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Weitere Beiträge zur Anthropologie der Tiroler,

nach den Messungen und Aufzeichnungen des Dr. Tappeiner zu Meran

bearbeitet

von

Oberstabsarzt Dr. Rabl-Rückhard,

Custos am anatomischen Museum zu Berlin.

(Hierzu 4 Tabellen.)

Herr Dr. Fr. Tappeiner, Curarzt in Meran, hat im 12. Jahrgang dieser Zeitschrift (1880) Seite 47-58 seine Beobachtungen über Sprache, Sitten, Gebräuche und äussere Erscheinung der Oetz- und Schnalserthaler veröffentlicht. Die Bearbeitung der zahlreichen Messungen an alten Schädeln und an Lebenden, bei letzteren meist mit Aufnahme der Haar- und Augenfarbe verbunden, hatte er mir überlassen. Die vorläufigen Ergebnisse dieser Zusammenstellung habe ich bereits im XI. Jahrgang des Correspondenzblattes der deutschen Gesellschaft für Anthropologie etc., No. 2 und 3 (pag. 16—19) niedergelegt. Jetzt lasse ich die von mir in Tabellenform gebrachten Messungen folgen. Ich habe keinen Grund, an der Zuverlässigkeit derselben zu zweifeln, zumal ich mich bei einem längeren Aufenthalt des Herrn Tappeiner in Berlin durch den Augenschein überzeugte, dass derselbe bei seinen Messungen sorgfältig und gründlich zu Werke geht. Dieses vielleicht anmasslich klingende Zeugniss erscheint mir aber nicht überflüssig, wo eine Arbeitstheilung, wie hier, vorliegt, und wo der Bearbeiter einigermassen die Verantwortlichkeit des Messenden mitzutragen genöthigt ist.

Die Messungen selbst sind theils nach dem Welcker'schen 1), theils nach dem älteren Virchow'schen Schema 2) ausgeführt. Die dem letzteren angehörigen Masse ermöglichen somit durchgängig, die nach Welcker, mit Ausnahme der die Tubera zum Ausgang nehmenden, grossentheils einen Vergleich mit der von mir gegebenen Tabelle 3) und den Massen der meisten neueren, in dieses Gebiet schlagenden Arbeiten.

Herr Tappeiner hat im Ganzen 71 Schädel aus Beinhäusern u. s. w.

1) Wachsthum und Bau des menschl. Schädels.

2) Gesammelte Abhandlungen z. wissensch. Medicin.

3) Zeitschr. f. Ethnolog. Jahrg. 1878.

gemessen. Von diesen kommen 30 auf das Dorf Oetz, 12 auf Sölden, 1 auf Vent im Oetzthal, 6 auf Unsere liebe Frau, 4 auf Karthaus, 18 auf St. Catharina im Schnalserthal. Ehe ich auf die Messung eingehe, möchte ich mir einige zurechtweisende geographische Bemerkungen erlauben. Es handelt sich um ein Gebiet, welches zwei Hauptströmen angehört: im Norden dem Inn, im Süden der Etsch. Die riesigen, z. Th. übergletscherten Gebirgsmassen, welche diese beiden Flussgebiete von einander scheiden, werden nun von den beiden uns interessirenden Seitenthälern in der Weise durchschnitten, dass das Oetzthal ungefähr in südlicher Richtung vom rechten Innufer sich abzweigt und mit seinen beiden Endthälern, dem Venter- und Gurglerthal, bis zur übergletscherten Oetzthaler Centralgebirgsmasse emporsteigt, während auf der andern Seite der letztern, durch mächtige Ferner und mehr als 11 000 Fuss hohe Berghäupter vom Stromgebiet des Inn geschieden, das Schnalserthal in südöstlicher Richtung hinabführt, um bei Staben in das Etschgebiet, das Vintschgauthal, einzumünden. Zwei Jochübergänge, das 9311 Fuss hohe Hochjoch, und das 9493 Fuss hohe Niederjoch vermitteln die Verbindung zwischen Oetz- und Schnalserthal, also zwischen Inn- und Etschgebiet. Dieses eigenthümliche geographische Verhalten ist nun jedenfalls von nicht unterschätzbarer Bedeutung für die ethnologische Vertheilung der Bevölkerung.

