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In Hinterindien sind die alten Hausgenossenschaften noch nicht völlig erloschen. Bei den Chins kommt es vor, dass der Sohn auch nach seiner Verheiratung im elterlichen Hause weiter lebt, und wird der Fall mehrerer in Gemeinschaft des Vermögens zusammenlebender Brüder oder Schwestern mehrfach erwähnt1). Ähnliches wird uns auch aus dem birmanischen Recht bezeugt 2).

Auch bei den Malaien des ostindischen Archipels findet sich noch vielfach Familiengut, dessen Teilung durch den bestehenden Rechtsbrauch verhindert wird3). Und bei den Dajaken auf Borneo hören wir von Gemeinschaftshäusern 4).

Dieselbe Kunde haben wir von den Arfakis auf Neu-Guinea1). Dort steht überhaupt bei einzelnen Stämmen der Papuas der Grund und Boden im Gesamteigentum der ganzen Familie3).

Ebenso treffen wir solche Gemeinderschaften bei dem mutterrechtlich lebenden Völkchen der Pelauer. Hier wird das Familiengut von einem männlichen Senior verwaltet, dem beratend zur Seite eine Frauenälteste, gewöhnlich eine Tante oder Grossmutter, steht. Eine Veräusserung des Guts darf nur mit Zustimmung der Familie erfolgen 6).

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 192.

2) KOHLER ebenda, S. 180, 183 ff.

3) KOHLER ebenda, S. 346.

4) PESCHEL, Völkerkunde, S. 186.

5) KOHLER a. a. O., Bd. 14, S. 367.

6) KUBARY, die sozialen Einrichtungen der Pelauer, S. 39 ff., 47. Über die Hausgenossenschaften der Fidschi-Insulaner vergl. BARON HÜBNER in Revue des deux mondes 1885, Bd. 72, S. 786: En tant qu'il s'agit de droits et d'obligations, l'individu n'éxistait pas pour la loi. Elle ne s'occupait que de la commune . . . Les familles, les galis, originairement les descendans de frères, placées sous l'autorité patriarcale d'un chef et réunies en communautés, travaillent, prospèrent ou souffrent en commun. << Über grosse Häuser mit 40-60 Schlafstellen auf den Gesellschafts-Inseln vergl. W. ELLIS, Polynesian Researches 1830, Bd. 2, S. 66. 67. Auf Samoa gehört das Grundeigentum nicht den Einzelnen, sondern der gesammten Familie (B. v. WERNER, Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee, S. 262,

Auffallend ist, dass der Islam in seinem weitausgedehnten Herrschaftsgebiet sich ablehnend gegen die Hausgenossenschaften verhält. Während die Lehre MOHAMMEDS sonst in so vielen Stücken auf altarabischer Auffassung fusst, ist es doppelt eigentümlich, dass sie, völlig abweichend von den kommunistischen Vorstellungen des alten Arabiens, den Gemeinderschaften wenig hold ist. Es hängt dies damit zusammen, dass der Islam den Schwerpunkt seiner gesellschaftlichen Auffassung auf das Individuum legt1), woraus sich auch sonst in seinem Recht manche wichtige Konsequenz ergibt. Es ist nun seltsam genug, dass trotz dieser uns modern anmutenden Idee, die an sich nur als ein beträchtlicher Fortschritt bezeichnet werden kann, die Errungenschaft für das Kulturleben der Islamiten doch nicht von der Bedeutung gewesen zu sein scheint, wie sie bei den westlichen Völkern es wurde. Volkswirtschaft und Handel und Verkehr zogen hiervon nicht den Nutzen, den man hätte erwarten sollen, und auch die Wertschätzung der Persönlichkeit gelangte nicht zu der zu erwartenden Höhe

so sehr ist es wahr, dass ein einzelner Fortschritt wenig nützt, wenn er nicht auf der Basis eines gesunden Familienlebens und gesunder Staatsverhältnisse getan wird. Die Stellung des Weibes im Hause und die Stellung des Mannes im Staate sind die wahren Gradmesser der Kultur.

