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die Verweigerung der zum Leben nöthigen Nahrungsmengen für das Einzelnwesen.

Johann Stephan Maria Graf von Portalis 1) definirte in der Sitzung des französischen Staatsraths vom 16. Ventose des Jahres XI (d. i. 1803) die Ehe folgendermassen: «Sie ist die Verbindung des Mannes mit der Frau, die sich vereinigen, um ihr Geschlecht fortzupflanzen, um sich durch gegenseitigen Beistand zu unterstützen, die Wechselfälle des Lebens gemeinsam zu tragen, ihr Geschick zu theilen.» Halten wir hieran fest; denn es schliesst diese Begriffsbestimmung Alles ein, was zur Ehe gehört. Stellt man ihr den Ausspruch von P. J. Proudhon 2) «die Ehe ist die wahre Gemeinschaft der Liebe und das Musterbild jedes persönlichen Besitzes entgegen, so erscheint sie in demselben Masse praktisch und als ein wahrer Ausdruck der Wirklichkeit, in welchem die Definition des geistreichen Socialisten das echte Spiegelbild träumerischer Idealität ist. Wenn die Ehe nur in der Hälfte der Fälle die wahre Gemeinschaft der Liebe wäre, da führten wir sicher ein Leben wie die Glücklichen im siebenten Himmel des Propheten; und wäre sie ein Musterbild persönlichen Besitzes, dann zeichnete dieser nicht immer durch sonderliche Annehmlichkeit sich aus. P. J. A. Feuerbach 3) nennt die Ehe an sich eine zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechtes eingegangene Gesellschaft zum ausschliesslichen naturgemässen Gebrauche der Geschlechtstheile; und Hugo Grotius 4) definirt folgendermassen: «Conjugium naturaliter esse existimamus talem cohabitationem maris cum foemina, quae foeminam constituat quasi sub oculis et custodia maris; nam tale consortium et in mutis animantibus quibusdam videre est. In homine vero, qua animans est utens ratione, ad hoc accessit fides qua se foemina mari obstringit.»

Die Gesellschaft,» sagt Julius Fröbel 5), «hat an dem geschlechtlichen Leben der Einzelnen folgende Interessen: 1) dass die Gattung fortgepflanzt und so weit vermehrt werde, als irgend die Mittel der Lebenserhaltung reichen, womit das Interesse physischer Rassenveredelung sich verbindet; 2) dass das moralische Gefühl persönlicher Ehre und Würde, als die Grundlage aller inneren Sittlichkeit, weder durch eigene Prostitution noch durch Gewaltthat des Stärkeren oder durch Brutalität von Gesetz und Sitte verletzt und untergraben werde; 3) dass die Wechselwirkung männlicher und weiblicher Charaktere die Freiheit habe, welche den Bedürfnissen aller Charakter-Entwickelung entspricht. Diese verschiedenen Interessen

fallen aber praktisch zusammen, weil aus allen die gleiche Forderung entspringt, dass der geistige und leibliche Geschlechtsverkehr, jede Unfreiwilligkeit, jedes Nebeninteresse, jede Idealität ohne Gehalt ausschliessend, auf das reelle Verhalten der Individualitäten oder Charaktere sich gründe, und demnach aus freiem energischen Triebe, aus charaktervoller Zuneigung und Leidenschaft hervorgehe. Freie, charaktervolle Geschlechtsliebe entspricht den Interessen der Gesellschaft in jeder Beziehung; aber nicht jede Bildungsstufe ist hoch genug, um sie zuzulassen.>> So wie nun die Dinge heute noch stehen, hat die Gesellschaft unläugbar viel Interesse am geschlechtlichen Leben, verkennt und missdeutet aber zumeist die gesunde Seite ihrer Interessen, und legt, indem sie in den Kreisen der Heuchelei und des Vorurtheiles sich bewegt, den Grund zur inneren und äusseren Entwerthung des ehelichen Bündnisses. Da, nach den Regeln einer bornirten Weltanschauung, bei herrschenden grundfalschen und lächerlich zimperlichen, wie andererseits gleissnerischen SittlichkeitsBegriffen, und bei dem Haschen und Treiben der Massen des niederen und höheren Pöbels nach Reichthümern, der geistige und leibliche Geschlechtsverkehr «Unfreiwilligkeit, Nebeninteressen und Idealität ohne Gehalt» im hohen Grade einschliesst, nicht auf das «reelle Verhalten der Individualitäten oder Charaktere», sondern auf das unlauterste Verhalten der Individuen und auf die glänzendste Charakterlosigkeit sich zu gründen pflegt; ist das Institut der Ehe in der grösseren Hälfte der Fälle ohne physischen und sittlichen Kern, und damit leider so häufig ein blosses Aushängeschild, eine Decke, unter der tausend Laster, Thorheiten und Vergehen, Feigheit und Habgier, Wollust und die schmierigsten Interessen eines grossen Spielraumes sich erfreuen. Erst, wenn die Gesellschaft von dem tausendjährigen Schmutze ihrer Vorurtheile und schimpflichen Charakterlosigkeit sich gereiniget haben und zum Borne ewig-frischer Ursprünglichkeit zurückgekehrt sein wird: dann dürfte sehr bald die Bildungsstufe eintreten, welche Fröbel gleichsam als Luftkreis, Boden und Nahrung jener freien, charakter-vollen Geschlechtsliebe erfordert.

