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und Denken, im Wollen und Handeln gewahrt man ein frauses Durcheinander, eine innere Unsicherheit und Unselbständigkeit, die sich bisweilen in ehrlich-naiver, bisweilen in jungenhaft-selbstzufriedener Weise äußert. So haben wir ein Schwanken von oben und ein Schwanken von unten: es zeigt sich in allen Gebieten des öffentlichen Lebens, es zeigt sich auch in der Behandlung und Entwicklung der rufssischen Universitäten. Geht doch das Schwanken so weit, daß manche namhafte russische Gelehrte nicht zu entscheiden wagen, ob man in den letzten 30 Jahren im Hochschulwesen und überhaupt in der Schulbildung Fortschritte oder Rückschritte gemacht habe, und neigen sich viele in ihrem Urtheil dahin, daß der Rückschritt den Fortschritt überwiege und man überhaupt nicht weiter gekommen sei.

Betrachten wir nun in großen Zügen die russischen Universitäten in ihrer Entstehung und ihrem Weiterleben bis auf unsere Zeit. Ins Leben gerufen sind sie durch die Regierung als staatliche höhere Lehranstalten, die in erster Linie den Interessen des Staates und nur sehr in zweiter Linie den Interessen der Bildung und Wissenschaft zu dienen berufen waren. Ihre zweite Bestimmung wurde zu Zeiten mehr betont, zu Zeiten ganz ausgemerzt, je nachdem, welcher Wind oben wehte. Niemals hat man sie als freie, vom Staat unterstüßte Genossenschaften hingestellt und als solche der eigenen Entwicklung überlassen, sondern hat auf sie fortdauernd einen Regen von Reglements herabströmen lassen, der mitunter wie ein Hagel niederprasselte, wenn im Schoße der Regierung der milde Südwestwind wieder einmal vom rauhen Nordost abgelöst wurde. Aber auch wenn das Regiment liberal war, hat man immer eifrig regiert und es an den eingehendsten Einzelvorschriften nicht fehlen lassen, selbst in Dingen, die sich ihrer Natur nach jeder festen Regelung entziehen. Zwar Peter der Große dachte anders und erkannte mit scharfem Blick, daß Freiheit die unumgängliche Lebensluft jeder höheren Bildung ist. Als er die Regierung übernahm, fand er in seinem Reiche zwei höhere Lehranstalten vor. In der damaligen Grenzstadt Kiew bestand schon seit geraumer Zeit eine Akademie, die in ihrem Lehrbetriebe nach dem Muster der polnischen Jesuitenkollegien eingerichtet war und ihren Zöglingen eine gewisse Kenntniß der Philosophie und Rhetorik, der kirchenslavischen, griechischen und lateinischen Sprache sowie der griechisch-orthodoren Theologie vermittelte. Die Lehrmethode war selbstverständlich rein scholastisch, die Lehrer theils

Kleriker, theils Laien, die ganze Anstalt sollte wesentlich kirchlichen Interessen dienen, obwohl sie von Vielen besucht wurde, die sich nicht dem geistlichen Berufe zu widmen gedachten. Daneben bestand in Moskau, der Hauptstadt des Reiches, als Ableger der Kiewschen Quasi-Hochschule die unlängst gegründete „slavo-gräfolateinische Akademie", die denselben Lehrgang besaß wie ihr Kiewsches Vorbild, nur Kirchenrecht und bürgerliches Recht hinzugefügt hatte, aber noch ausschließlicher Dienerin des rechten Glaubens zu sein berufen war. Peters älterer Bruder und Vorgänger auf dem Throne, der Zar Feodor, wollte sie sogar ausdrücklich mit der Aufsicht über die Reinheit des Glaubens betraut wissen, und verschiedene Wissenszweige wurden nur von Mönchen vorgetragen. Mittelschulen gab es überhaupt nicht, außer den Priesterseminaren, die ganz in den Händen der Geistlichkeit die zukünftigen Diener der Kirche heranzubilden hatten. Das geringe Bildungsbedürfniß der höheren Gesellschaft und als solche kam nur der höhere Adel in Betracht wurde durch einige von Ausländern unterhaltene Privatschulen, wie die Anstalt des Deutschen Ernst Glück, ausreichend befriedigt. Peter beschloß hierin Wandel zu schaffen. Anfangs gewahren wir einige unsichere Tastversuche, dann aber ein durchaus zielbewußtes und richtiges Vorgehen.