In Afrika haben die Hausgenossenschaften eine Entwickelung genommen, wie sie diesen Völkern überhaupt eigen zu sein scheint. Haben wir vorhin gesehen2), dass dort bei Vorwalten des Hordenkommunismus vielfach der Häuptling als Herr alles Bodens gilt, so finden wir denselben Zug zu absolutistischer Machtfülle auch bei den Hausgenossenschaften. So wird bei den Betschuanenstämmen Deutsch-Südwest-Afrikas

vergl. auch S. 296, wo das Häuptlingshaus von Angehörigen des Stamms, die keine eigene Hütte haben, als Schlafstelle benützt wird).

1) TORNAUW in Zeitschrift, Bd. 5, S. 129.
2) S. 81.

das Familienoberhaupt stets als Alleineigentümer angesehen1), so dass hier das Miteigentumsrecht der übrigen Familienmitglieder, das bei den europäischen Völkern bedeutsam zur Geltung gelangt, völlig zurücktritt. Als eine besondere Unterart der Gemeinderschaften und gleichzeitig einen Übergang vom Hordenkommunismus zu den Hausgenossenschaften möchte ich die Kraalgenossenschaften der Kaffern auffassen. Diese führen nicht einen gemeinschaftlichen Haushalt, sondern die einzelnen Hütten liegen am inneren Rand der Umzäunung eines umfangreichen kreisrunden Platzes, welcher nur an einer Stelle einen Eingang hat). Die Bewohner aller dieser Häuser bilden zusammen eine Art von Hofgenossenschaft, sie sind offenbar die alte Horde und haben gemeinsames Vermögen, während andererseits die einzelnen Häuser auch eine gewisse Selbständigkeit und ein besonderes, den Hausbewohnern gemeinschaftlich gehöriges Sondereigentum haben. Hier haben wir also anscheinend ein Beispiel, wie die alte Horde bei fester Ansiedelung den früheren Rahmen zersprengte und in Genossenschaften von enge Zusammenlebenden auseinanderfiel; das Besondere aber ist, dass die alte Zusammengehörigkeit trotzdem aufrecht erhalten wurde und über den neuen Gemeinschaften die bisherige Gemeinschaft als oberer Begriff blieb. Es ist dies der eine mögliche Weg, aus dem die Entwickelung von der umherstreifenden Nomadenhorde zur Dorfund Ortschaft sich gestalten konnte: man liess sich sofort in Gesamtheit in fest geschlossenem Umkreis nieder. Den umgekehrten Weg scheinen z. B. die Germanen eingeschlagen zu haben, wenn TACITUS Von ihnen sagt, dass sie sich niedergelassen hätten, wo Quelle und Hain ihnen genehm war3):

1) HELD in Zeitschrift, Bd. 15, S. 325.

) POST ebenda, Bd. 11, S. 224 ft.

3) Germania, C. 16: Nullas Germanorum populis urbes habitari satis notum est, ne pati quidem inter se junctas sedes. Colunt discreti ac diversi, ut fons, ut campus, ut nemus placuit. Vicos locant non in nostrum

hier vereinzelte sich die Horde in mehr oder weniger entlegene Hausgenossenschaften, und der Zusammenhang muss daher gelockerter gewesen sein und die Dorfschaft hier als spätere Bildung erscheinen. So sind nur die Grundzüge gemein, und können wir nicht erwarten, dass genau in dieselben Fussstapfen getreten wurde; wie Land und Voik verschieden war, so kann auch der Entwickelungsgang im einzelnen sehr von einander abgewichen sein.