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Betrachten wir einige der Hauptinteressen der heutigen Gesellschaft und fragen wir dann, in welchem Verhältnisse die Ehe dazu steht, welchen allgemeinen und sittlichen Werth jenen gegenüber sie einnimmt. Coursliste und Preiscourant», spricht Wilhelm Kiesselbach) mit Recht, «sind die Götter der Gegenwart geworden. Nicht die harmonisch-menschliche Entwickelung möglichst vieler Ein

zelnen», meint er weiter, «sóndern das Kirchthurmrennen nach Glücksgütern ist, wie das Ziel des Einzellebens so auch das Ziel der Gesellschaft geworden. Als Rom an dieser Entwickelungsstufe angelangt war, konnte Jugurtha von der Verkäuflichkeit der ganzen Stadt reden. Dazu kommt, dass mit der überwiegenden Herrschaft des beweglichen Eigenthums der Staatsverband von der augenblicklichen Constellation des Heute abhängig gemacht wird. Der Zusammenhang desselben mit der Vergangenheit, das Vorbereiten der Zukunft hört auf; der Moment allein gebietet, ein Jeder lebt für sich und fragt nicht nach den Kindern. Da nun heutzutage die Meisten in möglichst kurzer Zeit und am liebsten ohne Mühe reich werden wollen, so opfern sie dem Mammon in einer wahrhaftigen Ueberstürzung Alles und auch Das auf, woran frühere Geschlechter mit ganzer Seele hingen. Auf der anderen Seite ist es eine alle Gränzen der physischen Möglichkeit übersteigende, entnervende und geisttödtende Genusssucht, welche den Durchschnittsmenschen von heute so charakterlos, so feige, so ekelhaft erscheinen, seine natürlichen und bürgerlichen Pflichten vergessen lässt. In der abgöttischen Verehrung des Geldsackes und in dem Glauben, dass thörichter Sinnengenuss die Axe alles wahren Lebens und Strebens sei, liegt nun die täglich sich vermehrende Lockerung der ehelichen Bande und die täglich zunehmende sittliche Entwerthung des Institutes der Ele.

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Es kommt mir nicht in den Sinn, etwa zu behaupten, dass nur in unserer Zeit die Genusssucht und die Habgier Verheerungen anrichten: ein jedes Blatt der Weltgeschichte weiset auf das Deutlichste nach, wie jene Leidenschaften überall dort herrschten, wo Menschen lebten, wo das Streben nach Besitz nur einigermassen kenntlich hervortrat; aber ich glaube, es steht fest, dass heutzutage, wo die extremsten Erscheinungen der Schwelgerei und Plünderungssucht bei den Einzelnen allerdings nur sehr selten vorkommen, doch unlautere Interessen und Charakterlosigkeit in den grossen Massen Platz griffen und dort vergiftend wirkten, wo ehedem noch ein gesunder Kern der andrängenden Fäulniss den kräftigsten Widerstand entgegen setzte. Das Haschen nach Geld, nach Ehre und Genuss ist an die Stelle der Liebe getreten; und da es leider in der grösten Mehrzahl der Fälle zum massgebenden Momente für die Abschliessung der ehelichen Bündnisse geworden ist, hat es dazu geführt, dass dort, wo ehedem Geschlechter von Riesen sich tummelten, jetzt feige hinterlistige Ofenhocker ein elendes Spiel treiben. <Die Liebe», sagt Johann Peter Frank 7), «ist das Gewürz des

