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Das Einzelne, was gedachte Männer in den verschiedenen Epochen gewirkt, werden wir an Ort und Stelle einführen. Hier sei genug, auf das Allgemeine hingedeutet zu haben.

Wenn man sich in den legten Zeiten fast einstimmig beklagt und eingesteht, daß es kein deutsches Theater gebe, worin wir keineswegs miteinstimmen, so könnte man auf eine weniger paradore Weise aus dem, was bisher vorgegangen, wie uns dünkt, mit größter Wahrscheinlichkeit darthun, daß es gar kein deutsches Theater geben werde, noch geben könne.

Weimarisches Theater.

Weimar, den 15. Februar 1802.

Auf dem Weimarischen Hoftheater, das nunmehr bald eilf Jahre besteht, darf man sich schmeicheln, in diesem Zeitraume solche Fortschritte gemacht zu haben, wodurch es die Zufriedenheit der Einheimischen und die Aufmerksamkeit der Fremden verdienen konnte; es möchte daher nicht unschicklich sein, bei dem Berichte dessen, was auf demselben vorgeht, auch der Mittel zu erwähnen, wodurch so manches, was andern Theatern schwer, ja unmöglich fällt, bei uns nach und nach mit einer gewissen Leichtigkeit hervorgebracht worden.

Die Annalen der deutschen Bühne gedenken noch immer mit Vorliebe und Achtung der Seilerschen Schauspielergesellschaft, welche, nachdem sie mehrere Jahre eine besondere Zierde der obervormundschaftlichen Hofhaltung gewesen, sich, durch den Schloßbrand vertrieben, nach Gotha begab. Vom Jahre 1775 an spielte eine Liebhabergesellschaft mit abwechselndem Eifer. Vom Jahre 1784 bis 1791 gab die Bellomosche Gesellschaft ihre fortdauernden Vorstellungen, nach deren Abgange das gegenwärtige Hoftheater errichtet wurde. Jede dieser verschiedenen Epochen zeigt einem aufmerksamen Beobachter ihren eigenen Charakter, und die frühern lassen in sich die Keime folgenden bemerken.

Die Geschichte des noch bestehenden Hoftheaters möchte denn auch wieder in verschiedene Perioden zerfallen. Die erste würden wir bis auf Ifflands Ankunft, die zweite bis zur architektonischen Einrichtung des Schauspielsaales, die dritte bis zur Aufführung der Brüder nach Terenz zählen, und so möchten wir uns dermalen in der vierten Periode befinden.

Eine Uebersicht dessen, was in verschiedenen Zeiten geleistet worden, läßt sich vielleicht nach und nach eröffnen; gegenwärtig

verweilen wir bei dem Neuesten und gedenken von demselben einige Rechenschaft abzulegen.

Das Theater ist eins der Geschäfte, die am wenigsten planmäßig behandelt werden können: man hängt durchaus von Zeit und Zeitgenossen in jedem Augenblicke ab; was der Autor schreiben, der Schauspieler spielen, das Publikum sehen und hören will, dieses ist's, was die Direktionen tyrannifirt und wogegen ihnen fast kein eigener Wille übrig bleibt. Indeffen versagen in diesem Strome und Strudel des Augenblicks wohlbedachte Marimen nicht ihre Hülfe, sobald man fest auf denselben beharret und die Gelegenheit zu nußen weiß, fie in Ausübung zu seßen.

Unter den Grundsägen, welche man bei dem hiesigen Theater immer vor Augen gehabt, ist einer der vornehmsten, der Schauspieler müsse seine Persönlichkeit verläugnen und dergestalt umbilden lernen, daß es von ihm abhange, in gewissen Rollen seine Individualität unkenntlich zu machen.

In früherer Zeit stand dieser Marime ein falsch verstandener Konversationston, sowie ein unrichtiger Begriff von Natürlichkeit entgegen. Die Erscheinung Ifflands auf unserm Theater löste endlich das Räthsel. Die Weisheit, womit dieser vortreffliche Künst ler seine Rollen von einander sondert, aus einer jeden ein Ganzes zu machen weiß und sich, sowohl ins Edle als ins Gemeine, und immer kunstmäßig und schön, zu maskiren versteht, war zu emis nent, als daß sie nicht hätte fruchtbar werden sollen. Von dieser Zeit an haben mehrere unserer Schauspieler, denen eine allzu entschiedene Individualität nicht entgegenstand, glückliche Versuche gemacht, sich eine Vielseitigkeit zu geben, welche einem dramatis schen Künstler immer zur Ehre gereicht.

