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vorangehenden Zeit nicht schwere Gegenstände heben u. s. w. Eine ähnliche Nachahmung der Natur (imitatio naturae), wie wir sie bei den ursprünglichen Formen der Adoption in drastischer Weise finden werden. Weitverbreitet sind diese Bräuche; wir finden sie bei den Basken1), bei den Bewohnern der Andamaneninseln"), wie bei den ostafrikanischen Negerstämmen der Wabonda3), bei den Papuas auf Neu- Guinea) und in Polynesien 5), wie bei den kalifornischen Stämmen 6), bei den Azteken des alten Mexiko) und den Naturvölkern des tropischen Südamerika) - und bei so manchen anderen Völkern. Eine der verwunderlichsten Ideen, auf die die Menschheit jemals geraten ist, in universaler Verbreitung! Aber überheben wir uns nicht! denn wir wissen nicht, ob nicht manche unserer Ideen den Kulturstufen ferne nach uns ebenso verwunderlich erscheinen werden.

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Der Sohn trägt die Seele des Vaters, er ist der wiedergeborene Vater. So drückt es das indische Mahâbhârata aus: >>Er, durch sie geboren, so bestimmen die Weisen das Wesen

im

1) POST, Anfänge, S. 18; dort überhaupt, wie bei FRIEDRICHS Ausland 1890, S. 801 ff., 834 ff., 856 ff., 878 ff., 895 ff., reiche Nachweise aus den verschiedensten Gegenden der Erde. So berichten bereits STRABO (3, 4 § 17) von den Iberern: »Die Weiber besorgen den Ackerbau, und wenn sie geboren haben, so pflegen sie die Männer, welche sich an ihrer Stelle niedergelegt haben«, und DIODORUS SICULUS (5, 14, § 2) von den Korsen: >>wenn die Frau niederkommt, so kümmert sich niemand um ihre Entbindung. Aber ihr Mann legt sich wie ein Kranker hin und hält bestimmte Tage lang das Wochenbett ab, wie wenn er an schwerer Krankheit litte<<.

2) BASTIAN, Zur naturwissenschaftlichen Behandlungsweise der Psychologie, S. 73

3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 15, S. 34.

4) Zeitschrift, Bd. 14, S. 355.

5) Ebenda, S. 422.

6) Zeitschrift, Bd. 12, S. 247.

7) Zeitschrift. Bd. 11, S. 49.

8) v. D. STEINEN a. a. O. S. 334 ff.

eines Sohnes; daher soll der Mann seine Frau, die Mutter seines Sohnes, als seine eigene Mutter betrachten.<< Dass hier eine der Wurzeln des Erbrechts liegt, beweist die Tatsache, dass auf manchen Inseln der Südsee der König bei Geburt eines Sohnes die Herrschaft niederlegt und Verwalter des Sohnes wird; auf anderen Inseln dankt er bei der Verheiratung des Kindes ab1), gerade wie unsere Bauern vielfach bei gleicher Gelegenheit auf den Auszug gehen. Und wenn in unseren Verhältnissen auch die rein verständige Erwägung, dass die rüstigere Hand die Wirtschaft fortsetzen soll, vorwiegt etwas von dem uralten Gedanken, dass der Sohn nunmehr den Vater und die Familie verkörpere, spukt auch bei unseren Bauern nach.

Hart war das Leben in der ältesten Zeit, härter als es heutzutage auch der wenig Begüterte sich auszudenken vermag. Wir müssen uns vorstellen, dass bei den damaligen gröberen Nahrungsmitteln die Säugezeit sehr viel länger, wohl 4 bis 5 Jahre gedauert haben wird, bis das Kind im stande war, die harte Kost in sich aufzunehmen; so lange Zeit musste der Mann oder mussten die Männer sich der Frau enthalten2). Die Erziehung des Kindes fügte sich der Eheverfassung; in ältester Zeit, ehe die Einzelehe obsiegte, konnte naturgemäss nur von einer Hordenerziehung die Rede sein. Das Kind wuchs in der Gesamtheit auf, seine Ernährung wie seine Ausbildung war Sorge aller, »alle waren aller Brüder«. Die Spartaner, die unter allen Völkern der klassischen Antike am starrsten die ältesten Erinnerungen in ihrer Verfassung und Gesetzgebung festgehalten haben, liefern uns auch hierfür ein

