welches Lares die Herabkunft des Ches („la bajada del Ches“) nennt; dahinter mögen wohl schon christliche Anschauungen stecken, vielleicht eingeimpft in etwas Ursprüngliches. Die Bewohner der wärmeren Gegenden gingen unbekleidet; doch benutzten sie den rothen Farbstoff der Bixa Orellana, um sich den Körper zu bemalen. In den kühleren Gegenden brauchte man baumwollene Mäntel, die bei den Männern bis zu den Knien reichten, bei den Frauen aber bis auf die Füsse. Ein solcher Mantel (manta) war eigentlich ein viereckiges Stück Zeug, in welches der Körper eingewickelt wurde; ein Gürtel hielt ihn in der Mitte fest und die beiden oberen Ecken wurden mit Nadeln aus hartem Palmenholz, die man tope nannte, festgesteckt. Die Timotes waren jedenfalls Ackerbauer und Jäger. Der Mais war ibnen bekannt, und verstanden sie die Chicha, ein berauschendes Getränk, aus ihm zu bereiten. Ferner bauten sie yuca (Manihot), Bataten, Arracacha, Chiruri (mir bis jetzt noch unbekannt), Wassermelonen und Cacao. Die Baumwollenpflanze wurde gleichfalls gezogen. Die Tiguiñoes verstanden es, an den Abhängen der Berge stufenäbnliche Terrassen anzulegen, auf denen sie Ackerbau trieben, und noch heute sieht man Reste von solchen Anlagen in der Umgegend von Acequias. Die Mocochíes, Miguries und Tiguiñoes benutzten auch noch die Knollen des Ullucus tuberosus, den die ersten ruba nannten, während er bei den beiden letzteren timbó hiess. Noch heute bauen ihn die spärlichen Reste ibrer Nachkommen Herr Apotheker Bourgoin in Mérida hat mir Knollen der Ruba nach Carácas geschickt, aus denen ich mehrere Pflanzen zog und so den Namen des Gewächses ermittelte; andere schickte ich nach Kew, wo man auch die Pflanze zog. Die Knollen sind ziemlich geschmacklos; ich habe sie noch am erträglichsten gefunden, wenn man sie als Salat mit Essig und Oel geniesst. Die Miguries hatten ferner eine Knolle, welche sie huisisui nannten; heut kennt man sie in Mérida unter dem Namen cuiva oder cuiba. Nach von mir gezogenen Exemplaren ist es Oxalis tuberosa, die in dem benachbarten Neu-Granada mit dem nicht unähnlichen Namen jibia bezeichnet wird. Es ist wahrscheinlich, dass die Bewohner des alten Mérida auch ein knollentragendes Solanum cultivirten, welches von den Miguríes mit dem Namen tigiss bezeichnet wurde. In der Umgegend von Mucuchies wächst noch jetzt eine der Kartoffel sehr ähnliche Art, anscheinend spontan; Knollen derselben, die ich in Caracas pflanzte, gaben ziemlich viel Kraut, blühten aber nicht und hatten nur kleine Knöllchen, etwa wie Kirschkerne, an der obersten Wurzelregion. Es ist wahrscheinlich das Solanum immite Dunal, sicherlich nicht S. colombianum desselben Autors. Als weitere Nutzpflanzen in alter und neuer Zeit sind zu nennen: palomero und frailejon. Unter dem ersteren Namen versteht man die Myrica arguta an. (HBK.), deren pfefferkorngrosse Früchte mit einer Wachsschicht bedeckt sind, welche man durch heisses Wasser abschmelzt und zu Lichtern benutzt. Mit dem zweiten der angeführten Namen bezeichnet man verschiedene Arten von Espeletia, grosse Gewächse aus der Familie der Compositen mit dick befilzten Blättern und kurzen dicken Stengeln, die ungemein viel Mark enthalten. Noch heute brennt der Indianer der Páramos die Blätter ab, und isst dann nach einigen Tagen das Mark des Stengels, das durch diese Operation einen süsslichen Geschmack erhält. Als Genussmittel bedienen sich die Indianer und Mestizen der Cordillere des Chimó, eines bis zu mehr als Syrupsdicke eingekochten Tabacksextractes, dem man Urao (anderthalb kohlensaures Natrium aus dem kleinen See von Lagurillas) zusetzt. Die schwarze Substanz wird in Horndosen verwahrt, manchmal auch einfacher in Maisblättern, und gelegentlich mit der Spitze des rechten Zeigefingers eine Portion an die äussere Seite des Zahnfleisches in den Mund gebracht, wo sie sich dann langsam durch den Speichel löst und verschluckt wird. In alten Zeiten brauchte man keinen Urao zur Anfertigung des Chimó; diese Verbesserung (?) erfand 1781 ein gewisser Pedro Verastegui, und seit jener Zeit hat denn auch der Urao von Lagurillas Handelswerth bekommen. Heute wird die Lagune durch einen Italiener Camilo Carnevali exploitirt, der einen Contract mit der Regierung zu diesem Zwecke geschlossen hat. Die beste Sorte Urao geht unter dem Namen espejuelos und kostet jetzt 4 bolivares (etwas mehr als 3 Reichsmark) per Pfund. Ueber den Chimó vergleiche man noch T. F. Hanausek in der Zeitschrift des allgem. österr. Apotheker-Vereins, 1877, Nr. 12, sowie desselben Verfassers Nahrungs- und Genussmittel aus dem Pflanzenreiche (Kassel, 1884), S. 367. Eine Probe werde ich meiner nächsten Sendung an die , Anthropologische Gesellschaft beilegen, und bitte ich im Voraus, dieselben chemisch untersuchen zu lassen. Die Quindoraes an den Ufern des Motatan begruben ihre Todten an bestimmten Orten, namentlich in Höhlen, von denen es viele in den Kalksteingebirgen jener Gegend giebt. Sie legten neben den Leichnam mancherlei Dinge von Werth und, wie es scheint, auch Nahrungsmittel. Diese Begräbnissplätze kennt man heute unter dem Namen von Santuarios. Trotz aller Bemühungen ist es mir noch nicht gelungen, Schädel aus derselben zu erhalten; dagegen sind kleine Thonfiguren, die darin ebenfalls sehr häufig sind, weniger schwer zu bekommen. Zwei derselben habe ich im Globus (Bd. XXI, S. 125) abbilden lassen; einige andere werde ich nächstens der Gesellschaft übersenden. Die Mocochies machten Gräber in Form von Gewölben mit einer Oeffnung in dem oberen Theile, welche mit einem grossen Steine genau geschlossen wurde, nachdem die Leiche hinabgesenkt worden war. Derartige Gräber werden noch oft beim Pflügen auf den Feldern entdeckt; man nennt 2 gem sie jetzt mitoyes. Neben den Resten der Leiche hat man nicht selten zahlreiche rothe Steinchen gefunden. Die Miguries begruben die Todten in ähnlicher Weise; jedoch gaben sie dem Leichnam eine sitzende Stellung und legten Gegenstände seines täglichen Gebrauchs auf die Knie. Nach Lares sollen die Miguríes und einige andere Stämme uur bis sieben gezählt haben; während andere ein ziemlich entwickeltes decadisches Zahlsystem kaunten. Durch Señor Focion Febres Cordero aus Mérida bin ich in den Besitz einer kleinen Liste von Wörtern gekommen, welche die heutigen Indianer in El Morro ') gebrauchen. Darunter sind die Zahlwörter bis 20: 1 cari 6 capsin 16 tabis-capsin 17 tabis-maigem 3 hisjut 8 maijut 18 tabis-maijut 4 pit 9 maipit 19 tabis-maipit 20 tabis-tabis ) Aus diesem Verzeichniss geht einmal hervor, dass man in der That das decadische System kennt; sodann sieht man aber auch noch sehr deutlich den Einfluss der Zahl fünt, was auch bei andern Völkern beobachtet worden ist. Unter den Festen nennt Lares einen Tanz, bei welchem die Tänzer in der linken Hand eine maraca 3) schüttelten, während sie in der rechten eine Peitsche führten, mit denen sie sich gegenseitig schlugen. Ausser der Maraca hatten sie noch eine Art Trommel, die Chirimia und den Fotuto. Die Chirimia ist mir unbekannt; fotuto dagegen ist jedenfalls nur eine andere Form des Wortes Votuto, das sonst für ein musikalisches Instrument gebraucht wird) Die Chamas hatten Einbäume, mit denen sie über die oft weit ausgetretenen Flüsse ihres Gebietes setzten; die übrigen Stämme benutzten tarabitas, wie die Muiscas. Eine Abbildung einer solchen tarabita aus zusammengedrehten Lianen findet sich in Villavicencio, Geografia de la República del Ecuador (New York 1858) auf der Tafel, welche p. 331 gegenübersteht. Nach Lares ist die Sprache vom Chibcha abgeleitet und bildete eine grosse Menge mehr oder weniger verschiedener Dialekte. In der oben citirten Abhandlung giebt er nur wenige Proben von Wörtern, stellt indess eine grössere Arbeit in Aussicht, die er in einem Werke über die Alter 1) El Morro heisst ein südwestlich von Mérida gelegenes Indianerdorf, das nach dem letzten Census (1881) 22 Häuser und 90 Bewohner zählte. 