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Jahre 1864 einige Wochen in Masuren an der russischen Grenze zubrachte, waren die Leute, auch die Aerzte, noch voll von den colossalen Verletzungen, welche einige Kosaken davongetragen hatten. Man hatte sie für absolut verloren gehalten, und trotzdem waren sie in relativ kurzer Zeit wieder hergestellt. Einige ähnliche staunenswerthe Fälle wurden von HANS SCHMID') aus dem serbischen Feldzuge berichtet. Das Uebereinstimmende in allen diesen Fällen können wir nun nur in dem einen Umstande finden, dass es sich hierbei stets um solche Leute handelte, welche, obgleich der kaukasischen Rasse angehörig, sich dennoch auf einer sehr niedrigen Culturstufe befanden. Auch die bekannten Erfahrungen von PIROGOFF2) finden zum Theil wohl hierdurch ihre Erklärung. Er sagt: „Die glücklichsten Resultate meiner chirurgischen Praxis habe ich. auf dem Lande in Podolien gewonnen. Nach ein paar Hundert bedeutenden Operationen - habe ich nicht ein einziges Mal Erysipel und purulente Diathese beobachtet, und habe nur einen meiner Operirten verloren. Allen diesen Operirten folgte nur sehr selten eine sorgfältige Nachbehandlung. (Sie lagen in dem gemeinsamen Wohn- und Schlafraume mit den Bauern zusammen.) Die Patienten gehörten keineswegs zu den Mitgliedern der Bauernfamilien. Sie waren grösstentheils fremde, von weither gekommene Leute, die für Obdach und Kost zahlen mussten. Sie behielten meistens wochenlang die mit Blut und Eiter beschmutzte Wäsche und die aus leinenen Hosen und aus einem Rocke oder Schafpelze bestehenden Kleidungsstücke auf dem Körper. Bedenke ich ferner, dass beinahe alle von mir auf dem Lande gemachten Operationen zu solchen gehörten, die selbst in sogenannten salubren Hospitälern meist von Erysipelen und Pyämie gefolgt werden, so kann ich diese Differenz der Resultate mir nur einigermaassen dadurch erklären, dass meine Operirten auf dem Lande nicht in einem Raume zusammen, sondern vereinzelt, einer vom anderen vollkommen abgesondert lagen." Ich möchte hier wohl noch hinzufügen: „und dass sie den niedersten und in einer Art von Halbcultur lebenden Schichten der russischen Bevölkerung angehört haben".

Das uns bis heute zu Gebote stehende Material liefert also den unumstösslichen Beweis, dass traumatische und chirurgische Eingriffe, wohl verstanden, ohne die Cautelen der antiseptischen Wundbehandlung, nicht von allen Menschen in gleicher Weise ertragen werden, und wenn wir auch den eigentlichen Grund für diese Thatsache fürs erste noch nicht einzusehen vermögen, so können wir doch nicht umhin, dem höheren oder geringeren Grade der Civilisation eine wichtige Rolle für dieses Verhalten zuzusprechen. Vielleicht haben wir uns die Sache in der Weise vor

1) HANS SCHMID: Aus den serbischen Kriegslazarethen. Vortrag, gehalten am 3. März 1885 in der Berliner medicinischen Gesellschaft.

2) N. PIROGOFF: Grundzüge der allgemeinen Kriegschirurgie. Nach Reminiscenzen aus dem Kriege in der Krim und im Kaukasus und aus der Hospitalpraxis. Leipzig 1864.

zustellen, dass bei den unter primitiven Verhältnissen lebenden Menschen durch diejenige Umbildung in dem Haushalte des Organismus, welche wir gemeinhin mit dem Namen der Abhärtung zu bezeichnen pflegen, der Stoffwechsel beschleunigt und gesteigert wird, und dass sie hierdurch die Befähigung erlangen, Fäulnisserreger, welche in ihre Wunden eingedrungen sind, mit grosser Geschwindigkeit wieder aus ihrem Körper auszuscheiden und dadurch natürlich an ihrer schädigenden Weiterentwicklung zu verhindern. Jedenfalls aber haben wir die Berechtigung, über die Ertragungsfähigkeit, die Toleranz gegen die traumatischen und chirurgischen Eingriffe den folgenden Satz für bewiesen zu halten: Je höher die Rasse, desto geringer ist die Toleranz, und je niederer innerhalb der gleichen. Rasse der Culturzustand ist, desto grösser ist die Toleranz.

Es bleibt uns daher nichts anderes übrig, als der Civilisation eine Steigerung in der Empfänglichkeit für die Mikroorganismen der Wundkrankheiten zuzusprechen. Allerdings müssen wir dann die Frage aufwerfen, ob die in den obigen Auseinandersetzungen festgestellten Unterschiede als ächte Rassendifferenzen aufgefasst werden dürfen, d. h. als solche Eigenthümlichkeiten, welche immer und unter allen Umständen der betreffenden Rasse anhaften, oder ob sie vielleicht nur scheinbare sind, ob sie ebenfalls nur durch den Umstand hervorgerufen werden, dass die betreffenden Farbigen noch in einem Zustande von relativer Wildheit ihr Leben führen, und dass sie diese, sie vor dem weissen Manne auszeichnende Eigenschaft verlieren würden, wenn es gelänge, sie in einen Zustand hoher Culturentwicklung überzuführen. Leider vermögen wir diese interessante Frage nicht zu entscheiden, denn es liegen, soweit mir bekannt ist, hierfür keine beweiskräftigen Beobachtungen vor. Immerhin ist es aber beachtenswerth, dass von den Japanern sowohl, als auch von den Chinesen nicht berichtet wird, dass sie Verletzungen besser vertrügen, als die Leute der weissen Rasse.

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