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können unsicher werden, und wenn sie ganz sicher sind (z. B. geschichtliche Daten, astronomische Berechnungen, mathematische Sätze), so ist das bloße Festhalten und Übermitteln nicht lebendige Wissenschaft, es gehört dazu mindestens ein neu Erarbeiten, auch erneutes Prüfen, Erweisen u. s. w. Die Hauptsache aber ist das Suchen, das Hinstreben zu immer vollständigerer, sichrerer Erkenntnis, das Aufsuchen von Zusammenhängen, Erforschen von Ursache und Wirkung, von Erscheinung und Gesetz. Also freilich nicht schon jedes Streben als guter Wille der einzelnen Persönlichkeit; sondern das ernste, gründliche, ausdauernde Streben des einzelnen im Anschluß an das erfolgreiche Streben der Mitdenker, der Fachgenossen, also unter möglichster Ausscheidung der Willkür, möglichster Überwindung der individuellen Unvollkommenheit, mit Beschreiten der zuverlässigsten Wege. In diesem Sinne eben gehört zur Wissenschaft Methode, aber auch sie eben nicht als ein ein für allemal Festgelegtes, sondern als ein selber Biegsames.

Wie viel da nun immerhin als endgültig erarbeitet gelten könne und wie viel als im Flusse befindlich, darüber wird man in bestimmtem Zeitpunkt geteilter Ansicht sein. Und manche werden den größeren Nachdruck auf die Pflicht der organisierten Gemeinsamkeit legen und auf das Ausbauen von fest Aufgerichtetem, das mit Überzeugung festgehalten wird, während zur selben Zeit andere mehr im Stadium des fruchtbaren Zweifels stehen und vielleicht erst neue Grundlegung nötig finden. In der Pädagogik ist jenes zur Zeit die Auffassung der Herbartianer. Sie sind, wenn wir von bestimmten Schattierungen unter ihnen absehen, im allgemeinen überzeugt, ein schönes, festes, unverlierbares Erbe von dem Meister überkommen zu haben, das dann weiterhin gut angelegt schöne Zinsen getragen habe, mit dem man ruhig wirtschaften könne, um zu gedeihen. Oder, um zu dem anderen Bilde zurückzukehren, sie sehen das Gerüst eines edlen und unerschütterlichen Baues, der nur nach und nach im einzelnen ausgeführt, zwischen dessen Sparren die Wände ausgefüllt werden sollen, und alles, was sonst noch zum vollen Abschluß gehört. Und für manche unter ihnen entfernt sich, wer einen der übernommenen Begriffe antastet, ohne weiteres von der Wissenschaftlichkeit, er gefährdet auch das Ansehen des Faches, er muß bekämpft oder verspottet, womöglich mit hackenden Schnäbeln aus dem Nest geworfen werden. Wie viel redliches Bemühen, wie viel Eifer und Freudigkeit zur Sache übrigens unter den Herbartjüngern im ganzen herrscht, darf nicht verkannt werden; auch nicht, daß von da aus nicht wenig Eifer und Freudigkeit auf freiere Kreise übertragen worden ist; und auch nicht, daß ihre tüchtigsten Führer über jene Engherzigkeit sich erhoben haben. Aber da schon die Grundlage, die Herbartsche Psychologie, von der modern physiologisch-experimentellen aufgelöst worden ist, so läßt sich an die Ewigkeit des Systems nicht glauben, wenn auch manches Gebäude noch eine Zeitlang ganz stattlich dastehen bleibt, dessen Grundmauern im Weichen begriffen oder zerfressen worden sind. Übrigens war Herbart, auch abgesehen von dem psychologischen Untergrund, in der Entwicklung der pädagogischen Begriffe nicht ohne einen gewissen Eigensinn, und der nicht unsympathische Eigensinn eines

bedeutenden Geistes wird dann bei den minder bedeutenden Anhängern leicht zum Fanatismus. Immerhin bleiben wir auch im Interesse der pädagogischen Theorie der gesamten auf Herbart zurückgehenden Bewegung zu Dank verbunden, denn schon der Glaube an die Aufgabe als solche und an ihre Bedeutung, auch an die Möglichkeit einer restlosen Lösung, gab Schwung und Energie und regte an zum Mitbedenken der Probleme, zum Anfassen derselben in einer größeren Tiefe. So sind viele rings umher aus dem Halbschlaf bloßer Routine aufgeweckt worden, und darin oder in der Einschränkung des Interesses auf das unmittelbar zu Betreibende liegt ja offenbar ein fernerer Grund für die MiBachtung der Erziehungswissenschaft als solcher und als ganzer.

Einem großen Gebiete derselben könnte kein vernünftiger Mensch den wissenschaftlichen Charakter absprechen. Das ist das geschichtliche. Natürlich kann man die gesamte Erziehungsgeschichte als ein bloßes Teilgebiet der Kulturgeschichte betrachten; aber wollte man ihr darum das Recht selbständiger Behandlung absprechen, wie viel anderem, das doch unangefochten als selbständiges Gebiet historischer Wissenschaft gilt, müßte man es auch! Das Gebiet der geschichtlichen Pädagogik oder pädagogischen Geschichte wird sich um so gewisser als zu selbständigem Dasein berechtigt erweisen, wenn man es einmal in seiner ganzen Breite und Tiefe ins Auge faßt. Da handelt es sich doch nicht etwa bloß um Schulgeschichte, oder um Geschichte der öffentlichen Erziehungsorganisation, oder um eine Geschichte der epochemachendsten Schriftwerke, um eine Art von pädagogischer Literaturgeschichte, oder um die Biographien der bekanntesten, verdienstvollsten, originellsten Pädagogen, der Theoretiker und Praktiker, oder um die übrigens bis jetzt noch wenig angebaute - Geschichte der Familienerziehung. Es handelt sich doch über alles jenes Einzelne und Konkrete hinaus um die Erkenntnis des innersten Wesens der pädagogischen Theorien, Systeme, Bekenntnisse, um Verständnis der bedeutenden Individualitäten, Zusammenhänge unter denselben, Zusammenhang der jedesmaligen pädagogischen mit den allgemein kulturgeschichtlichen Erscheinungen, mit der gesamten Bewegung der Geister, es handelt sich um die Geschichte der pädagogischen Ideen, ihre Entwicklung und Wandlung durch die Jahrhunderte, und natürlich alles das nicht etwa mit Beschränkung auf ein einzelnes, auf das eigene Land, sondern mit demjenigen kosmopolitischen Umblick und Weitblick, den die Gegenwart überall erfordert, wo man ihren Aufgaben wirklich gewachsen sein will. Da ist so manches immerhin seit etwa hundert Jahren über Erziehungsgeschichte gearbeitet worden ist Gelegenheit zu ernst wissenschaftlicher Betätigung in außerordentlich weitem Umfang, was näher zu beleuchten und zu belegen ich mir in diesem Augenblick versagen muß. Das geschichtliche Gebiet steht aber bei unserem Fache nicht verhältnismäßig äußerlich neben dem theoretischen, etwa wie das bei der Medizin der Fall ist oder bei der Chemie oder anderen Naturwissenschaften oder bei technischen Fächern, sondern für die Pädagogik besteht hier am meisten Analogie mit der Philosophie und etwa der Theologie; auch hier wird das theoretische Denken, das wirkliche Verstehen der Probleme sich naturgemäß und wesentlich im Anschluß

an die tatsächliche historische Entfaltung, an die Abfolge, Bekämpfung und Ablösung der beherrschenden Ideen vollziehen. Einen weiten Blick, ja ein volles Verständnis erwirbt man auch hier nicht ohne aufmerksames Zurückschauen in die Vergangenheit.

