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gegenüber doch nur nicht in allzu hohlköpfigem Aesthetenhochmuth unterschäßen. Daß das Stück im Berliner oder Schiller-Theater sein Glück machen könnte, ist mir feineswegs völlig unwahrscheinlich.

May Lorenz.

Theologie.

Arthur Bonus, Religion als Schöpfung. Erwägungen über die religiöse Krisis. Verlegt in Leipzig 1902 bei Eugen Diederichs. 62 S. Mt. 1.50. Jede Wissenschaft korrigirt sich in ihren verschiedenen auf einander folgenden Richtungen, ja sogar in ihren wechselnden Moden, immer selbst. In der Theologie haben wir jeßt, nachdem wir früher spekulirt" hatten, eine lange Zeit geschichtliche Studien getrieben, Geschichte der christlichen und der israelitischen, seit einiger Zeit auch der heidnischen Religionen. Die Aufgabe ist noch lange nicht gelöst, und doch ist der Nußen schon deutlich geworden: wir sind eben daran, hinter den Büchern, Lehren und Einrichtungen die wirkliche und wirkende Religion selbst zu entdecken, das was die Engländer the working religion" nennen. Aber neben dem Nußen der Historie steht ihr Schaden. Wir Theologen haben uns die größte Tugend des Geschichtsforschers vielleicht zu sehr angeeignet: ich meine die Fähigkeit der historischen Anempfindung. Wir haben uns so an das An- und Mitempfinden der historischen Formen und Ausdrucksweisen unserer Religion gewöhnt, daß das, was wir selbst von Religion empfinden, wirklich empfinden, unwillkürlich selber diese Farben annimmt. Für die wesentlich in orthodoxen Anschauungsformen sich bewegende Theologie liegt das auf der Hand, aber es gilt fast ebenso stark für die historischkritische Schule, nur daß die historische Formen andere sind: historisch sind sie bei beiden. Historisch aber heißt vergangen"; oder wenn wir das Wort etymologisch verstehen, so heißt Historie Kunde oder Wissen. Jedenfalls gehört historisches Wissen dazu, die Art von Religion zu verstehen, von der wir Theologen zu den „Laien“ reden. Und wenn in unseren Versammlungen einmal es kommt jelten genug vor ein „Laie“ das Wort ergreift, sind es da nicht ganz gemischte Gefühle, mit denen wir Theologen ihm zuhören? Wir freuen uns, daß auch einmal einer, der es nicht studirt hat," Interesse und Verständniß für die Fragen zeigt, die uns bewegen, aber wir haben doch meist zugleich die Empfindung, die jeder Fachmann hat, wenn er Nicht Fachleute gescheit über sein Fach sprechen hört: wie viel besser verstünde der Mann die Sache, wenn er gelernt hätte, was wir gelernt haben, wenn er auch in seiner Religion historisch gebildet" wäre! Aber heißt das nicht dem schönen Spruch, der doch wills Gott auch von uns Theologen allen gilt: „ich glaube, darum rede ich," einen fatalen Vordersaz anfügen: „ich habe es gelernt, darum glaube ich, darum kann ich auch davon reden?" Sind so die Religion und die

Offenbarung, die wir vertreten, nicht eigentlich Religion für Kirchenhistoriker und Offenbarung durch Geschichtswissenschaft? Und weil sie das wirklich sind, deshalb quälen wir Theologen uns so vergeblich ab mit den Laien, die nun einmal nicht Theologie studirt haben. Die Altmodischen unter uns wollen diese Laien bei der Empfindungsweise des sechzehnten und bei den Vorstellungsformen des vierten Jahrhunderts festhalten, oder sie gar wieder dafür gewinnen. Die Neumodischen lassen zwar die alten Vorstellungsformen fallen: von der Dogmatik haben sie sich auf die Bibel, von der ganzen Bibel aufs Neue Testament, vom ganzen Neuen Testament auf Jesus zurückgezogen — aber was thun sie? Sie sehen für die Empfin= dungsweise statt des sechzehnten das erste Jahrhundert ein im Uebrigen verlangen sie nur einen noch höheren Grad des historischen Verständnisses und der historischen Anempfindung als die andern und finden, wie nicht anders zu erwarten, einen noch viel geringeren. Weshalb in aller Welt soll ein heutiger Laie sich darauf kapriziren, die Erlösung des ersten christlichen Jahrhunderts zu erleben?"

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Das sind die Voraussetzungen, von denen die neueste Veröffentlichung. von Bonus ausgeht. Der unermüdliche Verleger Diederichs in Leipzig. hat öffentlich aufgefordert, man möge den Versuch machen, in neuen Zungen von Religion und Kultur zu reden, hat seinen Verlag dazu zur Verfügung. gestellt und eröffnet nun die Reihe dieser Schriften mit der Broschüre von Bonus über Religion als Schöpfung. Bonus ist einer der ganz Wenigen, wie ich meine, die im Stande sind, die Forderung zu erfüllen, wie es in seiner Schrift steht: „man müßte selbst Mensch und Laie geblieben sein, während man Theolog wurde". Er redet drauflos, so unbekümmert um die Ausdrücke, die seit Jahrhunderten geprägt sind, wie ein „Laie“, und doch spürt man überall den historisch gebildeten modernen Menschen, der sogar den Weg von Darwin bis Nietzsche selber einmal gegangen ist, und doch nicht bloß eine eigene wildgewachsene Religiosität besißt, sondern wie man heute zu sagen pflegt, eine die christlich orientirt ist. Der Grund, warum. Bonus das leisten kann, ist der: er besißt etwas, was heute die wenigsten unter uns haben, auch die Frommen nicht: religiöse Leidenschaft. Diese Leidenschaft ist vielleicht der Klarheit nicht immer förderlich; wer klar formulirte, intellektuell fixirte Aufstellungen über Religion sucht, der wird sich ärgern an dem Buche. Aber das Wesen der Religion ist nicht in erster Linie Klarheit, sondern Leben. Leben aber ist das verwickeltste und komplizirteste Ding, das es in der Welt giebt. Das merken schon die Biologen und noch deutlicher die Psychologen. Aber die ungeheure Kraft, die, wie jedem Lebendigen, so auch der Religion innewohnt, die beschreibt Bonus mit einem Reichthum von Ausdrücken, Bildern und Formen, daß man sieht: hier ist selbst Kraft und selbst Leben -- und wie das beim Leben in der Ordnung ist, originelles, ursprüngliches Leben.

Ich führe nur drei furze Beispiele an. In dem Grenzstreit, den heute die Religion mit der Sittlichkeit und der Wissenschaft führt, werden immer

wieder Gebiete, die früher zur Religion gehört haben, ihr abgenommen: ich erinnere nur an die alte Kosmologie, die uns heute mehr Babel als Bibel ist. Aber dies ist nur die Sache von hinten gesehen: nach vorne erobert die Religion immer wieder große Strecken Neuland: „vorne stehend reißt die Religion immer große Stücke vom Reich Gottes ab, um sie der Sittlichkeit zu reichen, die sie weiter durcharbeitet, bis sie Natur werden." Die Religion fordert das Sittliche, aber sie verachtet es zugleich als ganz verdienstlos: sie will den Ernst des Sittlichen und seine Plage nur ganz allein als den Durchgang, als das Mittel, daß dieses Sittliche Natur werde: was sie eigentlich will, ist Natur. So handelt es sich in der Religion um eine Phase der Gesammtschöpfung, um die Schöpfung eines höheren Typus Mensch: der Gott der Schöpfung offenbart sich und der nächsthöhere Typus über der bisherigen Schöpfung verwirklicht sich. So sieht die Religion alles Geschaffene, Feste, Bisherige nur als kleinen und geringwerthigen Anfang an. „Und die angebliche Festigkeit des Alls imponirt ihr keinen Augenblick. Das alles war einst nicht und wird einst nicht jein. Wie die Formen der Jurazeit vergingen, so werden die Formen des Erdlebens überhaupt vergehen, auch die Formen aller fernen Sterne und Sonnen. Das alles ist wie ein Ausathmen Gottes; zieht er den Athem ein, so ist es hin. Gewiß, es handelt sich um unausdrückbare Mengen von Jahrmillionen und Sonnenfernen, aber es ist billig, daß einer Gottheit Athem voll und stark gehe."

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Wundervoll schildert Bonus, wie neue religiöse Empfindungen heute allmälig sich durchzuseßen beginnen, der christlichen Tradition so gut wie der modernen Wissenschaft zum Troß. Es geht vernehmbar für alle, die auf die schöpferischen Regungen in sich zu lauschen verstehen — ein Regen und Sichbewegen durch die Geistwelt, ein Schwellen und Sichspannen in allen Lüften, ein fernes Blißen wie von ernsten Entladungen. Es breitet ein geheimnißvolles Ungeheures seine weiten Kräfte unterirdisch aus. Es ist, als ob im Innern Thore sich öffnen; und wer sein Ohr an die Felsen legt, hört ein fernes Tönen, ein Rauschen und erstes Rieseln, als wollten die Quellen sich wieder füllen und die Schleusen sich wieder heben. Als wollte wieder Geist und Gott wie Wasser strömen über alles Trockene und alles Durstige erquicken."

Man kann heute den Puls der Zeit in der Großstadt und auf dem Dorfe fühlen, und ich meine, der Pfarrer von Groß-Muckrow fühlt ihn und weiß seine Schläge zu deuten.

Mar Christlieb.

Theater-Korrespondenz.

Allerlei Theatervorstellungen.

Königliches Schauspielhaus: König Laurin, Tragödie in fünf Akten von Ernst von Wildenbruch. Zum Gastspiel Sarah Bernhardts. Der November hat viele Theaterstücke gesehen, die der Dezember nicht mehr erblicken wird. Es ist halt nichts.

Ein Komödiant, der auf der Bühne

'ne Stund' stolziert, sich spreizt und dann verschwindet

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das ist so in der Regel einer wie der andere von den zahlreichen Theaterschriftstellern. Die Kritik thut am besten, sie unter Namensnennung eines an ständigen Bedauerns" zu versichern. Paul Buffons balladesker Einakter-Cyklus Ruhmlose Helden" ist schon nach der dritten Vorstellung eines ruhmlosen Todes gestorben. Das Werk hat übrigens voriges Jahr in Hamburg einen großen Erfolg gehabt weshalb, weiß ich nicht. Zwei französische Stücke, von Clemenceau, dem Politiker, das eine und von Hervieu das andere „Der Schleier des Glücks" und „Das Räthsel" haben im Lessing Theater den Erfolg nicht gefunden, der ihnen in Paris geblüht hat. Man sieht: nicht nur Berlin und Hamburg, auch Berlin und Paris haben noch immer glücklicher Weise ihren besonderen Geschmack. Und seine Geschmacksrichtung gegenüber Berlin wahrt sich auch Wien, das den „Kreuzwegstürmer“ mit großem Jubel aufgenommen hat. Das Stück ist insofern eine Merkwürdigkeit, als es von einem Mann aus dem Volke" gezimmert worden ist, der im bürgerlichen Leben in einer Tischlerwerkstatt seinem Beruf nachgeht. Auf dem Theater, zu dem er als Oheim der Hofburgschauspielerin Medelsky in verwandtschaftlichen Beziehungen steht, nennt er sich Josef Werkmann. Ich vermag dem Stücke nicht den mindesten Werth beizumessen. Wie oft in österreichischen Volksstücken, handelt es sich um den Kampf der natürlichen Menschlichkeit gegen pfäffische Scheinheiligkeit und das Thema mag den Wienern wohl am Herzen liegen. Wir Borussen“ werden davon wenig berührt und haben doch mehr Licht" im Land als unsere österreichischen Freunde, die sich des galizischen Edelsteins erfreuen was sich doch die in vieler Beziehung ausgezeichnete Wiener Zeit" die Tageszeitung merten möchte, wenn ihr wieder irgend ein unreifer junger Mann aus Berlin seine mit mühsamer Sorgfalt gedrechselten Stilversuche einsenden sollte. Der geistreiche Hermann Bahr hat mit seinen Wienerinnen“ im „Berliner Theater" einen gePreußische Jahrbücher. Bd. CX. Heft 3.

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wissen Erfolg gehabt. Das thut mir leid, weil ich nämlich diesen Erfolg viel lieber seinem „Krampus“ gewünscht hätte, dessen sich irgendeine Verfuchsbühne vergeblich angenommen hat. In Hinsicht auf dieses Stück voll feiner Reize gilt mein „anständiges Bedauern" der Verständnißlosigkeit des Publikums. Am besten abgeschnitten hat der Münchener Mar Bernstein, der als Rechtsanwalt berühmter, denn als Dichter ist. In seinem Schauspiel D'Mali“ im „Deutschen Theater" aufgeführt behandelt — er, wie schon Viele vor ihm, die Liebe eines Mädchens aus dem Volke zu einem jungen Mann aus der „Gesellschaft“. Es ist immer von Juteresse und der Antheilnahme werth, wenn ein kluger Kopf einen scharf geschauten Fall aus der Niedrigkeit des alltäglichen Lebens mit Satire in rechte Beleuchtung rückt.

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Ueber Ernst von Wildenbruchs fünfaktige Tragödie König Laurin" mit einer Zeile hinwegzugehen, bekomme ich nicht fertig. Mehr allerdings vermag ich für dieses Werk nicht zu thun, als daß ich der Feststellung jeines Minderwerthes einen breiteren Plaß einräume. Das Publikum des Schauspielhauses hat übrigens der pompös zur Darstellung gebrachten Dichtung einen großen Erfolg bereitet. Doch beweist das nichts.

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„König Laurin" will zweierlei bieten: eine Tragödie der Frauenemancipation und den tragischen Fall des Germanenthums gegenüber dem Romanenthum. Ueber die Goten in Italien herrscht Amalajunta, des großen Theoderichs Tochter. Die Goten tragen ungern des Weibes Herrschaft und verlangen, ihre Königin soll sich vermählen. Weib ohne Mann ist halb." Amalasunta will nicht, gleich anderen Frauen, nur einfach eines Mannes Bettgenoffin werden. Sie fühlt sich königlichen Geistes voll, zum Herrscher geboren, in hoheitsvoller Einsamkeit. Und von solcher hohen Einsamkeit aus verlangt sie nach einem Manne, der ihr wahrhaft ebenbürtig ist. Sie träumt, dieser Mann wäre Kaiser Justinian. Ihm sendet sie diese Botschaft:

Amalajunta,

Die Königin ist, so wie Du König bist,

Die einsam ist, so wie Du einsam bist,

Die falt man nennt, so wie sie kalt Dich nennen,

Weil unsre eigne Sonne uns bescheint,

Sie läßt Dir sagen, daß sie kommen will,
Daß sie Dich hören, sehn, erfahren will,
Ob Deine Seele jo nach Leben hungert,
Nach großem, wie die Seele lechzt in ihr.
Und bist Du so, dann wollen wir uns beide,
Wir Hungernden, auf Gipfelhöh'n der Welt
Die Tafel richten und ein Mahl bereiten
Und eins am andern uns ersättigen.

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