ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

"

Seele empfindet schwarz und schwer das ungeheure Leid. Aber in dieser Seele, auf tiefunterstem Grunde da mußte etwas" unendlich selig sein. Und es war mir klar: Das Licht am Campanile ist nur ein Symbol für ein geheimnißvolleres Licht, das in der Seele dieser Frau leuchtet. Sie träumte nicht von einem Glück; es war weniger als Traum. Aber es war doch eine ungeheuere, todtsichere Zuversicht: Es giebt ein Glück; es giebt Menschen, die das Glück in sich tragen. Und diese todt= sichere Zuversicht war aus dem Unbewußten ihrer Seele durch den Schlag eines ungeheuren Schicksals aufgeweckt, in jenem Augenblick, als die Reine erfuhr, sie müsse, um tausend Leben zu retten, zu Prinzivalli gehen -nackt, nur in ihren Mantel gehüllt. Da war jenes Unbewußte aus der tiefsten Seelentiese geweckt worden, zu weniger als einem Traum, aber doch zu einer lebendigen Kraft. Und diese Kraft ließ sie sprechen, ohne Besinnen: „Ich werde heute Abend gehen." Und diese Kraft ließ sie dann gehen, ohne Zaudern, von magischer Gewalt gezogen, in nachtwandlerischer Sicherheit, eine reine Seele, die keusch sich im Mantel verbirgt und wie ein holdes Wunder dem Glück entgegenschwebt.

Hiermit haben wir den Schlüssel zu dem geheimnißvoll leuchtenden Sinn der ganzen Dichtung. Es liegt eine Art Philosophie des Unbewußten zu Grunde. Und das Unbewußte ist das Glück. Die Menschen, die nach Gründen und Sahungen handeln, führen ein falsches Leben in einer wirren Welt. Die Menschen aber, die aus Abgründen handeln, wandeln ihrem Glück entgegen. Aus dem Bewußtsein stammt der Irrthum und fließt jenes Gejez des gemeinen und alltäglichen Lebens, nach dem die Menschen die Lüge als Wahrheit glauben. Ich habe vorher bemerkt, daß jeder tragische Fall ein tiefer liegendes Gesez des Lebens bloßlegen und zu einer höheren Lebensführung und reiseren Lebenserkenntniß geleiten muß. Das ist in Wahrheit auch in dieser Tragödie Maeterlincks der Fall. Die alltäglichen Menschen des Bewußtseins erleiden der Idee nach den Tod und das Unglück; die beiden aber, die das Gesez ihres Handelns aus dem Unbewußten holen, das zugleich weniger und mehr als das Wissen und die Klugheit ist, streben über das Mittelmaß des Alltags zu einer höheren Daseinsstuse und bauen sich hier in vollkommener Schönheit einen „Tempel" auf, der Jahrtausende unter der Last gehäufter Menschenflugheit begraben" gewesen ist. Es handelt sich um eine menschliche Wiedergeburt, die in diesem Renaissance" Drama Gegenstand der Behandlung ist. Und führend voran schreitet auf dem Wege dieser Wiedergeburt das Weib, das sich seine Instinkte nicht durch Männerklugheit hat verderben lassen und das mit der Weisheit der Natur und dem Gesez des Lebens im Bunde geblieben ist. Wenn im zweiten Akt Giovanna es nicht begreift, daß Prinzivalli ihr wohl sein Leben lang folgte, aber nie, auch ehe sie geheirathet hatte, ihr seine Liebe zu enthüllen wagte, wenn also, entgegen der bisherigen Menschensitte, das Weib in der Liebe die aktive und der Mann die passive Rolle spielt, so ist das nicht nur psychologisch für die Entwicklung dieser Liebes

"

"

