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schen Reichs-Geschichte:) <Als zu Rheims in Franckreich ein Concilium unter Pabst Calixto II. gehalten ward, beschloss man unter andern, dass die gesammte Dänische Clerisey, welche bishero grössten Theils im Ehestand gelebet hatte, alle Weiber auf ein mahl solte fahren lassen, dem deutlichen Ausspruch des Heylandes: Wer sich von seinem Weibe scheidet, der bricht die Ehe, Schnur strax entgegen. Diese Teufels Lehre wie sie Paulus nennet, hat nachgehends unsäglich viel schändlicher Aergernisse nach sich gezogen, wie die Geschichte der folgenden Zeiten ergeben, und ohnedem leicht erachtet werden kan. In zwischen suchts unser papistisch-gesinnter Nic. Helvaderus, in Amphitheat. fidei cathol. p. 369. seiner Gewohnheit nach zu entschuldigen, und ex duobus malis als minus anzugeben, in Betrachtung, dass ein Priester des Edelmanns als Patroni Ecclesiae, seine Hure oder Huren-Kind wider Danck und Willen habe heyrathen müssen, welche Ausflucht so kahl ist, dass sie den Mangel gründlicher Entschuldigung nur desto mehr verräth. Uebrigens mögte dem gemeinen Mann dieses haupt seltsahm und contradictorisch vorgekommen seyn, dass da man der profitirlichen Dispensation und anderer Absichten halben, die Ehe unter die heiligen Kirchen-Güther zählen, und gar als ein Sacrament verkauffen wolte, man dennoch die Sache als an sich sündlich, unrein und den Kirchendienern höchst unanständig, ausschrie. Inzwischen protestirten die Priester hier wieder gewaltig, und nicht weniger deren Weiber, welchen es gantz ungelegen war, ihre Männer und Häuser mit dem Rücken anzusehen. Die Bischöffe bemüheten sich zwar allen Fleisses, diesen Befehl des Römischen Hoffs auszurichten, und die Dänische Kirche den übrigen hierin gleich förmig zu machen. Sie versuchten allerley Mittel und Wege, richteten aber bey den aller meisten so wenig aus, dass die Priester-Ehe noch gantze hundert Jahre nach dieser Zeit im Gebrauch geblieben, und allererst anno 1222 durch den Cardinal Gregorium de Crescentia in einem zu Schleswig gehaltenen Concilio, worauf man sich immer hin beruffen, gäntzlich abgeschafft, und zu gleich der ärgerliche Concubinatus unter der Hand, an dessen Staat eingeschoben ward. Inzwischen waren doch nicht alle Priester so behertzt, und ihres habenden Göttl. Rechts kundig, dass ja viele in diesem obstehenden Jahr ihre EheWeiber von sich liesen. Einigen, die mit bösen Weibern ge

plagt gewesen, ist hier unter kein geringer Dienst geschehen, und die werden sich gantz gehorsam dem Päbstlichen Decreto unterworffen haben. Andern hingegen ist die Scheidung sehr schmertzlich gewesen, und dennoch erfolgt. Hiervon zeuget das bekannte Chronodistichon auf diese merckwürdige Begeben. heit gerichtet:

MC bisque decem, Danorum Clerus abegit

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... In Schweden und Norwegen lies man die Priester Ehe biss auf die Mitte des folgenden Jahr-hunderts ungestöhrt, weil diese Länder späther zum Christenthum gekommen, und es daher der Politique des Römischen Hoffes nicht gemäss war, dergleichen verdriessliche Motus in den neu gepflanzten Gemeinden zu erwecken, welches von gefährlichen Folgen mögte gewesen seyn.»

42) Münter. A. a. O. pag. 335.

43) Finni Joanna ei, Historia ecclesiae Islandiae. Hafniae. 1772. in 4o. pag. 288. u. fg.; 553. u. fg.

44) Münter. A. a. O. pag. 340. u. fg.

45) Sybel, H. v., Die deutsche Nation und das Kaiserreich. Eine historisch-politische Abhandlung. Düsseldorf. 1862. in 8o. pag. 75. u. fg.

46) Böhmer, G. W., Ueber die Ehegesetze im Zeitalter Karls d. G. und seiner nächsten Regierungsnachfolger. Göttingen. 1826. in 8o.

47) Capitularia Regum Francorum. Additae sunt Marculfi monachi & aliorum formulae veteres, & notae doctissimorum virorum. Stephanus Baluzius... collegit... emendavit... edidit, notis illustravit. Parisiis. 1677. in fol. Bd. I. pag. 944. u. fg.; 978.; 1003. u. fg.; 1062. u. fg.

