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régime. Im Laboratorium erscheint die elegante Dame, sie ist tödtlich beleidigt und weiß, daß, während sie hier in dem unheimlichen, staubigen, schwarzen Raume weilt, der ungetreue Geliebte mit seiner neuen Freundin auf des Königs Ball tanzt und Beide ihrer spottend glauben, daß sie mit Thränen ihr Unglück beneße. Doch ihre haßerfüllten Augen folgen den Bewegungen des Alten, der das braut, was die verhaßte Nebenbuhlerin bald um Schönheit und Leben bringen soll, das tödtliche Gift.

Eine unerschöpfliche Fülle von Gestalten, in denen allen echtes Lebensblut pulsirt, umdrängen uns, wenn wir des Dichters Werk überschauen. Browning steht seinen Charakteren wie einem Kunstwerke gegenüber, das um so vollendeter wirft, je mehr es sich organisch aus sich heraus entwickelt, die vollkommensten sind für ihn die Charaktere, die ihre eingeborenen Kräfte frei von jedem Hemmniß, entwickeln können. Darum gilt ihm als höchstes Geset der eigenen Persönlichkeit nachzuleben, und als Todsünde an ihr zu freveln.

Nie müde wird er, diese eine große Wahrheit zu predigen. In der Lebensbeichte von ,,Andrea del Sarto" entschleiert sich uns eine Seele, die sich selbst untreu geworden ist; in einer Zwielicht= stunde überkommt ihn die furchtbare Einsicht. Aus Liebe zu dem schönen pußsüchtigen Weibe hat er seine Kunst, die seine Persönlichkeit ausmacht, zu Boden getreten, er sieht das Alles nur zu flar, sieht, daß ihm sein Weib nicht einmal treu ist und doch ist jede Umkehr zu spät, da er sich selbst verloren hat. Der entlaufene Mönch,,Fra Filippo Lippi" aber, der mit einer Nonne lebt und den Wein liebt, so daß er von einem Bekannten in wenig erfreulichem Zustande auf der Straße gefunden wird er that Recht, dieses Leben sich zu ertrozen - denn nur so kann er der gebundenen Kunst der Zeit freiere Bahnen weisen und seine Bestimmung ganz ausfüllen. Gerade diese beiden Gedichte sind vollendete Probestücke für Brownings Kunst, uns im Monolog die innerste Seele einer Individualität zu erschließen.

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Wie sehr der Dichter seinen Charakteren an sich jenseits von Gut und Böse gegenübersteht, das zeigt uns seine Behandlung einer seltsamen florentinischen Erzählung: Die Statue und die Büste“. Auf Piazza Annunziata in Florenz steht eine Reiterstatue, das Antliß nach einem Palastfenster gerichtet, an dem vordem eine Büste ge= standen haben soll. Einst heißt es, soll der junge und kühne Großherzog Ferdinand an dem Fenster einer jungen schönen Frau vorübergeritten

sein, die Liebe zündete in Beider Seelen und Beide beschließen, ihrem Rufe zu folgen und gemeinsam zu fliehen. Aber eine gewisse Trägheit, Unentschlossenheit, vielleicht auch etwas konventionelle Furcht, lassen sie die That aufschieben, immer auf ein Morgen hoffen, bis die Stunde versäumt ist, das Leben entflieht. Hätten fie die Stunde benut ihr Ziel war ein Verbrechen, aber ein größeres begingen sie, als sie das Leben in innerer Unwahrheit so vergeudeten.

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Ein ähnlicher Gedanke liegt dem Gedichte „Too Late“ zu Grunde: der Tod hat dem Sprecher die Frau entrissen, die nie sein Eigen war, die einem Anderen gefolgt war; ihr Nein war für ihn wie ein großer Stein gewesen, den ein böser Dämon seinem der Freude zufließenden Lebensbächlein in den Weg geworfen, damals hatte er ruhig zugesehen, wie nur ein kleines Rinnsal noch um den Block herumgeflossen, ihm schmeichelte die Hoffnung, daß ein Erdbeben den Stein von seinem Plaze schleudern könnte

nun erst, wo das Furchtbare zu spät ihm entgegentritt, weiß er, er hätte handeln müssen, und wäre es mit Gewalt gewesen; denn die Todte weiß jezt, daß Niemand sie geliebt hat, nicht der Gatte, der elegante Reime auf ihren Tod macht, nicht die Welt, nur er allein, der jetzt wenigstens ihr zu folgen weiß, wenn auch zu spät für hier, um dort ganz seiner Liebe zu leben, seinem „summum jus“. Man hat Browning oft vorgeworfen, daß er immer nur lezte Akte seiner Tragödien schriebe, aber ist es nicht eine eigene hohe Kunst, in einem kurzen Monologe uns Menschen - Schicksal und Schuld mit so leuchtender Klarheit zu schildern, daß sie uns zum eigenen lebendigen Erlebniß werden? Und der Dichter versteht es, die Leidenschaft, die das tiefste Innere erschüttert, nach außen gehalten darzustellen, das Bild eines Mannes zu geben, der innerlich bebend schluchzt und doch die Thränen verhält.