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Das Unterinnthal ist von germanischen Stämmen, in Sonderheit von den Bajuvaren, in Besitz genommen worden. Dieses Element schwindet, je weiter man in das Oberinnthal vordringt, immer mehr in einer jetzt freilich sprachlich germanisirten rhätoromanischen Bevölkerung, die wiederum mit den auch sprachlich nicht deutschen Bewohnern Graubündtens in unmittelbarem Zusammenhang steht. Das Oetzthal nun gehört dem Uebergangsgebiet des bis Innsbruck reichenden Unter- und Oberinnthal an.

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Nach Beda Weber1) sind die Oetzthaler, wie eine alte Ueberlieferung sagt, schwäbischen Ursprungs, und sollen viel mit den Bewohnern von Schnals-, Sarnthal und Ulten in Sprache, Charakter und Denkweise gemein haben. Ja der hinterste Theil vom Oetzthal, das Venterthal, gehörte bis vor wenigen Jahrzehnten zum Landgericht Castelbell und zur Pfarre Unserer lieben Frau im Schnalserthal ungeachtet grauen volle Ferner Gebirge dazwischen liegen" sagt Weber. Vent selbst erscheint in einer Urkunde vom Jahre 1241 als Vende Besitzthum des Grafen von Ulten. So steht", nach Weber, die Vermuthung auf ziemlich festem Grunde, dass die ersten Bewohner vom Oetzthal über Schnals und Passeyer eingewandert seien und zu jenem grossen alemannischen Volksbruchstücke gehörten, das nach Schnals, Deutschnofen, Nord-Nonthal und in die Gebirge von Valsugana zerstreut worden ist."

„In diese ursprünglichen Bestandtheile der Bevölkerung des Oetzthales.

1) Das Land Tirol. Innsbruck 1837, B. III. S. 283 ff.

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mischten sich durch die natürlichen Mündungen des Thales bojoarische Schaaren und verschmolzen sich mit denselben zu einem eigenthümlichen Ganzen, das jedoch leise Züge der doppelten Volksart bis auf die heutigen Tage aufbewahrt hat, wie man beim Vergleichen des Thal-Vordergrundes mit dessen Hintergrund auf den ersten Blick bemerkt." Weiterhin bezeichnet Weber Umhausen als die Grenze alemannischer und bojoarischer Bevölkerung und vom Innenthale scharf abgesondert. Die Bewohner schildert er als stark und kräftig gebaut, mittlerer Grösse, eher schmächtig als breit und voll, mit unglaublicher Gewandtheit, ihren Gegner als Robler1) in den Staub zu werfen. Verstand und Scharfsinn, der in allen Geschäften des Lebens erfolgreich auftritt, Geist und Witz neben der leichten, schwäbischen Manier, rastlose Redefertigkeit, die alles gut darzustellen, alles zu vertheidigen weiss, freundliche Art und Weise im Umgang und Lust zu geselligem Zusammensein, Gutmüthigkeit, aber stets auf scharfer Waage des Verstandes, oft nicht ohne Gedankenrückhalt, Arbeitsamkeit, Spargeist, Erwerbfleiss, stolzes Heimathgefühl und laute, fast zillerthalische Jubel- und Sturmfreude erscheinen als Hauptcharakterzüge des Oetzthaler Volkes .... Tanz und Musik lieben sie nicht, aber mehr aus eingepflanzten, als natürlichem Abscheu, wie alle ihre Stammesgenossen. Die Liebe lassen sie sich weniger verbieten, und sind darin den Ultenern am ähnlichsten. Nirgend traf man früher mehr Sagen aus dem Reiche der romantischen Volkspoesie an, aber jetzt sind sie veraltet, abgenutzt, aus dem Glauben und Empfinden des Volkes verschwunden."

Soweit Beda Weber.

Was uns L. Steub über die Verbreitung des alemannischen Dialekts in Tirol mittheilt 2), stimmt insofern gut mit diesen Angaben, als nach ihm das Schwäbische im Innthal bis zur Gegend von Telfs hinabreicht, und, von Landeck aus wieder von Neuem beginnend, sich am Inn hinauf über Finstermünz an die Quellen der Etsch und bis an die Malser Haide erstreckt, wo die letzten Schwaben wohnen", welche von den Vintschgauern wegen des Gebrauchs der Form „g hött" statt "g'habt" die G'hötter genannt werden.

