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sich um eine epochemachende Entdeckung, die für das Verständnis des Alten Testaments von weittragender Wichtigkeit ist. Verfasser hat deshalb mit vollem Bedacht dem,,mythologischen Einschlag" in seiner Streitschrift,,Im Kampf um Babel und Bibel“ (4. Auflage 1903, J. C. Hinrichs) das Wort geredet und es wird eine Aufgabe auch dieses Buches sein zu zeigen, wie das altbabylonische Weltbild und der Weltenmythus seine Spuren in der alttestamentlichen Erzählungskunst hinterlassen hat.

Die gesamte bisher besprochene babylonische Weltanschauung beruht auf der Betrachtung der Gestirnwelt. Die babylonische Wissenschaft, die mit Religion gradezu identisch ist, beruht auf der Astronomie. Aber die ganze Anschauung mußte dazu führen, daß mit dem Umlauf der Gestirnwelt der Wechsel des Naturlebens in Beziehung gesetzt wird, um zu zeigen, wie eine Erscheinung aus der andern sich entwickelt, wie aus der toten Natur die lebende hervorgeht. Im Vergleich zur reinen Himmelsreligion bedeutet das die Hereintragung einer Disharmonie: es wird die Zerrissenheit des Naturlebens hereingezogen. Wir finden die naturalistischen Elemente (Gewittergott, Sturmgötter, Flurengötter) bereits in den ältesten religiösen Zeugnissen der babylonischen Literatur, die wir bisher besitzen. Aber es scheint, daß innerhalb der euphratensischen Kultur der reine Sternkult das Ursprüngliche ist. Das Hereinziehen des irdischen Naturlebens, die Betonung im Kultus, scheint unter den semitischen Völkern (vielleicht unter einer speziellen Schicht) im westlichen Vorderasien sich besonders ausgebildet zu haben in Zeiten relativer Unabhängigkeit von der euphratensischen Geisteswelt. In Babylonien würde die Hervorhebung im Kultus aber dann den ,,kanaanäischen Einwanderungen“ zuzuschreiben sein, unter deren geistiger Mitwirkung ja die geuns bisher bekannte babylonische Keilschriftliteratur steht. Für außereuphratensischen und speziell,,kanaanäischen“ Ursprung dieser Betonung im Kultus spricht der Umstand, daß die in den betreffenden Ideenkreis gehörenden, Leben und Sterben in der Natur verkörpernden Göttergestalten besonders im Kult der ,,kanaanäischen" Völker sich zeigen: Tammuz, Ašera, Adad. Davon wird S. 36 ff. ausführlicher die Rede sein.

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1) Daß die herrschende Bevölkerung zur Hammurabi-Zeit „kanaanäisch“ ist, s. S. 1, Anm. 1, ist allgemein anerkannt (Jensen ausgenommen). Aber die Spuren dieser Kanaanäer gehen viel weiter zurück (vgl. IšmeDagan in der Dynastie von Isin ca. 2300; noch ältere Spuren im Obelisk des Maništusu [Scheil, Textes élam.-sém. 6 ff.; vgl. Zimmern, KAT 3 480 f., 484]).

2) So nennt die Bauernliste, die Sellin in Taanak aus altkanaanäischer Zeit fand, von den ,,babylonischen" Gottheiten neben Bel nur Adad und Ašera.

Zweites Kapitel.

Kultorte und Hauptgestalten

des babylonischen Pantheons.

Wenn man die Stadtkulte der ältesten euphratensischen Staatengebilde, soweit wir Kunde von ihnen haben, überblickt, so könnte man auf den Gedanken kommen, daß auch diese von der oben geschilderten geistigen Idee und Kulturgemeinschaft beherrschten Staatengebilde das System des Himmelsbildes widerspiegeln sollen. Ist doch der König mit seinem Hofstaat Abbild der himmlischen Regierung (s. oben S. 3 f.). Jedes Stadtgebiet mit seinem Stufenturm versinnbildlicht die Planetenwelt im Kleinen. Der Stadtgott ist zwar für sein Gebiet der Götterkönig, aber die kleinen Tempel und Kapellen werden mit dem Stufenturm das himmlische System widergespiegelt haben. So rühmt und bevorzugt der vielleicht um 3000 anzusetzende König Lugalzaggisi von Erech die Göttin NidabaNisaba als seine Oberherrin (er nennt sich ,,Held der Nidaba“), aber er verehrt nebenher Anu, Enlil d. i. Bel, Enki d. i. Ea, und Samaš, Sin nebst einer Reihe von Göttinnen, die ihre weiblichen Gegenstücke sind.

Der älteste Staat, den wir kennen, war das südbabylonische Sumer (wohl identisch mit Kingi). Die Städte, die dieses Staatsgebilde2 umfaßte, haben wie Ur in historischer Zeit ihre politische Bedeutung verloren, soweit sie überhaupt eine solche besessen haben (Eridu, Nippur). Aber ihre religiöse Bedeutung wurde nie vergessen. Diese Hauptorte sind:

Erech mit dem Tempel des Anu (E-ana) und der Ištar,
Nippur: Bel,

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1) Ob die Gottheiten des Weltsystems in einem fertigen Staatengebilde auf die Hauptorte gleichsam verteilt wurden, oder ob umgekehrt, was ja näher liegt, die Hauptkultorte mit ihren Gottheiten die Bildung des Systems beeinflußt haben, läßt sich bei der Dunkelheit der alten Verhältnisse natürlich nicht mehr entscheiden.

2) Zur Zeit Lugalzaggisis kann man wirklich von einem Staate Sumer sprechen.

Man sieht, daß in diesen fünf Hauptorten von Sumer die beiden obersten Göttertriaden lückenlos vertreten sind.1

Das zweitälteste politische Gebilde, das wir kennen, ist das nordbabylonische Akkad. Ehe das zur Geltung gekommen ist, müssen politische Umwälzungen großen Stils vor sich gegangen sein, von denen wir nichts wissen. Dies zeigen die verschollenen Städte, von denen uns z. B. die Tempellisten von Telloh berichten, ferner die dunkle Vergangenheit von Borsippa, der Schwesterstadt Babylons, die mit ihrem Nebo-Kult in alter Zeit Babylon überragt haben muß. Wahrscheinlich ist Akkad erst durch die ersten semitischen Wanderungen in die Höhe gekommen. Leider haben hier noch nicht viel Ausgrabungen stattgefunden. Das Wichtigste haben uns die Grabungen von Sippar vermittelt. Aber es scheint, daß auch hier die Kultorte das astrale System widerspiegeln, und zwar das System der Planeten-Gottheiten

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Kiš (?) (Harsagkalama): Ninib-Mars (Zamama).

Auffällig ist, daß Sin fehlt. Vielleicht sind die mesopotamischen Gebiete mit dem Mondkult (Haran) hereinzuziehen. Ein Kultort des Ninib, des Partners Nergals, ist bis jetzt in Nordbabylonien nicht sicher nachzuweisen (in Südbabylonien wird er in Nippur bevorzugt). Von der obersten Göttertrias findet man in den bisher bekannten nordbabylonischen Kultorten nur Anu, den Gott von Durilu, der Grenzfestung gegen Elam, s. S. 28.

Eine völlig neue Periode babylonischer Theologie ist mit der Erhebung Marduks" unter der Hammurabi - Dynastie angebrochen. Babylon wurde Metropole des geeinigten babylonischen Reiches und zugleich der geistige Mittelpunkt des gesamten vorderen Orients. Die synkretistische Gestalt des Marduk von Babylon, die mit allen Hauptgöttern und Hauptkulten in Beziehung gesetzt und in diesem Sinne durch Mythen und Hymnen verherrlicht wird, gibt dieser politischen Tatsache das religiöse Relief.

1) Lagaš mit dem Ninib-Kult spielt nur eine kurze Zeit eine Rolle zur Gudea-Zeit.

Das Verhältnis der Götter, die in den astralen und tellurischen Erscheinungen sich kund tun, wird als das einer Familie vorgestellt. Die Genealogien richten sich nach dem System und wechseln mit dem System. Wie naiv sich die Phantasie das Familienleben der Götter ausmalt, zeigen die Mythen. Als z. B. der Vogel Zu (Verkörperung eines Windes) aus dem Palaste des Bel die Schicksalstafeln rauben will, wartet er, bis der Tag anbricht, bis Bel sich mit reinem Wasser gewaschen, auf seinen Thron gesetzt und die Krone aufgesetzt hat. Andre Mythen zeigen die Götter beim Mahle sitzen bei Nektar und Ambrosia.1

Wir geben nun eine kurze Charakteristik der Hauptgestalten des babylonischen Pantheons, insbesondere in ihren Beziehungen zum astralen System.

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Samaš und Ištar2 Attar (männliche Ištar) Šamaš (weiblich)2

Anu.

Anu ist der Vater oder König in der Götterfamilie (ab, šar ilâni), der summus deus im eigentlichen Sinne. In der Zû-Legende z. B. spricht er zu den „,Göttern, seinen Kindern“. Der Anfang des Epos Enuma eliš zeigt die Götterversammlung als eine Familienzusammenkunft, bei der dem klügsten Sohne (Marduk) gewissermaßen vom Vater, der allerdings hier Anšar, nicht Anu ist, das Regiment abgetreten wird. Auch da, wo der Stadtgott als Götterkönig gilt, wird Anus Würde anerkannt. So sagt Hammurabi in der Einleitung seiner Gesetzessammlung: ,,Als Anu3, der Erhabene, der König der Anunnaki, und Bel,

1) S. KT 115; das egu am Schluß ist seiner Bedeutung nach unsicher. Die Deutung umhertaumeln" ist im Babel - Bibel-Streit voreilig gemißbraucht worden.

2) Daß Šamaš und Ištar als Geschwistergatten gelten, ist aus dem Tammuz - Mythus zu schließen.

3) Es ist das Zeichen An wohl zunächst ilu zu lesen, d. i. „kanaanäisch“ êl; aber dieser ilu-êl entspricht dem babylonischen Anu, s. unten und vgl. ilu rabû von Deir = Anu S. 28.

der Herr von Himmel und Erde, welche festsetzten die Schicksale des Landes, Marduk, dem Herrschersohn Eas, die Herrschaft über die irdische Menschheit zuerteilt hatten usw.“

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Der Sitz Anus (An ,,Himmel") ist der nördlich vom Tierkreis gelegene Himmel mit dem Nordpol des Himmels als Mittelpunkt. Dort ist sein Thron, auf dem er sitzt, von dem er aufsteht (z. B. im Adapa-Mythus). In speziellen astralen Vorstellungskreisen gehört ihm immer der höchste, d. i. der nördlichste Punkt (weshalb unter Umständen Sin Anu und Ninib = Anu1 gesetzt werden konnte, weil Sin und Ninib auch in ihrer Weise die obersten, nördlichen Punkte beherrschen; s. S. 15 f.). Insbesondere wird man sich vorzustellen haben, daß die 7 Stufen des Tierkreises, die hinauf zum Nordhimmel führen, den Zugang zum,,Himmel Anus" bilden. Wenn Ištar auf der VI. Tafel des Gilgameš - Epos im Zorn zum Himmel ihres Vaters Anu emporsteigt, wenn die Götter aus Schrecken über die Sintflut „empor zum Himmel des Anu“ steigen und an den kamâti (das ist wohl die Mauer der obersten der Kreisstufen, die nach S. 11 den Tierkreis hinaufführen) niederkauern, so muß man an ein Emporsteigen auf den Tierkreisstufen denken, so wie bei der Götterdämmerung die Götter auf den 7 Regenbogenstufen zu Walhall emporsteigen (s. zu 1 Mos 9, 13).

Die kanaanäische Benennung dieser obersten Gottheit ist ilu (d. i. bx), vgl. S. 28 oben. Sofern die altisraelitischen Gottesvorstellungen wie in den Namen (s. Kap. XV) so in den Einzelvorstellungen an gegebene menschliche und anthropomorphische Vorstellungen anknüpfen, ist bei Erzählungen wie Mos 11, 8 ff. (Gott fährt vom Himmel herab beim Turmbau), 1 Mos 28, 12 (Jahve wird von dem Redaktor, der zwei Berichte verbindet, als oben an der Himmelsleiter stehend gedacht) an Anu-Vorstellungen zu erinnern.2

Die besonderen Kultorte des Anu sind, soweit wir es bisher übersehen können, in Südbabylonien Erech: der Tempel heißt E-ana, die Stadt in der sog. Dibarra-Legende (KB VI, 56 ff.)

1) S. zu diesen mythologischen Identifizierungen S. 34 und vgl. 15f. und 18.

2) Vgl. Zimmern KAT 3 S. 352 f., der auch erörtert, ob der Name Anu im A. T. direkt erhalten ist. Zimmern hängt, wie mir scheint, hier und anderwärts zu viel an einen Nagel. So ist z. B. der „Thron“ nicht spezifisch dem Himmelsgott eigen. Es ist auch von Bels Thron und von Eas Thron usw. die Rede. Der ,,Lichtglanz" und die „,himmlische Königsherrschaft" sind auch nicht speziell Anus Attribute. Bei paothɛia τοῦ θεοῦ, τῶν οὐρανῶν liegen m. Ε. und zwar nur was die Form der Aussage anlangt - allgemeinere religionsgeschichtliche Beziehungen zum alten Orient vor.

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