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das Rind, dem sein Leben gehört, ernährt ihn mit seinem Fleische; halbgar geröstet auf der schwachen Gluth von getrocknetem Dung, Stroh und Gestrüpp, verschlingt er es auf einmal in grosser Menge und fastet dann während einer halben Erdumdrehung; auf der Rinderhaut oder in der Hängematte aus Bastgeflecht ruht er die Augenblicke, die er nicht im Sattel hängt; zu Fuss legt er keinen Schritt zurück; die Schneckenbewegung des Ganges ist ihm zuwider, und sein Stolz sträubt sich, die Sohle an die Erde zu heften.

Mehr gebändigt ist die urwüchsige Kraft des Montañéro. Ihn zwingt die kühle, rauhe Temperatur des Hochlandes zur Hütung der heiligen Heerdflamme und einer schützenden Behausung. Das Bedürfniss nach erwärmender Speise unterweist ihn im Anbau kohlenstoffhaltiger, mehlreicher Brodpflanzen auf temperirten Bergabhängen, und aus dem gequetschten Mais- oder Gerstenkorne bereitet er die nährende und wärmende Mazamorra; Milch und milde Speisen und das kühle Klima mildern seine Gelüste. Ebenfalls roh und zäh und trotzig, verlangsamt doch die mässige Bewegung auf den eignen Füssen die Hast und phlegmatisirt das Wesen; was dem Llanéro die Schnelligkeit, der Lazo und die gewandte Kühnheit, ist dem Montañéro die massive Kraft, die Festigkeit und strategische und berechnende List und Kühnheit. Sein Phlegma unterwirft ihn der Zucht und Sitte; er weiss sich zu fügen, wenn auch mit Abneigung und schlauer Nachgiebigkeit; er steht in engerer Verbindung mit der gesitteten Gesellschaft durch die geographische Lage seines Wohnsitzes und die Beziehungen zu dem Unterlande, während den Llanéro die unbegrenzte Steppe, die er durchstreift, trennt von dem Culturvolke der Cordillere.

Anders noch der Ackerbauer der Cordillere, der die Weidekräuter und die Nahrungspflanze in dem zubereiteten Boden cultivirt, sich von der Heerde als einzige Gesellschaft und alleiniger Gegenstand der Sorge trennt, der Industrie mit aufmerksamem Blicke folgt und die vorgetretenen Spuren der Cultur als freie Bahn öffnen hilft. Er stellt die physische Kraft unter die Herrschaft der intellectuellen Fähigkeiten, die er achtet und anerkennt, und er unterwirft sich den Einwirkungen und Anforderungen des öffentlichen Austausches, dem politischen und Moral-Gesetze. Die geregelte Thätigkeit und die Mühen der Händearbeit, wie die allgemeine Verähnlichung haben bereits ihren Stempel der äusseren Erscheinung, der Haltung und dem Gesichtsausdrucke eingeprägt, wie ihn die gefesselte Natur immer mehr oder minder unschön, verdorben und unnatürlich an sich trägt. Aber dagegen tritt das geistige Element in den Vordergrund; er strebt nach der Unabhängigkeit und Freiheit, welche den veredelnden Bestrebungen freie Bahn öffnet; Nahrung und Kleidung sind vielseitiger und geregelter, Anstand und Sitte rücksichtsvoller und förmlicher; er ist gebunden an der Scholle, auf welcher er mit eigener Anstrengung seinen Unterhalt und eine erweiterte Existenz erwirbt, und dadurch zarteren Regungen, beständigeren Zielen und erweiterten An

schauungen zugewendet; in ihm löst sich die Geburt des geistigen Menschen aus der Materie los.

Betrachten wir nun noch die Familie, das Verhältniss des Weibes zu dem Manne in seinem allgemeinen Umrisse. In der unteren, mit Indianismus reich vermischten Volksklasse ist die Frau nur Magd und Dienerin des Mannes; dieser nimmt sie in sein Haus nur zur Ueberwachung oder Erhaltung seines Hausstandes und zur Fortpflanzung seines Stammes; geistige Pflegerin, Freundin, Beratherin und Theilnehmerin an seinen Leiden und Freuden ist sie nicht; sie kocht die Speisen und deckt den Tisch, während sie selbst keinen Platz am Tische des Mannes findet; sie nimmt in der Küche die Reste der Mahlzeit ein; „Tisch und Bett" ist nicht das Symbol und Sanctuarium der Ehe; das Weib kauert zu des Mannes Füssen; sie dient seinem Leben und Genusse nach seinem Winke.

In dem Hause des gebildeten Creolen findet der Indianismus in der Ehe keinen Raum; die Frau steht dem Manne ebenbürtig zur Seite; aber sie ist und bleibt immer nur seine Señora, er erweist ihr immer nur die Honneurs eines Cavaliers, und damit ist der Tribut der Ehre, der Achtung und ehelichen Verpflichtung erschöpft; in dem religiösen Gewissen lebt das Sacrament der Ehe als Dogma, es geht aber keine Incarnation mit dem Leben ein. Die Señora" des Hauses theilt nicht die Freuden unserer Hausfrau, nicht die ideale Bestimmung und Aufgabe unserer Mütter, nicht die MenschErgänzung ihres Mannes Achtung und formellste Ergebenheit lehrt der Vater das Kind der Mutter, und die Mutter dem Vater erweisen; aber das Kind wächst dennoch nicht in und mit Vater und Mutter, sondern zwischen Vater und Mutter auf, zwischen der „Señora“ des Hauses und ihrem „Cavalier; und alle Pietät, die ihm eingeprägt und die es zu äussern gelehrt, wird nicht so sehr durch das Herz, wie durch die Form, durch den streng bewachten Cultus der Urbanität geboten.

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Schwach ist der Begriff der Frau des höheren Standes vom Hauswesen, von einem wirthschaftlichen Wirkungskreise, von dem heiligen Frauen- und Mutterberufe. Sie kennt nicht die Freude der bürgerlichen Hausfrau an dem blinkenden Küchengeräth, den vollen Truhen, dem weissen Linnen auf der Bleiche und allen den Schätzen und Segnungen eines gediegenen Wohlstandes. Der ewige Sommer bedarf keiner Aufspeicherung von Hausschätzen, das Klima gestattet sie nicht einmal; jede Stunde trocknet die nasse Wäsche, keine Nacht lässt das Verlangen nach einem warmen Federbette aufkommen, und die freien, luftigen Wohnräume, Galerien und Blumenhöfe verachten Portieren und Gardinen, Kamine und Sammtfauteuils. Jeder einzelne Betrieb des Hausstandes findet seine eigene Bestellung; die eine Magd betreibt dis Koch- und Backkunst, die andere das Waschen und Plätten, die dritte die Aufwartung der Kinder, eine vierte steht zur persönlichen Verfügung der Señora, ein Bursche zu den Befehlen des Caballero u. s. w. So fügt die Frau wohl äusserlich zu dem Hause den Glanz und den Schimmer, aber nicht

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regt sie ohn' Ende die fleissigen Hände, noch mehrt sie den Gewinn mit ordnendem Sinn, nicht ruhet sie nimmer, wohl aber immer. Anders aber die Frau der unteren, farbigen, unbemittelten Volksklasse; hier ist sie die Dienerin und Arbeitsmagd des Mannes, nicht der Glanz und der Schimmer, sondern das Aschenbrödel seines Hauses.

Die Erziehung der Töchter ist viel mehr auf Oberflächlichkeiten und äussere Formen, als auf die Mitgift einer gediegenen Durchbildung für das Leben gerichtet; ebenso wenig werden sie angehalten zu nützlichen, häuslichen Beschäftigungen, so dass sie durchschnittlich nur der wenig inhaltsreichen Bestimmung entgegenwachsen, den Lenz ihrer Jugend unter rein äusserlichen Betrachtungen in fast klösterlicher Abgeschiedenheit zu verbringen, um als einstige Gattin die schimmernde Dame des Hauses und die Gebärerin der Kinder des Mannes zu werden. Die Weibes seele aber kommt zu keiner Entfaltung; und doch hat die Natur die Creolin, in deren feurig pulsirenden Adern sich mehr oder minder gemeinschaftlich gothisch-maurisch-baskisch-germanisch-romanisch-indianisches Blut mischen mag schön, so reich und so edel angelegt, dass sie nur des Seelenhauches harrt, um sich zu einem Gebilde aus Himmelshöhen zu gestalten, so herrlich, wie je ein Weib auf Gottes Erde.

SO

So der Stadt- und Landbewohner, der Llanéro und Montañéro als allgemeiner nationaler Typus auf dem Boden des tropischen Amerika in ihren Uebereinstimmungen und Gegensätzen; und zwar wurde in dem Städter vorwiegend der weisse und hellfarbige, in dem Landvolke der indianische und dunkelfarbige Creole silhouettirt; zeichnen wir nun in ihren Hauptzügen die Racentypen und Racen contraste.

Eine allgemeine Charakteristik der Ur- und Mischrassen des tropischen Amerika, ihrer Wohnungs-, Lebens- und socialen Verhältnisse u. s. w. habe ich bereits an einem anderen Orte *) zu geben gesucht; um mithin Wiederholungen und die Ueberschreitung der Grenzen eines Journalartikels zu vermeiden, möge mir an dieser Stelle die individuelle Persönlichkeit als Vorwurf dienen und dieselbe zu diesem Zwecke mitten aus dem vollen Herzschlage des Lebens herausgegriffen werden. Ich erlaube mir deshalb den Leser einzuladen, mir auf der Wanderung durch das Land selbst zu folgen, um das Individuum in der Natur- und Menschenumgebung, darin es wurzelt, selbst aufzusuchen und es nicht abgelöst, sondern in dem lebendigen, innigen, unlöslichen Zusammenhange und der Wechselwirkung zu der Natur seines Landes selbst zu beobachten, von deren Kräften und Erscheinungen, Strahlungen und Reflexen er selber nur ein Theil ist. Nur auf diesem Boden und inner

*) Globus, redigirt von Dr. Andree, verlegt von G. Vieweg in Braunschweig, Band XIV, Lief. 4. 5. 6.

halb dieses Gesichtskreises kann die ernste ethnologisch-anthropologische Wissenschaft den Gegenstand ihrer Forschungen unbefangen, vorurtheilsfrei und auf wahre Verhältnisse gestützt, treu in's Auge fassen und in den Spiegel thatsächlicher Wahrnehmungen auffangen.

Wir suchen zunächst den Neger auf; deshalb führt uns der Weg aus dem kühlen Hochlande, von der einsamen Hütte des Montañéro zurück an die belebten Fluss- und Meergestade der heissen, tropischen Niederungen. Der dicht verwachsene Maulthierpfad durch die dunkle, stille Waldeinsamkeit mündet allmählich aus in eine breite. für Reiter und Lastthiere bequeme Landstrasse, die sich in langen Krümmungen durch eine weite, fröhliche, von der Sonne heiss umglänzte Landschaft schlingt; rothe Ziegel- und gelbe Palmstrohdächer leuchten durch das saftige Grün, das in lichten und dunklen Feldern ein anmuthiges Laubmosaik von durcheinandergeschlungenen Culturländern und Wald- und Buschvegetation um Thal und Hügel legt; in blinkenden Stromwellen treibt das klare, frische Wasser der Gebirgsquellen über weisssandigem Grunde dem breiten Flussbette zu, dessen Spiegel die Piragua von einem Hafenplatze zum andern durchfurcht, die von dem Stromufer und seinem Handelsverkehre Besitz genommen. Zahlreiche Pflanzungen mit einzelnen Gehöften und zusammenhängenden Ortschaften durchschneidet der langsam hinabgleitende Silberfaden, in seinem Laufe von der Landstrasse bald auf der rechten, bald auf der linken Seite gefolgt, die bald hier in sein seichtes Bette niederfällt, bald dort wieder in labyrinthischen Irrgängen sich aus dem dichtverwachsenen Rohr- und Schilfgehege herauswindet. Eine dichte Bevölkerung hat Platz genommen von dem warmen, fruchtbaren Boden, und in Stadt und Dorf findet ein reger Verkehr zwischen den ansässigen, durch die Bande der Gesellschaften fest zusammengefügten Menschen statt.

Heiss liegt der Tropensonnenglanz auf der schattenlosen Erde und dem dunklen Laubfirniss der Wälder; der schwüle Luftzug flüstert im Tamarindenblatte und träufelt der Palmen goldnen Blumenstaub auf die silbernen, zitternden Blumenrispen des wilden Rohres; im Schatten des Manysabaumes lagern wiederkäuend und schläfrig die weidenden Thiere; die Luft vibrirt und die versengten Halme scheinen Funken zu sprühen. Dennoch hebt sich leichten Schrittes der Fuss der beweglichen Gruppen von Männern und Frauen, Stadtvolk und Landvolk, die sich am Sonn- oder Festtage in dem Gemeindedorfe auf dem Kirchplatze zusammengeschaart. Monoton rauschen die Guitarren, die bunten, grellfarbigen Kleider flattern schimmernd durch den Crystall der Lüfte, Gelächter und in Fisteltönen kreischender Gesang treibt die Gruppen auseinander, ineinander, und der Chichakrug wie das Branntweinfass in der Schenke leert sich mehr und mehr von Stunde zu Stunde. In dem weissen, sauber gefalteten und steif geglätteten Hemde stolzirt der Neger einher an dem heissen Sonnenstrahl, und selbstgefällig und gefallsüchtig, stolz und prunkend, wie der Pfau, aufgespreizt und von blankem Flitter überladen, stellt sich die umgirrte schöne Hälfte seiner Gattung

Zeitschrift für Ethnologie, Jahrgang 1871.

zur Schau: denn auf Markt und Gassen, im Schoosse des geselligen, lärmenden, wüsten Lebens der bevölkerten Fluss- und Küstenniederungen, da schlägt der neugierige, lüsterne, vergnügungssüchtige, wollüstige, zudringliche und aller Zurückgezogenheit aus der Welt ebenso feindliche, als jeder tiefern Regung und Selbstbeschaulichkeit baare Spross Aethiopiens seine Wohnstätte auf.

Die hellen und dunklen Tinten des Menschenangesichtes mischen sich durcheinander, wie Tag und Dämmerung. Ruhig, misstrauisch und beschaulich zurückhaltend harrt der bronzefarbene Sohn der Wälder und Berge der Dinge, die sich vorbereiten, und lässt seinen halb melancholischen, halb verschüchtert lauernden Blick anscheinend gleichgültig über seine Umgebung fallen. Die durchschattete Lichtfarbe des castilischen Enkelkindes wird mehr in der Ferne, in den Portalen und Fensternischen aus vornehmer Zurückgezogenheit sichtbar. Aber, wie der Staub von der Strasse aufwirbelt und sich über alle Gegenstände ablagert, so tritt das Schattengesicht der afrikanischen Rasse zudringlich in den Vordergrund und lagert sich selbstgefällig und gedeihlich, wie eine importirte Wucherpflanze, über den Boden, den erst die Cultur wohnlich und gesellig zubereitet, und wohin sie verpflanzt ist, hat sie nicht alsbald Wurzel geschlagen, sondern den Boden mit ihrer Wucherwurzel sofort usurpirt.

Aus dem Volkshaufen springt, sobald der fremde Reiter bemerkt worden, mit übermässigem, polterndem Diensteifer ein langer, hagerer Neger an das Pferd und dringt seine unerbetenen Dienste mit affectirter Manier und carrikirter Höflichkeit auf; der Aufwand von Zuvorkommenheit, aus welcher nur die Sucht spricht, eine Strassenscene herbeizuführen und sich selbst zum Hauptacteur derselben zu machen, wird um so lästiger, als sich der Gegenstand der marktschreierischen Huldigungen zum Popanz des Gassencomödianten und der allgemeinen Belustigung gemissbraucht sieht. Die verzerrten und nach Effect haschenden Declamationen des schwarzen Mimen versperren vollständig den Weg; der Schwall der bombastischen Redensarten und die Gesticulationen, die hinter jedes Wort gleichsam ein Ausrufung zeichen setzen, nehmen kein Ende; Himmel und Erde werden unter den heiligsten Schwüren in Bewegung gesetzt, um wenigstens mit jedem Athemzuge einmal Leben, Gut und Blut zur ewigen Verfügung des Caballero zu stellen. Verwundert und sprachlos endlich muss man diese launige Schöpfung der Natur anstarren; man zweifelt einen Augenblick, ob man Widerwillen oder einen Anflug von Humor empfinde bei dem Anblick dieser Mensch-Verzerrung; ja man ertappt sich auf der sündhaften Reflexion, ob man es mit einem verzerrten Menschenbilde oder mit einem intelligenten Zwitter von Mensch und Affen zu thun habe. Die dicken, wulstig aufgeworfenen Lippen vermögen nicht schnell genug dem Strudel der Worte zu secundiren, der, wie das Gegurgel eines Erwürgten, fast unarticulirt aus der Kehle rollt; und der Sprudel springt über ein Gefälle weisser, lückenloser, gefletschter Zähne; ihr weisser Schmelz

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