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verständliches sind. Archive wie die der Könige Amenhotep sind also wenigstens in Ägypten auch in der älteren Zeit vorauszusetzen. Die Sinuhe-Geschichte bezeugt aus der Zeit um 2000, daß Boten mit Urkunden zwischen Asien und Ägypten verkehrten. Der S. 205 besprochene Text spricht von einem Boten, der ruhelos Tontafel-Lasten schleppen muß. Ramses II. empfängt Boten des ,,elenden Hettiters", die ihm „Briefe“ und Vertragsurkunden überbringen. Unter den gefallenen Offizieren der Schlacht von Kadeš wird ein ,,Briefschreiber" des ,,elenden Hettiters" genannt1. Wie großartig das Archiv dieses,,elenden Hettiters" war, haben die Funde in der hettitischen Hauptstadt Hatti (Boghazköi) offenbart.

Für das vorisraelitische Kanaan ist die Existenz solcher amtlicher Archive Zeit durch die Funde von Ta'anek bewiesen. Zwei Stadtfürsten der Jesreelebene korrespondieren hier miteinander in babylonischer Keilschrift und ein hoher Beamter schreibt an den Fürsten von Ta'anek aus einer benachbarten Stadt (Megiddo?) und aus Gaza. Der in Lakiš gefundene Brief beweist, daß in dieser für Jerusalem strategisch wichtigen Stadt in der Amarnazeit das Schreiberwesen ebenso in Übung war wie in Jerusalem selbst, wo Putihepa Briefe an den Pharao von Ägypten schreibt. Dasselbe dürfen wir für Städte wie Sichem mit Bestimmtheit voraussetzen. Damit wird aber zur Gewißheit erhoben, daß die biblischen Schriftsteller für Erzählungen wie 1 Mos 14 (Kriegszug zu Hammurabis Zeit, Malkişedek und die baʻalê berît in Sichem, s. S. 290 ff.) und 1 Mos 23 (Kaufvertrag unter Aufsicht der Hettiter als Landesherren) sehr wohl in der Lage waren, urkundliches Material zu benutzen.

Als,,Buchstädte“ sind innerhalb Kanaans und Syriens durch ihre Namen gekennzeichnet:

im Süden Kirjath Sepher,2

im Norden Byblos (Sept. πόλις γραμμάτων).

1. Kirjath Sepher. Nach Jos 15, 15f. heißt die Stadt Debir. Nach W. M. Müller kommt im Papyrus Anastasi I, 23 (aus der Zeit Ramses' II. s. oben S. 207 ff.) eine kanaanäische Stadt Ba-ti-tu-pa-(ï)ra vor, deren erster Teil bati das hebr. bêth, und deren zweiter Teil mit dem nachgesetzten hieroglyphischen Determinativ für ,, Schreibzeug" das hebr. sepher wiedergibt. Vielleicht ist kirjath,,Stadt“ mit bêth verwechselt. Dann handelt es sich um die gleiche Stadt. Da die Schreibkunst in der höheren Schicht Kanaans auch in vorisraelitischer Zeit überall ihre Vertreter gehabt hat, muß der besondere Charakter der Stadt als,,Buchstadt" einen weiteren Sinn haben. W. M. Müller, MVAG 1912, Nr. 3, S. 85 weist auf Sept. Ri 1, 11, wo der Name durch zaoqiaowap wiedergegeben wird; er will deshalb statt der masoretischen Schreibung sepher lesen: sopher, und,,Stadt der Zählung, Registrierung“ übersetzen. Damit wäre die Stadt als Mittelpunkt einer Provinzialverwaltung gekennzeichnet. Wenn aber die Stadt ein Archivplatz war, so ist es selbstverständlich, daß eine Hauptaufgabe der Schreiberbeamten die Statistik war. In den Resten der Bibliothek von Ta'anek findet sich z. B. ein Text mit registrierten Personen. Der Name ,,Buchstadt“ (Kirjath sepher) wird zu Recht bestehen; er konnte im Volksmunde leicht als,,Registrierstadt“ (kirjath sopher) umgedeutet werden. Zu sepher s. S. 126, Anm. 5; 495.

1) W. M. Müller, Asien und Europa 332 und Anm. 2; MVAG 1902, Nr. 5; 1912, Nr. 3, S. 86. 2) vgl. zu Sippar S. 126. 3) MVAG 1912 Nr. 3, S. 85 f.