Und doch ist Pädagogik nicht bloß als eine historische Wissenschaft wissenschaftlich zu betreiben möglich. So sehr die Hoffnung auf völlige Einreihung derselben unter die exakten Wissenschaften trügen müßte: dem Exakten nahe oder immer näher kann man immerhin kommen, kann auf strenge und umfassende Beobachtung Gegründetes, als zuverlässige Grundlage Verwertbares, zur wertvollen Normierung Geeignetes gewinnen; und es gibt mehr als eine Wissenschaft, bei der es damit nicht anders steht und die doch großen Respekt genießt, meist einen um so größeren, je neuer sie ist, während etwas wie Erziehungswissenschaft eben von je her dagewesen ist oder gewesen zu sein scheint. Ist es unbestreitbar, daß die lebendigen Objekte der Erziehung, die jugendlichen Individuen unendlich verschieden sind und damit eine unbedingte Regulierung unmöglich machen, so ist es doch möglich, aus aller Fülle natürlicher Individualitäten Typisches immer wieder herauszufinden. Dieses Gefühl hat auch den pädagogischen Denkern wie den mit offenem Sinn praktisch sich Be tätigenden nie gefehlt, und die Versuche einer Unterscheidung der Ingenien, der Gedächtnisse, der jugendlichen Temperamente, oder der Begabungstypen überhaupt sind bei den verschiedensten Autoren anzutreffen. Aber zwischen der gutgemeinten gelegentlichen Beobachtung des Einzelnen und den auf möglichst breiter Basis, mit möglichst vollen Mitteln, möglichst ernster Konsequenz, auch nach gemeinsamen Gesichtspunkten von Vielen ausgeführten Beobachtungen ist doch wohl ein großer Wertunterschied; dies letztere ist eben der Weg der Wissenschaft und, ich wiederhole es, in dem Wege, dem Bemühen, dem bewußten Streben liegt der Charakter der Wissenschaftlichkeit, nicht in der möglichen oder wirklichen Festigkeit der Errungenschaften. Das was die Amerikaner und Engländer Child Study nennen, und was ich deutsch (aus guten Gründen) mit Jugendkunde oder Jugendforschung bezeichne, kann ein Feld für wertlosen Dilettantismus sein, aber es muß das keineswegs, es eröffnet hoffnungsvolle Ausblicke auf Erkenntnis, die weder unzusammenhängend noch unfruchtbar zu bleiben braucht. Daß wir uns dabei in enger Verbindung mit der Arbeit der modernen Psychologen als solcher finden und namentlich auch mit dem lange Zeit so unzulänglich geschätzten Gebiet der psychisch-physischen Pathologie, hindert uns sicherlich nicht, das ganze Gebiet ausdrücklich auch als Pädagogen anzubauen. Wir betreiben hier ein Teilgebiet der Psychologie unter unserem besonderen Gesichtspunkt und unter den für dieses Teilgebiet günstigsten Bedingungen - ein Verhältnis, das wiederum auch sonst im Bereich der Wissenschaften mehrfach ähnlich wiederkehrt. (Man denke nur an Psychologie und Strafrechtswissenschaft, an Botanik und Pharmacie u. s. w.) Nicht unähnlich ist das Verhältnis zwischen Pädagogik und Ethik (die doch wohl als philosophische Disziplin nach wie vor gerechnet werden darf): ein Verhältnis gegenseitiger Befruchtung soll es bleiben. Und wird Politik als ge

schlossenes Denkgebiet in den Kreis der Wissenschaften einbezogen, so haben wir wiederum auch damit ähnliche Berührungen. Endlich und hier muß ich wirklich das verbrauchte last, not least anwenden die Didaktik mit ihren zahllosen Einzelproblemen! Oder sind das vielleicht nur Fragen äußerlicher Technik, nicht in innigem Zusammenhang mit dem Wesen der menschlichen Seelenentwicklung? Doch wenden wir nur getrost auf dieses Gebiet und überhaupt auf einen großen Teil unseres Gesamtgebietes den Begriff der 'Kunstlehre' an (der 'angewandten' Wissenschaft): Geschichte, Naturwissenschaft (zu der man ja nun die Psychologie rechnen darf) und Kunstlehre - damit eben ist der dreifache Charakter unseres Studiengebietes angedeutet, und gerade die Kunstlehren haben ja auch sonst im Rahmen der Universitäten einen breiten, ja vornehmen Platz. Daß auf dem Gebiet der Didaktik besonders viel gearbeitet, gedacht, erprobt worden ist, wird selbst von wenig freundlicher Seite anerkannt, und schwerlich könnte jemand, der die Geschichte des Unterrichts im ganzen und im einzelnen kennt, verkennen, daß darin im Laufe des XIX. Jahrh., ja ausdrücklich der zweiten Hälfte desselben, ein allgemeiner, großer Fortschritt von subjektiver Willkür zu begründeter allgemeiner Normierung (nicht äußerer, behördlicher, sondern innerer) gemacht worden ist, daß auf dem Wege zur Wissenschaftlichkeit man auch in dieser Hinsicht ist und jedenfalls sein kann, wenngleich auch dieser Weg viele Krümmungen aufweist und das anscheinend sicher Gefundene sich Zweifel und neue Prüfung immer gefallen lassen muß.

Die Möglichkeit aber des zusammenhängenden Erkenntnisstrebens ist, ich wiederhole es nochmals, die Unterlage für die Anerkennung des Fachgebietes als eines wissenschaftlichen. Natürlich unter der Voraussetzung, daß eben der Zusammenhang auch mit den anderen, unbezweifelten Wissenschaften nicht versäumt werde damit wir nicht etwa auch sogleich für die Astrologen oder die Okkultisten Raum zu beanspruchen scheinen! Und so läßt sich wirklich die Anschauung nicht aufrecht erhalten, daß Pädagogik nicht ein inmitten der anderen berechtigtes Studienfach auf unseren Universitäten sein solle, daß kein regelmäßiges Katheder ausdrücklich dafür offen stehen, daß keine Doktorwürde auf Arbeiten aus diesem Fache hin erteilt, daß es überhaupt bei der Doktorprüfung nicht mit vorkommen und zählen solle. Die Furcht vor oberflächlichen Produktionen mag bei der Abwehr mitwirken; aber wenn deren Vorkommen in der Tat nicht ferne läge (was ich zugebe), es wäre Sache der Fakultäten, solchen Versuchen zu steuern, sie durch strenges Urteil abzuschrecken womit ich natürlich wieder nicht meine, daß das Recht der Beurteilung und Verurteilung benutzt werden solle, um das ganze Gebiet tatsächlich dennoch auszuschließen.1) Daß es an sich nicht eine Fülle von geeigneten Thematen geben solle, um für Dissertationen zu dienen, wird niemand

