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und seine Dienste ohne Dank empfangen. Es ist ein Werkzeug der Lust, zur Befriedigung der Begierde geeignet, aber ohne Anspruch auf Achtung; oder des eigennützigen Bedürfnisses, wie das Lastthier, dessen Ausdauer seine Tugend und dessen Verdienst stumme Unterwürfigkeit ist. In dem Zeitalter der Ueberfeinerung wird dieses Verhältniss umgekehrt. Der Mann begibt sich scheinbar seines Rechtes, und legt es in die Hand des Weibes, glücklich, ihm als einem Wesen höherer Art, auch ohne Vergeltung und Dank, Dienste weihen zu dürfen. Diese Art der Abgötterei ist, auch wenn keine Begier im Hinterhalte lauert, nicht weniger eine Versündigung gegen die Gesetze der Natur, als jene herabwürdigende Geringschätzung des weiblichen Geschlechtes; diese, als Missbrauch der physischen Uebermacht; jene, als Selbsttäuschung oder absichtlicher Betrug. In beiden Fällen wird das Verhältniss verkannt, in dem beide Geschlechter gegen einander stehen sollen. Doch kann sich die rohe Kraft unter günstigen Umständen zu edler Männlichkeit läutern, wodurch denn das Weib die ihm gebührende Stellung von selbst gewinnt; während die angedichtete und erheuchelte Unterwürfigkeit, wenn der phantastische Wahn zerstört, und die trügerische Binde zerrissen ist, nichts als eine verächtliche Schwäche und eine verachtende Gleichgültigkeit übrig lässt.»>

Im Zeitalter der Ueberkultur und, wie wir im geschichtlichen Theile oft sahen, bei jenen Völkern, wo das Weib nicht viel mehr als eine Sklavin des Mannes ist, erfreuen die Ehescheidungen sich des breitesten Bodens; und sie sind da am Platze, weil ohne die Möglichkeit der Trennung nur Unglück und Elend erwachsen würden. Bei normalen Verhältnissen der Gesittung, wo wegen der richtigen Stellung der Ehegatten zu einander die Ehebündnisse glücklich sind, zählen Scheidungen zu den selteneren Vorkommnissen.

Für alle Fälle muss ich Ehescheidungen aus geeigneten Gründen für etwas Nothwendiges halten, und mit Joseph Unger [Die Ehe in ihrer welthistorischen Entwicklung. Wien. 1850. in 8o. pag. 165.] übereinstimmen, wenn er sagt, dass jede Gesetzgebung in Ehesachen Ehetrennungen gestatten müsse. Voltaire [Oeuvres completes. Bd. XLV. — Paris. 1784. in 89. pag. 313. u. fg.] trat für die Nützlichkeit der vollständigen Ehescheidung für gewisse Fälle ein. Ich muss endlich auf die geschichtlich-juristische Abhandlung Otto Göschen's [Doctrina de Matrimonio... Halis. 1848, in 4o. pag. 59, u. fg.] mit Nachdruck hinweisen.

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SCHLUSS.

Es sind einige Betrachtungen allgemeiner Natur, mit denen ich diesen Versuch einer Geschichte, Natur- und Gesundheits-Lehre des Ehelichen Lebens beschliessen will, und beschliessen muss, theils um nicht missverstanden zu werden, theils um meine das gesellschaftliche Leben überhaupt und die Ehe insbesondere angehenden Ansichten und Ueberzeugungen dadurch vollständig darzulegen und abzurunden. Ich habe vorhin von der bürgerlichen Freiheit gesprochen. Kein Begriff ist häufiger bestimmt und erläutert, keiner häufiger verkannt und missbraucht worden, als der der Freiheit. Von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage haben Staatsmänner, Weltweise, Theologen und Rechtsgelehrte die Freiheit definirt; aber nur Wenigen ist es gelungen, der Wahrheit nahe zu kommen: Vorurtheil, menschlicher Hochmuth, Selbstüberschätzung, und was dergleichen mehr ist, liessen den Freiheits-Begriff ziemlich weit werden, damit eine falsche Grundlage des Gesetzes, der Sittlichkeit und LebensAnschauung entstehen, die bürgerliche Freiheit missdeuten. Weltweisen haben gesagt, der Mensch sei sittlich frei; sie hätten auch gesagt, er sei physisch frei, wenn es nicht augenfällig wäre, dass wir nahezu Leibeigene der Aussen-Einflüsse sind. Ich glaube, dass die bei Weitem kleinste Zahl der Menschen eines Zustandes, der dem Idiale der sittlichen Freiheit einiger Massen nahe liegt, sich rühmen kann, dagegen aber die meisten Menschen physisch und sittlich unfrei sind, grossen Heerden gleichen, die von einigen Leithämmeln geführt, von einigen Hirten gelenkt werden.