Eine andere Bemühung, von welcher man bei dem Weimarischen Theater nicht abließ, war, die sehr vernachlässigte, ja von unsern vaterländischen Bühnen fast verbannte rhythmische Deflamation wieder in Aufnahme zu bringen. Die Gelegenheit, den architektonisch neueingerichteten Schauspielsaal durch den Wallensteinischen Cyklus einzuweihen, wurde nicht verabsäumt, so wie zur Uebung einer gewissen gebundenern Weise in Schritt und Stellung, nicht weniger zur Ausbildung rednerischer Deklamation, Mahomet und Tancred, rhythmisch überseßt, auf das Theater gebracht. Macbeth, Octavia, Bayard gaben Gelegenheit zu fernerer Uebung, so wie endlich Maria Stuart die Behandlung lyrischer Stellen forderte, wodurch der theatralischen Recitation ein ganz neues Feld eröffnet ward.

Nach solchen Uebungen und Prüfungen war man zu Anfange des Jahrhunderts so weit gekommen, daß man die Mittel sämmtlich in Händen hatte, um gebundene, mehr oder weniger maskirte

Vorstellungen wagen zu können. Palaeophron und Neoterpe machten den Anfang, und der Effekt dieser auf einem Privattheater geleisteten Darstellung war so glücklich, daß man die Aufführung der Brüder sogleich vorzunehmen wünschte, die aber wegen eintretender Hindernisse bis in den Herbst verschoben werden mußte.

: Indessen hatte Madame Unzelmann durch ihre Gegenwart an jene Ifflandische Zeit wieder erinnert. Der Geist, in welchem diese treffliche Schauspielerin die einzelnen Rollen bearbeitet und fich für eine jede umzuschaffen weiß, die Besonnenheit ihres Spiels, ihre durchaus schickliche und anständige Gegenwart auf den Brettern, die reizende Weise, wie sie, als eine Person von ausgebildeter Lebensart, die Mitspielenden durch passende Attentionen zu beleben weiß, ihre klare Recitation, ihre energische und doch gemäßigte Deklamation, kurz das Ganze, was Natur an ihr und was sie für die Kunst gethan, war dem Weimarischen Theater eine wünschenswerthe Erscheinung, deren Wirkung noch fortdauert und nicht wenig zu dem Glück der dießjährigen Wintervorstellungen beigetragen hat und beiträgt.

Nachdem man durch die Aufführung der Brüder endlich die Erfahrung gemacht hatte, daß das Publikum sich an einer derben charakteristischen, sinnlich künstlichen Darstellung erfreuen könne, wählte man den vollkommensten Gegensaß, indem man Nathan den Weisen aufführte. In diesem Stücke, wo der Verstand fast allein spricht, war eine klare, auseinanderseßende Recitation die vorzüglichste Obliegenheit der Schauspieler, welche denn auch meist glücklich erfüllt wurde.

Was das Stück durch Abkürzung allenfalls gelitten hat, ward nun durch eine gedrängtere Darstellung erseßt, und man wird für die Folge sorgen, es poetisch so viel möglich zu restauriren und zu runden. Nicht weniger werden die Schauspieler sich alle Mühe geben, was an Ausarbeitung ihrer Rollen noch fehlte, nachzubringen, so daß das Stüd jährlich mit Zufriedenheit des Publikums wiedererscheinen könne.

Lessing sagte in sittlich religiöser Hinsicht, daß er diejenige Stadt glücklich preise, in welcher Nathan zuerst gegeben werde; wir aber können in dramatischer Rücksicht sagen, daß wir unserm Theater Glück wünschen, wenn ein solches Stück darauf bleiben und öfters wiederholt werden kann.

In dieser Lage mußte der Direktion ein Schauspiel wie Jon höchst willkommen sein. Hatte man in den Brüdern sich dem römischen Lustspiele genähert, so war hier eine Annäherung an das griechische Trauerspiel der Zweck. Von dem sinnlichen Theile desselben konnte man sich die beste Wirkung versprechen; denn in

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den sechs Personen war die größte Mannigfaltigkeit dargestellt. Ein blühender Knabe, ein Gott als Jüngling, ein stattlicher König, ein würdiger Greis, eine Königin in ihren besten Jahren und eine heilige bejahrte Priesterin. Für bedeutende, abwechselnde Kleidung war gesorgt und das durch das ganze Stück sich gleich bleibende Theater zweckmäßig ausgeschmückt. Die Gestalt der beiden ältern Männer hatte man durch schickliche Masken ins Tragische gesteigert, und da in dem Stücke die Figuren in mannigfaltigen Verhältnissen auftreten, so wechselten durchaus die Gruppen dem Auge gefällig ab, und die Schauspieler leisteten die schwere Pflicht um so mehr mit Bequemlichkeit, als sie durch die Aufführung der französischen Trauerspiele an ruhige Haltung und schickliche Stellung innerhalb des Theaterraums gewöhnt waren.

Die Hauptsituationen gaben Gelegenheit zu belebtern Tableaur, und man darf sich schmeicheln, von dieser Seite eine meist vollendete Darstellung geliefert zu haben.