2. Byblos. So nennt man die Stadt Gebal in der hellenistischen Zeit als ,,Buchstadt" (Bißhiov)1. Der Name deutet auf eine alte Berühmtheit der Stadt als Mittelpunkt der Schreibkunst und eines Archivs. Rib-Addi's Brief aus Byblos an Pharao Amenhotep wurde schon oben erwähnt. Für einige Jahrhunderte später, um 1100, besitzen wir ein direktes monumentales Zeugnis für die Bedeutung von Byblos als,,Buchstadt". Unter den Gegengaben, die Zekarba'al um 1100 nach dem Papyrus Golénischeff (S. 215) aus Ägypten für die Zedernlieferung erhält, befinden sich nach dem amtlichen Bericht Wen Amons 980 Papyrusrollen. Wen Amon, der ägyptische Sendbote, spricht hier auch von der Errichtung eines

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Abb. 123: König Bar Rekub und sein Schreiber. Orthostat aus dem nördlichen Hallen

bau von Sendschirli (mit Bauinschrift) Sendschirli IV Pl. LX.

Denksteins mit Inschrift in Byblos als von einer bekannten und üblichen Sache. Was hier von der Zeit um 1100 berichtet wird, wird auch für die ältere Zeit gelten dürfen.

In welcher Schrift und Sprache haben die Kanaanäer in israelitischer Zeit geschrieben? In der Zeit der großen politischen Windstille, die um 1200 eintrat, haben sich die Kleinstaaten am Mittelmeer selbständig weiter entwickeln können. In dieser Zeit ist auch die babylonische Keil

1) Kittel, Theol. Lit. Bl. 1911, Sp. 75 erinnert an Pergamon, das dem Pergament (s. S. 554) den Namen gab, und meint, daß Byblos im Mittelpunkt des Buchgewerbes gestanden haben müsse als Stapelplatz für Papyrus und als Mittelpunkt für Schreiberschulen. Was Kirjath sepher im Süden war, das war Byblos im Norden Kanaans."

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schrift durch eine eigene phönizisch-kanaanäische Buchstabenschrift ersetzt worden, deren Entstehung und Auftauchen in Palästina noch immer ein kulturgeschichtliches Rätsel ist. Die althebräischen Notizen der Ostraka von Samarien (S. 235) und das Siegel des Šema' in Megiddo (S. 231), das wohl der Zeit Jerobeams II. angehört, sind die ältesten Denkmale dieser Schrift im eigentlichen Bibellande neben dem aus dem 9. Jahrhundert stammenden Mesastein (s. S. 552).

Nach den Fundberichten aus Samarien setzt die Schrift der Ostraka von Samarien aus Ahabs Zeit eine lange Schreibübung voraus. Es ist sehr wahrscheinlich, daß bereits im ausgehenden 2. Jahrtausend in Phönizien und Kanaan in eigener Buchstabenschrift geschrieben wurde!1 Daß neben der hebräischen Schrift in bestimmten, amtlichen Kreisen Kanaans die babylonisch-assyrische Schrift und Sprache in Übung geblieben ist, beweisen die in Gezer gefundenen Tafeln aus assyrischer und neubabylonischer Zeit, die sicher an Ort und Stelle geschrieben sind (s. S. 226).

Aramäisch haben übrigens auch die Assyrer auf Papyrus geschrieben (vgl. Abb. 123). Das babylonische Wort für Papyrus ist šam urbannu (sam Determinativ für Pflanze), in gleicher Form in das Syrische übergegangen, s. Klauber, Politisch-religiöse Texte, Nr. 26, Vs. 3. 8; Landsberger, OLZ 1914, Sp. 265, Zimmern, Akkad. Fremdwörter, S. 19f. 2 An der betreffenden Stelle wird eine beschriebene Papyrusurkunde,,vor der großen Gottheit" im Tempel niedergelegt, auf der eine Orakel-Anfrage im Interesse eines Kriegszuges Asarhaddons an Šamaš gerichtet ist.

Zur Religion im vorisraelitischen Kanaan.

Die Geschichte der Kulte spiegelt wie überall so auch in Kanaan die Schichten der Eroberungen wider. Politische Umwälzungen identifizieren die Kulte. Dabei ist aber auf vorderasiatischem Gebiete zu beachten, daß hinter sämtlichen Kulten die gleiche religiöse Lehre steht. Wenn für Tamuz Osiris, für Ištar die Ba'alat von Gobal, für Ba'al Amon erscheint, so ist das nur ein Wechsel der Namen. Von,,Mischreligion" darf nur unter diesem Gesichtspunkt geredet werden. Der oben S. 227 abgebildete

1) Vgl. Praetorius, ZDMG 1909, 189 ff. 191; König ib. 727. Kittel, Theol. Lit. Bl. 1911, Sp. 75f. meint, daß auch die große Papyruslieferung, die im Papyrus Golénischeff von Tanis nach Byblos geht (s. S. 215), für diese Schrift bestimmt war. Das ist wohl möglich. Für Keilschrift eignet sich Papyrus nicht. Aber die Inschrift des Denksteins, den Zekarba'al in Byblos setzen soll. ist doch ausdrücklich als für den Ägypter lesbar bezeichnet. Dabei kann es sich nur entweder um babylonische oder ägyptische Schrift handeln. Die Zeit um 1100 wird zur Übergangszeit von der ausländischen zur eignen Schrift gehören.

2) Ein andres Wort für Papyrus (Klauber 1. c. S. 75. 164) ist ni'âru hebr. (Levy III, 390),,Papier", wie Jensen bemerkt hat.

neu

3)2 Kg 19, 14 empfängt Hiskia einen Brief des assyrischen Königs. Das wird ein solcher Papyrus, in aramäischer Sprache geschrieben, gewesen sein (s. S. 554). Hiskia,,breitet ihn im Tempel Jahves vor Jahve aus", wie die Assyrer in ihrer Weise Orakelanfragen vor der Gottheit ausbreiten.

4) Auch Sellins Darstellung von den kanaanäischen Religionen auf Grund der

Siegelzylinder mit babylonischem Bild und babylonischer Legende und Segenswunsch in Hieroglyphen entspricht dem politischen Zustand: Ägypten und Babylonien kämpfen auch um die religiöse Herrschaft in Syrien.

Die in der Bibel bezeugten kanaanäischen Gottesbezeichnungen Ba'al und Molek sind nicht eigentliche Gottesnamen. Ba'al, bereits in der Amarnazeit in Kanaan nachweisbar1, entspricht dem babylonischen Gottes-Epitheton Bel, und Molek (außer 1 Kg 11, 7 immer mit Artikel,,der Molek") ist wohl absichtliche Verdrehung des Götterattributes, das babylonisch gesprochen Malik,,Entscheider" lautet®. Beide Epitheta bezeichnen den betreffenden summus deus des Landes, wohl in seinen beiden Manifestationen als Repräsentant der beiden Hälften des Kosmos und des Kreislaufs in ihrer segenbringenden und verderblichen Wirkung. Der greuliche Moloch" wird zum guten Teil auf Übertreibung beruhen und dem Abscheu der Israeliten vor der heidnischen Religion zuzuschreiben sein3. Der höheren Religion, die in der Welt der Erscheinungen die Stoffwerdung der Gottheit sah und in den Göttern Manifestationen der Gottheit im Kosmos, stand auch in Kanaan eine niedere religiöse Strömung gegenüber, die einerseits in der Mythologie wurzelte, die für die Wissenden nur Symbolisierung der Weltenlehre war, andererseits ihre Kräfte aus primitiven Anschauungen zog, die auf allen Stufen der Kultur in der Unterschicht ihr Wesen weiter treiben. Die Spuren des ,,Steinkultus“, „Baumkultus“,,,Tierkultus“, die man nach evolutionistischer Theorie für die ursprünglichen" religiösen Zustände auszugeben pflegt, gehören innerhalb einer Kulturwelt für die Oberschicht zur Symbolik der höheren Religion, für die Unterschicht sind es die Elemente primitiver Mana-Tabu-Totem- und Zauber-Anschauungen.