Der grosse englische Philosoph John Locke1) bezeichnet den Begriff der Freiheit als den Begriff von dem Vermögen eines handelnden Wesens, eine bestimmte Handlung zu thun oder zu unterlassen; es kommt dies mit dem Ausspruche Johann Ernst Gunner's) überein, wonach die Freiheit die facultas volendi nolendive pro lubito suo ist. Wenn die Freiheit das Vermögen ist, bestimmte Handlungen zu thun oder zu unterlassen, so kommt sie nicht nur dem Menschen, sondern überhaupt allen Wesen thierischer Natur zu. Wenn man aber nur jene Wesen sittlich frei nennt, die sich selbst erkennen, so sind kaum hunderttausend Menschen auf dem ganzen Erdenrunde beziehungsweise frei; alle anderen aber sind ohne Weiteres unfrei. Es wurde schon darauf hingewiesen, in welch' über

wiegend grossem Masse der Menschen Handlungen von der Macht äusserer Einflüsse bestimmt werden; wir erlauben uns, daraus abzuleiten, dass die individuelle Freiheit nur einen ungemein kleinen Spielraum für sich in Anspruch nimmt und um so mehr in den Hintergrund tritt, je mehr die Kenntniss von der Natur des menschlichen Geistes, insonderheit des eigenen Selbst, abnimmt.

Nach Karl Salomo Zachariä 3) ist die bürgerliche Freiheit die mehr oder minder grosse Unabhängigkeit der einzelnen Staatsglieder von der Staatsgewalt; die staatsbürgerliche Freiheit aber das Recht, an der Regierung Theil zu nehmen. Die gesellschaftliche Freiheit ist, gleich der individuellen, nur relativ; sie ist eben so gross, wie die des mittleren Menschen; sie wächst mit der fortschreitenden Bildung, wenn diese nicht naturwidrig sich gestaltet, und setzt ein gewisses Mass bürgerlicher Freiheit voraus.

Völker, welche nach einer Reihe civilisatorischer LäuterungsProcesse der Idee der sittlichen Freiheit näher rückten, können ohne die bürgerliche und ferner ohne die staatsbürgerliche Freiheit nicht weiter bestehen; und mit Johann Baptist Say 4) betrachte ich die politische Freiheit als die günstigste Bedingung der Entwickelung einer Nation, kann aber nicht ganz darauf eintreten, wenn er meint, es sei die bürgerliche Freiheit nicht absolut nothwendig für das Gedeihen des Volkes.

Das Systême social» sagt 5), frei sein bedeute nichts Anderes, als den Gesetzen gemäss leben; und Montesquieu 6) lässt uns dann frei sein, wenn wir gleichfalls unser Leben nach den Gesetzen einrichten. In der Voraussetzung, dass die Gesetze vernünftig und naturgemäss sind, die menschliche Entwickelung und Wohlfahrt begünstigen, will ich gerne nur Demjenigen, der sie begreift und ihnen nachlebt, das Prädikat eines freien Mannes zugestehen. Friedrich Ancillon) bezeichnet mit Recht Den als nicht frei, welcher zwar das Vermögen hat, zwischen der Gesetzmässigkeit und der Gesetzwidrigkeit zu wählen, aber seinen Leidenschaften fröhnt. G. Spurzheim) sagt am Schlusse seiner allgemeinen Abhandlung über die Freiheit: Ainsi la liberté consiste dans l'exercice des ses facultés d'aprés la volonté éclairée ou d'après l'intelligence combinée avec des motifs. So verschieden auch die Meinungen der Philosophen, Staatsmänner u. s. w. in Bezug auf die Freiheit sein mögen, darin sind alle einverstanden, dass die praktische Vernunft die unerlässliche Voraussetzung einer jeden Art von Freiheit ist, und jene Länder als die Heimath der Freiheit angesehen werden müssen, WO man

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eben die praktische Vernunft kultivirt; dort aber, wo wirthschaftliche Missverhältnisse, verkehrtes Erziehungs- und Bildungs-System, und in Folge all' dieser Kalamitäten ein trauriges, sittenverderbtes Eheund Familien-Leben die individuelle Ausbildung und Selbständigkeit untergraben, wuchert Krankheit, Siechthum, Feigheit, Knechtschaft. Was nützt es einem Volke, im Stadium fieberhafter Wallung die ausgedehnteste politische Freiheit zu proklamiren, wenn die Grundlage einer solchen, die Bürgschaft für deren Aufrechterhaltung, nämlich die praktische Vernunft fehlt?