2) Die Aussprache ist nach den Regeln der spanischen Sprache zu verstehen. 3) Die ausgehöhlte und getrocknete Schale der Frucht des Calebassenbaums (Crescentia Cujete), in welche kleine Steinchen, Maiskörner oder Erbsen geworfen werden. An einer Seite befindet sich ein Handgriff, um das Instrument schütteln zu können, wodurch ein rasselndes Geräusch entstebt. 4) Man vergleiche Ramon de la Plaza, Ensayos sobre el Arte en Venezuela (Caracas, 1883), pag. 61, 62. thümer von Mérida zu veröffentlichen gedenkt. Indem ich aufrichtig wünsche, dass es dem ebenso bescheidenen als kenntnissreichen jungen Manne vergönnt sein möge, diese seine Lieblingsstudien zu einem gewissen Abschlusse zu bringen, muss ich mich heute auf einfache Wiedergabe seiner Wörterlisten beschränken, die allerdings nicht gross, aber doch gewiss hinreichend sind, um über den Hauptpunkt, die angebliche Verwandtschaft mit dem Chibcha, endgültig in's Reine zu kommen. Diesen Schluss muss ich indess Anderen überlassen, da mir die betreffenden literarischen Hülfsmittel hier nicht zur Verfügung stehen. Dialekt Mirripú. Mann cague cursum Bis morgen! mu sic cari gem drei chut vier pit. Dialekt der Mocochies. quicham mayoi Ohr timabúm mitoy Mund macabó Wie geht es dir? machanisa? saisai guaristé Fels carichnuch machipe Füsse cujú Blase das Feuer! mafú sari mafan chimpiú Vater cruchtat spiti saisai Mutter cruchman fin chacharé Höhle mintoy meché michu Haus chimanacot timafaa Kartoffeln tiguis guateque Salz chapi guateque chimabum süss chiquire lasst uns tanzen guateque chimajo geschmacklos chiré joi Cacao spiti lasst uns nicht tanzen joichiguateque Zunge chiquivú Guten Tag, Herr! machinipė muchú?) Eier chicapa Wie geht es dir, Freund? machinisá mitoy. Thier ticaguai Sehr gut, sehr gut! chiquejegūez cucbis nis Schwester manajum manis (wahrscheinlich vom span. hermana) Essen cuibija Kind guacharé anca cuibija Haar michú cuibimú Wasser chimpué Ich habe schon gegessen cuibichajá Stein apirá Ich werde morgen essen chabú cuibijá tirú machinepe-ing 1) Lares bemerkt, dass ch stets wie das englische sh auszusprechen sei. 2) Muchú ist ohne Zweifel das franz, monsieur, welches in ganz Venezuela im Volksmunde zu musiú geworden ist. Dialekt Migurí. manupé tascúa? manupé bic sep? Wie geht es der Frau? manupé carigurá? guó cuatú chumú. gui quisui gui quisi Stebe morgen frühzeitig auf! gassi muchi Es regnet oqui moy Mais Gehst du schon fort? guó cuatoc? Kartoffeln Wann kommst du wieder? pena suns? Wilde Taube Gieb mir Wasser! me chimbul) Turteltaube Gieb mir Licht! me chirup Salz Eine Korallenschlange cari suy cuatu eins Brennholz ti-semp zwei sūss chibo drei Scorpion quijut vier Geier qüió füpf Aasgeier musstitú sechs Habicht cué sieben Gürtelthier unisuy hussá suca Dialekt Timotes. Wie geht es euch? saira vier pit eins piti mubis zwei jenca majen drei Aji (Capsicum) chicas. Eine beträchtliche Anzahl von Worten, namentlich Ortsbezeichnungen, beginnt mit mucu. Lares giebt an, dass er 65 bereits gesammelt habe; im Nomenclator de Venezuela (Caracas 1883) stehen auch einige 30. Die Bedeutung des Wortes ist unbekannt. Den vorhergehenden Wörterlisten füge ich noch ein Verzeichniss von El Morro bei, welches ich, wie bereits angegeben, Señor Febres Cordero verdanke: 1) Lares bemerkt mit Recht, dass das Wort me wahrscheinlich das span. Pronomen ist. |