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in die Lehren der grösseren Zahl der Kirchenväter von der Ehe, wir finden, dass sie wegen Nicht- und Missverständniss Christi und eigener querköpfiger Verranntheit in die Extreme des Unsinnes gerathen, und fast ebenso verdienen, Gegenstand des Gelächters oder der kalten Verachtung zu werden, wie jene Jammer-Gestalten, die einen conservativen Fürsten für einen Revolutionär halten, oder wie jene Tröpfe, welche Todesstrafe androhen, wo ihr höherer Vorgesetzte den sie nicht begreifen bei einem milden Verweise es bewenden liess.

Die Unwissenheit und Verwirrung Justinus des Märtyrers 11) kennzeichnet sich am besten darin, dass er die gänzliche Enthaltung von aller geschlechtlichen Verrichtung als eine höhere Tugend demonstrirt, die Geschlechts-Thätigkeit nicht nothwendig zum Leben und gesetzwidrig nennt, endlich auf den Einwand, dass die Genitalien doch zu dem Zwecke der Fortpflanzung des Menschengeschlechtes bestehen, entgegnet, es gebe auch von Natur aus unfruchtbare Weiber, und andererseits erfreueten sich viele Leute beiderlei Geschlechts der Fähigkeit, des Beischlafes zu entbehren. «Uteri munus», sagt Justinus, «est concipere et membris virilis seminare. Quemadmodum autem, etsi haec tales perfunctiones habitura sunt, non idcirco necesse est ut eas ex prima dispositione operentur (videmus certe multas mulieres quae non concipiunt, ut steriles, quamvis uteros habeant): ita non statim necessarium est eam, quae uterum habeat, etiam concipere. Quin etiam minime quidem a primo ortu steriles, virginitatis tamen studiosae, abstinuerunt etiam a congressu; aliae vero a certo tempore. Viros item alios quidem a prima juven tute castimoniam observantes intuemur, alios autem a certo tempore, ita ut ab ipsis dissolvatur conjugium propter cupidinem illegitimum.»

In einer Schrift, die im christlichen Alterthume ein unbekannter Verfasser über den man bei J. G. Th. Grässe 12) die Vermuthung liest, dass er ein Jude gewesen sein soll unter dem Titel Hermae pastor 13), der Hirte des Hermas, herausgab, findet man mehrere, die Ehe betreffende Angaben. Zunächst will der Verfasser, dass die Ehe eine sehr keusche sei, d. i. also die Wollust banne und nur dem Zwecke der Fortpflanzung den Beischlaf widme; er drückt dies durch die leider so häufig missverstandenen Worte, der Mann solle seine Frau gleichsam als Schwester betrachten, et conjugi tuae quae futura est soror tua», aus; Steudlin 14) hat den Sinn dieser Worte ziemlich richtig gedeutet. Ehebruch nennt jener angebliche Hirte sehon das blosse Begehren der Frau des Nächsten;

und er bezeichnet auch denjenigen Mann als einen Ehebrecher, welcher von dem Ehebruche der Frau weiss und dennoch nicht unterlässt, ihr beizuwohnen. Er räumt dem Manne das Recht ein, von seiner bösen, unbussfertigen Gattin sich zu trennen; gestattet aber die weitere Heirath der einen Ehehälfte bei Lebzeiten der anderen nicht.

Eine weniger naturwidrige, aber doch in vieler Hinsicht sehr schwulstige Lehre stellte der Kirchenvater Athenagoras 15) auf. Dieser atheniensische Philosoph leitet die Nothwendigkeit der Einweiberei aus der Mosaischen Schöpfungs-Geschichte, worin der altjüdische Gott einen Mann und ein Weib erschuf, her, will aus der Ehe, die er für eine göttliche Einsetzung erklärt, alle Wollust verbannt wissen, bezeichnet die zweite Ehe als einen Ehebruch und will sie deshalb durchaus nicht zulassen. Er lobt den Zustand der Ehelosigkeit und die Unterdrückung der Geschlechtslust ganz vorzüglich, und sieht in diesen Thorheiten die beste Weise, der Gottheit näher zu kommen. Wenn Athenagoras aber den Beischlaf mit schwangern Weibern verbietet, hat er gar nicht Unrecht. Endlich sagt er auch: Nam qui se ipse priori uxore spoliat, etiamsi mortua est, occultus est adulter»; was beweisen mag, wie überschwängliche Begriffe der gute Mann von der Ehe hatte.

Zu den vernünftigsten unter den Kirchenvätern gehört, wenigstens in Sachen der Ehe, Clemens der Alexandriner 16), der, auf umfassende Studien gestützt, den Gegenstand mit etwas hellerem Kopfe durchdachte, als seine Collegen zu thun pflegten. Seine Lehren und Anschauungen lassen etwa folgender Massen sich zusammenfassen. Die Ehe ist die rechtliche Verbindung eines Mannes mit einem Weibe zum Behufe der Erzeugung und sorgfältigen Erziehung von Kindern. Neque ullam omnino tange mulierem, praeterquam tuam ipsius uxorem, ex qua sola tibi licet carnis voluptates percipere ad suscipiendam legitimam successionem»; womit die Ansicht des Alexandriners über den ausserehelichen Geschlechts-Verkehr dargelegt sei. Er empfiehlt den Eheleuten Mässigkeit im Beischlafe, und macht in sehr richtiger Weise auf die traurigen Folgen aufmerksam, welche der Ehe aus Geilheit und übertriebenem GeschlechtsGenusse erwachsen. Kein Mensch ist gezwungen, sich zu verheirathen, oder unverheirathet zu bleiben; ein Jeder möge in diesem Stücke nach Gutdünken verfahren, wohl aber sich hüten, die Verehelichung aus Furcht vor den Beschwerden des Ehestandes zu vermeiden. Er zieht gegen Die zu Felde, welche die Ehe überhaupt

verwerfen, und hält ihnen vor, dass einerseits auch ausserhalb dieses Instituts Unkeuschheit getrieben werde, andererseits man aber in der Ehe recht wohl keusch sein könne. Der zweiten Ehe ist er nicht hold, wenn er sie gleich nicht verbietet.

Der Bischof und Märtyrer Methodius 17) hat den zehn Jungfrauen, aus deren Reden sein Buch besteht, so viel Blödsinn in den Mund gelegt, dass wir von der Erörterung seiner die Ehe betreffenden Lehren sehr gerne Abstand nehmen; das ganze hirnlose Geschwätze läuft auf eine Lobpreisung des ehelosen Standes hinaus. Wollte ich alle die Dummheit hier darlegen, welche Methodius seiner Marcella, Theophila, Thalia, Theopatra, Thallusa, Agatha, Procilla, Thecla, Tusiana und Domnina entschlüpfen lässt: meinen Lesern würden zwei Jahre lang die Ohren gällen.

Auch im Kopfe des Kirchenvaters Tertullian 18) spukte es; denn er hob den ehelosen Zustand, der aus rein religiösen Gründen beliebt wurde, über Alles und überhäufte ihn mit Lob. Der zweiten Ehe ist er durchaus entgegen; desgleichen der gemischten Ehe, d. i. der zwischen Christen und Andersglaubenden. Der Wittwenstand ist ihm etwas Höheres, als selbst die keusche Ehelosigkeit u. 8. W.Der Kirchenvater Origines 19) missbilligt die zweite Ehe, aber verdammt sie nicht; dagegen lässt er sich auf eine Vertheidigung der harten Strafen ein, welche das Mosaische Gesetz gegen den Ehebruch verhängt, und protestirt sehr energisch gegen die Ehescheidung, wenn sie nicht den Ehebruch zur Veranlassung hat. Er meinte, dass Derjenige, welcher von einer nicht-ehebrecherischen Frau sich trennt, dieser damit Gelegenheit zum Ehebruche gebe, indem sie dann einen Anderen heirathen könne. Welche Thorheiten! Von dem Gnostiker Basilides erzählt Clemens von Alexandrien 20), er habe die Ehelosigkeit durchaus nicht als Tugend betrachtet, und sie einer keuschen Ehe niemals vorgezogen. Weil er in diesem Stücke vernünftig war, wurde er als arger Ketzer verfolgt. Tatianus 21) war einer der Verschrobensten; er verwarf die Ehe gänzlich und bezeichnete sie als etwas ganz Unnützes und Teuflisches.

Jungfrauschaft», sagt Johann Georg Zimmermann 22), <nannten die Kirchenväter überhaupt die Kunst, mitten im Fleische ein göttliches Leben zu führen, und also völlig einem geistigen Wesen ähnlich zu werden. Die Ehe hielten sie für einen Damm gegen die Wuth der Natur. Sie glaubten sogar, Gott wolle eigentlich, dass sich alle Menschen der Ehe enthalten. Jungfrauschaft war in den Augen der Kirchenväter eine grosse und schwere Sache, und

E. Reich, Eheliches Leben.

die Ehe selbst blos das letzte Mittel gegen Hurerei und Versuchung. So rührend und drangvoll beschreiben darum Cyprian und Ambrosius, und zumal der feurige Afrikaner Tertullian, die Beschwerlichkeiten des Jungfernstandes, oder wie sich diese heiligen Männer ausdrücken, das Joch der Jungfrauschaft, dass man in Mark und Knochen die Anstrengung fühlt, welche die Keuschheit den ersten orientalischen Nonnen gekostet haben mag.» Der Fanatismus, wie auf der anderen Seite die Heuchelei, erzeugte alle die dummen und tollen Ideen, welchen wir bei so vielen Kirchenvätern begegnen. Heutzutage würde man Leute, die solchen Unsinn auskramen, in ein Tollhaus sperren, wenn sie gleich ihre Anhänger nach Tausenden zählten; in jener Zeit der Finsterniss und Hirnlosigkeit umgab man sie mit dem Heiligenscheine.

Der Kirchenvater Lactantius 23) räumte der Ehe ihre natürlichen Rechte ein, wollte jedoch alle Wollust, sowie den ausserehelichen Geschlechtsverkehr verbannt wissen, und versuchte, darzuthun, dass völlige Enthaltung vom Beischlafe möglich sei, keineswegs aber als ein göttliches Gebot betrachtet werden dürfe, da das Menschengeschlecht fortgepflanzt werden müsse und der Begattungstrieb als ein sehr starker sich erweise. Ambrosius 24), Bischof von Mailand, ist ein fanatischer Lobpreiser und Verfechter der ehelosen Keuschheit; in seiner Thorheit und Verblendung greift er die vortrefflichen römischen Gesetze gegen die Ehelosigkeit an, und frent sich ganz sonderlich über jene Töchter, welche gegen den Willen ihrer Eltern ehelos verbleiben.

Einen guten Begriff vom Kirchenvater Hieronymus 25) bekommt man, wenn man unter Anderem Das liest, was Zimmermann 26) über den Heiligen gesprochen hat. Hieronymus macht es, trotzdem er sonst ein recht tüchtiger Kopf war, wie die meisten namhaften Verfechter des Christenthumes zu jener Zeit: er erhebt den ehelosen Zustand über Alles, und räumt der Ehe nur in so fern Berechtigung ein, als aus ihr Mönche und Nonnen hervorgehen; er erklärt, dass Gott und die Kirche die Ehelosigkeit wollen, die Ehe aber nur gestatten. Mehr oder minder bedeutende Lobeserhebungen des Coelibates findet man unter Anderem noch bei den Kirchenvätern Gregor von Nyssa 27), Cyrill von Jerusalem 28), Cyprianus 29) und Epiphanius 30). Der Constantinopolitanische Erzbischof und Patriarch Joannes Chrysostomus 31), d. i. Johannes mit dem goldenen Munde, widerräth die zweite Ehe aus nicht unwichtigen natürlichen Gründen, und nennt die Ehe überhaupt, wenn

er sie gleich als die Befriedigung eines bösen, erst aus dem Stindenfalle entsprungenen Triebes auffasst, kein Hinderniss der Tugend und Seligkeit. Augustinus hatte von der Ehe gute Vorstellungen; freilich zieht er ihr den ehelosen Zustand vor: aber er ist auch in diesem Stücke billiger und gerechter, als die übrigen Kirchenväter. Für unseren Gegenstand wichtig ist, dass Augustinus 32) dem Verbote der Ehen zwischen Anverwandten das Wort redet. Der heilige Ignatius) verlangt in seinem Briefe an Polycarpius, kein Christ soll ohne Bewilligung des Bischofs sich verheirathen, dass die Ehe dem göttlichen Willen gemäss und nicht eine blosse Verbindung des Fleisches sei: «Decet autem ducentes et ductas, cum sententia Episcopi unionem facere; ut sit secundum Dominum, et non secundum concupiscentiam.» Dies in wenigen Worten die Meinungen der wichtigsten Kirchenväter in Bezug auf die Ehe. Um die wenigen hier dargelegten Körner zu sammeln, muss man einen ganzen Berg von Blödsinn und Aberglauben, Fanatismus und Tollheit durchbrechen; eine sehr beschwerliche, zeitraubende und nicht sonderlich lohnende Arbeit.

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Auf der Kirchenversammlung, die, wahrscheinlich zu Anfang des vierten Jahrhundertes, zu Elvira in Spanien gehalten wurde, wurde im dreiunddreissigsten Kanon 34) unter Anderem aufgestellt: «Placuit in totum prohiberi episcopis, presbyteris et diaconis, vel omnibus. clericis positis in ministerio abstinere se a conjugibus suis et non generare filios: quicumque vero fecerit, ab honore clericatus exterminetur. Wozu Herzog 35) bemerkt: «Eher ist man berechtigt, die Worte so auszulegen, dass den Geistlichen die Ehe nicht eigentlich untersagt ist (worauf auch der Ausdruck conjuges führt), sondern dass sie nur während der Zeit ihrer geistlichen Amtsführung (positis in ministerio) sich des ehelichen Umganges mit ihren Frauen enthalten und keine Kinder zeugen sollen. Es müsste demnach in Spanien eine ähnliche Eintheilung der Priesterfunktionen und Ablösung der einzelnen Priester stattgefunden haben, wie bei den Juden.»> Nach der weiteren Verordnung.jener Synode sollten diejenigen Priester, welche noch keine Weiber hatten, sich nicht verehelichen, sondern nur eine Schwester oder Gott-geweihte Jungfrau zu sich nehmen. Ausserdem gab die elviranische Kirchenversammlung in verschiedenen ihrer Kanons folgende mehr oder minder blödsinnige Vorschriften. Diejenigen christlichen Eltern, welche ihre Töchter an Nicht-Christen verheiratheten, sollten mit schweren Kirchenstrafen belegt werden. Wer mit der Schwester seiner verstorbenen Frau

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