehrzahl der Species ist durch so zahlreiche und wohlerhaltene Skelettheile vertreten, dass die Bestimmungen sicher und schnell auszuführen waren; die Arbeit des Bestimmens lag hier mehr in der Bewältigung des massenhaften Materials, als in der Schwierigkeit der Artdiagnosen.

Es ist hier nicht der Ort, um die einzelnen Artdiagnosen näher zu motiviren oder sonstwie auf die zoologischen Details einzugehen. Ich begnüge mich damit, einige faunistische und zoogeographische Bemerkungen hinzuzufügen.

Die Fauna der Novi-Höhlen und der O-Ruzsiner Höhlen reicht offenbar bis in die Eiszeit oder doch bis an das Ende derselben zurück; sie charakterisirt sich den meisten und wichtigsten Arten nach als eine arktischalpine Fauna und stimmt in allen wesentlichen Punkten mit denjenigen Diluvial-Faunen überein, welche in Deutschland und den nächstbenachbarten Ländern während der letzten Jahrzehnte (zum Theil unter meiner Mitwirkung) constatirt sind 2). Eine besondere Aehnlichkeit finde ich

1) Man vergleiche z. B. Kornhuber, Synopsis der Säugethiere mit besonderer Beziehung auf deren Vorkommen in Ungarn", Presburg 1857.

2) Vgl. Nehring, Uebersicht über 24 mitteleurop. Quartar-Faunen, in d. Zeitschr. d. d. geol. Gesellsch. S. 468-509.

zwischen den vorliegenden oberungarischen Höhlenfaunen und denen der oberfränkischen Höhlen, zumal derjenigen, welche ich vor Kurzem im Thale des Ailsbaches, eines Zuflusses der Wiesent, erforscht habe 1). Das zahlreiche Auftreten der Lemminge und anderer arktischer Thiere deutet mit Sicherheit darauf hin, dass die Ablagerung der betr. Höhlenschichten in die Glacialperiode oder doch an das Ende derselben zu setzen ist.

Bemerkenswerth ist das Fehlen von Mammuth- und RhinocerosResten. Ich halte dieses aber für eine rein lokale Erscheinung, ebenso wie in den oben erwähnten Höhlen des Ailsbachthals. Ich glaube nicht, dass man aus jenem Umstande darauf schliessen darf, dass Mammuth und Rhinoceros damals schon ausgestorben waren; ich glaube vielmehr, dass diese riesigen Pflanzenfresser damals aus rein lokalen Gründen die betr. Gegenden nicht betraten, was, bei der hohen Lage der genannten oberungarischen Höhlen sehr natürlich ist. An anderen Fundorten kommen Mammuth- und Rhinoceros-Reste zusammen mit Lemmings-Resten vor, entweder unmittelbar daneben, oder über denselben. Bei Thiede z. B. finden sich die Lemmings-Reste wesentlich in den tiefsten Schichten, welche ich deshalb als „Lemmingsschichten" bezeichnet habe. In den darüber liegenden Schichten, welche ich wegen der Häufigkeit der darin begrabenen MammuthReste als „Mammuthschichten" bezeichne, kommen die Lemmings-Reste auch noch vor, aber sie zeigen sich nur sporadisch; noch weiter hinauf verschwinden sie gänzlich, während Mammuth-Reste bis 10 Fuss unter der Oberfläche gefunden werden. Ich ziehe aus diesen Verhältnissen den Schluss, dass die Mammuth - Elephanten (nebst den bei Thiede ebenfalls sehr zahlreichen Rhinocerossen) am Ende der Eiszeit, als die Lemmingsschichten von Thiede abgelagert wurden, in unserer Gegend noch nicht hausen konnten, sondern sich in günstigeren (südlicheren) Gegenden aufhielten; dass sie dann aber später, gleichzeitig mit einer eintretenden Milderung des Klimas und günstigerer Gestaltung der Vegetationsverhältnisse, in unsere Gegend vordrangen und lange Zeit in derselben lebten, während die Lemminge sich allmählich immer mehr nach Norden und Osten zurückzogen.

Japetus Steenstrup hat mir allerdings mündlich mitgetheilt, dass er obige Ansicht nicht theile, da er sich nicht denken könne, dass Mammuth und Rhinoceros noch in der postglacialen Zeit in unserer Gegend gelebt hätten. Auf meine Einwendung, dass bei Thiede ganze Skelette dieser Thiere, und zwar theilweise noch im Zusammenhange, vorkämen, äusserte Steenstrup die Ansicht, diese Thiere seien während der Eiszeit mit Haut und Haar eingefroren und in der postglacialen Zeit, als das Klima milder geworden sei, aufgethaut, von Flüssen losgespült und als zusammenhängende Cadaver an den jetzigen Fundort geführt, gerade so, wie dergleichen heutzutage noch in Sibirien geschehe.

1) Ebendaselbst S. 481 ff.

Ich kann diese Ansicht, so geistreich sie ist, vorläufig nicht als richtig anerkennen, da sie mit vielen von mir beobachteten Fundverhältnissen in Widerspruch steht. Diese Fundverhältnisse hier genauer mitzutheilen, muss ich mir versagen; ich werde bei einer anderen Gelegenheit auf die Sache zurückkommen.

Kehren wir nach diesem Excurs zu den oberungarischen Höhlen zurück! Ausser den oben genannten beiden Species vermissen wir in den vorliegenden Faunen das Pferd, die Hyäne, den sog. Höhlenlöwen und manche andere Thiere, welche sonst in den verwandten Diluvialfaunen vertreten zu sein pflegen. Auch hierin stimmen die von Herrn Prof. Roth untersuchten Höhlen mit denen des Ailsbachthals (in Oberfranken) überein. Aber auch dieses hat meiner Ansicht nach rein lokale Gründe; denn in anderen ungarischen Höhlen hat man jene Thierarten gefunden, ebenso in den nicht weit entfernten Höhlen von Ojcow (Polnische Schweiz), welche kürzlich durch Herrn Geh. Rath Ferd. Römer näher erforscht sind 1).

Auffallender erscheint es, dass das Murmelthier garnicht vertreten ist. Heutzutage ist dieser interessante Nager allerdings auf ein kleines Gebiet in der Hohen Tatra beschränkt, wo er nur durch strenge Vorschriften vor der gänzlichen Ausrottung geschützt wird. Aber man darf annehmen, dass es früher, zumal in der Diluvialzeit, wo die Murmelthiere eine so weite Verbreitung in Mitteleuropa hatten, nicht nur in der Hohen Tatra, sondern überhaupt im Gebiete der Karpathen zahlreiche Murmelthiere gegeben hat. Ich habe jedoch unter den Tausenden von Knochen und Schädeltheilen, welche mir übersandt sind, nicht einen einzigen gefunden, welcher von Arctomys herrühren könnte.

Ein anderes alpines Thier, welches noch jetzt auf der Hohen Tatra vorkommt und früher dort jedenfalls sehr zahlreich gewesen ist, die Gemse, ist nur durch einen einzigen Rest (aus der kleineren Höhle von O-Ruzsin) vertreten; es ist dieses derjenige Knochen des Tarsus, welcher aus der Verwachsung des Naviculare mit dem Cuboideum entsteht. Der fossile Knochen stimmt in Form und Grösse sehr genau mit dem entsprechenden Knochen eines recenten Gemsen-Skelets meiner Sammlung überein; aber ein Zweifler könnte möglicherweise behaupten, dass er ebenso gut von einer anderen Antilopen-Art herrühren dürfte, und ich wäre vorläufig nicht im Stande, das Gegentheil zu beweisen. Für den Augenblick kann ich nur sagen, dass er dem Renthier, Reh, Steinbock und Schaf nicht angehört, dagegen mit der Gemse völlig übereinstimmt.

Dass auch andere Antilopen-Arten in der Vorzeit die Gegend von O-Ruzsin betreten haben, kann man aus dem oben erwähnten Hornkern der grossen O-Ruzsiner Höhle schliessen; derselbe rührt wahrscheinlich von A. saiga her.

1) Vergl. meine oben citirte Uebersicht“, S. 483 f.

Die kleine O-Ruzsiner Höhle ist besonders merkwürdig durch die grosse Zahl von Nager- und Vogel-Arten. In der Hauptsache stimmen dieselben mit denen der grossen Novi-Höhle überein; auffallend ist jedoch das gänzliche Fehlen von Resten des gemeinen Lemmings (Myodes lemmus, resp. obensis), während der Halsband lemming ausserordentlich zahlreich und zum Theil in sehr starken Exemplaren vertreten ist. In der Haupthöhle des Berges Novi kommen beide Lemmingsarten neben einander vor; doch ist der gemeine Lemming hier vorherrschend. Dieses eigenthümliche Verhältniss in dem Vorkommen der genannten Lemmingsarten, welches auch in anderen Gegenden zu beobachten ist, habe ich bereits in meiner Abhandlung über „die geographische Verbreitung der Lemminge" etc. in der „Gaea" 1879, S. 722 f., ausführlich gesprochen und darf somit diejenigen, welche sich näher dafür interessiren, auf jene Arbeit verweisen.

Früher glaubte ich, die arktische Fauna der Diluvialzeit werde den Kamm der Karpathen wohl kaum nach Süden überschritten haben. Der Fund von O-Ruzsin beweist das Gegentheil.

Als sehr merkwürdig hebe ich aus der Fauna der kleinen O-Ruzsiner Höhle noch die aussergewöhnlich zahlreichen Pfeifhasen-Reste her

vor.

Dieselben gehören einer kleinen Species an, welche wahrscheinlich mit Lagomys hyperboreus oder mit Lag. pusillus 1) identisch ist. Ausser dem Trou du Sureau in Belgien, aus welchem Dupont 35 Individuen von Lagomys constatirt hat, dürfte vorläufig kein Fundort bekannt sein, welcher auch nur annähernd so viele Fossilreste des kleinen diluvialen Pfeifhasen geliefert hätte, wie die kleine O-Ruzsiner Höhle; am zahlreichsten sind die Unterkiefer, aber auch die Extremitäten-Knochen sind in vielen und wohlerhaltenen Exemplaren vertreten.