Wie Amerika heute das Land der Himmelsstürmer (skyscrapers) unter den Häusern ist, so waren die eingeborenen Stämme dort bei ihrem Bekanntwerden Erbauer von umfangreichen Häusern, in denen viele Familien in ungetrenntem Haushalt und Eigentum zusammensassen. So war es bei den Irokesen, die bis in das 19. Jahrhundert sich gemeinschaftliche Häuser von 50 bis 130 Fuss Länge bauten; hier hausten unter Einem Dache die Familien zwar mit verschiedenen Feuerstellen, aber mit gemeinschaftlichen Lebensmitteln, die die von einer Matrone unter die einzelnen Wohnstätten verteilt wurden. Man nannte daher die Irokesen auch »das Volk des grossen Hauses<1). Sie waren aber keineswegs die einzigen unter den nordamerikanischen Rothautvölkern, von denen uns derartiges überliefert ist3). Als weitere Beispiele seien hervorgehoben die Wyandot, bei denen die mutterrechtlichen Verbände in gemeinschaftlichen Haushaltungen zusammenlebten, die durch einen Rat von fünf Personen, nämlich vier Frauen und einem von ihnen dazu gewählten Manne geleitet wurden3). Hütten bis zu fünfzig Fuss im Durchmesser für dreissig bis vierzig Personen zu gemeinschaftlichem Zusammenleben erbaute sich morem connexis et cohaerentibus aedificiis; suam quisque domum spatio circumdat, sive adversus casus ignis remedium sive inscitia aedificandi, Es scheint hier der Anfang eines Werdegangs beobachtet zu sein, in dem die vereinzelten Hausgenossenschaften sich zu Ortschaften krystallisierten. 1) DARGUN in Zeitschrift, Bd. 5, S. 93, KOHLER ebenda, Bd. 12, S. 332. 2) KOHLER a. a. O., S. 333.

3) KOHLER ebenda, Bd. 6, S. 329.

auch der Rothautstamm der Mandans1), und die Coquilth und Nootkas auf der Insel Vancouver hatten sogar mitunter sehr geräumige, von grossen hölzernen Pfeilern getragene Häuser, die für achthundert bis tausend Menschen bestimmt waren. Diese Bauten boten alle Bequemlichkeit, die diese Eingebore. nen von ihrer Behausung verlangten; nur die Dächer waren sehr leicht gefügt, sodass bei starkem Winde sich die Einwohner darauf setzen mussten, um sie festzuhalten 2). Noch Wunderbareres aber wird uns von den Indianerstämmen NeuMexikos bezeugt, die von den spanischen Eroberern Pueblos, d. h. Stadtleute wegen ihrer merkwürdigen, geradezu städteförmigen Bauten genannt wurden. Diese Häuser waren gemeinschaftliches Eigentum, und alle, Männer und Frauen, halfen beim Bau. Es handelt sich hierbei um Gebäude, die ebenfalls bis zu tausend Personen fassten und für die Kulturstufe dieser Eingeborenen ganz erstaunlich waren, von dreihundert bis vierhundert Fuss Länge und ungefähr 150 Fuss Breite, und zwei bis sieben Stockwerken von je acht bis neun Fuss Höhe, die sich nach oben verjüngten und oben Terrassen bildeten; diese dienten im Kriegsfall zur Verteidigung und konnten nur auf Leitern erk lommen werden, die man hinaufziehen konnte 3).

Diese gemeinschaftlich allen Bewohnern gehörigen Behausungen mit gemeinsamer Wirtschaft werden uns auch aus dem hohen Norden bestätigt, wo die alten Aleuten in Erdlöchern, welche mit Treibholz ausgelegt und mit Rasen eingedeckt waren, oft bis zu 100 Personen zusammen lebten 1).

1) CATLIN, Illustrations of the manners etc. of the North American Indians, Bd. 1, S. 81 ff, und das anschauliche Bildchen daselbst, auf welchem die sämtlichen Hausgenossen in dem grossen Innenraum um die Feuerstelle mit dem Kessel voll Büffelfleisch behaglich ausruhend zusammensitzen.

2) BANCROFT, the native races, Bd. 1, S. 183 ff, 193; WAITZ, Anthropologie, Bd. 3, S. 332.

3) BANCROFT ebenda, Bd. 1, S. 534 ff.

4) FR. MÜLLER, allgemeine Ethnographie, S. 210. Man stieg in diese Wohnungen durch eine Leiter hinab. >> Das Innere derselben war durch

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