Er dachte zunächst an eine Reihe technisch-militärischer Schulen, die das Reich mittelbar wirthschaftlich auf eigene Füße stellen sollten. Mathematik, Kriegswissenschaft, Marinewesen und Ingenieurkunde sollten die Grundlage des Wissens bilden, das er von denjenigen Unterthanen forderte, die er zu seinen und seiner Nachfolger Handlangern bestimmte. Daneben förderte er mit besonderem Eifer die Schaffung einer ausgedehnten Ueberseßungsliteratur, die der neuen russischen Gesellschaft, wie er sie sich dachte, die nöthige geistige Nahrung bieten konnte. Selbst wählte er die betreffenden Werke aus, leitete und verfolgte die ganze Arbeit und beschränkte sich dabei nicht auf die von ihm sonst bevorzugte Technik und Naturwissenschaft, sondern ließ auch eine Menge geschichtlicher, geographischer und politischer Werke, darunter Pufendorf, Justus Lipfius und Hugo Grotius, ins Russische übertragen. Die Aufnahmefähigkeit des Publikums überschäßte er freilich, denn es sammelte sich allmählich in dem Büchermagazin der Moskauer Synodaldruckerei eine solche Menge unverkäuflicher Bücher an, daß sie unter den Kaiserinnen Elisabeth und Katharina II. zu Hunderten, ja Tausenden vernichtet werden mußten. Wie ernst er es dabei

mit der Wahrheit nahm und wie wenig fleinlich er dachte, erhellt daraus, daß er in heftigen Zorn gerieth, als er wahrnahm, daß der Ueberseßer von Pufendorfs Einleitung in die europäische Staatengeschichte des Verfassers Ausführungen über die Sklaverei und die Grausamkeit der Moskowiter unterdrückt hatte. Da die Mehrzahl der von Peter geplanten neuen Lehranstalten aus Mangel an Lehrern und Schülern nicht zu Stande kam oder nach kurzem Bestehen einging, wandte er gegen Ende seiner Regierung sein Augenmerk einem anderen Unternehmen zu, durch das er schneller und sicherer sein Ziel - die Schaffung einer gebildeten russischen Gesellschaft zu erreichen, hoffte. Eine Akademie der Wissenschaften mit dem nöthigen Unterbau sollte in der neuen Hauptstadt Petersburg erstehen und nicht nur auf die Wissenschaft selbst, sondern auch auf sein russisches Volk befruchtend wirken. Er trat in Verbindung mit Leibniz und Wolf, den Häuptern der deutschen Wissenschaft, und ließ sich von ihnen eingehende Gutachten erstatten. Interessant ist, daß Leibniz dabei vor Allem die Nothwendigkeit eines gelehrten Kollegiums von Forschern für Rußland betonte, während der praktischere und mehr im Lehramt stehende Wolf mit Recht darauf hinwies, daß es sehr schwierig sein würde, namhafte Gelehrte zur Uebersiedelung nach Petersburg zu bestimmen, daß die Akademie auf jeden Fall in der Luft schweben würde, und die Errichtung einer Universität den Vorzug verdiene, die dem Lande in einiger Zeit eigene Gelehrte und eigene Forscher liefern könnte. Peter entschied sich für einen Kompromiß der beiden Anschauungen, ließ dabei aber von seinem Vorhaben, auch für die Technik und Kunst etwas zu thun, nicht ab. Im vorletzten Jahre seiner Regierung, 1724, hatten sich seine Gedanken so weit geklärt, daß er sich endgiltig dahin aussprach, in seiner Akademie nicht nur ein gelehrtes Kollegium, sondern auch gleichzeitig eine Universität und ein Gymnasium ins Leben zu rufen. Die Verbindung der drei verschiedenen Anstalten sollte aber nur zeitweilig sein. In seinem Erlasse betonte er treffend, daß das eigentliche Ziel der Akademie zwar die Förderung der Wissenschaften und stünste sei, daß diese aber in der Bevölkerung nicht so bald Boden finden würden; daß eine selbständige Universität zuuächst ebenfalls der rechten Grundlage entbehren würde, so lange Gymnasien und Seminare fehlten, ohne die man von einer Hochschule keinen wirklichen Nußen erwarten dürfe. Daher die Verbindung der drei Anstalten zu einem Ganzen. Daneben sollten bei der Akademie besondere Klassen für

