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für den Hauptmann die ,,größte und sicherste" Einnahme seines Amtes. So erzählt Hanns Heinz Ewers, 563) daß in der 12 000 Einwohner zählenden mexikanischen Stadt Torreon jede einzelne der 800 (!) eingeschriebenen Prostituierte an die Polizei „Strafgelder" entrichten muß, wofür sie dann völlig in Ruhe gelassen wird.

Wie erwähnt, sind es heute wesentlich nur noch private Unternehmer, die die lukrative Ausnutzung und Ausbeutung der Prostitution in die Hand genommen haben und einen schwunghaften Handel mit dieser lebendigen Ware treiben. Dieser ,,Mädchenhandel" kommt schon bei primitiven Völkern vor, nahm im Altertum und Mittelalter einen großen Umfang an, um sich dann parallel der Entwickelung des Weltverkehrs über die ganze Welt auszudehnen. Wir werden den Mädchenhandel später noch ausführlicher zu besprechen haben. Ebenso müssen wir die Ausbeutung der Prostituierten durch andere Personen (Hauswirte, Zuhälter usw.) in einem anderen Zusammenhange erörtern.

560) Hanns Heinz Ewers, Mit meinen Augen. Fahrten durch die lateinische Welt, Berlin 1909, S. 253.

DRITTES KAPITEL.

Die Organisation der Prostitution

im klassischen Altertum.

Nachdem wir die in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit zutage getretenen primitiven Wurzeln der Prostitution kennen gelernt und ihre ubiquitäre Natur daraus erklärt haben, d. h. ihr gleiches Wesen, ihren gleichen Ursprung bei Naturund Kulturvölkern, erwächst uns nunmehr die Aufgabe, die Entstehung der modernen Prostitution der Kulturvölker in Beziehung auf ihre Organisation, ihre Differenzierung und mannigfaltigen Erscheinungsformen zu untersuchen. Die prinzipielle Lösung dieser Aufgabe muß, um das Resultat dieses Kapitels gleich vorwegzunehmen, in dem Nachweise erblickt werden, daß fast die gesamte moderne Organisation und Differenzierung der Prostitution aus dem klassischen Altertume stammt, daß bereits das gesamte Prostitutionswesen der Griechen und Römer dieselben Besonderheiten und wesentlichen Züge aufweist, wie die moderne Prostitution, mit der einzigen Ausnahme, daß damals die innige Beziehung der Prostitution zu den ansteckenden Geschlechtskrankheiten unbekannt war und demgemäß sanitäre und polizeiliche Maßregeln gegen die Verbreitung der damals existierenden venerischen Krankheiten (Tripper, lokaler Schanker, Feigwarzen) durch die Prostitution nicht ergriffen wurden, wenn auch trotz des Fehlens der Sanitätspolizei eine gewisse private Hygiene der Prostitution

Bloch, Prostitution. I.

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nachweisbar ist.1) Alle übrigen Verhältnisse der antiken Prostitution zeigen aber eine derartige Uebereinstimmung mit den modernen Zuständen, die sich bis auf die kleinsten Details erstreckt, daß an ihrem beiderseitigen ontogenetischem Zusammenhange nicht gezweifelt werden kann, zumal da dieser in kontinuierlicher Weise durch das Mittelalter hindurch bis zur Neuzeit verfolgt werden kann, und das Christentum den mächtigen Einfluß der Antike auf diesem Gebiete nicht hat brechen können, ja, sich ihm vielfach angepaßt hat. Die moderne Prostitution ist in jeder Beziehung ein Ueberbleibsel der antiken, sie ist immer noch diejenige Form der Lösung der sexuellen Frage, wie sie die antik-mittelalterliche Kultur als einzig möglich und notwendig hingestellt und uns als eine der vielen Kulturdisharmonien antiker Provenienz hinterlassen hat.

Es unterliegt keinem Zweifel und wird später durch einzelne Tatsachen bewiesen werden, daß mit der dreifachen. Ausbreitung der antiken Kultur im Hellenismus, im römischen Imperium und im byzantinischen Kaisertum auch die antike Organisation der Prostitution nach Osten und Westen getragen worden und bis tief ins innere Asien und in ganz Europa und Nordafrika vorbildlich gewesen ist, um später auch im mohammedanischen Orient Eingang zu finden. Es haben hier beständige Rück- und Wechselwirkungen stattgefunden, ohne daß an der antiken Grundlage und dem antiken Kerne Wesentliches geändert worden wäre.

Natürlich hat auch die erste Organisation der Prostitution im Altertum, die sich an den Namen des großen athenischen Gesetzgebers Solon und an das Jahr 594 vor Chr. knüpft, ihre lange Vorgeschichte. Aber diese verliert sich im Dunkel der Zeiten und kann nur auf jene primitiven Wurzeln der Prostitution zurückgeführt werden, die wir im vorigen Kapitel kennen gelernt haben. Die planmäßige, systematische Organisation und Ausbildung des ganzen Prostitutionswesens mit ihren vielen Besonderheiten ist durchaus ein Ergebnis der spezifischen Kultur des klassischen Altertums und kann nur als solches richtig begriffen und erklärt werden.

1) Vgl. hierüber Iwan Bloch, Der Ursprung der Syphilis, Jena 1911. Bd. II, S. 553-554.

Die Organisation der Prostitution durch Solon war nur ein Glied in der Kette der verschiedenen neuen Einrichtungen der gesellschaftlichen und staatlichen Zustände, zu welcher Neuordnung die Athener 594 v. Chr. dem Archon Solon Vollmacht erteilten2). Wenn auch die Angabe des Ammianus Marcellinus (XXII, 16), daß Solon den Rat der ägyptischen Priester bei Abfassung seiner neuen Gesetze eingeholt habe, nicht zutreffend ist, da er nach Herodot (I, 30), und Aristoteles (Verfassung von Athen, 11) erst später nach Aegypten kam, so scheint er doch an die ältere Gesetzgebung, vor allem an die von dem kretischen Priester Epimenides erst kurz vorher (596 v. Chr.) in Athen eingeführten Reformen angeknüpft zu haben, wie dies Plutarch (Solon c. 12) bezeugt. Es ist von Interesse, daß Epimenides sein Augenmerk vor allem auch auf die Reform der öffentlichen Sittlichkeit gerichtet hatte. Es herrschte nach dem Berichte des Plutarch ein Zustand von sexueller Verwilderung, der namentlich der weibliche Teil der Bevölkerung sich hingab und die zu einer ausgedehnten Prostitution auch der freien Frauen führte, da die unteren Volksklassen

den Reichen ganz verschuldet waren und zum Teil sich genötigt sahen, ihre Kinder zu verkaufen (Plutarch, Solon 13; Aristoteles, Verfassung von Athen, Kap. 2). Zum ersten Male tritt uns hier der Begriff des Proletariats entgegen. Auch waren Industrie und Handel schon im Aufschwunge begriffen und traten gleichwertig neben die Landwirtschaft. Es bestanden sogar bereits Fabriken und Großbetriebe mit Sklaven in Athen3). Aber die freien Bürger stellten schon damals ihr Kontingent zum Arbeiterheere1). Hierzu kam noch der bereits ziemlich ziemlich bedeutende Handelsverkehr mit seinem Zuflusse von Fremden und Matrosen. So haben wir eine soziale Struktur der Bevölkerung vor uns, die für die Entwicklung eines ausgedehnten außerehelichen Geschlechtsverkehrs sehr günstig war, so daß häufig Ehebrüche und Verführungen von freien Mädchen vorkamen. Dieser letztere Umstand veranlaßte Solon, seine Sexualreform, die, wie erwähnt, nur ein Teil seiner gleichzeitigen Gesetzgebung war, hauptsächlich nach zwei

2) Vgl. U. von Wilamowitz-Moellendorff, Staat und Gesellschaft der Griechen, Berlin Leipzig 1910, S. 95.

3) U. v. Wilamowitz-Moellendorff a. a. O. S. 119-120. 4) Ebendort S. 120.

Richtungen auszubauen. Er führte nämlich staatliche Zwangsmaßregeln ein, erstens zur Sicherung der Ehe und Verhütung des Ehebruchs und zweitens zur schrankenlosen Befriedigung aller außerehelichen Geschlechtsgelüste. In der solonischen Reform sind beide Maßnahmen eng und unauflöslich mit einander verknüpft und zwar bewußt mit einander verknüpft. Es ist gewissermaßen die staatliche Proklamierung der Verbindung der Zwangsehe mit der Prostitution. Solon legalisiert die Prostitution, um die Ehe zu schützen! Es ist der erste Trugschluß des ersten ,,Reglementaristen". Die Nachwelt hat ihn aufgenommen und immer von neuem wiederholt, bis seine Nichtigkeit und Haltlosigkeit auch von den modernen Anhängern einer staatlichen Reglementierung der Prostitution anerkannt worden ist.

Solon gründete seine Gesetze zur Regelung und zum Schutze des ehelichen Lebens auf eine hohe Auffassung vom Wesen der Ehe, nach der sie nicht ein Lohngewerbe noch eine feile Ware sein sollte, sondern Mann und Weib aus Liebe und Zärtlichkeit, um Kinder zu zeugen, sich miteinander verbinden sollten. Deshalb sollte der Staat keine ohne Liebe geschlossene Ehen dulden, da bei ihnen weder der Zweck noch die Pflicht der Ehe erfüllt werde. (Plutarch, Solon 20). Ja, das staatliche Recht der Beaufsichtigung und Regelung des ehelichen Lebens ging nach Solons Ansicht so weit, das er sogar gesetzliche Vorschriften über die Häufigkeit der Erfüllung der ehelichen Pflicht erließ, nach denen jeder Ehemann verpflichtet war, mindestens dreimal im Monat mit seiner Gattin geschlechtlich zu verkehren. (Plutarch, Eroticus, Kap. 23: Plutarch, Solon 20.)

Dieses uns heute seltsam anmutende Uebergreifen der staatlichen Gesetzgebung auf das Gebiet des Privatlebens erklärt sich aus der Anschauung der Griechen, daß die Erziehung des Einzelnen zur Sittlichkeit dem Staate obliege, und er nur in dem Staate und durch den Staat sittlich werden könne. Daher hatte dem Staate gegenüber der Einzelne keine sittliche Freiheit. Das ist die Ansicht sowohl des Plato, als auch des Aristoteles3). In Solons Gesetzgebung tritt diese Bevormundung des Einzelnen zwecks Erziehung zur Sittlichkeit sehr deutlich hervor. Auch er bediente sich hierfür der merkwürdigen staatlichen Einrichtung der ,,Gynäkonomen" (wörtlich „Frauenaufseher"),

5) Vgl. Edgar Löning, Artikel,,Sittlichkeitspolizei“ im Handbuch der politischen Oekonomie, herausgegeben von G. von Schönberg, 3. Auflage, Tübingen, Bd. III, S. 923.

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