Es ist bezeichnend, daß Brownings Poesie jede Sentimentalität fehlt; so oft er auch Resignation und Abschied der Liebe ge= schildert hat, niemals finden wir ein Schwelgen im Gefühl, im Genusse des Schmerzes, der sich allein im Mittelpunkte fühlt. Selbst der Reue, wo er sie für sein Seelenbild braucht, nimmt er das Lähmende durch die Einsicht in das Unabänderliche. Nur einmal hat er die Reue als Hauptinhalt eines Seelenbildes in ihrer ganzen quälenden Gewalt geschildert, in dem Gedichte Martin Relph", jenem Alten, der an jedem 1. Mai auf dem Hügel den Vorübergehenden seine Geschichte erzählt, wie er Preußische Jahrbücher. Bd. CX. Heft 1.

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von Eifersucht verblendet, die Ursache des Todes der Geliebten geworden sei; der Alte erzählt das Erlebniß mit allem Sophismus der Selbsttäuschung, mit der immer wieder erneuten Hoffnung, daß er selbst, oder der Hörer ihn von dem furchtbaren Vorwurf freisprechen könnten.

Brownings Dichtung ist durchaus kraftvoll; auch in seinen Frauengestalten zeigt sich das, wir finden in ihnen die gleichen. Züge wie bei seinen Männern, es sind Alles ausgeprägte Individuen. Sie interessiren den Dichter durchaus nicht nur in ihrem Verhältniß und ihrem Werthe für den Mann, sie stehen auch nicht so stark im Vordergrunde wie in anderen modernen Dichtungen, aber überall sind es festumrissene und dem Mann gleichwerthige Persönlichkeiten; man hat sehr richtig von Browning gesagt, daß er der einzige neuere englische Dichter ist, der Frauen schildert, ohne sie zu idealisiren oder sie herabzuziehen.

Hieraus erklärt sich ein eigenthümlicher Zug von Brownings Liebesdichtung: die Einsicht von der Wandelbarkeit der Leidenschaft; nicht Leichtsinn lehrt seine Männer und Frauen diese Einsicht, sondern die Achtung vor der eigenen Persönlichkeit und der des Anderen. Unendlich ist die Leidenschaft, aber dem endlichen Herzen bleibt nur der Schmerz der Sehnsucht“, heißt es in dem Gedichte „Zwei in der Campagna". Hier ist dieser Gedanke am klarsten ausgesprochen und wird unterstüßt durch die Schilderung der Campagna, wo Roms Geist, seit die ewige Stadt starb, wandelt und jezt die Natur ganz ihren eigenen Willen hat, wo Schweigen und Leidenschaft, Freude und Friede, ein Leben voll Wunder wie im Spiele hervorbringen, ein Meisterstück von Brownings Naturschilderung, die selten nur um ihrer selbst willen da ist und doch mit wenigen Zügen immer das innerste Wesen einer Landschaft heraushebt.

Es ist schwer, Brownings Schaffen in Perioden einzutheilen, wir können höchstens von Gruppen seiner Werke sprechen, die sich zeitlich zusammenschließen; so seßt nach den ersten längeren Jugendwerken die Periode der Dramen ein, die allerdings schon von den ersten Sammlungen der kurzen Monologstudien unterbrochen wird, denen dann bis zum Erscheinen von „Dramatis Personae" i. 3. 1864 ausschließlich die Thätigkeit des Dichters gehört und zu denen er auch später wieder zurückkehrt. Die nächsten zehn Jahre aber zwischen 1865 und 1875 schafft er Gedichte, in denen er, ohne seine

Methode im Geringsten zu ändern, sich wieder wie in seinen Jugendwerken weit umfassenden großen Stoffen zuwendet.

