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Sechsunddreißigstes Kapitel.

Die Psalmen.

Wenn der Nachweis gelungen ist, daß die religiöse Gemeinde Israels sich in allen ihren weltlichen Beziehungen innerhalb der großen Kulturen des Orients entwickelt hat, so wird es auch nicht verwunderlich erscheinen, daß die religiöse Psalmendichtung eine nahe Verwandtschaft zeigt zur religiösen Dichtung der Babylonier und Ägypter.

Die Literatur der Babylonierumfaßt zahlreiche kultische Lieder. Sie reichen bis in die älteste bekannte sumerische Zeit hinauf. Einige sind rein sumerisch geschrieben, andere mit assyrischer Interlinear-Übersetzung, wieder andere rein babylonisch (akkadisch). Für einen der babylonischen Bußpsalmen besitzen wir Fragmente eines Kommentars, in dem die schwierigen Worte erklärt sind, für einen anderen (s. S. 563) ist die sumerische Vorlage erhalten. In der vorliegenden Gestalt, in der sie meist als Abschriften aus der Bibliothek Asurbanipals vorliegen, sind die Texte als,,Beschwörungen" bezeichnet. Sie wurden also bei kultischen Zauberriten rezitiert. Man darf aber daraus nicht ohne weiteres schließen, daß,,die älteste Form der Beeinflussung der Gottheit durch die Menschen in Babylonien die Beschwörung war"1. Die sumerischen Bußlieder können sehr wohl für sich bestanden haben, ehe sie zu rituellen Zwecken zurecht gemacht wurden. Es sind Königslieder, die, wie die alten chinesischen Kaisertexte, den Gedanken zum Ausdruck bringen, daß der König die Schuld des Volkes zu tragen hat. Die Schmerzen sind nicht nur leiblicher Art, sondern teilweise seelische Qualen.

In eine Klasse der Buẞlieder ist stereotyp ein Gedanke verflochten, der ein Grunddogma der altorientalischen Weltanschauung bildet: auf die Fluchzeit der Not und des Elends folgt eine Segenszeit. Die glückliche Zeit wird von einem gottgesandten König erwartet. In diesem Sinne ist also die babylonische Psalmenliteratur von einer prophetischen Literatur abhängig wie die hebräische.

Eine andere Gattung der babylonischen religiösen Lyrik bilden die Hymnen, die teils beim Opferritual, teils bei den Kalenderfesten rezitiert wurden. Sie sind in Form der Wechselrede gedichtet, wobei dem Priester die Vermittlung zwischen dem Betenden und der Gottheit zukommt. Zuweilen erheben sie sich zu dramatischer Form. Das letztere gilt vor allem von den Tamuz-Hymnen und den Hymnen zu Ehren Marduks und anderer großer Götter beim babylonischen Neujahrfest 3. Auch Hymnen für den religiösen Gebrauch des Einzelnen sind vorhanden. An bestimmten mit NN bezeichneten Stellen soll der Betende seinen Namen einsetzen. In der Bibliothek Asurbanipals finden sich ganze Serien von Hymnen, die

1) So Kittel, Psalmen S. XXV, auf dessen Ausführungen S. LXXV ff. im übrigen zu verweisen ist.

2) s. HAOG S. 217ff.
3) s. HAOG S. 312ff.

als öffentliches Gesangbuch bei den staatlichen Ritualen benutzt worden sind.

Aus Ägypten besitzen wir aus der ältesten Zeit fast nur Totentexte. Aber schon hier gehen die Zaubersprüche in hymnische Dichtungen über. Hymnenform hat auch das alte Lied auf den Sieg der Ägypter in Palästina, das S. 193 f. besprochen wurde. Aus dem mittleren Reich besitzen wir eine Königshymne. Sie begrüßt Senwosret II., den Eroberer Nubiens. Der Refrain lautet:,,zweimal glücklich ......"1. Ähnlichen Ton haben die Götterhymnen des mittleren Reiches. Eine reiche Hymnen

literatur stammt aus dem neuen. Reiche. Der Kultus der Sonne als AmonRe von Theben und besonders als Aten in der Reformreligion des Amenophis aus der 18. Dynastie brachte schöne Hymnen hervor. Der berühmte Sonnenhymnus Amenophis' IV., der mit einem Hinweis auf die Mission des Königs als Prophet der Sonne schließt, ist mit Recht mit dem 104. Psalm verglichen worden. In den späteren Hymnen des mittleren Reiches tritt besonders Osiris hervor, der menschlichste Gott der Ägypter, der von der Naturverehrung zu inniger Anbetung führte. Persönliche Frömmigkeit atmen auch Hymnen aus Theben, die wohl, als Festgesänge bei Kalenderfesten gedacht, die mythischen Taten der Gottheit preisen. Die Königshymnen der 19. Dynastie (auf Ramses II., Senwosret III., Thutmes III.) vergöttlichen den König und preisen ihn als den Segensbringer, dem man gehorchen muß. Ein Hymnus auf Ramses II. betrifft ein Erlebnis des Königs im Kampfe gegen die Hettiter und enthält ein wundervolles Zwiegespräch des Königs mit seinem Vater Amon, der ihm zuruft:

,,Du bist nicht allein, ich bin bei dir, ich, dein Vater Re, meine Hand ist mit dir. Ich bin mehr wert für dich als Hunderttausende, ich, der Herr des Segens, der die Tapferkeit liebt."

Die dichterische Form ist bei den Ägyptern und Babyloniern wie bei den Israeliten Parallelismus der Versglieder, verbunden mit starker Bildlichkeit des Ausdrucks. Der Parallelismus findet sich in primitiver Gestalt schon in den ältesten ägyptischen Pyramidentexten, vollkommen bereits in dem Königshymnus auf Senwosret II. aus dem mittleren Reich und in den sumerischen Psalmen.

Aus der Verwandtschaft der israelitischen Psalmdichtung mit der religiösen Dichtung der großen Kulturvölker des Orients folgt nun keineswegs Abhängigkeit, etwa in der Weise, daß die Israeliten bestimmte Dichtungen als Vorbilder genommen hätten. Wohl aber werden wir in bezug auf die Form der Dichtung in den Ägyptern und vor allem in den Babyloniern die Lehrmeister Israels zu sehen haben. Sobald man in Israel schriftstellerisch tätig war, ergab es sich ganz von selbst, daß man sich in alten, längst festentwickelten Formen ausdrückte. In einzelnen Fällen wird der Einfluß auch noch weiter gehen. Wir werden Beispiele finden

1) Übersetzung bei Schneider, Denken der Ägypter S. 175 ff. nach Griffith. Zum Schluß des Hymnus s. unten S. 575 zu Psalm 23, I.

2) Kittel, 1. c. S. XXIX, s. S. 581 zu Ps 104.

3) Vgl. Erman in Sitzungsberichten der Berl. Ak. der Wiss. 1911, 1086 ff.

(s. z. B. zu Ps 59, 14; 69, 14; 119, 169f.), bei denen ganz offenbar babylonische Sprechweise in die Psalmen poesie übergegangen ist.

Die metrische Form der babylonischen Psalmen ist wie bei Hymnen und Epen von den Tafelschreibern äußerlich durch Zeilentrennung, Abteilung in Halbzeilen-Kolumnen angedeutet, teilweise auch durch Viertelverse, die dann Abzählung der Versfüße gestatten1. Häufig werden je zwei Verse durch Linien als Verspaare zusammengezogen, die Verse haben meist vier Hebungen. Bei Versen mit zweimal drei Hebungen wird der zweite Halbvers in besondere eingerückte Zeile gesetzt. Auch hier zeigt sich in den Psalmen babylonischer Einfluß.

Akrostichische Form, wie wir sie primitiv bei den alphabetischen Psalmen finden, zeigt der neubabylonisch geschriebene Hymnus Sp. II, 265 (Zimmern ZA 1904, 1 ff.). Der Anfang des Akrostichons lautet wahrscheinlich: a-na Ku-[ur-nu-]gi. Ein Gedicht aus der Zeit Nebukadnezars II. ergibt akrostichisch den Gottesnamen Nabû. Solche Akrosticha sind auch sonst bezeugt: so K 8204, wo die Anfangs- und Endsilben ergeben: u-ša-al-du-du ma-ru-uš-tu (,,sie machen ziehen die Krankheit"), DT 83 (Bezold, Cat. p. 1549): na-ar-ba zi-kir-šu,,die Hoheit (acc.) sein Name - (verkündet sie?)" Die akrostichische Form des assyrischen Gebetshymnus Asurbanipals an Marduk und Sarpanîtu Craig, Rel. Texts I, 29ff. und II, X stellte Jensen fest KB VI, 2 S. 108ff.

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Abb. 259 Hettitisch-babylon. Vasenfragment mit 5 saitigem
Banks, Bismaya S. 268 (vgl. Hommel, OLZ 1913, Sp. 350).

und 7 saitigem Instrument. Gefunden in Bismaya. Nach

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Die Musik ist wohl zu allen Zeiten die Begleiterin der kultischen Lieder gewesen. Zur babylonischen Musik s. HAOG S. 285ff., Delitzsch, Babel und Bibel III, S. 12 ff., Fr. Jeremias in der Einleitung zu Wellhausen, Psalmen in P. Haupts Sacred Books. Abb. 259 u. 260 illustrieren einige babylonische Instrumente. HAOG S. 285, Abb. 184 zeigt eine alt babylonische elfsaitige Harfe aus Telloh5, HAOG S. 285, Abb. 186 Musikanten und Musikantinnen im Tanzschritt. Nach VAB I, S. 178f. ließ der König von Susa am Morgen und am Abend am Stadttore musizieren. - Vgl. auch Heuzey, Rev. d'Assyr. IX, p. 85 ff.

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Daß in Israel bereits zur Königszeit die Musik in Jerusalem hochgewürdigt war, wurde S. 480 f. vgl. 530, Anm. I erwiesen.

Die überragende religiöse Höhenlage der israelitischen Psalmen gegenüber den babylonischen bedarf nicht des Beweises. Stellen wie Ps 18, 2-3; 23, 4; 51, 6. 12-13., 73, 25f., 91, 1-2; 103 u. a. m. wird man

1) s. Zimmern ZA VIII, 121 ff. XVII, 1 ff. und AO VII, 3 S. 3 ff.

2),,Nach dem Lande ohne Heimkehr". In dem Text ist von Totendingen die

Rede (und von nâr Hubur, dem Totenfluß).

3) PSBA XX, 154ff., s. Zimmern AO VII, 3, S. 8 f.

4) Text auch ZA IV, 246f. und V, 77f. (Brünnow).

5) Ps 12, 1: 8 Saiten; 92, 4: 10 Saiten; Harfe mit 7 Saiten ist z. B. Erachin 13b bezeugt. Die frühere Annahme, daß die 11-saitige Harfe griechischen Ursprungs sei, ist durch das Telloh-Denkmal widerlegt.

vergeblich in Babylonien suchen. Das Psalmbuch Israels allein konnte ein. Buch der Menschheit werden.

Ps I, I Glücklich der Mann; vgl. den Refrain,,zweimal glücklich" in dem ältesten Königshymnus aus dem mittleren Reiche in Ägypten, S. 571. Ps 1, 3 Baum gepflanzt an Wasserbächen s. zu 39, 5-7.

Ps 6, 7f. Die Klage des Büßers, der gealtert ist und müde vom Seufzen und sein Bett mit Tränen schwemmt, erinnert an den Ton der babylonischen Buẞpsalmen. Kittel, Psalmen S. 520 weist mit Recht auf den Bußpsalm IV R 24, Nr. 3 (nach Jastrow, Babyl. Rel. II, S. 110):

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Ps 8, 3 der Himmel ist gebaut als Schutz gegen die titanischen Feinde Gottes s. S. 569 und Hiob 30, 8 ff.

Ps II, 7 vgl. 17, 15. Die Frommen begehren, das Antlitz der Gottheit zu schauen. In der Opfermahlzeit hofft man dies Schauen Gottes zu erreichen. Das ist der Sinn der ,, Schaubrote", s. S. 376 vgl. S. 329. 395. Der Gedanke ist auch dem Babylonier vertraut. In einem der als Beschwörungs-Texte benutzten Lieder des assyrischen Kultus an Marduk heißt es (King, Magic Nr. 9, Z. 10)1:

.....

laß mich leben und gesund bleiben, laß mich deine Gottheit sehen."

Umgekehrt bittet der fromme Israelit, daß Gott ihn gnädig anschauen möge, wie im aronitischen Segen. Auch hier gibt es eine babylonische Parallele. Zum aronitischen Segen s. S. 400. In einem assyrischen Klagelied an Ištar heißt es (King, Magic Nr. 8, 32):

,,dein Anschauen ist Erhörung, dein Befehl ist Licht."

1) Zu ergänzen nach der Variante IV R2, 21, 1, Kol. III.

Ps 12, 9 s. S. 52.

Ps 13, 2. Wie lange? () ist ein stereotyper Seufzer der Klagepsalmen. Er ist gleichbedeutend mit dem aḥulâp(i) (hebräisch vorliegend in halai und aḥalai Ps 119, 5; 2 Kg 5, 3 und in hieratischen Namen, s. Motivregister) der babylonischen Bußpsalmen, das die Assyrer selbst durch adi mâti (= I Sa 16, 1 u. ö.) erklären.,,Sein ahulâp sprechen" heißt um Erlösung bitten, z. B. IV R 59, Nr. 1, 8a. K 34261 Vs. 5-8 heißt es auf Marduk:

,,Wie lange soll noch dauern mein Seufzen und Darniederliegen? Wie lange soll noch sein Weinens und Trauerns in meinem Lande, wie lange noch Wehklagens und Weinens in meinen Wohnstätten? Bis wie lange, Herr von Babylon, willst du wohnen im Lande der Feinde?"

Im Babylonischen hat das stereotype Adverb aber auch den Gegensinn:,,Endlich!" (Die Brücke bildet die flehende Bitte :,,ach, daß es doch anders würde").

Asarh. III, 46 (KB II, 132f.):

,,Gnade gewährte ich ihm und bot ihm aḥulâp an".

IV R 11, 31f. a wird geklagt, daß der Priester,,das ahulâp deines Herzens nicht ausspricht“, d. h. er verweigert Friedensgruß und Sühnung. Ps 16, 4 s. 52. Ps. 16, 9 s. S. 617. Ps 18, 5 s. S. 58.

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Der zweite

Ps 19. Zum ersten Teile des Psalms s. S. 52 und 569. Teil enthält einen Lobpreis der Befehle Gottes. Während hier die Gebote der Gottheit als kostbar und erquickend gepriesen werden, sagt der babylonische Klagelieder-Dichter:

Inlils Befehl ist eine Last, die auf dem Nacken ruht,

sein Befehl ist ein Sturm, ein heftiger Weltensturm“ 2.

In demselben neubabylonischen Psalm (vgl. Ps 18, 26 f.) heißt es: ,,der Treue bin ich treu, der Untreue bin ich untreu“3,

Ps 19, 1-7 ist ein Sonnenhymnus, v. 8-15 ein Lobpreis auf das Gesetz. Beide Teile sind künstlich aber sinnvoll verbunden: der Gedanke an die Sonne als Offenbarer der richterlichen Gewalt Gottes und Herr der Gerechtigkeit ist dem gesamten Orient eigentümlich (vgl. Mal 3, 20: die Sonne der Gerechtigkeit). Der erste Teil ist ein Torso, vielleicht hat die Fortsetzung den Mond und die großen Wandelsterne gepriesen. Zum kosmischen Sinn der ersten Verse s. S. 52. Die poetischen Bilder des Sonnenhymnus stammen aus der orientalischen Mythologie. Die Gemahlin des Sonnengottes (A-a) heißt babylonisch oft kallatu,,Braut", der Sonnengott ist demgemäß der Bräutigam (nn). In einem sumerischen Hymnus (VAT 8249) heißt der Sonnengott wie Ps 19,,der Held, der mit dem Szepter herausgeht" (Mitteilung Schröders in Zeitschr. f. Altt. Wiss. 34, S. 69 f.).

1) CT XIII, pl. 48; vgl. Zimmern, AO VII, 3, S. 7f.

2) Reisner, Hymnen Nr. 6. Anderer Art ist der Lobpreis auf das schaffende Wort der Gottheit, wie im Hymnus an Sin HAOG S. 244, 1; vgl. zum,,Wort der Gottheit" als Schöpfermacht oben S. 37.

3) kênu, la kênu; eine Variante sagt: dem Feindlichen bin ich feindlich (ana sa-ra sar-ra-ki).

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