ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub
[merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors]

gegen Feiglinge und solche, die sich dem Kriegsdienst entzogen, ausgesprochen war (Diod. XII 16, 1).

Daß der Gesetzgeber ferner dem Prozeßrecht sein Augenmerk zuwandte, beweist die durch ihn erfolgte Einführung der êлíonηyıs. (Übrigens sind Modifizierungen des Prozeßverfahrens ἐπίσκηψις. überhaupt ein Kennzeichen der älteren Gesetzgebungen.)

Bemerkenswert ist weiterhin, daß Charondas auch sittenpolizeiliche Vorschriften erlassen hat, von denen uns die über die xaxoμiλía (Diodor XII 12, 3f.) erhalten ist. Wir dürfen da wohl auch das Gesetz gegen die Sykophantie mit hereinbeziehen (Diod. XII 12, 2). Der Gesetzgeber Charondas bemühte sich, ebenso wie auch andere (ich nenne hier vor allem Zaleukos und Solon) um die Hebung und Förderung der bürgerlichen Moral, im Interesse des allgemeinen Staatswohles.

Es ist eine weitgreifende gesetzgeberische Tätigkeit, von der uns eine fragmentarische Überlieferung Kunde gibt. Das Gesetzgebungswerk von Katane hat, wir dürfen dies aus dem uns Erhaltenen mit größter Wahrscheinlichkeit erschließen, fast alle Gebiete des öffentlichen und privaten Lebens umschlossen. Es muß eine Gesetzgebung in großem Stil gewesen sein, geschaffen von einer Persönlichkeit, die mit reichem staatsmännischen Wissen ausgerüstet war, in hohem Maße staatspolitische Klugheit und außergewöhnliche juristische Begabung besaß, dazu eine bewundernswerte Kraft und Energie um eine groß angelegte, bis in das persönlichste Leben eingreifende Gesetzesreform ins Werk zu setzen1). Er mag wohl noch autokratischer aufgetreten sein als der Gesetzgeber von Lokroi. Darauf läßt uns vor allem sein Gesetz über die fristlose Barzahlung schließen, ein Gesetz, das weder bei den Kaufherren noch beim konsumierenden Volk freudige Aufnahme gefunden haben dürfte.

Seine Schöpfung lehrt uns des weiteren, welch hervorragende Kraft der Idee der Polis schon in den damaligen Zeiten innewohnte. Sie wirkte sich aus in der Person des Gesetzgebers, dessen Tätigkeit eine bedeutende Etappe auf dem Entwicklungswege der griechischen Polis darstellt.

Ebensowenig wie bei Drakon läßt sich bei ihm mit Sicherheit feststellen, wie weit er wirklich neues Recht geschaffen oder vorhandenes weiter entwickelt oder nur aufgezeichnet hat, aber seine Gesamtleistung war eine gewaltige, und die unzähligen Schwierigkeiten und Hemmungen, die ihm gleich Drakon von der

1) Vgl. hierzu meine obige Bemerkung zu Belochs Anschauung.

30*

einen und anderen Parteiseite her entgegengetreten sein mochten, hat er mit kühnem Mute gemeistert.

Greifen wir das Strafrecht gesondert aus seiner Gesetzgebung heraus, so erfahren wir zunächst von Geldbußen, die auf gewissen Vergehen ruhten (z. B. materieller Schädigung des Nächsten, vgl. die Herondasstelle), dann aber finden wir auch in seiner Gesetzgebung die Talion als Strafprinzip durchgeführt und zwar in jener Anwendung, die das Vergehen gewissermaßen im Bilde der Strafe vorführen will. Feiglinge werden in Weiberkleider gesteckt1), Sykophanten müssen sich mit einem Tamariskenzweig auf dem Kopf der Öffentlichkeit zeigen. Wir treffen also auch in dieser Gesetzgebung die symbolische Strafe an, ein erzieherischer Charakter innewohnt und die zugleich eine prophylaktische Wirkung üben will.

Daß Charondas sein Strafrecht humanisiert hat, geht mit Deutlichkeit daraus hervor, daß er für Feigheit im Kriege die Todesstrafe abgeschafft hat, welche von den anderen Gesetzgebern für dieses Vergehen festgesetzt war (Diod. XII 16: t☎v γὰρ ἄλλων νομοθετῶν κατὰ τῶν τοιούτων τεθεικότων θάνατον τὸ πρόστιμον, vgl. Diod. 16, 2: ὁ δὲ νόμος οὗτος ἅμα μὲν φιλανθρωπότερός ἐστι τῶν παρὰ τοῖς ἄλλοις κτλ.).

Was die Verfassung des Staates anlangt, für welchen Charondas seine Gesetze gegeben hat, so wird uns, worauf schon oben gelegentlich hingewiesen wurde, von Aristoteles und Herakleides Pontikos mitgeteilt, die Verfassung der Rhegier sei eine oligarchische gewesen.

Aristoteles Polit. VI 12. 13 p. 1297:,,Viele von den Gesetzgebern, welche Aristokratien gründen wollten, haben sich getäuscht.“ An einen der,,oligarchischen Kunstgriffe der Gesetzgebung" (ταῦτα μὲν ὀλιγαρχικὰ σοφίσματα τῆς νομοθεσίας) knüpft er dann die Bemerkung: ὥσπερ ἐν τοῖς Χαρώνδα νόμοις. Vgl. hierzu Aristoteles Pol. VIII 1316a 38, wo uns mitgeteilt wird, daß die Verfassung der Rhegier durch Anaxilas aus einer Oligarchie in eine Tyrannis umgewandelt worden sei. Dies stimmt überein mit der Notiz des Herakleides Pont. XXV: „Die Rhegier bildeten eine Aristokratie, da sie von Tausend der vermögendsten Bürger regiert wurden und sich der Gesetze des Charondas bedienten, bis Anaxilas von Messana sich zu ihrem Tyrannen machte."

66

An diesen Angaben dürfen wir nicht zweifeln. Die Verfassung, an die sich die Gesetzeskodifikation des Charondas anschloß,

1) Vgl. Beispiele hierzu bei Hirzel, a. a. O. 435 Anm. 173.

[merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors]

war, wie auch die Verfassung von Lokroi, im wesentlichen eine oligarchisch-aristokratische, wie schon die bei Herakleides erwähnte Körperschaft der xíλtot beweist. Freilich, es muß doch auch das Volk in diesem Staate gewisse politische Rechte besessen haben; denn wir hören bei Diodor XII 19, 1 von einem Gesetze des Charondas, wonach es verboten war, bewaffnet in der Volksversammlung zu erscheinen (μηδένα μεθ' ὅπλου ἐκκλησιάζειν). Eine gewisse Demokratisierung des Rechtswesens werden wir in der Einführung der лíonn erblicken dürfen, die doch eine Art Berufung darstellt; das Rechtsmittel der Berufung aber ist der strengen Oligarchie fremd.

V. Über Zeit und Leben der Gesetzgeber.

Wie bei der Überlieferung der Gesetze selbst, so müssen wir auch bei den Angaben über Zeit und Persönlichkeit des Zaleukos um über den älteren zuerst zu sprechen eine ältere und eine jüngere Tradition unterscheiden.

[ocr errors]

=

Ephoros (Strabo VI 295; Ps. Scymnus 315 Ephoros) teilt mit, daß die Gesetzgebung des Zaleukos die erste aufgezeichnete gewesen sei1). Demnach muß diese vor Drakon angesetzt werden, sie gehört also in das 7. Jahrhundert. Irgendein Grund die Angabe des Ephoros in Zweifel zu ziehen liegt nicht vor. Sie findet eine gewisse Bestätigung durch Euseb. Vers. Abr. 1354 (1356 Z), wonach die Gesetzgebung des Zaleukos in das Jahr 663/2 (Olymp. 29, 2) fallen würde (nach Hieron. Abr. 1355 in das Jahr 662/1). Auf diese Fixierung des Jahres selbst darf allerdings kein besonderes Gewicht gelegt werden, da nach dieser Festsetzung der Jahreszahl Zaleukos gerade um 40 Jahre (das sind die üblichen 10 Olympiaden) älter wäre als Drakon, der von den Chronographen in die 39. Olympiade (624/1) gesetzt wird (nach Euseb. Vers. Abr. 1396 in Olymp. 39, 4621/0; Hieron. Abr. 1395 in Olymp. 39, 3). Immerhin, auch nach diesen Angaben erscheint Zaleukos als der ältere, nicht Drakon. Insofern decken sie sich ganz mit der Nachricht des Ephoros.

Nun liegt eine weitere Nachricht bei Demosthenes Timokr. 141 vor, daß nämlich die Lokrer in mehr als zwei Jahrhunderten nur ein Gesetz geändert hatten. Es ist nun aber nicht klar, ob der Redner, der die Athener mit dieser Nachricht offenbar vor

1) Bei Clem. Alex., der diese Überlieferung übernimmt, liegt Flüchtigkeit vor, wenn er sich auf die Mitteilung beschränkt, Z. habe die ersten Gesetze gemacht. I p. 133.

übereilten, leichtfertigen Gesetzesänderungen warnen will, vom Anfang der Gesetzgebung des Zaleukos bis zur Einführung jenes neuen Gesetzes rechnet oder von Zaleukos bis auf seine eigene (= des Demosthenes) Zeit. Diese Mitteilung kann sonach für uns kein fester Anhaltspunkt sein.

Eine weitere Nachricht ist heranzuziehen: Aristoteles Pol. II 12, 5p. 1274a tadelt die Ansicht, daß Zaleukos gemeinsam mit Lykurgos der Schüler des Thales gewesen sei (dieser nicht der Milesier, sondern der alte Kreter dieses Namens, Strabo p. 482. Sext. Empir. p. 68). Ein Zeitgenosse des Lykurgos (dieser um 800; vgl. Lehmann-Haupt, Griech. Gesch. 104)1) kann nun allerdings Zaleukos nicht gewesen sein, denn dann müßte er ja viele Jahre vor Gründung von Lokroi (Olymp. 24 nach Euseb. Epit. Syr. Abr. 1342; vgl. Strabo VI p. 259) gelebt haben und könnte also kein Gesetzgeber der Lokrer gewesen sein. Aristoteles behält Recht: diese Angabe stimmt mit der Zeitrechnung nicht überein (ἀσκεπτότερον τῷ χρόνῳ λέγοντες). Ephoros (bzw. Skymnos und Strabon) dient also immer wieder als bester Gewährsmann.

Da taucht nun später eine weitere Nachricht auf: Zaleukos sei ein Schüler des Pythagoras gewesen (Diodor XII 20, 1). Und gleich erscheint er auch als evyevǹs ȧvýo. Natürlich, als Schüler des Pythagoras, als Angehöriger seines Ordens, kann er nur als solcher gedacht werden. Laertius Diogenes (VIII 16), Porphyrius vit. Pyth. 21, Jamblichus vit. Pyth. 33, 130, 172 schreiben es nach. Von wannen kommt diese Botschaft? Wir finden sie auch bei Seneca ep. 90, 6: Zaleukos und Charondas haben in der stillen Zurückgezogenheit des Pythagoras ihre Gesetze gelernt. Nun wissen wir aber auch, daß Seneca die Nachricht über Zaleukos und Charondas dem Poseidonios verdankt. (Zaleuci leges Charondaeque laudantur. hi . . . in Pythagorae tacito illo sanctoque secessu didicerunt iura hactenus Posidonio adsentior.) Der Apameer ist also nachweislich der erste, dem diese chronologische Weisheit zu verdanken ist. Niemand wird es wagen, dieser Notiz gegenüber die älteren Berichte, speziell die Angabe des Ephoros zu verwerfen. Das wäre ein willkürlicher Gewaltakt, der um des Historikers Poseidonios willen erst recht nicht begangen werden dürfte. Ist Poseidonios der Geschichtschreiber überhaupt mit Vorsicht zu benützen, so spielt dieser gerade in der Überlieferungsgeschichte über Zaleukos keine Vertrauen erweckende Rolle, was wir oben wahrscheinlich gemacht zu haben

[ocr errors]
[ocr errors]

1) Dem Ansatze Ehrenbergs (Neugründer des Staats), dem Lykurg mit dem Gesetzgeber von 550 identisch ist, vermag ich trotz mancher bestechender Argumente, die E. vorbringt, nicht unbedingt zu folgen.

[merged small][merged small][merged small][ocr errors][subsumed][ocr errors][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][ocr errors][ocr errors][merged small]

glauben. Bentley, Briefe des Phalaris S. 361 merkt an,,,irgendein Unverschämter“ habe zu verstehen gegeben, Zaleukos sei ein Schüler des Pythagoras gewesen. So wäre denn der ,,Unverschämte" entlarvt.

In diesem Zusammenhange sei auch schon oben kurz erwähnt — darauf hingewiesen, daß die Existenz des Zaleukos im Altertum in Abrede gestellt wurde, nämlich von Timaios. Die betreffenden Stellen sind Cicero, ad Atticum VI ep. 1, 18 und Cic. de leg. II 61). Ferner Polyb. XII c. 10 und c. 11, wonach Timaios den Aristoteles und Theophrast wegen ihrer Erzählungen von den Lokrern tadelt und sich seinerseits auf das Urteil eines Lokrers, namens Echekrates stützt, der anscheinend von der Überlieferung über Zaleukos nichts gehalten hat. Abgesehen davon, daß die Aussage des Echekrates, eines lokrischen Spießbürgers, der sich auf seine geschichtlichen Kenntnisse wahrscheinlich etwas zugute tat, für uns keinen autoritativen Charakter besitzt, und daß Polybios selbst dem Timaios schwere Vorwürfe macht, weil er dem Aristoteles und Theophrast Unrecht tue, verbietet es die historische Kritik das Urteil des Timaios, dessen tendenziöse und malitiöse Geschichtschreibung hinlänglich bekannt ist, gegen alle anderen einwandfreien Zeugnisse über die Existenz des Zaleukos, gegen Ephoros, Demosthenes, Aristoteles, Theophrast, um nur die älteren zu nennen, auszuspielen. Das wäre Hyperkritik und hieße der Tradition jeglichen Boden entziehen. (Zur Ansicht Belochs vgl. Einleitung.)

Über die Persönlichkeit des Gesetzgebers von Lokroi2) weiß die ältere Sage3) zu berichten, daß er ein unfreier Hirte gewesen sei, den die Lokrer auf Grund eines delphischen Orakels zum Gesetzgeber auserwählt hätten. Er selbst habe vorgegeben, daß ihm seine Gesetze von Athena im Traum geoffenbart worden seien1).

1) Was Cicero selbst angeht, so verhält sich dieser, wie aus seinen Bemerkungen zu erschließen ist, in der ganzen Frage neutral.

2) Wenn Zaleukos gelegentlich als Gesetzgeber von Thurioi bezeichnet wird (Athen. XI 508A; Suid. v. s. Zálɛvxoç), so hat diese Nachricht nur insofern eine gewisse Richtigkeit, als es wahrscheinlich ist, daß Protagoras bei seiner Niederschrift der Gesetze von Thurioi (Diog. Laert. IX 50) die Gesetze des Zaleukos teilweise übernommen hat (vgl. auch Busolt, Griech. Staatskunde I3 376, 2). Dazu paßt auch die Nachricht des Ephoros (Strabo p. 260), der von den Gesetzen des Zaleukos für die Lokrer spricht und dann hinzufügt: Die Thurier, die alles auf die Spitze trieben, erlangten zwar größeren Ruhm, aber eine schlechtere Verfassung.

3) Über die jüngere Version, die ihn zum Pythagoreer macht, s. o. 4) Aristot. fg. 505 Akad. Ausg. V p. 1561 (fg. 548 Rose); (Schol. Pind. Ol. XI 17; Clem. Alex. Strom. I 152); Plutarch, De se ips. citr. invid. 11 p. 543 A.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »