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Amalajunta zieht nach Byzanz. Justinian als unbedeutender Schwächling von Wildenbruch verzeichnet liegt in den Banden der ehemaligen Cirkustänzerin Theodora. Sie trägt mit der wilden Kraft ihrer romanischen Sinnlichkeit den Sieg über die königlich-keusche Amalajunta davon. Die gotische Königin erleidet am byzantinischen Hofe ein schmähliches Todesschicksal. Doch noch in der Todesstunde erkennt sie ihren tragischen Frrthum", daß sie sich als Weib über die Kraft verstiegen hatte und offenbart voll seligen Leids dem mit ihr zugleich sterbenden Amalrich ihre Liebe: Ich bringe Dir die Welt der Frau, die Liebe." Sie hat den Amalrich eigentlich längst geliebt; nur glaubte jie, ihr Liebesrecht der Königspflicht opfern zu müssen. Das also ist die Emanzipations= tragödie der Königin Amalasunta.

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Damit verquickt ist die Tragödie des Germanenthums, das am Romanenthum zu Grunde geht. Die Verkörperung des Romanenthums ist der schwarze Zwerg Laurin, den ehemals Theoderich Dietrich von Bern im Rosengarten sieghaft niedergerungen hat. Aber der Zwergkönig ist damals nicht gestorben.

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Er ist ein Zauberer.

Er starb schon hundertmal und stirbt doch nie.
Hent heißt er Justinian, einst hieß er anders,
Heißt morgen wieder anders; niemand weiß,
Wie er sich übermorgen nennen wird.
Und immer ist's Laurin, der schwarze Zwerg.
Ihm ist versprochen, daß er leben soll,
Vis alle weißen, blonden Menschen todt.

Amalajunta sieht in Justinian nicht nur den Herrscher, der mächtig über Länder und Menschen ist, sondern auch den Träger der Kultur. Amalajunta vermag sich auch nicht von der Gefährlichkeit Laurins zu überzeugen. In ihm, der im „Rosengarten" saß, sieht sie den Pfleger von Schönheit, Geist und Kunst". Sie ist ihrem Volk und seinem barbarischen dummen Recht der Männerfäuste" innerlich entwachsen und trachtet danach, im Bunde mit Justinian als Mensch und Weib ein Reich der sanften Sitten, der geistigen Kultur auf Erden zu begründen. Laurin ist der Vertreter des Romanenthums insofern, als Justinian, dessen Gestalt er angenommen hat, oströmischer Kaiser ist und auch insofern, als im Hinblick auf unsere gegenwärtige Zeit das Romanenvolt uns Deutschen. an ästhetischer Kultur überlegen ist. Im weiteren Sinne aber ist Laurin überhaupt der Vertreter aller Kultur und alles kulturellen Genießens, im Gegenja zum barbarischen Thatendrang der Völker, die noch im Bunde mit der Natur stehen. Weil aber alle Völker den Weg von der Natur zur Kultur zurücklegen und so Opfer des Zwergkönigs Laurin werden, darum heißt es: Ihm ist versprochen, daß er leben soll,

Vis alle weißen, blonden Menschen todt.

So erfährt Amalasunta ihr Todesschicksal nicht nur als Weib, das sich über weibliche Kraft verstiegen hat, sondern auch als Vertreterin einer Kultur, die der Natur ihres Volkes entwachsen und der Ueberkultur des Justinianischen Zeitalters nicht gewachsen ist.

Alles, was ich hier bemerke, liegt ganz zweifellos im Sinn und Plan der Wildenbruch'schen Tragödie. Nur vermag Wildenbruch nicht, diesen Sinn sinnvoll zu gestalten. Aenßerlich angesehen, kommt schließlich bei ihm alles hinaus auf den Gegensatz: deutsche Treue welsche Tücke; germanische Keuschheit, romanische Sinnenlust. Wildenbruch macht aus Kulturproblemen ein Gedicht nicht viel anders, als ob er noch Primaner wäre. Andernfalls auch noch: König Laurin, ein Trauerspiel für die reifere Jugend. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich schließlich doch das Werk des in jeder Hinsicht ernst zu nehmenden Dichters, der unter allen Umständen Anspruch auf einen ehrenvollen Plaß hat, so abfertigen muß. Ich kann nichts dafür. Es thut mir selber leid. Es ist nicht immer ein Vergnügen, Kritiken zu schreiben.

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Ich habe entgegen ursprünglicher Absicht

darauf verzichtet, die Vorstellungen Sarah Bernhardts zu besuchen. Nachdem ich die ersten Kritiken gelesen hatte, die mir durchaus verläßlich zu sein schienen, hatte ich den Eindruck: Es lohnt weder Zeit noch Geld. Natürlich bin ich solchem Eindruck von vornherein zugänglich gewesen im Hinblick auf die „Dichtungen“, die die französische Meisterdarstellerin dem deutschen Volke nahebringen wollte: Kameliendame, Frou-Frou, Tosca, Fedora und Hamlet, Shakespeares Hamlet. Eine wesentliche Bereicherung können wir Deutschen von einer Kunst, die sich an solchen Werken erprobt, keinesfalls erfahren. Ich nehme von diesem Satz auch nicht die Duse aus, die großentheils mit dem gleichen Repertoire reist. Mag eine Schauspielerin immerhin an leeren Werken ihre Seele enthüllen - es bleibt eine Art psychische Prostitution, zumal in dem Milieu der Ueberweiber, in dem man die Duse als das „neue Weib“ zu vergöttern beliebt hat. Sarah Bernhardts Bedeutung scheint in der Vollendung des technischen Könnens zu liegen. Davon können wir Deutschen wohl lernen, wir müssen uns nur hüten, darin das Wesentliche der Kunst zu sehen. Als Phädra übrigens hat die französiche Künstlerin nach übereinstimmenden Berichten doch wohl noch mehr, als nur ein großes technisches Können zu bieten gewußt.

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Politische Korrespondenz.

Rußland: Die innere Lage.

Während die äußere Politik Rußlands ihren Gang geht, wird die innerpolitische Lage von Tag zu Tag schwieriger und verworrener. Einberufung der großen Kommission zur Berathung der Agrarnoth, der sogenannten außerordentlichen Konferenz", soll endlich den Kampf mit dem unaufhaltsam zur Thatsache werdenden Ruin des russischen Zentrums" aufnehmen.

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Die Regierung hat aber davon abgesehen, das Material im Lande unter zuziehung der ordentlichen Landschaftsvertretung, der Semstwos, zu erhalten, sondern hat vielmehr in jedem Gouvernement ein spezielles, bureaukratisch organisirtes und dem Gouverneur unterstelltes Komitee eingesezt. Diese Maßregel rief bei den Semstwos und ihren Anhängern, d. h. so ziemlich in der ganzen gebildeten Schicht der russischen Gesellschaft, Aufregung, ja Entrüstung hervor. Die Semstwos betrachten sich (und mit Recht), trop der wiederholten Verkürzung ihrer Befugnisse, als die berufene Vertretung der Interessen, des Wohl und Wehes ihrer Landschaft. Wenn nun die Regierung das mit einer kurzer Hand erlassenen Verfügung ignorirt und statt der Semstwos eine mit den Verhältnissen nicht vertraute, neu geschaffene und von fremden Einflüssen abhängige Organisation mit der entscheidenden Vorarbeit betraut, so ist nach der Ueberzeugung der Semstwos die ganze endlich in Gang gebrachte "große" Aktion gegen die agrare Noth von vornherein zu derselben Unfruchtbarkeit verurtheilt, wie es alle die bisher zur Anwendung gekommenen „kleinen" Mittel auch gewesen sind.

Das erste Geschehniß, in dem die überall vorhandene Aufregung sich verdichtete, war ein für russische Verhältnisse ganz außergewöhnlicher Schritt des Adelsmarschalls von Moskau, Schipow. Dieser berief zu Beginn der Arbeiten der großen Konferenz auf eigene Faust eine Versammlung von Semstwo-Vertretern aus fünfundzwanzig Gouvernements des europäischen Rußland ein. Das Vorgehen selbst und der Gegenstand der Berathungen blieben Anfangs geheim; allmählich aber erfuhr man, worum es sich handelte: die Semstwoleute waren zusammengekommen, um über die Lage zu berathen, die durch ihre Ausschließung von der Arbeit der großen

Kommission geschaffen war. Sie beschlossen einen energischen Vorstoß und verlangen u. A.:

In folgenden Punkten muß speziell Wandel geschafft werden:

a) Da die landwirthschaftliche Krisis eng mit der gesammten Bauernfrage zusammenhängt, so muß zunächst der Bauernstand im Allgemeinen gehoben werden, daher sind zu fordern: rechtliche Gleichstellung des Bauern mit den übrigen Ständen (d. h. also Aufhebung der besonderen Standesprivilegien), Befreiung der Bauern von der administrativen Bevormundung. Aufhebung der Körperstrafe.

b) Verbesserung des Volksschulwesens, Freigabe der Schulgründung für die Semstwos und verwandte Körperschaften, Verbreiterung der Lern- und Lehrfreiheit.

c) Ausdehnung der Semstwo-Verfassung auf den Bauern= stand, Garantien für die Dauerhaftigkeit und Selb ständigkeit der Semstwos als Ergane der Selbstverwaltung.

d) Beseitigung der zur Zeit herrschenden Mängel in der finanziellen und ökonomischen Politik des Reiches, die jezt in erster Linie eine Ueberlastung der breiten Masse der Bevölkerung zur Folge hat und gleichzeitig deren unumgängliche Bedürfnisse nicht befriedigt.

e) Vollständige Freiheit für die öffentliche Behandlung wirthschaftlicher Fragen, namentlich in der Presse, und zwar nicht nur für die Zeit der Arbeit der besonderen Konferenz, sondern auf die Dauer.