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Bevor ich daran gehe, das im vorigen Abschnitte Angefangene fortzusetzen, und Das zu entwickeln, welches die griechische Kirche, die Jesuiten u. s. w. über die Ehe verfügten, lehrten, meinten, will ich auf die sogenannten Proben ächte, welche noch in der ersten Hälfte des Mittelalters allgemein Sitte waren und eine grosse Rolle

spielten, aufmerksam machen. Friedrich Christoph Johann Fischer) weiset nach, dass man bei den meisten Völkern Spuren der Probenächte findet und dieses Institut sehr innig mit den Besonderheiten der menschlichen Natur zusammenhängt. Er thut dar, dass bei den Bauern in den meisten deutschen Gauen die Probenächte zur Norm gehören. Und am Ende sind sie etwas sehr Berechtigtes; denn eben so wenig, wie man einen Hasen gerne im Sacke kauft in derselben Weise nimmt man auch nicht gerne ein Weib im Sacke. Bei den Bauern, wo der frische Instinkt noch am wenigsten getrübt wurde, konnten auch Gewohnheiten erhalten bleiben, die aus dem Borne der Natur entsprangen, und nur Dem unsittlich vorkommen, der von den überschwänglichen Begriffen einer krankhaften Welt- und Menschen-Anschauung gefesselt, von dem Vogelleime der Ueberkultur durchdrungen ist. Indem Fischer von diesen Probe- oder Komm-Nächten in Deutschland spricht, bemerkt er unter Anderem, wie folgt: «Doch würde man sehr irren, wenn man sich von dieser Sitte die Vorstellung machte, als wenn solche Mädchen alle weibliche Sittsamkeit verwahrlost hätten, und ihre Gunstbezeugungen ohne alle Zurückhaltung an die Liebhaber verschwendeten. Nichts weniger! Die ländliche Schöne weiss mit ihren Reizen auf eine eben so kluge Art zu wirthschaften, und den sparsamen Genuss mit eben so vieler Sprödigkeit zu würzen, als immer das Fräulein am Putztische. Solche Kommnächte, wie man sie bei den Bauern vielleicht aller civilisirten Länder ohne Ausnahme findet, tragen nicht im Geringsten zur Verschlechterung der Sittlichkeit bei; im Gegentheile sie verhüten Ausschweifungen und Laster auf das Beste. Die Kette der Abenteuer, welche der junge Mann passiren muss, um zu seinem Ziele zu gelangen, lenkt seinen Sinn von der in Wahrheit sehr unsittlichen Onanie und eigentlichen Ausschweifung ab, und führt ihn einem Weibe in die Arme, dem er für das ganze Leben treu bleibt, mindestens treuer, als seine braut-werbenden Collegen in den Städten ihren zukünftigen Frauen ergeben zu bleiben pflegen. «Die Probenächte», sagt Fischer, «werden alle Tage gehalten, die Kommnächte nur an den Sonn- und Feiertagen und ihren Vorabenden. Die Probenächte dauern so lange, bis sich beide Theile von ihrer wechselseitigen physischen Tauglichkeit zur Ehe genugsam überzeugt haben, oder bis das Mädchen schwanger wird. Hernach thut der Bauer erst die förmliche Anwerbung um sie, und das Verlöbniss und die Hochzeit folgen schnell darauf. Unter den Bauern, deren Sitten noch in grosser Einfalt sind, geschieht es nicht leicht

dass Einer, der sein Mädchen auf diese Art geschwängert hat, sie wieder verliesse. Er würde sich ohnfehlbar den Hass und die Verachtung des ganzen Dorfes zuziehen. Aber das begegnet sehr häufig, dass Beide einander nach der ersten oder zweiten Probenacht aufgeben. Das Mädchen hat dabei keine Gefahr, in einen üblen Ruf zu kommen; denn es zeigt sich bald ein Anderer, der gerne den Roman mit ihr von vorne anhebt. Nur dann ist ihr Name zweideutigen Anmerkungen ausgesetzt, wenn sie mehrmals die Probezeit vergebens gehalten hat. Das Dorfpublicum hält sich auf diesen Fall schlechterdings für berechtigt, verborgene Unvollkommenheiten bei ihr zu argwöhnen. Die Landleute finden ihre Gewohnheit so unschuldig, dass es nicht selten geschieht, wenn der Geistliche im Orte einen Bauern nach dem Wohlsein seiner Töchter frägt, dieser ihm zum Beweise, dass sie gut heranwüchsen, mit aller Offenherzigkeit und mit einem väterlichen Wohlgefallen erzählt, wie sie schon anfingen, ihre Kommnächte zu halten. Ich bin nicht geneigt, die allgemeine Durchführung der Probenächte anzuempfehlen - denn diese Sitte ist nur da gut möglich, wo die ganze Bevölkerung ihren naturfrischen Sinn gewahrt hat; kann aber auch nicht umhin, zu glauben, dass in Zeiten, wo mehr Menschen, als vornehmer und niederer Pöbel Europa bevölkern werden, wo der Sieg der Bildung und naturfrischen Nüchternheit, der wahrhaft menschlichen Erziehung und der Wahrheit, über Roheit, Afterweisheit, Traumleben, Vorurtheile, Dünkel, Heuchelei und Lüge entschieden sein wird die Probenächte nichts der wahren Sittlichkeit Gefahrbringendes, vielmehr Verhinderungsmittel von Laster und Ausschweifung sein dürften.

Werfen wir einige Blicke in die Geschichte der Probenächte. Bei den alten Deutschen wurde, wie Christian Ulrich Grupen") nachwies, der Beischlaf vor der Hochzeit geübt. Im siebenten Buche der Capitularien Karl's des Grossen und Ludwig's des Frommen 3) wird von den Brautleuten Keuschheit verlangt und der Gebrauch der Probenächte umzustossen versucht; es heisst dort: «Sciendum est omnibus et firmiter retinendum quod hi qui uxores ducere voluerint, sicut eas castas et incorruptas cupiunt invenire, sic ad eas casti et incorrupti debent accedere, easque cum benedictione sacerdotis, sicut in Sacramentario continetur, accipere. Sed prius eas dotali titulo debent conlingare. Aber demungeachtet blieben die Probenächte bis weit in das Mittelalter und bei den höchsten Personen in Gebrauch, wie sogleich an zwei Beispielen gezeigt werden soll, deren eines Kaiser Friedrich III. betrifft und von Aeneas Sylvius 4)

mitgetheilt wird, während das andere den Grafen Johann IV. von Habsburg angeht und durch Köhler) an das Licht der Oeffentlichkeit gebracht wurde. Als Kaiser Friedrich auf diplomatischem Wege mit Leonore, Prinzessin von Portugal, sich verlobt und der Pabst dieses Verlöbniss bestätiget hatte, schob er die Vermählung aus verschiedenen Gründen auf. Leonore, der das Betragen des Kaisers nicht sonderlich behagte, ersuchte ihren Onkel Alphons, König von Neapel, sich in das Mittel zu legen. Nach langen, aber nutzlosen Vorstellungen gab der König dem Kaiser den Rath, die Braut, anstatt sie nach Deutschland zu führen, dort zu beschlafen, und, wenn sie ihm nach dem ersten Beischlafe nicht gefiele, wieder zurück zu schicken; lieber gleich in Italien zu beschlafen, damit er, wenn sie ihm gefiele, die süsse Last heimführen, oder, wenn sie ihm nicht behagte, beim Könige zurück lassen könnte. Nach der Angabe Köhler's bekam Graf Johann IV. von Habsburg im Jahre 1378 von dem Fräulein Herzlande von Rappoltstein einen Korb, indem sie ihn, nachdem er ein halbes Jahr die Probezeit mit ihr gehalten hatte, der Unmännlichkeit beschuldigte. -- Und solcher Beispiele liessen sich in Massen anführen; sie zeigen alle, dass die Probenacht auch eine urgermanische Sitte ist, demnach mit zur Wesenheit der deutschen Völker gehört. Bei den Naturvölkern findet man die Probenacht sehr häufig; bei vielen erweitert sie sich zur Probeehe; im jüdischen Alterthum nahmen die sogenannten praktischen Essäer ihre Weiber erst drei Jahre lang auf die Probe 6).

Wir kommen nun daran, den Faden des letzten Abschnittes weiter zu spinnen, und zwar in aller Kürze Das anzugeben, welches die alten Franken-Könige und Kaiser in Bezug auf die Ehe und was daran hängt verfügten. König Clothar) verordnet in seiner wahrscheinlich anno 555 n. Chr. herausgegebenen Constitutio generalis, wie folgt: «Nullus per auctoritatem nostram matrimonium viduae vel puellae sine ipsarum voluntate praesumat expetere; neque per suggestiones subreptitias rapiantur injuste. Sanctimoniales nullus sibi in conjugium audeat sociare.» - König Dagobert im Jahre 630 n. Chr.): «Si autem tabularius ancillam regiam aut ecclesiasticam seu ancillam tabularii in matrimonium sibi sociaverit, ipse cum ea servus permaneat. Si autem ecclesiasticus, Romanus, vel regius homo Ripuariam acceperit, aut si Romana, vel regia, seu tabularia ingenuum Ripuarium in matrimonium acceperit, generatio eorum semper ad inferiora declinetur. Si autem ingenuus cum ancilla moechatus fuerit, quindecim solidis culpabilis judicetur. Si autem servus hoc

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