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Die Mündung des Oetzthales ins Oberinnthal liegt genau zwischen Telfs und Landeck in der Mitte, und so würde sich die Verbreitung schwäbischer Mundart auch in ersterem leicht daraus erklären, dass alemannische Siedler vom Inn hinauf eindrangen. Sämmtliche Ortsnamen im Oetzthal von Umhausen an aufwärts sind rein deutsch, während sich nirgend jene eigenthümlichen romanisch oder rhätisch klingenden Namen finden, die am Eingang des Thales und am Inn nicht selten sind. Steub3) erklärt dies, sich auf die Bodenbeschaffenheit des Oetzthales stützend, indem er annimmt, das Oetzthal habe ehedem grossentheils unter Wasser gestanden und erst in nachrömischer Zeit, nachdem die Wässer sich einen Abfluss gebahnt, sei 1) Eine Art Raufbold.

2) Kleinere Schriften. B. III. S. 21 ff. 3) Steub, ibid, S. 45 ff.

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dann die erste Besiedelung durch die germanischen Einwanderer erfolgt. Thatsache ist jedenfalls, dass die Dörfer heut vielfach auf altem Seeboden stehen 1). Erst in den innersten Gründen des Oetzthales, beziehentlich seiner Gabelung, des Venter- und Gurgler-Thales, am Eise der Ferner, findet man wieder romanische Namen, was Steub durch die Annahme einer Ueberwanderung rhätoromanischer Elemente aus dem Etschland über das Hochjoch ins Oetzthal erklärt. Hierfür spricht auch die oben erwähnte Zugehörigkeit der Alpengemeinde Vent zu Castelbell in Vintschgau und zur Pfarre Unser lieben Frau in Schnals.

Im Vintschgau, dem zweiten, hier in Betracht kommenden Hauptthal, sass zur Zeit der römischen Eroberung der rhätische Volksstamm der Venosten. Später entwickelte sich hier, wie ich bereits in meinem oben erwähnten Vortrage auseinandersetzte, ein reiches römisches Provinzialleben, eine viel befahrene Römerstrasse führte vom Etschthal über Meran durch das Vintschgau ins Innthal hinauf, und wir stossen nicht nur in Ortsnamen noch heut überall auf römische Erinnerungen. Kurz, wir greifen gewiss nicht fehl, wenn wir im Vintschgau eine ursprünglich dichte rhätoromanische Bevölkerung voraussetzen, im Gegensatz zu der germanischen des Innthals unter- und dicht oberhalb Innsbrucks. - So sind beide Thäler auch ethnologisch völlig verschiedenen Stromgebieten zugehörig, dem mächtig anschwellenden Germanenstamm einerseits, der sich, Alles zurückdrängend und überfluthend, von Norden her ins Iunthal ergoss und erst im Oberinnthal allmälig verrinnt, und dem zähen sesshaften, rhätoromanischen Stamme andererseits, der im hochkultivirten Etsch- und Vintschgauthal um die alte Teriolis und Maja Feige und Rebe pflegte.

Sind diese Voraussetzungen richtig, so müssen gerade die beiden Seitenthäler, um die es sich hier handelt, das Oetzt hal einer- das Schnalserthal andererseits, den Uebergang zwischen germanischem und rhätoromanischem Volksstamm auch in seinen Bewohnern erkennen lassen: es ist wahrscheinlich, das der nördliche Ausgang des Oetzthales noch von vorwiegend germanischen Eindringlingen, seien es Alemannen, oder Bajuvaren, in Besitz genommen wurde, während die Bewohner des thaleinwärts gelegenen Gebietes vom Süden her aus dem rhätoromanischen Stromthal über die Ferner allmälig eingewandert sind.