Was das Stück selbst betrifft, so läßt sich von demselben ohne Vorliebe sagen, daß es sich sehr gut erponire, daß es lebhaft fortschreite, daß höchst interessante Situationen entstehen und den Knoten schürzen, der theils durch Vernunft und Ueberredung, theils durch die wundervolle Erscheinung zuleßt gelöst wird. Uebrigens ist das Stück für gebildete Zuschauer, denen mythologische Verhältnisse nicht fremd sind, völlig klar, und gegen den übrigen, weniger gebildeten Theil erwirbt es sich das pädagogische Verdienst, daß es ihn veranlaßt, zu Hause wieder einmal ein mythologisches Lexikon zur Hand zu nehmen und sich über den Erichtonius und Erechtheus aufzuklären.

Man kann dem Publikum keine größere Achtung bezeigen, als indem man es nicht wie Pöbel behandelt. Der Pöbel drängt sich unvorbereitet zum Schauspielhause, er verlangt, was ihm unmittel bar genießbar ist, er will schauen, staunen, lachen, weinen und nöthigt daher die Direktionen, welche von ihm abhängen, sich mehr oder weniger zu ihm herabzulassen und von einer Seite das Theater zu überspannen, von der andern aufzulösen. Wir haben das Glück, von unsern Zuschauern, besonders wenn wir den Jenaischen Theil, wie billig, mitrechnen, vorausseßen zu dürfen, daß sie mehr als ihr Legegeld mitbringen, und daß diejenigen, denen bei der ersten sorgfältigen Aufführung bedeutender Stücke noch etwas dunkel, ja ungenicßbar bliebe, geneigt sind, sich von der zweiten besser unterrichten und in die Absicht einführen zu lassen. Bloß dadurch, daß unsere Lage erlaubt, Aufführungen zu geben, woran nur ein erwähltes Publikum Geschmack finden kann, sehen wir uns in den Stand gesezt, auf solche Darstellungen loszuarbeiten, welche allgemeiner gefallen.

Sollte Jon auf mehrern Theatern erscheinen oder gedruckt werden, so wünschten wir, daß ein kompetenter Kritiker nicht etwa bloß diesen neuen Dichter mit jenem alten, dem er gefolgt, zusammenstellte, sondern Gelegenheit nähme, wieder einmal das Antike mit dem Modernen im Ganzen zu vergleichen. Hier kommt gar Vieles zur Sprache, das zwar schon mehrmals bewegt worden ist, das aber nie genug ausgesprochen werden kann. Der neue Autor, wie der alte, hat gewisse Vortheile und Nachtheile, und zwar gerade an der umgekehrten Stelle. Was den einen begünstigte, beschwert den andern, und was diesen begünstigt, stand jenem entgegen. Nicht gehörig wird man den gegenwärtigen Jon mit dem Jon des Euripides vergleichen können, wenn nicht jene allgemeinen Betrachtungen vorangegangen sind, und vielen Dank soll der Kunstrichter verdienen, der uns an diesem Beispiele wieder klar macht, in wiefern wir den Alten nachfolgen können und sollen.

Wären unsere Schauspieler sämmtlich auf kunstmäßige Behandlung der verschiedenen Arten dramatischer Dichtkunst eingerichtet, so könnte der Wirrwarr, der nur zufällig hier in der Reihe steht, auch als eine zum allgemeinen Zweck kalkulirte Darstellung aufgeführt werden.

Gegen solche Stücke ist das Publikum meist ungerecht und wohl hauptsächlich deßwegen, weil der Schauspieler ihnen nicht leicht ihr völliges Recht widerfahren läßt. Wenn es dem Verfasser gefällt, in einer Posse den Menschen unter sich hinunterzuziehen, ihn in seltsamen, mehr erniedrigenden als erhebenden Situationen zu zeigen, so ist, vorausgeseßt, daß es mit Talent und Theaterpraktik geschieht, nichts dagegen einzuwenden. Nur sollte alsdann der Schauspieler einsehen, daß er von seiner Seite, indem er eine solche Darstellung kunstmäßig behandelt, erst das Stück zu vollenden und ihm eine günstige Aufnahme zu verschaffen hat.

Es ist möglich, in einem solchen Stücke die Rollen durchaus mit einer gewiffen theils offenbaren, theils versteckten Eleganz zu spielen, die fürs Gesicht angelegten Situationen mit malerischer Zweckmäßigkeit darzustellen und dadurch das Ganze, das seiner Anlage nach zu sinken scheint, durch die Ausführung emporzutragen.

Sind wir so glücklich, noch mehrere antike Lustspiele auf das Theater einzuführen, dringen unsere Schauspieler noch tiefer in den Sinn des Maskenspiels, so werden wir auch in diesem Fache der Erfüllung unserer Wünsche entgegengehen.

Ist die Vielseitigkeit des Schauspielers wünschenswerth, so ist es die Vielseitigkeit des Publikums eben so sehr. Das Theater wird, so wie die übrige Welt, durch herrschende Moden geplagt,

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