Einen Monat nach der Moskauer Besprechung wurde Herr Schipow durch ein Telegramm des Ministers des Jnnern, Plehwe, nach Petersburg zitirt und ihm die allerhöchste Unzufriedenheit wegen des Vorgefallenen eröffnet. In der Form bewahrten sowohl Plehwe als auch der Finanzminister Witte, der Herrn Schipow ebenfalls persönlich zu sich einlud, große Liebenswürdigkeit und versicherten ihre Sympathien gegenüber den Semstwos. Sehr viel gröber wurde der Adelsmarschall von Trel, Stachowitsch, angefahren (derselbe, der sich seiner Zeit durch seine Rede über die Gewissensfreiheit ausgezeichnet hat). Ihm wurde für seine Theilnahme an den Verhandlungen in Mostan direkt mit der administrativen Verbannung gedroht und jeder Versuch zur Rechtfertigung mit der Bemerkung abgeschnitten: „Kaiserliche Worte hört man ohne Einwendungen an."

Das Protokoll und die Theilnehmerliste der Moskauer Konferenz erhielt der Kaiser persönlich durch den Generalgouverneur von Moskau, Großfürsten Sergei Alerandrowitsch: wie es diesem zugänglich gemacht worden ist, ob mit oder wider den Willen der Betheiligten, steht dahin. Die nächste Folge war, abgesehen von der persönlichen Verwarnung für die Herren Stachowitsch und Schivow,

daß man von Petersburg aus einer Anzahl hervorragender Semstwo-Vertreter unter der Hand zu verstehen gab, daß die Semstwos auf einige Reformen rechnen dürften. Gleichzeitig aber erging ein vertrauliches Rundschreiben an die Vorsitzenden der Gouvernements- und Kreisjemstwos: es sei aus den Berathungen der Semstwo-Versammlungen die Frage der Betheiligung oder Nichtbetheiligung der Semstwos an den Arbeiten der besonderen Konferenz" von vornherein auszuschließen. Thatsächlich erwartet man denn auch von der Regierung weniger als nichts, ja es besteht eine starke Strömung dafür, sozusagen einen Generalstreif der Semstwos zu inszeniren, denn bei der Sammlung des Materials für die „besondere Konferenz“ ist im Ernst doch nicht ohne Heranziehung zahlreicher Mitglieder der Semstwos als „privater“ Einzelpersönlichkeiten auszukommen, schon aus dem Grunde, weil sonst überhaupt keine nennenswerthe Anzahl von wirklichen oder auch nur scheinbaren Sachverständigen für die Enquete beschafft werden kann. Gegenwärtig halten sich die Besorgniß der Regierung vor unliebsamen Erörterungen auf der Semstwo-Tagung und das Bestreben bei den Semstwos, das verpönte Thema doch anzuschneiden, die Waage.

Eine Reihe von Adelsmarschällen hat in ebenso bestimmter wie freimüthiger Weise protestirt. So antwortet z. B. der Adelsmarschall des Kreises Jelez, A. A. Stachowitsch, dem Minister Plehwe direkt:

Sehr geehrter Herr, Wjatscheslaw Konstantinowitsch !

Ihre mangelhafte Information über die Ziele und Aufgaben der in Moskau stattgehabten Konferenz konnte nur die Folge davon sein, daß von den angeschuldigten Persönlichkeiten keinerlei Aufklärung verlangt worden war und das Ministerium die ersten vollkommen zuverlässigen Nachrichten über die Angelegenheit überhaupt nicht vor, sondern erst nach seinem allerunterthänigsten Berichte und der allerhöchsten Entschließung erhielt.

Die in der letteren enthaltene Verwarnung betreffs dauernder Entfernung von aller öffentlichen Thätigkeit im Falle der Wiederholung einer unaufgeklärten und gar nicht stattgehabten Handlungs weise ruft eine peinliche Unbestimmtheit meiner Lage als Adelsmarschall hervor.

Ich diene ausschließlich kraft meiner lleberzeugung und Berujung und muß daher meinen Dienst, die Würde meines Berufes und die Erfolge meiner Thätigkeit werthschäßen. Indem ich nicht um der Furcht, sondern um des Gewissens wegen" diene (diese Worte des Apostels Paulus hatte der Kaiser in Kurst beim Empfang des Adels zitirt), muß ich mir die Kraft dazu aus meinem Gewissen und Verstande schöpfen, die Mittel aber aus den Geseßen, die durch die allerhöchste Gewalt für das russische Reich festgesezt und in gehöriger Weise publizirt worden sind nicht aber aus konfidentiellen Mittheilungen, bei denen man mir

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