1) BASTIAN, Allgemeine Grundzüge der Ethnologie, S. 4c, 41; derselbe, zur naturwissenschaftlichen Behandlungsweise der Psychologie S. 215; vergl. auch KOHLER in Zeitschrift, Bd. 3, S. 368, Bd. 6, S. 408, 409 und in seinem Markenrecht, S. 10, 491, ferner BACHOFEN, Antiquarische Briefe, S. 60 ff.; W. ELLIS, Polynesian Researches, London 1830, Bd. 1, S. 343; B. v. WERNER, Ein deutsches Kriegsschiff in d. Südsee, Leipzig 1889, S. 346 Anm. 2) BERNHÖFT, in Zeitschrift, Bd. 8, S. 386.

merkwürdiges Beispiel. Aus uralter Hordenzeit hielten sie die gemeinschaftliche Kindererziehung von Staatswegen bis in späte Zeiten bei, und der für die konservativen spartanischen Sitten begeisterte PLATO empfiehlt auch dies zur Wiederbegründung eines gesunden Staatswesens. Eine solche Art der Erziehung ist auf sehr alten Kulturstufen naturgemäss gegeben; über ihre Vorzüge denkt man nicht nach, und ihre Mängel muss man hinnehmen. Diese wurzeln in dem, was sich von jenen Urstufen nicht trennen lässt, aber einen modernen Menschen zur Verzweiflung treiben würde: dem Mangel an Individualität. Und dies zeigte sich folgerichtig auch in Sparta: der reichen Fülle eigen gearteter Menschen, die sich in Athen voll auslebten und die höchsten Blüten ihres Geistes entwickeln durften, steht Sparta in gleichmässiger, fast unterschiedsloser Geschlossenheit gegenüber - dort eine in reicher Mannigfaltigkeit strahlende Säulenhalle, hier ein ernstes, kompaktes Mauerwerk. Eine strenge Zuchtschule, aber kein Samenfeld für Geister!

Aus demselben Gedankenkreis entspringt die strenge Gehorsamspflicht des Kindes, denn, ist es nur ein Teil der Eltern, ihr >>Fleisch und Blut«, so ist es selbstverständlich, dass es sich ihrem Willen fügen muss, wie ein Glied ihres Leibes. Die klassische Stätte der unbedingten Untertänigkeit der Kinder ist China, wo durch die absolute Herrschaft, die von den Eltern über das Kind ausgeübt wird, alle Selbständigkeit und jeder eigene Wille des Kindes bis zur Aufgabe seiner Individualität verleugnet wird. PLATH, der berufene Kenner chinesischer Zustände, sagt hierüber: »Als Siuen-kung von Wei (seit 718 v. Chr.), durch seine zweite Frau verleitet, Räuber dingt, um den Erbprinzen Khi zu überfallen und zu ermorden, will dieser, durch seinen Halbbruder gewarnt, sich nicht einmal dem Tode entziehen, sondern gibt, nachdem die Räuber den Halbbruder, der statt seiner sich an den bestimmten Platz hinbegibt, ermordet hatten, sich ihnen noch freiwillig preis. »Zuwiderhandeln dem Befehle des Vaters, und dadurch sein Leben zu

erhalten trachten«, sagte er, »ist nicht erlaubt<<

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bleibt der Vater, und wäre der Sohn auch Kaiser und der Vater ein Verbrecher, immer Vater. Das Beispiel des alten Kaisers Schün ist in dieser Hinsicht belehrend; er ehrte seinen Vater Ku-seu, obwohl dieser ihn hatte umbringen wollen, fortwährend, und die Liebe seines Vaters zu gewinnen war seine grösste Sorge « 1). Und dieser Sitte entspricht die Literatur wie das Gesetz. Die Dichter schärfen unermüdlich die Ehrfurcht gegen die Eltern ein2); und hiermit stimmt überein, dass das Kind, das seine Eltern schlägt, mit dem Tode, das Kind, das ungehorsam ist oder seinen Eltern den nötigen Unterhalt versagt, mit Bambusschlägen bestraft wird. So wird nach uraltem chinesischen Recht, wer mit seinem Vater oder seinem älteren Bruder in Feindschaft lebt, mit Verbannung bedroht3).

Ähnliche Anschauungen begegnen uns schon in sehr alten Zeiten. So haben wir der Aufdeckung der Bibliothek Sardanapalis zu verdanken, dass uns von den Sitten der sumerischen Völker, die vor den Semiten, also vor Assyriern und Babyloniern, am Euphrat und Tigris wohnten, Kunde überliefert worden ist. Und auch hier finden wir die nämlichen Ideen: die Eltern konnten sich von den Kindern ohne schwere Veranlassung lossagen, die Kinder von den Eltern aber nur in den aller

1) PLATH in den Abhandlungen der philosophisch-philologischen Klasse der königlich bayrischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 10, 1866, S. 468, und in den Sitzungsberichten derselben Akademie 1862 II, S. 234 ff.

2) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 380. Anm. 69. Kinder und Enkelkinder, die ihre Eltern und Grosseltern eines Verbrechens bezichtigen, werden, wenn die Beschuldigung sich als wahr erweist, dennoch mit hundert Stockschlägen und drei Jahren Verbannung, wenn sie aber unwahr ist, mit dem Tode bestraft (TA TSING LEU LEE, mis en français par F. RENOUARD DE SAINTE CROIX, Paris 1812, Sec. 337, Bd. 2, S. 188 ff.). Ganz ähnlich in Japan (HUBERICH, PATERNAL POWER in Japanese Law (Sep. Abdr. aus dem Yale Law Yournal 1902, S. 1)).

3) KOHLER ebenda, S. 381.

schwersten Fällen 1). Dass auch in späterer Zeit, im mosaischen Recht, bei den Hebräern, strenge Strafen auf den Ungehorsam der Kinder gegen die Eltern gesetzt waren, ist uns allen bekannt3).

Ganz ebenso aber auch bei den alten Indern, wie uns ihre Epen reichlich bezeugen. Unter den Tugenden des indischen Helden RAMA steht obenan: »RAMA ist den Eltern untertan «3). Und ebenso sagt RAMA selbst:

» Denn heiliger ist keine Pflicht,
und grösser keine Tugend, als
des Vaters Worte treu vollziehn,

den Eltern stets gehorsam sein « 4).

So macht auch der Islam die Ehrfurcht vor den Eltern zur besonderen Pflicht. Und der Koran sagt5), »dass die Kinder nur eine Prüfung für die Eltern und oft ein Unglück und Verderbnis für sie sind. Den Eltern aber sind die Kinder immer Dankbarkeit schuldig.« Hiermit hängt zusammen, dass nach islamitischem Recht die Eltern immer hinter den Kindern erben und auch durch Descendenten die Kinder nicht ausgeschlossen werden, sondern nur ihr Anteil vermindert wird).

1) OPPERT et MENANT, documents juridiques de l'Assyrie et de la Chaldée, S. 56, Z. 22 ff.; HAUPT, die sumerischen Familiengesetze 1879, S. 43 und die Adoptionsverträge bei MEISSNER, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht, S. 73 ff., die eine Versklavung des Adoptivkindes vorsehen, falls es sich gegen die Adoptiveltern vergeht. Ein Zeugnis für die hohe Kultur der Babylonier in grauer Vorzeit ist, dass in den Gesetzen des Königs Hammurabi um 2250 v. Chr. die Verstossung des Sohnes an erschwerende Rechtsregeln gebunden wurde (§§ 168, 169). Wie weit hinauf rücken sich aber, bei diesem gewaltigen und sicher nur langsam zurückgelegten Kulturfortschritt, die sumerischen Zeiten !

2) 5. Mos. 21, 18 ff.; 3 Mos. 20, 9; 2 Mos. 21, 15. 17.

3) HOLTZMANN, Indische Sagen, Bd. 2, S. 195.

4) HOLTZMANN, a. a. O., S. 225.

5) Sure, 8, V. 28 und Sure 9, V. 55. 86.

6) TORNAUW in Zeitschrift, Bd. 5, S. 152, 194 ff.

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