1) Es darf wohl noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß das Wuchern der breiten dilettantischen Literatur über pädagogische Dinge gerade mit dem Fehlen fester und anerkannter Zentralstellen für eine vertiefte, wissenschaftliche Behandlung des Gebietes zusammenhängt.

glaubhaft machen. Ich wäre meinerseits bereit, zur Veranschaulichung hier eine ansehnliche Menge von Vorschlägen niederregnen zu lassen, aber ich muß weiter eilen.1) Eine so unvergleichlich hoch angesehene, so bewährte, so originell organisierte, so sicher funktionierende Institution wie unsere deutschen Universitäten geht eben doch auch besonders schwer zu irgend etwas Neuem über. Daß wir an der Spitze marschieren, darf ja nach herrschender Anschauung doch niemand zu bezweifeln wagen! Indessen der Vorsprung ist am Ende nicht mehr überall so groß. Noch pflegt sich Amerika auf diesem Gebiete höflich und dankbar gegen uns auszusprechen, aber an gewissen Punkten uns voraus zu sein ist man sich doch drüben bereits bewußt, und ob mit Unrecht? Doch es gibt noch andere Länder, in denen man sich nicht durch bestimmte deutsche Autoritäten einschüchtern läßt und sorgsam hoffnungsvoll organisiert und studiert. Darin liegt ein Stück Jugendlichkeit. Und ich las kürzlich, das Altwerden sei keine Notwendigkeit, sondern nur eine schlechte Gewohnheit. Wenn diese Warnung freilich den einzelnen Menschen zugedacht ist, so dürfte sie doch auch für die Nationen Geltung haben. Übrigens gilt, was ich beklagt habe, ja keineswegs von allen deutschen Universitäten; außerhalb Preußens ist man zum Teil beweglicher und unbefangener, und wenn erst die Freie und Hansestadt Hamburg ihre Universität hätte, würde diese sich gewiß nicht fremden, alten Normen gefangen geben.

An die Frage nach der möglichen und wünschenswerten Stellung der Pädagogik unter den Universitätswissenschaften oder, kürzer gesagt, nach ihrem Rechte hätte sich nun die nach ihrem Zweck innerhalb des tatsächlichen Universitätsstudiums, nach der möglichen praktischen Bedeutung und Wirkung zu schließen. Darauf könnte indes zunächst geantwortet werden, einer solchen Zwecksetzung bedürfe es nicht; jede Wissenschaft, die als solche gepflegt werde, habe damit ihr Daseinsrecht unter den akademischen Disziplinen, von denen ja auch so manche andere gar nicht einem bestimmten Berufsstudium dienen wollen und höchstens sehr indirekt dienen können. Der Beruf der deutschen Universität mit ihren vier Fakultäten fällt keineswegs mit der Aufgabe zusammen, für vier wichtige Berufsarten die Vorbildung zu geben. Wenn es Wissensdurstige von mancherlei Art gibt, so werden darunter auch die nicht fehlen, welche in eine reiche und klare Begriffswelt aus dem Gebiet der Erziehungswissenschaft eingeführt zu sein wünschen. Meiner Erfahrung nach bestätigt sich das auch völlig in der Wirklichkeit. So bescheiden das Gewicht der Pädagogik bis jetzt innerhalb der Gesamtprüfung für das höhere Lehramt ist (denn darüber sind die Studierenden schwerlich im unklaren), so viele drängen sich doch in die Vorlesungen aus diesem Gebiete, so viele kommen Semester nach Semester wieder, auch um die zugänglichen Spezialvorlesungen

1) Die Möglichkeit, Arbeiten zur Geschichte der Erziehung als historische Arbeiten schlechthin und unter Kontrolle des Historikers vorzulegen, oder als psychologische und unter Kontrolle eines Vertreters der Philosophie, kann nicht wirklich genügen: mit einer Zulassung auf Umwegen geschieht der Pädagogik nicht ihr Recht; sie will nicht geduldet, sondern anerkannt sein.

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