Die persönliche Freiheit im praktischen Sinne wird von Einigen von der bürgerlichen Freiheit unterschieden, wogegen Andere sie damit identificiren. Jakob Friedrich Fries 9) definirt die bürgerliche Freiheit als das Freisein des Volkes von der Willkür der Regierung, die persönliche Freiheit aber als die Freiheit jedes Staatsbürgers von der Willkür eines Anderen. Friedrich Murhard 10) dagegen redet also: «Die persönliche Freiheit, worunter man die Sicherheit und Freiheit der Person, die Sicherheit des Eigenthums und das Recht des freien Gebrauchs und der freien Entwickelung aller menschlichen Kräfte, in so ferne die Rechte Anderer nicht verletzt werden, begreift, heisst die bürgerliche Freiheit oder auch das bürgerliche Recht. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen beiden Auffassungen gerade nicht; und wenn ich von der bürgerlichen Freiheit spreche, verstehe ich die persönliche Freiheit in dem angeführten praktischen Sinne stets darunter: der Begriff eines wirklich freien Staates muss den freier Personen nothwendig in sich schliessen.

Völker, die in den Banden der Unwissenheit, des Aberglaubens und der Knechtschaft schmachten, vertragen ein beziehungsweise grösseres Mass bürgerlicher Freiheit nicht, weil ihnen das Verständniss dafür und das Bedürfniss danach abgeht, und sie in der Befriedigung der materiellsten Anforderungen das Endziel alles Lebens und Strebens erblicken. Bei solchen Nationen kommt das Recht der Gesellschaft auf den Einzelnen weniger in Betrachtung; wohl aber ist es die Staatsgewalt, welche patriarchalisch lenkt und auch unter Umständen in die Familien-Verhältnisse des Individuums greift. Entgegengesetzt verhält es sich bei vorgeschrittener Aufklärung und Bildung: da darf der Staat die privaten Beziehungen des Einzelnen um so weniger reguliren, je mehr Ursprünglichkeit und Selbständigkeit, Reife und Charakter das individuelle Sein und Thätigsein darbietet. In solchem Falle darf auch der Gesellschaft das Recht des E. Reich, Eheliches Leben.

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unmittelbaren Beeinflussens nicht zukommen. Wenn in den Zuständen der Barbarei die Regierung, um es mit John Stuart Mill 11) zu benennen, ihre «Autoritäts-Einmischung» geltend macht; so kann sie in Staaten mit entwickelteren gesellschaftlichen Zuständen nur mit unmittelbaren Rathschlägen hervortreten, in freien Ländern aber den Bürgern theils nur mittelbar rathen, d. i. mit gutem Beispiele vorangehen, theils muss sie den Grundsatz der Nicht-Einmischung (das laisser faire») zur Geltung bringen.

Staaten abendländischer Gesittung angenommen, hat die Gesellschaft im Allgemeinen nicht das Recht, in persönliche Angelegenheiten, welche die Wohlfahrt Einzelner oder der Gesammtheit nicht beeinträchtigen, sich zu mischen; «am schwersten unter allen BeweisGründen, bemerkt John Stuart Mill 12), «gegen die Einmischung der Gesammtheit in rein persönliche Anliegen wiegt die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Dazwischenkunft, sofern sie Statt findet, nicht in der rechten Art und nicht an der rechten Stelle Statt findet». Und weil die Gesellschaft kleiner Städte, kleiner Staaten ihre unverschämte Einmischung bis in die unbedeutendsten persönlichen Beziehungen geltend macht, ist daselbst das Philisterthum aller Schichten der Bevölkerung in einer Weise zur Entfaltung gekommen, dass durch die Entäusserungen seiner schimpflichen Feigheit, erbärmlichen Afterweisheit und elenden Ausartung die ersten und grössten gesellschaftlichen und national-staatlichen Interessen auf das Ernstlichste gefährdet wurden. Aus der Geschichte, wie aus den Vorkommnissen der Gegenwart schöpfen wir die Lehre, dass abgesehen von Unmündigen, Unzurechnungsfähigen und Verbrechern die Beeinflussung rein persönlicher Angelegenheiten durch den Staat und die Gesellschaft im Allgemeinen den Zustand der Wohlfahrt und Sittlichkeit einer Bevölkerung mit Nothwendigkeit untergräbt, jeden wirklichen Fortschritt unmöglich macht, der Entstehung alles Grossen und Erhabenen, Frischen und Lebendigen, Edlen und Charaktervollen feindlich entgegen arbeitet. Wilhelm von Humboldt 13) stellt in Hinsicht des Verhältnisses des Staates zu der persönlichen Freiheit folgenden Grundsatz auf: «um für die Sicherheit der Bürger Sorge zu tragen, muss der Staat diejenigen, sich unmittelbar allein auf den Handelnden beziehenden Handlungen verbieten oder einschränken, deren Folgen die Rechte Anderer kränken, die ohne oder gegen die Einwilligung derselben ihre Freiheit oder ihren Besitz schmälern, oder von denen dies wahrscheinlich zu besorgen ist; eine Wahrscheinlichkeit, bei welcher allemal auf die Grösse des zu besorgenden

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