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zugerufen, „aus einer Zeitungsnotiz machst Du ein großes Werk." Das war Spott und Bewunderung gemischt; gewiß wird das Gigantische des künstlerischen Gedankens, der in diesem Werke zur Ausführung kam, dem einheitlichen Genusse im Wege stehen, doch giebt es wohl kein Werk der neueren englischen Literatur, das so das Studium verdiente und es mit so reichen Zinsen lohnte.

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The Ring and the Book“ ist das Werk, das Browning über die unerträgliche Leere der ersten Zeit nach dem Tode seiner Gattin forthalf, ihr hat er dies große Werk gewidmet, in wunderbaren, tiefempfundenen Blankversen von musikalischer Schönheit und rein lyrischem Klange; wer diese Widmungsverse liest, wird nicht den Vorwurf der Härte, der der Browningschen Poesie immer gemacht wird, aufrecht erhalten können. Brownings Gedankenreichthum befundet sich auch in der Form der Behandlung des Verses. Erstaunlich ist es, wie Browning in einem Werke, wie das eben besprochene, den Blankvers für seine Zwecke der individuellen Rede vom spöttischen Plauderton bis zum emphatischen Schwung und Pathos verschieden zu behandeln versteht, und wie er ihn ebenso der weichsten. lyrischen Empfindung anpaßt. „Brownings Vers ist rauh und herb in ebendemselben Maße wie seine Sprache dunkel und unverständlich ist", ein solcher Vorwurf ist, wie schon Swinburne in seinem Aufsaße über Chapman nachgewiesen hat, nur ein Ausdruck für die Ungeduld des flüchtigen Lesers. Brownings Fehler ist nicht Dunkelheit, sondern eine zu große Ueberfülle der Gedanken; wie Swinburne sagt: mit einer zu glänzenden Intelligenz selbst ausgestattet, macht er es dem Leser oft schwer, ihm ebenso schnell zu folgen; und der Vers, der diesem Ueberreichthum sich anpassen soll, wird oft ge= drängt und abrupt. Ueber welch eine musikalische Schönheit aber auch Browning verfügt, das zeigen die rein lyrischen Gedichte, Lieder in unserem Sinne, die in seinen größeren Werken von Paracelsus an eingestreut sind oder als Prologe und Epiloge seinen großen Sammlungen beigefügt wurden. Alle Töne sind hier angeschlagen, einfache Volkskieder, Balladen, reflektirte Stimmungsbilder und Liebeslieder.

Allerdings erreichte auch in diesen Liedern Browning nicht die leicht verständliche Klangschönheit eines Tennyson, seines großen Rivalen in der Dichtkunst des 19. Jahrhunderts. Tennyson hat seine beispiellose Popularität in erster Linie der Fähigkeit zu danken, daß er Gedanken und Empfindungen, die von allen verstanden und erlebt sind, in Worten von reicher musikalischer Schönheit auszu

drücken wußte. Er galt und gilt noch jezt vielen als der eigentliche Repräsentant seiner Zeit, und wenn man die Vielen“ in der weiten Ebne als die maßgebenden Zeitgenossen eines Dichters ansieht, so hat man wohl Recht damit. Browning ist gewiß erst spät von seiner Zeit verstanden worden, aber mit seiner Dichtung reiht er sich den Geistern an, welche die Träger des Fortschritts für ihre Zeit waren und für nachlebende Generationen doch als die eigent= lichen Vertreter ihrer Zeit gelten werden. Browning begann in den dreißiger Jahren, in einer Zeit zu dichten, als sich in dem englischen Volfe überall ein neues Leben zu regen begann, noch halb unbewußt und wirr, aber kräftig, wie bei jemand, der aus langem Schlafe erwacht. Es mußte ein Ende gemacht werden mit der langen Zeit des Schlendrians, die als Reaktion nach den Stürmen der Revolution eingesetzt hatte. Es herrschte bisher auf allen Gebieten, in Politik, Religion und sozialem Leben ein gefährlicher Grundsatz von Leben und Lebenlassen, nur nichts dem Anderen thun, damit man selbst in seinen Kreisen nicht gestört werde. Nur wenn es einmal galt, einen großen, selbständigen, unbequemen Charakter auszustoßen, dann brach ein Sturm los, so als Byron und Shelley vertrieben wurden. Das mußte dann immer mehr den Sieg der Flachheit und Mittelmäßigkeit bedeuten.

In diese unbewegte Atmosphäre fuhr damals wie ein Sturmwind von Norden her Carlyles Stimme hinein; er rüttelte die Geister aus ihrem Halbschlaf; und wenn sie auch vorgaben, ihn nicht zu hören, die angenehme Ruhe war doch gestört und überall begann der Ruf nach Reform. Carlyle ist nun zwar nicht verantwortlich zu machen für alle Reformen auf politischem und religiösem Gebiete, er hat beide oft genug leidenschaftlich bekämpft, selbst die soziale Arbeit, zu der er doch zuerst gerufen, war ihm nicht immer recht, aber alle diese Bewegungen waren gleiche Symptome des neu erwachten Lebens, einer Besinnung auf sich selbst. Mochte auch Newman in Orford sich rückwärts der alten Kirche zuwenden und Carlyle den,,Exodus from Houndsditch" die Loslösung von allem veralteten Dogma predigen, beide wandten sich gegen die gleiche verknöcherte Herrschaft des todten Buchstabens. Solch eine Bewegung aber schuf Individuen, Naturen im Goethischen Sinne. Und welch ein Dichter hätte wie Browning Naturen zu schildern verstandern.

Und wenn Carlyle lehrt, daß das Heil der Menschheit nur in der Selbstentäußerung läge, in der Arbeit, die über das Individuum.

hinausführe, so befindet er sich doch nur scheinbar im Widerspruch mit Brownings Theorie von dem „summum jus“ der Persönlichfeit. Denn Carlyle wendet sich nur gegen den schwächlichen unfruchtbaren Egoismus, der sich in Sentimentalität und Sebstbeschauung verliert. Jedes Ziel, das der Mensch sich seßt, führt ihn über sich, d. h. über seine Unfruchtbarkeit hinaus und jedes Streben nach diesem Ziel ist Arbeit nach Carlylescher Definition, jeder Arbeiter aber ist auf dem Wege, ein Held zu werden. Gewiß pflichtet Brownings ganze Dichtung und Weltanschaung dieser Schlußfolgerung bei. Carlyles persönliche Stellung zu Browning ist nicht durchweg klar: während er privatim mit ihm auf freundschaftlichstem Fuße stand und, was bei Carlyle gewiß keine konventionelle Phrase war, aufs höchste Brownings Dichtung billigte und nach seinen eignen Worten von ihm unter allen Lebenden für das englische Volk am meisten erwartete, blieb eine öffentliche Anerkennung des Dichters aus, ja Browning selbst war doch ein wenig innerlich gekränkt, als Froude's umfassendes Werk über Carlyles erschien, und er dort kaum genannt wurde. Wahrscheinlich lagen hier persönliche Einflüsse vor; Jane Carlyle, immer sehr entschieden in Liebe und Haß, hatte eine ausgesprochene Abneigung gegen Browning, in die sie augenscheinlich auch ihren nahen Freund Froude hineingezogen hat. Wie dem auch sei, Browning und Carlyle sind doch Brüder eines Geistes, der tiefste Grund ihrer Weltanschauung war der gleiche. Beide waren Kämpfernaturen, und der unerschütterliche Optimismus, dem beide huldigten, war ein Optimismus des Kampfes, an dem nichts von Weichheit und Flachheit zu spüren, der stahlhart ist. Das Leiden erkennt Browning als eine Nothwendigkeit an, als ein Hinderniß, das dem lebenden Menschen sich in den Weg stellt, um überwunden zu werden, ohne welches das Leben kein Ziel, keine Freuden, keine Helden, keine Heiligen“ hätte. In diesem Optimismus spricht am unmittelbarsten Brownings eigenste Persönlichkeit zu uns, während er diese sonst mit scheuer Prüderie vor allen Augen verhüllen möchte.

Diese Weltanschauung giebt seiner Erscheinung eine so eigenthümliche Kraft und seinem Alter eine seltene Wärme, Heiterfeit und Jugendfrische. Sie hat ihm bis zuletzt seine Dichterkraft erhalten; die letzte Nachricht, die ein Lächeln auf dem Antlitz des Sterbenden hervorrief, war die, daß sein letzter Band Gedichte, der eine Reihe seiner schönsten Liebeslieder enthält, zur Veröffentlichung bereit sei an dem Tage, an dem die Trauernachricht

seines Todes von Venedig aus England erreichte, wurde dies Vermächtniß der Welt übergeben und einen edleren Nachruf kann sich ein Dichter nicht selbst halten als mit diesem Werke, das mit dem Epilog schließt:

Wenn um Mitternacht, zu stiller Schlafensstunde,
Deine Träume frei entfliehn,

Werden sie, wo, todtumstrickt nach Thorenglauben,
Der dich liebte, den du liebtest, ruht, voll Mitleid
Zu ihm ziehn?

So geliebt sein, so zu lieben und verkannt doch.
Was zu schaffen auf der Welt

Hatt' ich mit den Trägen, Narren, Feigen?
Daß ich ziellos, hilflos, hoffnungslos zu jenen
Mich gejellt?

Der nie rückwärts sah, nein vorwärts stürmte, glaubend,
Daß die Wolken doch vergehn,

Daß nie Unrecht ob dem Rechte triumphire,

Taß man schläft zu wachen, fällt, um besser kämpfend

Aufzusteh'n.

Drum zu Mittag, in dem Kampf der Männerarbeit
Grüß ihn unsichtbar von dir!

Heiß die Brust voran, wie sich's gehört ihn stemmen,
Ruf ihm Streb und lebe, eil zum Kampfe immer
Dort wie hier!"

Das Lutherbild

in der katholischen Geschichtschreibung.

Bon

Karl Tro st.

Zu den Grundlehren der katholischen Kirche gehört der Say, daß die gläubige Annahme der von Gott geoffenbarten, von der Kirche vorgestellten Wahrheit eine unabweisbare Pflicht ist. Es ist also in deutlichen Worten gesagt: entweder richtest Du Dein ganzes Denken, Fühlen und Wollen nach dem von der Kirche sanktionirten Schema ein oder die Kirche erklärt Dich für einen Menschen, der sich gegen Gottes Gebot auflehnt, der mit frevlem Muthe seinen eigenen Willen an die Stelle des göttlichen sett. Demnach ist es auch vom Gesichtspunkt der Logik aus nicht zu beanstanden, wenn strenggläubige katholische Schriftsteller die großen Denker, welche über die höchsten Menschheitsfragen ein selbständiges Urtheil zu gewinnen strebten, als schwarze Verbrecherseelen brandmarken. Der Prager Professor O. Willmann sagt in seiner Geschichte des Idealismus von Spinoza: „Der Kern seines tractatus theol. pol. ist die Ausrottung der Religion durch die von radikalen Aufklärern gegängelte Staatsgewalt. Spinozas Biographen versichern uns in aufdringlicher Weise, daß sein Privatleben tadellos gewesen sei, wobei sie das richtige Gefühl leiten mag, daß wir bei seiner Verbrechermoral auch ein schändliches Leben erwarten dürfen.“ Von Kant urtheilt derselbe Willmann, einer der hervorragendsten Vertreter der katholischen „Philosophie“, er sei „ein Prädikant des Umsturzes von Glaube, Sitte und Wissenschaft", also ein Zerstörer alles dessen, was den höheren Werth des Menschen ausmacht. Wenn schon von Philosophen, die sich des direkten Angriffs auf die Glaubensformeln der Kirche enthielten, in dieser Tonart gesprochen. wird, was werden wir erst zu erwarten haben, wenn „Glaubensneuerer" in Frage kommen, die, wie Luther oder Calvin, Millionen von Gläubigen dem heil. Stuhl abwendig gemacht haben?

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