angehende Künstler und Kunsthandwerker errichtet werden, aber mit dem ausdrücklichen Vorbehalte, daß, sobald die nöthigen Mittelschulen errichtet seien und ihre Frucht getragen hätten, die Akademie eine völlig selbständige Anstalt werden und das Gymnasium sammt den Künsten besonders organisirt werden sollte. Das Statut der neuen Akademie, wie es noch von Peter entworfen, aber niemals eingeführt wurde, zeigt, welche Achtung er, der herrschgewaltige Despot, der Wissenschaft entgegentrug. Ausdrücklich sagt er, daß diejenigen Jünglinge, die sich dem Studium widmen wollten, in keiner Weise in ihrem Vorhaben gestört oder eingeengt werden dürften, daß die Wissenschaft keinerlei Gewalt oder Zwang vertrüge, sondern die Freiheit liebe. Daher gestatte er allen wißbegierigen Inländern und Ausländern den freien Besuch der in der akademischen Universität einzurichtenden Vorlesungen. Die Akademiker sollten also gleichzeitig Professoren sein, wurden aber, um ihnen die nöthige Zeit zu wissenschaftlichen Forschungen zu lassen, nur zu vier wöchentlichen Vorlesungen verpflichtet, die alle gratis sein sollten. Die drei Sektionen, in die die Akademie zerfiel: die mathematische (Mathematik, Astronomie, Geographie und Mechanik), die naturwissenschaftliche (Physik, Chemie, Botanik, Anatomie und Physiologie) und historische sollten ebenso viel Fakultäten an der akademischen Universität entsprechen. Die Akademiker resp. Professoren waren natürlich alle aus dem Auslande, besonders Deutschland, zu berufen; in der ersten Zeit außerdem noch die Studenten, da ge= nügend vorbereitete russische Jünglinge fehlten. Man suchte also eine Anzahl deutscher Studenten durch Gewährung reicher Stipendien willig zu machen, ihre Studien an der neuen Petersburger Universität, an der auch der übliche lateinische Lehrvortrag herrschte, zu beenden, sich dabei der russischen Sprache zu bemeistern und dann als Lehrer am akademischen Gymnasium oder in anderer Stellung in russische Dienste zu treten. Jedem Professor wurden zwei besondere Studenten zugewiesen, die zu zukünftigen Gelehrten herangebildet werden sollten. In Zukunft sollte dann das akademische Gymnasium die nöthigen Zuhörer liefern und so allmählich eine eigene russische Bildungsschicht geschaffen werden. Das Gymnasium umfaßte die üblichen Disziplinen: Russisch als Unterrichtssprache, Latein und Deutsch Griechisch, Französisch und Italienisch schichte und Geographie.

nach Möglichkeit auch ferner Mathematik, Ge

Peters Plan stieß bei seiner Verwirklichung schon wenige Jahre

nach seinem Tode auf arge Hindernisse, deren endgiltige Beseitigung erst fast nach einem Jahrhundert gelang. Daher war man um die Wende des 18. Jahrhunderts lange nicht so weit gekommen, wie Peter selbst gehofft und erwartet hatte. Je nach den Herrschern oder Herrscherinnen wechselte die Politik der Regierung der Akademie und Universität, ja überhaupt der europäischen Bildung gegenüber und ließ es nicht zu stetiger Entwicklung kommen. Die von Peter gezogenen Grundlinien wagte man freilich nicht anzutasten und war schließlich immer wieder genöthigt, auf sie zurückzugreifen. Sie empfahlen sich von selbst durch ihre Folgerichtigkeit und Zweckmäßigkeit als die allein brauchbaren und drängten sich auch den Gegnern des petrinischen Regierungssystems unwiderstehlich auf, da die Bedürfnisse des Reiches das Vorhandensein einer intelligenten, gebildeten Klasse gebieterisch verlangten. Es ist schon im Märzhefte der „Preußischen Jahrbücher“ ausgeführt worden, daß der Ausbau eines Schulwesens für ein ungebildetes Volk immer von oben beginnt und zu beginnen hat, nicht von unten, daß also Peter der Große im Rechte war, als er zunächst eine Akademie der Wissenschaften nebst Universität begründete und die niederen Schultypen erst später folgen lassen wollte. Das so beliebte Bild von dem Dache und den Grundmauern paßt hier nicht, sondern die gebildete Gesellschaft ist immer die Lehrmeisterin der großen Masse und die Universität zu Zeiten weit mehr Grundmauer als die Allen zugängliche Volksschule.

Peters Nachfolgerin, seine Gemahlin Katharina I., sette in pietätvoller Weise das Werk ihres Mannes fort. Die nöthigen Berufungen von Akademikern und Studenten zukünftigen Lehrmeistern fanden statt, und in kurzer Zeit war ein stattlicher Stab von Gelehrten in Petersburg versammelt, der ungefäumt an die Arbeit ging. Entsprechend den Intentionen ihres Gatten befreite Katharina die Akademie von jeder Unterordnung unter irgend eine Regierungsbehörde, gab den Gelehrten volle Freiheit und unterstellte ihre Körperschaft unmittelbar sich selbst, als der allerhöchsten Protektorin der jungen Schöpfung. Bei der Auswahl der Akademiker bewiesen der erste Präsident Blumentrost und der Kanzleirath Schuhmacher, beides Mitarbeiter Peters des Großen, eine recht glückliche Hand, besonders bei der Besezung der mathematischen und naturwissenschaftlichen Sektion. Wir nennen unter den ersten Akademikern: Bilfinger, die Brüder Bernoulli, Delisle, Euler, Hermann, Leonhardt und Leutmann

die Namen zeigen

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