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Ehestandes, und die Natur, welche haben will, dass man nicht mit einer gleichgültigen Miene dem Geschäft der Zeugung abwarte, hat sich dieses Gewürzes vortheilhaft zu bedienen gewusst, um dass nicht unschmackhafte Früchte, und lauter gähnende Kinder geboren würden. So oft ich ein träges, mürrisches Temperament sehe; so fühle ich die Versuchung zu denken, dass die Mutter desselben zur Unzeit geniesst, und der Vater noch halb im Schlafe ihr gedankt habe. Kinder, die mehr aus Pflicht, als aus natürlicher Aufwallung . gezeugt worden, haben immer das Ansehen, als wäre es ihnen nicht recht Ernst, in der Welt ihre angewiesene Rolle mitzuspielen, und höchstens dienen sie, die Scenen des menschlichen Lebens auszufüllen. Man sehe auf die Früchte der mehrsten Ehen, welche standesmässig und nach einer klugen Arithmetik geschlossen worden, ohne dass eine reciproque Neigung die Hochzeitsfackel angezündet habe; so wird man sich überzeugen können, dass ein gewisser Grad der Wärme erforderlich seie, um Menschen zu zeugen, denen es weder an Lebhaftigkeit, noch an einer zu allen vorzüglichen Handlungen erforderlichen Thätigkeit fehle, ohne welche man in jeder Republik höchstens als Hintersass figuriren kann. Die Kinder der Liebe, wovon die mehrsten leider! unehelich geboren werden, unterscheiden sich von jeher durch lebvolles Ansehen und durch eine natürliche Wirksamkeit, die dem pflichtmässigen Erben beinahe unbekannt ist, und es muss gewiss jedem Freunde der menschlichen Gesellschaft erwünscht sein, dass das Geschäft der Zeugung nicht endlich zu einer blossen Mechanik ausarte.» Ich muss Frank beistimmen; denn die tägliche Erfahrung belehrt uns ja darüber, dass Ehen, die ohne innige Zuneigung, aus den schäbigen Interessen der Gewinnsucht u. s. w. geschlossen werden, doch nur traurige Subjekte entspringen. Nicht der Genuss des Kaffee, nicht die Eisenbahnen und die tausend anderen Dinge, denen man alles Böse in die Schuhe schob, tragen Schuld an der heutigen Misere: die vorhin angedeuteten Verhältnisse aber möge man in dieser Hinsicht wohl in das Auge fassen, und sie mit allen Hülfsmitteln der Humanität, Gesundheitspflege, Staatswirthschaft, Aufklärung und Gesetzgebung baldigst und vollständigst zu bessern suchen.

Sehr richtig ist die Bemerkung von M. L. Frankenhein 8), dass bei vielen Naturvölkern, so wie bei den ärmeren Klassen der Kulturvölker, die Ehe von der Neigung der jungen Leute abhängt, und bei besitzlosen Völkern die Eltern bei der Wahl der Gatten gar keinen unmittelbaren Einfluss ausüben; mit der Zunahme der Unter

schiede in Besitz und Rang aber jener Einfluss um so grösser werde. Und dort, wo der Rang und Besitz seine höchste Stufe erreicht hat, pflegt alle freie Selbstbestimmung wegzufallen und die Sklaverei, zumal in Sachen der Ehe, ist hier grösser, als selbst das Joch, welches die Negersklaven in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika tragen müssen. Die menschliche Natur, welche endlich jedem Joche spottet, zerbricht die Fesseln, welche der Wahnwitz auferlegte, und führt die Menschen in das andere unheilvolle Extrem: daher Laster, Ausschreitungen, Thorheiten und Elend dort am ärgsten zu sein pflegen, wo Besitz und Rang culminiren.

<<Erst in der Ehe wird der Mann ein Mann, das Weib ein Weib.>> Dieser Aussprach Karl Salomo Zacharia's 9), und vieler Anderen vor und nach ihm, hat im Allgemeinen seine Gültigkeit; doch kommen leider sehr viele Fälle vor, wo der Ehemann durch den Einfluss der Frau nicht zum Manne, sondern zu einer richtigen feigen Memme, zu einem sogenannten sie-Männchen wird, und das Weib aus begreiflichen, nothwendigen Gründen das Hausregiment führt, den Gatten beherrscht; dieser gehorcht denn auch willig, weil er die Worte des Apostel Paulus 10) Jedermann sei unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat» beherziget. Der naturfrische Mensch, im Gefühle und Bewusstsein seiner Kraft und Würde, wird durch die Ehe jederzeit zum Manne im wahren Sinne des Wortes werden, sein Weib zum wirklichen Weibe machen: aber der vom Fluche der Weichlichkeit Getroffene, der vom Geiste des Beamtenthumes Vergiftete, der von der Ueberkultur und krankhaften Empfindelei Angefressene, u. s. w., sie überbieten das weibischeste Weib an Weibischkeit und erzeugen ein Geschlecht, welches in demselben Masse die Feigheit als höchste Tugend verehrt, in welchem es die Oefen gepachtet zu haben glaubt. Die Kreise der Beamten und Philister, und Alles, was darum und daran hängt, sind in unserem deutschen Vaterlande die leibhaften Repräsentanten des bezeichneten Geschlechtes; und die Ehe ist in diesen Kreisen leider so ungemein häufig das Institut, wo die Männer geistig, patriotisch und in Bezug auf Charakter so wie persönlichen Muth zu Kapaunen verschnitten werden. Dieses Missverhältniss hat tausend Ursachen; doch ist eine sehr gewichtige davon die schlechte und verkehrte Erziehung des weiblichen Geschlechtes; ein Punkt, über welchen ich 11) mich vor zwei Jahren ausführlich verbreitete.

Vor mehr als drei Jahrzehnten trat C. A. Weinhold 12) mit eigenthümlichen Ansichten und Vorschlägen hinsichtlich der Ehe auf

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