szene bemerkenswerth sondern in diesem Renaissance"-Drama von philosophischer Bedeutung. Und ferner: Prinzivalli muß notwendiger Weise ein heimathloser Abenteurer" unbekannter Herkunft sein, den der Staatsgedanke nicht bindet, kein Erdenbürger, sondern sozusagen ein Himmelstind, um überhaupt Giovanna folgen zu können. Man wird nun auch begreifen, welcher tiefe und philosophische Sinn im Plan des Ganzen vor der großen Liebesszene der Auseinandersehung zwischen Prinzivalli und dem Staatsmann Trivulzio zukommt, die in den Worten gipfelt: „Ein jeder hat ein Schicksal. Für den einen ist es ein Gedanke, für den andern ein Wunsch.“ Dieses Renaissance“- Drama mit seinem Monna-Vanna-Glück steht in konträrem Gegensay zu der „Feudal"-Tragödie Hebbels, darin der Agnes Bernauerin von den Staatsmännern“ ihr Todesschicksal bereitet wird. So habe ich den philosophischen Sinn und den Fall der neuen Tragik, der der Maeterlinckschen Dichtung innewohnt, bloßgelegt. Nur von dem Begriff dieser neuen Tragik aus läßt sich das Werk begreifen. Es ist das Wesen dieser neuen Tragik, daß sie mit dem Optimismus im Bunde steht und das Leben liebt, indem sie es erhöht. Philosophisch mag wohl dies oder jenes gegen das poetische Werk und seinen tragischen Optimismus einzuwenden sein und darum möchte ich die spezifisch philosophische Seite des Falles Arthur Drews übergeben. Psychologisch aber wird der Fall Optimismus contra Pessimismus wohl nur durch die Erfahrungen der Seele zu entscheiden sein. Und da muß wohl Maurice Maeterlinc unendlich Schönes erfahren haben, dem er in seinem Werk mit überzeugender Poetenkraft beglaubigten Ausdruck gegeben hat.

Ich kann doch nicht umhin, darauf hinzuweisen, wie völlig unzulänglich der Fall dieses Dramas jelbst da aufgefaßt ist, wo man am allerehesten und mit Sicherheit eine verständnißvolle Deutung erwarten sollte. Der schon erwähnte offiziöse, wenn nicht gar offizielle Maeterlinck-Interpret schreibt: Der moralische Schluß des in dem Stück aufgeworfenen Problems ist: Vanna hat gewählt zwischen Liebe und Treue, und damit endet auch das Aeußere des Stückes, eine ungewisse Perspektive auf die Zukunft eröffnend." Von dem endgiltig gewählten Schluß, wie er jegt feststeht, heißt es: „Maeterlinck war vor der Kühnheit seiner eigenen Konsequenz, die er in der jezigen Fassung gezogen hat, vielleicht selbst zurückgeschreckt und doch ist sie die menschlich wahrere: eine Frau, die wie Judith im Stande war, das Opfer ihrer Ehre zu bringen, um ihre Vaterstadt zu retten, ist schließlich auch zu dem Opfer der Treue fähig, wenn das Leben eines Menschen, der sie jo glühend liebt, auf dem Spiele steht. Und zugleich entspricht diese Lösung der nachsichtigen Weltauffassung des Belgiers, der alles Menschliche verzeihlich findet, ungleich mehr." „Nachsichtige Weltauffassung des Belgiers" ist gut. Aber wäre es nicht noch besser, „lockerer Lebenswandel“ zu sagen? Gott schüße Maeterlinck vor seinen Freunden!

"

Die Darstellung im Deutschen Theater" verrieth feine Spur vom Geist der Dichtung. Frau Teresina Geßner besigt nicht einmal eine ents fernte Familienähnlichkeit mit Monna Vanna.

[blocks in formation]

August Strindberg hat sich mit allen bösen Geistern unserer Zeit in wahrhaft heroischem Kampfe herumgeschlagen. Dieser Mann besigt wirklich eine geniale Dämonie. Schade, daß er als Künstler nicht mit ihr fertig zu werden vermag. Ich verweise auf meinen kleinen Artikel „Zwei Frauenbücher" unter den Rezensionen dieses Heftes. Darin habe ich auf die veränderte Psychologie des Geschlechtsverhältnisses durch die Verweiblichung des Mannes hingewiesen. Diese Verweiblichung bedeutet für die Liebe eine Abschwächung und legten Endes gar eine Aufhebung der sexuellen Polarität, wenn man annehmen möchte und man darf es unter Berufung auf die Lehre großer Philosophen- daß Liebe und Haß die beiden Pole des Liebeslebens sind und daß die Liebe in gleicher Weise mit dem Leben wie mit dem Tode verwandtschaftliche Beziehungen unterhält. Durch die Verweiblichung des Mannes wird die Polarität des Liebeslebens ihrer Spannung beraubt. Im Gegentheil dazu vertritt Strindberg das andere Extrem im Seelenleben seiner Zeit. Er treibt die Spannung zum Aeußersten und sieht in der Liebe nur das Element des Hasses, der immer wieder zur Trennung führen muß. Liebesleben im Strindbergschen Sinne ist eine Kette fortgesetter elektrischer Gewitterentladungen. Und Schuß vor dem Unwetter der Liebe giebt es am ehesten im Kloster. Um dieses Thema der Hauptsache nach dreht es sich auch in der Tragikomödie „Rausch“. Rausch wird durch das Weib erzeugt und daneben noch durch Ruhm und Reichthum. Das muß der dramatische Schriftsteller Maurice an sich erfahren. Von jeltener Kraft und Tiefe sind in der Tragikomödie die Szenen zwischen Maurice und dem Dämon Henriette. Die Schlußszene des vierten Aktes, vor dem Bilde von Adam und Eva, sucht in der ganzen dramatischen Literatur ihresgleichen.