An der Spiße dieser Reihe steht das Werk, das man wohl als sein ,,standard work" ansehen kann, dem Umfange nach sein größtes und nach vielen Seiten auch sein bedeutendstes, The Ring and the Book". Browning nimmt zu der Fabel, dem Geschehniß in seinen Gedichten eine ganz besondere Stellung ein. Er ist nie ein Erzähler und giebt sie uns niemals unmittelbar, sondern reflektirt von dem Seelenspiegel seiner Helden; wie diese die Ereignisse ansahen, nach ihrem Augenpunkte gemodelt werden sie uns vorgeführt. Nach dieser Richtung bietet „Der Ring und das Buch“ das Facit und die Probe auf die Rechnung seiner Kunst. Das Werk besteht aus 12 Büchern, von denen uns zehn in Einzelmonologen die gleiche Geschichte zehnmal erzählen. Das erste Buch ist eine Einleitung, die sich mit Auffindung der Fabel beschäftigt, und das lette rechtfertigt den Titel des Buches. Diese Fabel ist eine an sich nicht sehr merkwürdige Mordgeschichte, die Browning einst für wenige Soldi bei einem Antiquar in Florenz erstand, sie erzählt, wie eine junge Frau, die ihrem brutalen Gatten entlaufen und zu ihren Eltern zurückgekehrt war, von diesem sammt dem alten Paare ermordet wurde. Der siebzehnjährigen Pompilia hatte ein junger Priester bei der Flucht geholfen. Sie war als dreizehnjähriges Kind von den reichen Eltern dem adligen Schwiegersohne angetraut, da die Alten sich von dem Glanze des Namens auch für ihr Leben Vortheile versprochen hatten. Sie hatten sich getäuscht, das finstere Herrenhaus war auch ihnen ein Gefängniß. Da entdeckte die Frau ihrem Gatten, daß Pompilia nur ein untergeschobenes Kind sei; Beide verlassen das Haus und der Alte will nun die Mitgift nicht herausgeben. Unterdeß litt die arme Pompilia, von allen Seiten im Stich gelassen, fürchterlich unter den Mißhandlungen ihres jest doppelt grausamen Gatten. Als sie sich Mutter fühlte, fürchtete sie für ihr und ihres Kindes Leben und fand den Muth, mit Hilfe des Priesters, ihres einzigen Vertrauten, zu entfliehen. Es gelang, aber nur wenig Wochen konnte sie die Seligkeit, ihren Säugling an der Brust zu halten, geuießen, da traf sie das Verhängniß.

Dies, nur wenig mehr ausgeführt, fand Browning in dem vergriffenen, kleinen gelben Büchlein. Er machte kein Drama daraus, in dem er die Handlung auf eine Reihe von Personen vertheilte, aber doch schuf er sich zehn Akteure, zehn Darsteller,

von denen jeder für sich von seinem Standpunkte aus dem Hörer die Geschichte berichtet. Die ersten drei Monologe werden von drei Vertretern des unbetheiligten Publikums gesprochen; der erste tritt für den beleidigten Ehemann ein, der zweite nimmt mit romantischer Schwärmerei Partei für die schöne, junge Pompilia, die sterbend im Hospital liegt. Der dritte gehört der skeptischen höheren Gesellschaft an; halb mitleidig, halb verachtend sieht er auf den Skandal der niederen Kreise herab. Mit dem nächsten Buche reihen sich die drei Hauptpersonen an. Der Mörder, Graf Guido hält seine Vertheidigungsrede vor Gericht, er ist verschlagen und flug und kämpft für sein Leben, seine Rede ist ein Gemisch von Sophismus, lauernder Grausamkeit und Gemeinheit. Nach ihm spricht ebenfalls vor Gericht Giuseppe Caponsacchi, der junge Priester, voll glühender Beredtsamkeit; es gilt, sich und das junge Weib zu vertheidigen, er weiß, daß ihre beiden Seelen rein sind, daß er nicht anders konnte, als ihr helfen. Ob er sie liebt, wie sollte er ein solch Liebe und Schuß bedürftiges Wesen, halb Kind halb Weib, nicht lieben doch nur zuleßt giebt ihm die Sehnsucht, die Sterbende noch einmal zu sehen, Worte voll hinreißender Leidenschaft in den Mund. Und nun Pompilia selbst, sie liegt auf dem Siechbett, den sicheren Tod vor Augen, ihr bleibt noch der Athem zur Beichte, es ist ein halbes Stammeln, ein Kindergeplauder einer weltfremden Seele, und doch tief erschütternd in seiner zarten, schluchzenden Beredtsamkeit. Selbst Browning hat kaum zum zweiten Male etwas von so rührender Größe geschaffen wie den Charakter Pompilias. Die beiden nächsten Bücher gehören den gerichtlichen Vertheidigern der beiden Parteien, das eine ein Glanzstück von Advokaten-Beredtsamkeit, das andere fast eine Burleske. Nach ihnen spricht der Papst, ihm steht die letzte Entscheidung zu, sie lautet auf Tod des Mörders; nächst „Pompilia" das bedeutendste der Bücher, voll tiefer Gedanken und gewaltiger Bilder und Gleichnisse. Zum Schluß erhält noch einmal der Verurtheilte das Wort; hier hat Browning das interessanteste seiner Seelenbilder entworfen, gerade im Gegensatz zu der früheren Vertheidigungsrede Graf Guidos; dort versteckt sich Angst und Feigheit hinter einem möglichst sicheren Auftreten, einer brutalen Außenseite, hier sehen wir einen fortwährenden Wechsel der Stimmung, von winselnder Todesfurcht zu jammernden Bitten um nichts als das Leben, von Frechheit und Troß zu völliger Zerknirschung.

„Du bist ein toller Kerl", hatte damals Carlyle dem Freunde

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