Sehr beachtenswerth ist ferner die kleine Hamster-Art, welche ich in der kleinen O-Ruzsiner Höhle constatirt habe; der Unterkiefer, auf dem die Art-Diagnose beruht, stimmt in Grösse und Form genau mit Cr. phaeus überein, also mit einer jener kleinen Hamster-Arten, welche für die osteuropäischen und nordasiatischen Steppen charakteristisch sind 2).

Ausser diesem echten Steppenthiere sehen wir noch manche andere Species vertreten, welche das Hineinspielen einer subarktischen Steppenfauna in die arktisch-alpine Fauna andeuten und einen neuen Beweis für meine Hypothese betreffs einer postglacialen Steppenfauna Mitteleuropas beibringen 3). Dass diese Steppenfauna sehr allmählich auf die

1) Diese beiden Species sind im Skelet schwer von einander zu unterscheiden; die eine würde der arktischen Fauna, die andere der subarktischen Steppenfauna zuzurechnen sein. 2) Dieselbe kleine Hamster - Art habe ich im Diluvium von Saalfeld unter den von Herrn Prof. Richter gesammelten Fossilresten erkannt. Vergl. meine „Uebersicht" S. 496. 3) Vergl. Sitzsber. d. Berliner Ges. f. Anthropologie vom 16. Decbr. 1876, S. 27 ff. So deutlich, wie bei Westeregeln, Thiede und Gera, findet sich freilich die postglaciale Steppenfauna in Ober-Ungarn nicht ausgeprägt; von Springmäusen hat sich bisher keine Spur ge

Glacial-Fauna gefolgt ist und in vielen Distrikten (besonders am Fusse der Gebirge) lange Zeit in nächster Nachbarschaft neben der letzteren existirt hat, erscheint sehr natürlich. Daher finden wir an gewissen Fundorten die Species der Steppenfauna nicht nur über den Species der Glacialfauna, sondern auch neben denselben. Diese Erscheinung, welche ich selbst früher schon kurz besprochen habe, ist kürzlich von Herrn Prof. Dr. Woldrich in Wien sehr ausführlich und zutreffend erörtert worden 1), so dass eine Vermischung von Fossilresten verschiedener auf einander folgender Faunen an ein und demselben Fundorte nicht mehr auffällig erscheinen kann.

Ohne weiter auf das zoologische Detail einzugehen, erlaube ich mir zum Schluss dieser Arbeit diejenigen Species zusammenzustellen, welche heutzutage in der Umgebung der oben aufgeführten Fundorte lebend nicht mehr vorkommen und somit ein besonderes Interesse für die Zoogeographie haben.

Dahin gehört zunächst als ausgestorbene Species der Höhlenbär. Daran schliessen sich die nach Norden oder Osten ausgewanderten Arten, wie Cervus tarandus, Canis lagopus (?), Myodes lemmus, Myodes torquatus, Arvicola ratticeps, Arv. gregalis, Lagopus albus, Strix nyctea (?), Lagomys (hyperboreus oder pusillus), Spermophilus altaicus (?), Cricetus (phaeus ?), Antilope (saiga?).

Eine besondere Beachtung verdienen ausserdem noch einige andere Arten, wie Antilope rupicapra, Arvicola nivalis, Lepus (variabilis?), Lagopus alpinus, Arvicola glareolus, Arv. agrestis, Cricetus frumentarius, Sminthus vagus, die grosse Cervus-Art von Dobschau und die Wiesent-ähnliche BosArt von demselben Fundorte.

Man braucht nur die Arbeiten Kornhuber's, Jeitteles'2) u. A. über die Fauna Ungarns zu vergleichen, um zu erkennen, wie viele wichtige Resultate hinsichtlich der Zoogeographie durch die Roth'schen Ausgrabungen gewonnen sind 3).

Kürzlich hat Herr Prof. Woldrich aus der Höhle „Certova dira“ bei Neutitschein in Mähren eine ganz ähnliche Fauna, wie die vom Novi und von O-Ruzsin nachgewiesen. (Vergl. die schon oben citirte Mittheilung in den Verh. d. k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien, 1880, Nr. 15, S. 284 ff.).

zeigt und von Zieseln, welche heutzutage dort durch Spermophilus citillus repräsentirt werden, ist nur ein einziges Individuum durch eine Ulna angedeutet, welche ihrer Grösse nach zu Sp. altaicus gehören könnte.

1) Vergl. Woldrich, „Diluviale Fauna von Zuzlawitz in den Sitzsber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, 1880, I. Abth. Juni-Heft. Derselbe, „Beiträge zur diluvialen Fauna der mährischen Höhlen in d. Verh. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 1880, Nr. 15, S. 284.

2) Vergl. besonders Jeitteles, Prodromus faunae vertebratorum Hungariae superioris, Wien 1862.

3) Da mir Herr Prof. Roth von den meisten und wichtigsten Arten Doubletten überlassen hat, bin ich in der angenehmen Lage, Beweisstücke für die Richtigkeit der betr. ArtDiagnosen vorlegen zu können.

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