[ocr errors]

Die Darstellung zeugte, als Ganzes betrachtet, von Geist und Verständnis und daß sie überhaupt möglich gemacht worden ist, darf als Kunststück gerühmt werden. Denn in dieser Tragikomödie ist vom Erhabenen zum Lächerlichen oftmals viel weniger als als ein Schritt. Die Henriette von Gertrud Eyjoldt hat mich in der längst ge= hegten und hier schon öfter vertretenen lleberzeugung bestärkt, daß diese Schauspielerin ersten Ranges ist. Von dem Faszinirenden, wie wenn Jemand mit Elektrizität geladen ist, besißt sie eine Portion, die dem Darsteller des Maurice, Emanuel Reicher, völlig abgeht.

[merged small][ocr errors][merged small]

Der Kaltwasser"-Dichter wird selber nicht verlangen, daß ich sein neuestes Opus mit Maeterlinck und Strindberg zusammen in einem Heft behandle. Ein mir interessantes psychologisches Problem aber liegt doch vor. Es ist bekannt, daß jeder Denker, wenn ihm ein Gedanke vom Himmel fällt und jeder Dichter, wenn ihm eine Gestalt aus dem Unbewußten vors Auge steigt, in einen Rauschzustand geräth, die sogenannten Wonnen der Konzeption. Nun möchte ich lebensgern eine Momentnahme von Ludwig Fulda haben aus dem Augenblick, da seine Seele in hohen Wonnen von Gestalten schwanger wird, wie etwa die verwittwete Frau Geheimräthin Bibus eine ist.

Was das Spiel betrifft: Herr Schönfeld gab einen genialen Virtuosen der Musik und der Liebe, ganz wie Fulda ihn sich wohl gedacht haben könnte; denn ich wüßte nicht, wie anders diese Gestalt sonst möglich wäre. Berlin-Karlshorst, 25. Oktober 1902. Mar Lorenz.

Politische Korrespondenz.

Aus Oesterreich.

20. Oktober 1902.

Desterreich und der

(Eröffnung des Reichsrathes. Konstitutionalismus.

Neue Grundzüge zur Lösung der

Sprachenfrage. Ziele des Ministeriums Körber. ALLdeutsche Absagen. Eine deutsche Partei in und für Lesterreich.)

Das österreichische Abgeordnetenhaus ist vor vier Tagen eröffnet worden und schon wird die Möglichkeit seiner raschen Schließung, ja seiner Auflösung in der Presse und unter den Abgeordneten besprochen. Das sogenannte Grundgejez des Parlamentarismus, auf das die Weisheit des Liberalismus ein neues Staatssystem aufbauen zu können meinte, besteht in Desterreich nicht mehr. Vorläufig ist es einmal klar geworden, daß nationale Gegensäße sich durch Mehrheitsbeschlüsse nicht aus der Welt schaffen lassen, daß keine nationale Opposition, wenn sie über eine parlamentarische Vertretung von entsprechender Stärke verfügt, sich vor Abstimmungen beugt, die ihren thatsächlichen oder eingebildeten Lebensinteressen Schaden bringen. Cb politische und soziale Parteien den Lockungen der Obstruktion werden widerstehen können, werden andere Staaten vor Desterreich zu erproben haben, denn hier herrscht im öffentlichen Leben noch der Nationalismus vor, jene primitive Weltanschauung, die den großen Problemen neuer staatlicher Organisationen hilflos gegenübersteht. Die nationale Idee, durch deren elementare Gewalt großartige Entwicklungen eingeleitet worden sind, verliert ihre kulturfördernde Bedeutung, wenn sie die staatliche Entwicklung hindert.

Auf dieser Stufe sehen wir heute die Donauländer dies- und jenseits der Leitha. Alle Völker, die hier vor einem und einem halben Jahrtausend ohne inneren Grund rein mechanisch zusammengetrieben worden sind, haben durch die Ausnüßung der konstitutionellen Freiheit gewonnen; am meisten jene, die am weitesten zurückgeblieben waren, am wenigsten die Deutschen und Italiener, deren Kulturgebiet nicht mit den Grenzen Lesterreichs zusammenfällt, die im Zusammenhange mit den führenden Weltnationen eine Stellung einnehmen, die nicht von den Zuständen des österreichischen Staatswesens abhängig jein kann. Der Fortschritt, den die

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »