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ungefähr zusammen mit dem Inslebentreten des Verbandes deutscher Kartelle, der sich an den Zentralverband Deutscher Industrieller angegliedert hat.

Die leitenden Gedanken, welche unsere Kartellführer bewegen, lassen sich in zwei Punkte zusammenfassen. Einmal hätten die Syndikate und Kartelle die Aufgabe, die großen wirthschaftlichen Schwankungen und Absaßkrisen einzudämmen, ja ganz zu verhindern. „Die Kartelle und Syndikate“, so führte Herr Bueck bei der Kartellkonferenz am 9. April 1902 aus, seien schon gegenwärtig erfolgreich bestrebt, die Produktion dem Verbrauch anzupassen, die Preise in ein richtiges Verhältniß zu den Selbstkosten zu bringen, und so den Bestand der Betriebe und damit den Arbeitern dauernde, gleichmäßige und lohnende Beschäftigung zu sichern.“

Der zweite Gesichtspunkt betrifft die amerikanische Gefahr. „Nicht die Monroe-Doktrin“, sagt Steinmann-Bucher, „nicht der Dingleytarif bilden die amerikanische Gefahr, sondern die Trusts", in welchen er die „Organisation der amerikanischen Industrie zu großen monopolistischen Unternehmungen“ erblickt. „Darum“, so schließt er, wird die Zukunft unserer Ausfuhr nicht allein davon. abhängen, welche Handelsverträge wir abschließen, sondern auch davon, ob die deutsche Industrie im Stande ist, sich innerlich so fest zu fügen (sc. durch Kartelle), daß sie den Kampf mit den amerikanischen Trusts bestehen kann.“

Beseitigung der Krisen und Stärkung der deutschen Industrie gegen den ausländischen Wettbewerb sind die beiden Ziele des Kartellwesens, treffliche erstrebenswerthe Ziele. Verweilen wir zuerst einmal bei dem letteren.

Die amerikanischen Trusts sind es, in denen die Ursache für die Stärke der heutigen amerikanischen Industrie erblickt wird. Sie werden gleichsam als das Vorbild für die deutsche Kartellbewegung hingestellt. Da ist es erfreulich, daß durch die umfassenden Untersuchungen der amerikanischen Industrial Commission uns ein umfangreiches Material aus Sachverständigenvernehmungen über das Wesen der Trusts an die Hand gegeben ist. Einer der besten gegenwärtigen Nationalökonomen der Vereinigten Staaten, Professor Jenst, hat in seiner Schrift The Trust Problem"*) die Hauptergebnisse dieser Sachverständigenvernehmungen zusammengestellt. Er giebt uns eine genaue Schilderung über die Methoden, *) New-York 1900.

wie sich ein Trust aus einer Reihe von einzelnen Gesellschaften zu bilden pflegt. Ursprünglich gaben die einzelnen Aktieninhaber der Unternehmungen, die sich zu dem Trust zusammenschließen wollten, einer Anzahl von Trustleitern (Trustees), sieben oder neun an der Zahl, die Vollmacht, ihre Antheile nach ihrem Ermessen zu vertreten, indem sie ihnen die Aktien übertrugen. Die Trustleiter gaben dafür an die Aktieninhaber übertragbare Trustzertifikate aus, und auf Grund dieser Zertifikate wurde der Gewinn vertheilt. Die Trustleiter erhielten somit die Macht, die Geschicke jeder der einzelnen Gesellschaften nach gemeinsamen Grundsäßen zu lenken. Durch ge= richtliche Entscheidung wurde diese Art der Trustbildung für ungesetzlich erklärt, und die Trusts dadurch gezwungen, eine neue Form der Vereinheitlichung zu schaffen. Dies geschah, indem die Zertifikatinhaber zu Aktieninhabern einer neuen Gesellschaft gemacht wurden, welche sämmtliche Anlagen der bisherigen Einzelunternehmungen als Eigenthum übernahm. Eine Reihe von Trusts haben sich eine etwas veränderte Organisation gegeben, aber die geschilderte Form ist im Grunde typisch und kennzeichnet den Charakter des amerikanischen Trustwesens. Dieser Charakter ist in der Hauptsache der, daß eine große Zahl, womöglich alle gleichartigen Betriebe unter eine einheitliche Leitung gebracht werden. Der amerikanische Trust repräsentirt demgemäß keinen wesentlich anderen ökonomischen Zustand, als ihn eine Reihe von Großbetrieben in Deutschland darstellen. Wenn die Hamburg-AmerikaLinie, unsere größte Schifffahrtsgesellschaft, im Laufe der Zeit eine Reihe von kleineren Gesellschaften und Privatunternehmungen des Schifffahrtsbetriebes nach und nach in sich aufgefogen hat, so ist das nur ein durch die Zeitfolge vom amerikanischen Trust sich unterscheidender Vorgang. Das Nacheinander bei der HamburgAmerika-Linie wird bei dem amerikanischen Trust zu einem Nebeneinander. Aehnliche Vorgänge wie bei der Hamburg-AmerikaLinie finden wir in Deutschland freilich weniger in der Industrie, als vielmehr noch im Bankwesen, wo der Konzentrationsprozeß gerade in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat. Der Trust ist also nichts Anderes als eine vorgeschrittene Form des kapitalistischen Großbetriebes.

Freilich diese Form des Großbetriebes hat gewisse Kennzeichen, die sich bei den deutschen konzentrirten Unternehmungen heute in der That noch nicht finden, Kennzeichen monopolistischer Art. Dadurch, daß die Konzentration der Betriebe gleichzeitig erfolgt,

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werden in der Regel alle Betriebe zusammen vereinigt, während in Deutschland in Folge des Nacheinander mehrere Konzentrationsbetriebe in einer Branche entstanden sind. Dabei darf allerdings daran erinnert werden, daß auch in den Vereinigten Staaten in der Eisenindustrie nicht sogleich sich ein einzelner Trust, sondern zunächst mehrere Trusts bildeten, und es erst in jüngster Zeit gelang, diese Trusts wieder zu einem gemeinsamen Trust, dem gewaltigen Stahltrust, zusammenzuschließen. Im Allgemeinen aber wird man sagen können, daß die bedeutend weiter vorgeschrittene Betriebskonzentration in den Vereinigten Staaten zu einer monopolistischen Stellung der Trusts geführt hat, die namentlich in Bezug auf die Preise von Wichtigkeit ist.

Ein anderes Charakteristikum der amerikanischen Trusts darf nicht außer Acht gelassen werden. Konzentrationsbestrebungen vermögen sich nach zwei Richtungen hin zu erstrecken, einmal horizontal, d. h. innerhalb einer Branche werden sämmtliche Gleichartiges fabrizirende Betriebe zusammengefaßt, oder vertikal, d. h. es werden alle Betriebe zusammengefaßt, welche sich mit der Gewinnung und Verarbeitung der gleichen Stoffe vom Rohprodukt bis zum Fertigfabrikat befassen. Der Vorgang wird dabei in der Regel der sein, daß zunächst die horizontale Vertrustung vor sich geht und danach aus den horizontalen Trusts der vertikale Trust entsteht. Eine vertikale Konzentration ohne vorhergehende horizontale Vertrustung führt nicht immer sofort zu eigentlichen Trusts, sondern nur zu kombinirten Großbetrieben, wie wir sie in der deutschen Industrie schon vielfach haben, so vor Allem in der Eisenbranche, wo es Werke giebt, die ihre eigenen Kohlenzechen und Erzgruben haben, selber verhütten, das Eisen walzen, gießen und weiterverarbeiten. Eine solche vertikale Konzentration ohne Vertrustung führt nicht immer zum Monopol, sondern vermag im Gegentheil zu scharfen Konkurrenzfämpfen zwischen mehreren solcher Kombinationsbetriebe zu führen. Selbstverständlich ist es nicht ausgeschlossen, daß aus allen Kombinationsbetrieben ein und derselben Branche auch schließ= lich ein Trust entsteht. Die amerikanischen Trusts nun stellen sich dar als Kombinationen sowohl vertikal als horizontal zusammengefaßter Betriebe.

Vergleichen wir mit diesen amerikanischen Trusts das deutsche Kartellwesen, so finden wir, daß der Kartellgedanke in Deutschland ganz anders verwirklicht ist als in Amerika. Ausgeprägte Trusts im amerikanischen Sinne haben wir in Deutschland nicht. Nicht

als ob lediglich die Rechtsform des Trusts uns fehlte, auch seine ökonomischen Merkmale finden wir bei unseren deutschen Kartellen nicht. Das deutsche Kartell stellt sich dar als eine Vereinigung gleichartiger Unternehmungen ein und derselben Branche, welche über Preis, Absay, Produktionsumfang und Aehnliches gemeinsame Verabredungen treffen. Das deutsche Kartell ist demnach nicht eine Betriebskonzentration, sondern eine Koalition von Betrieben. Der fundamentale Unterschied zwischen deutschem Kartell und amerikanischem Trust liegt darin, daß der Trust fortlaufend seine sämmtlichen Fabrikationsanlagen und sonstigen Etablissements von einheitlicher Stelle aus verwaltet und dirigirt, während die einzelnen Etablissements des Kartells nur in einzelnen Theilen ihres Betriebes durch einen Vertrag an gewisse Normen gebunden sind, im Uebrigen aber jedes seine eigene Leitung behält. Welches von beiden das festere ökonomische Gefüge ist, Trust oder Kartell, ist danach leicht zu ermessen.

Auch in der Erreichung ihres wirthschaftlichen Effektes sind Trust und Kartell von einander grundverschieden. Was die Aufgabe des amerikanischen Trusts ist, ist zwar nirgend mit Worten angegeben, läßt sich aber sehr leicht dahin zusammenfassen: Möglichste Verbilligung und Ausdehnung der Produktion und möglichste systematische Eroberung der Absaßgebiete im Inland und Ausland; dieses Ziel wird erreicht durch die höchste Form des kapitalistischen Großbetriebes mit ihrem monopolistischen Charakter. Die Aufgabe des deutschen Kartells wird nach den bereits angeführten Worten des Herrn Bueck anders dargestellt, nämlich: Die Produktion dem Verbrauch anzupassen und die Preise in ein richtiges Verhältniß zu den Selbstkosten zu bringen. Von Ausdehnung und Verbilligung der Produktion und von der Eroberung der Abjazgebiete ist in diesem Programm nichts enthalten.

Wie die Ziele, so sind auch die Mittel zu ihrer Erreichung bei Trust und Kartell ganz verschieden. Der Trust sucht sein Ziel zu erreichen wie jeder Großbetrieb durch die ökonomische Konzentration in der Fabrikation und in der Verwaltung. Es sind die auf die möglichste Höhe getriebenen Vortheile des Großbetriebes, welche beim Trust zu einer ständigen Verbesserung und Verbilligung der Produktion führen. Durch die in Allem durchgeführte Zentralisation werden zahlreiche Arbeitskräfte für neue Thätigkeit frei. Veraltete Maschinen werden durch neue ersetzt, wenig rentable Anlagen werden ausgemerzt, die neuesten Fabrikationsmethoden,

Maschinen und Patente werden ausprobirt und eingeführt. Anders das Kartell. Steinmann-Bucher stellt als erstes in Betracht kommendes Mittel zur Erreichung der Ziele der Kartelle „eine der Wirklichkeit möglichst nahe kommende Beurtheilung des Marktes, der Absaßverhältnisse, der Aufnahmefähigkeit und deren Bewegung“ hin. Bezeichnend ist, wie Steinmann-Bucher das deutsche Kohlensyndikat schildert. Er erwähnt das Kohlensyndikat zunächst als ein Beispiel guter Orientirung über die Lage der Absaßverhältnisse und meint, es könne bis zu einem gewissen Grade den Industriebetrieb regulirend beeinflussen, dadurch, daß es — die Marktlage vorsichtig abwägend Förderung und Preis der Kohle bestimmt, ähnlich wie die Diskontopolitik der Reichsbank auf den Geldmarkt einzuwirken versucht."

Sehen wir uns die bisherige Thätigkeit der deutschen Kartelle an, so müssen wir gestehen, daß dieselben im Allgemeinen von einer richtigen rechtzeitigen Beurtheilung der Marktlage noch recht weit entfernt sind. Die mangelnde Kenntniß auf diesem Gebiete geht so weit, daß eines unserer bedeutendsten Syndikate, das Druckpapiersyndikat, in den letzten Monaten mit einer Produktionseinschränkung von 40 Prozent gearbeitet hat. Man vergegenwärtige sich, was für eine Brachlegung der nationalen Produktion eine solche Einschränkung bedeutet. Aber sie wird für nothwendig gehalten, damit nicht durch ein größeres Angebot der Preis des Produktes sinkt. Und darin liegt denn nun die ganze Weisheit der heutigen Kartelle. Ihr Bestreben ist, die Preise des Produktes mindestens immer so hoch zu halten, daß ein genügender Unternehmergewinn verbleibt, und für diesen Zweck werden alle Mittel ausersonnen. Mit einem gewissen Schrecken müssen wir sehen, daß auch die neueste Organisationsbewegung unter den Kartellen im Grunde nur dem einen Zweck dienen soll, „wirksamere Machtmittel zu schaffen“, wie Steinmann-Bucher sagt, nicht aber „nur belehrend" zu wirken.

Auch der amerikanische Trust wird zweifellos seine monopolistische Machtstellung dazu ausnüßen, seinen Unternehmergewinn in erster Linie zu sichern. Aber dies ist nicht sein erstes und einziges Ziel, und er sucht es nicht zu erreichen lediglich auf dem Wege der Preispolitik oder durch gewaltsame Produktionseinschränkungen. Und so sehen wir in der That aus den Schilderungen. von Jenks, daß die Vernehmungen der Industrial Commission durchaus nicht immer ein Steigen der Preise infolge der Trusts,

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