Hatte nun mein erster Vorstoss in dieses streitige Gebiet den vorwiegend nicht germanischen Charakter der alten Bewohner des zu St. Peter gehörigen Sprengels, soweit die Dolichocephalie das Kennzeichen der alten Germanenschädel ist, in ihrer enormen Brachycephalie erwiesen, so berechtigen die Messungen des Herrn Tappeiner zu einem Schluss, der den oben angestellten Betrachtungen eine gewisse thatsächliche Grundlage verschafft. Herr Tappeiner hat auf seinen Wanderungen vom Innthal durch das

1) Tappeiner, Zeitschr. f. Ethnol., Anthropol. d. Tiroler, a. a. o. S. 48, 49.

Oetzthal und Schnalserthal in's Vintschgau von Ort zu Ort eine Anzahl Schädel und Lebender gemessen, und es lässt sich nunmehr übersehen, dass ein zahlreiches mesocephales Element am nördlichen Ausgange des Oetzthales vorhanden ist, welches, je weiter man in die Höhe steigt, immer mehr zurücktritt und im Schnalserthal auf einen äusserst geringen Procentsatz herabsinkt.

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Der erste Ort im Oetzthal, wo Herr Tappeiner Messungen anstellte, ist Oetz, ein in ziemlich breiter Thalsohle gelegenes grosses Dorf, das zweite vom Thalausgang nach dem Innthal. Von den 30 Schädeln der Beingruft des dortigen Friedhofes, die gemessen sind, haben 10 einen Längenbreitenindex1) von unter 80,0. (Indices 75,5-89,2.) Das Verhältniss der Schädel unter 80 zu dem über 80 stellt sich somit für Oetz auf 50: 100 oder auf 331 pCt. - Im Dorfe Sölden, das etwa 7 Wegstunden weiter thalaufwärts liegt, fanden sich unter 12 Schädeln nur 3 mesoeephale, darunter einmal der Index 73,6, mithin 25 pCt. -In Vent stand der einzige aufgefundene Schädel an der Grenze der Mesocephalie zur Brachycephalie. Somit fanden sich im Oetzthal überhaupt auf 100 brachycephale etwa 48 mesocephale Schädel, d. h. 32,66 pCt. Die im Schnalserthal, und zwar in Unserer lieben Frau, Karthaus und St. Katharina an 28 Schädeln angestellten Messungen ergaben im schroffsten Gegensatz dazu nur 2 mesocephale darunter, d. h. auf 100 Schädel über 80 kommen nur 7,3 unter 80, d. h. 7,14 pCt. Im Ganzen fanden sich somit unter 71 Schädeln 16 mesocephale, d. h. 22,53 pCt. aber für das Oetzthal 32,66, für das Schnalserthal 7,14 pCt. In St. Katharina, dem südlichst gelegenen Punkt des Schnalserthals, fand sich sogar nur 1 mesocephaler Schädel auf 17 brachycephale, also 5,5 pCt.! (cfr. die beigegebene Tabelle).

Die nachfolgende Tabelle des Längenbreitenindex giebt über diese Verhältnisse eine klare Uebersicht: (Siehe umstehende Seite.)

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Wenn somit ich vermag es nicht zu beurtheilen auch zutreffen sollte, was Herr Tappeiner aus der grossen Verschiedenheit in Sprache und Sitte zwischen Venter- und Schnals erthal schliesst, dass nämlich keine engeren Beziehungen zwischen beiden Bevölkerungen beständen 2), so bin ich, auf Grund der craniologischen, mir zur Bearbeitung überlassenen Grundlagen nicht in der Lage, über diesen Punkt sicheres Licht zu verbreiten. Immerhin würde sich aber das Schwinden der Mesocephalen, je höher man im Oetzthal emporsteigt, und die hohe Brachycephalie der Schnalserer sehr gut

1) Länge: Sutura nasofrontalis bis hervorragendster Theil des Occiput. Breite: grösseste Breite. Die Schädel No. 38 und 43 der Tabelle I gestatteten wegen der fehlenden Messung der Länge und Breite nach Virchow nur die Benutzung der aus den Welcker'schen Massen gewonnenen L.-Br.-Indices, welche bekanntlich fast durchweg (2-3 pCt. des Längenmessers) kleiner sind, als die der meisten anderen Autoren. (Welcker, Kraniolog. Mittheilungen, Arch. f. Anthropol. B. I, S. 137.)

2) 1. c. S. 58.

Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1881.

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