Als Manifestation des Göttlichen und Ba'al des Landes hat in Kanaan in den Amarnatexten vor allem die Sonne gegolten. Der Mond, der als Erscheinung des Göttlichen bei den semitischen Völkern im Vordergrunde steht, tritt ganz zurück. Es entspricht das der besonderen Ausprägung der Weltenlehre sowohl in Ägypten wie im Hettiterreich. Der ägyptische König Amenophis hat einen Sonnenkult zur Staatsreligion erhoben und nennt sich selbst die Sonne bez. die Sonnenscheibe. Aber auch von hettitischen Herrschern heißt es in den gleichzeitigen Texten des Archivs von Hatti:,,der König ist die Sonne" (HAOG S. 249). Die Amarnabriefe, die den Mond nie erwähnen, sind reich an religiösen Bildern von der Sonne. Nr. 195, 16 ff. schreibt der Mitanni Namiawaza an den Pharao:,,der Herr ist die Sonne am Himmel, und wie auf das Ausgehen der Sonne vom Himmel, so warten die Diener auf das Ausgehen der Worte

Ta anek-Funde 1. c. S. 105 ff. ist noch von der alten Anschauung beherrscht, die die innere Einheit der hinter den Kulten stehenden Weltenlehre verkennt. Verhängnisvoller aber ist der Irrtum von,,ursprünglich" primitiven religiösen Zuständen: Steinkultus, Baumkultus, Tierkultus (Sellin S. 107,,ältere religiöse Verehrung der Tiere", S. 109,,uralter Baumkultus"). Das sind Eierschalen der rein evolutionistischen Auffassung.

1) vgl. den Namen Zekarba'al des Fürsten von Byblos im Papyrus Golénischeff (S. 213 ff.). Ramses II. baut in Memphis wohl für die syrischen Ansiedler einen Tempel des Ba'al und der Aštarte, s. Breasted-Ranke, Geschichte Ägyptens S. 34f.

2) Die Vokalisierung von Molek ist nach Analogie von bošet gebildet:,,Scheusal“. 3) Die Opferbrandstätte Jes 30, 33 gilt nicht dem Molek, sondern der malkâ, d. i. Ašera, s. Erbt, Die Ebräer, S. 235.

4) s. meine Allgemeine Religionsgeschichte S. 12 ff.

aus dem Munde ihres Herrn". Ammunira schreibt aus Beruta (Beirut),,an den König meinen Herrn, meine Sonne, meine Götter, Hauch meines Lebens. Auch Ba'al-Malik wird Sonnenerscheinung sein. Der Sonnentempel von Baalbek ist sicher ein uraltes Sonnenheiligtum Syriens, wenn auch unter seinen gegenwärtigen Fundamenten keine Spuren aus vorchristlicher Zeit gefunden wurden (Abb. 124 zeigt die Trümmer des Tempels aus der nachchristlichen Zeit). Die Baalspriester, die zu Elias Zeit am Karmel ihre Demonstration veranstalteten, werden bereits hier ein Zentralheiligtum gehabt haben, und dasselbe werden wir für viel ältere Zeit voraussetzen dürfen 2.

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Die Sonnenlehre ist nur eine der möglichen Ausprägungen der Welten- und Kreislauflehre. Ein prinzipieller Unterschied zwischen Sonnen- und Mondlehre besteht für den Wissenden nicht. In Babylonien haben immer beide Lehrtypen nebeneinander bestanden. Hammurabi, der aus der Sonnenstadt Sippar stammte, nannte sich wie die Pharaonen und wie die Tešup-Könige der Hettiter,,die Sonne des Landes" und pflegte dabei eifrig den Kult der großen Mondstadt Ur.

Der Ba'al-Malik ist,,Herr des Landes" und Entscheider der Geschicke für sein Gebiet. Da das Land Mikrokosmos ist, ist er in der religiösen Hochspannung immer zugleich,,der Herr der Herren",,,der Götter Gott". Die Vasallen haben daher die Pflicht, die Gottheit des Oberherrn zu ver

1) Fünfmal wiederholt, vgl. auch Nr. 142, 1. Ferner 211, 15:,,Siehe, der König ist wie die Sonne am Himmel." Aziri schreibt:,,O Sonne, mein Herr, mein Gott." Nr. 168, 4; 186, 11. 60; 187, 7. Vgl. ferner 45, I. 29; 46, 21 f. 26f., 49, 1; 51, 1; 55, 1; 60, 1. 29. usw.

2) Der Name Baalbiki ist assyrisch und ägyptisch bezeugt. S. zu Baalbek meine Allgemeine Religionsgeschichte S. 82.

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