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Goldküste), den Frauen der herrschenden Familien in Westafrika), den vornehmen Mädchen auf den Marschall-Inseln.3)

Die Befriedigung des Geschlechts triebes erscheint eben als eine Pflicht gegen die Gottheit, als ein göttliches Gebot. So erklärt in dem altindischen Epos Mahâbhârata der König Yayâti geradezu: „Der Mann, der von einem Weibe in ihrer Reife angegangen wird und ihren Wunsch nicht erfüllt, wird von den Kennern des Veda ein Mörder des keimenden Wesens genannt. Wer von einem begehrenden und reifen Wesen im Geheimen angegangen, nicht zu ihr geht, verliert die Tugend und heißt bei den Weißen ein Mörder des keimenden Wesens." Mit Recht bemerkt Wilutzky) hierzu, daß die freie Liebe hier nicht als ein Recht, sondern als eine geheiligte Pflicht erscheint. Noch heute muß bei den niederen Klassen der Inder ein Mädchen sich in einem gewissen Lebensalter zwischen Ehe und freier Liebe entscheiden und wird in letzterem Falle vielfach durch eine Scheinehe mit dem Bildnis einer Gottheit vermählt.) Das ungebundene Geschlechtsleben wird also hier dem Gotte als dem Schützer uralter Bräuche geweiht.

Da die Begattung in diesem Zusammenhange als ein heiliger Akt betrachtet wird, dem man göttliche Wirkung beimißt, erweist der Glaube an den Befruchtungszauber durch Ausübung des Geschlechtsaktes im Freien. auf den Feldern zur Anregung des Pflanzenwuchses. Dies geschieht z. B. auf Java, den Molukken), bei den Kaja-Kaja auf Neu-Guinea, wo der Beischlaf nur im Freien, meist in der Pflanzung vollzogen wird"), bei den Südslaven78). Den gleichen Zweck verfolgt das

71) Wilutzky, a. a. O.. S. 26.

72) Ebendort.

73) Knappe, Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten, Bd. I, S. 76.

74) Wilutzky, a. a. O., S. 27.

75) Josef Kohler, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Bd. X, S. 120 ff.

76) Plo B-Bartels, Bd. I, S. 511.

77) R. Pöch, Reisen in Neu-Guinea, in: Zeitschrift für Ethnologie, 1907, Bd. 39, S. 392.

78) Fr. S. Krauß, Beischlafausübung als Kulthandlung, in: Anthropophyteia, 1906, Bd. III, S. 28-30.

Finschneiden von Bildern der weiblichen Genitalien in Fruchtbäume auf Ambon und den Uliase-Inseln.79)

Hierher gehört auch die Verehrung der Geschlechtsteile als göttlicher Symbole im sogenannten Phalluskulte80), der als eine ubiquitäre Erscheinung über die ganze Erde verbreitet ist und zu den merkwürdigsten Formen und Gebräuchen geführt hat, von denen viele sich bis auf die Gegenwart erhalten haben. Die Tatsache, daß künstliche Geschlechtsteile die Gottheit vertreten und z. B. zur Deflorierung benutzt werden, beweist wohl am deutlichsten die religiöse Auffassung des Sexuellen. Die Entjungferung durch das göttliche Symbol eines künstlichen Phallus wird uns z. B. aus Ostindien berichtet. Auch bei den Römern spielte das Fascinum" Membrum virile eine solche Rolle, ebenso bei den Moabitern. Die Namen von, Deflorationsgottheiten" (Baal Peor, Dec Perfica, Pertunda, Mutunus Tutunus, Priapus) weisen auf diese Sitte hin.81) Bachofen hat zuerst ausgesprochen, daß der Zusammenhang zwischen dem Hetärismus, dem ungebundenen Geschlechtsverkehr und religiösen Momenten als ein aus primitiven Instinkten hervorgehender Widerstand gegen eine Individualisierung der Liebe gedacht werden muß. Bei Völkern, die bereits in gebundenen Formen des Geschlechtsverkehrs leben, gibt es doch Gelegenheiten, wo das freie Liebesleben wieder zur Geltung kommt, sich gewissermaßen wieder Bahn bricht, oder auch symbolisch oder wirklich als „Ablösung“ oder ,,Sühne“ dem gebundenen Geschlechtsleben vorausgeht. So finden wir eine momentane Promiskuität bei religiösen Festen. bei denen übrigens auch das später zu erörternde künstlerische Moment als Ursache der geschlechtlichen Ungebundenheit in Frage kommt. Hierher gehören die von dem kaukasischen Stamme der Pschaven zu Ehren Lascha's, des sagenhaften Sohnes der Zarin Tamara gefeierten nächtlichen Orgien, über die Darinsky berichtet82), und die Wilutzky mit den vom skythischen Volke

79) Ploß-Bartels, Bd. I, S. 190.

80) Vgl. darüber J. A. Dulaure, Das divinités génératrices ou du culte du phallus chez les anciens et chez les modernes, Paris 1805, 1825, 1885, 1905, und die deutsche erweiterte Ausgabe,,,Die Zeugung in Glauben, Sitten und Bräuchen der Völker" von Friedrich S. Krauß und Karl Reiskel, Leipzig 1909 (mit neuerer Literatur). 81) Vgl. mein ,,Sexualleben unserer Zeit", S. 109-110.

82) Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Bd. XIV, S. 153-154.

der Saken zu Ehren der Sexualgöttin Anaïtis gefeierten Orgien (Strabo XI cap. 512)83) in Verbindung bringt, ferner die ähn lichen Feiern der nordamerikanischen Indianerstämme und der Eskimos84), auf Madagaskar85), die Feste der Australneger und Fidschi-Insulaner (s. oben), die antiken Isisfeiern u. a. m. An die Idee der Promiskuität gegenüber der Individualliebe erinnern ferner: die Sitten der geschlechtlichen Preisgebung der jungen Frau in der Brautnacht an die anderen Männer bei den Nasamonen (Herodot IV, 172), auf den Balearen (Diodor V, 18), bei den australischen Kurnai86), das vielumstrittene aber doch ethnologisch gut bezeugte,,Jus primae noctis", für das ein massenhaftes Material aus allen Zonen der Erde vorliegt87), die Deflorierung im Namen der Gottheit durch menschliche Stellvertreter (König, Priester, Blutsverwandte, nicht ortsansässige Fremde)88).

- Vor allem aber kommt in der sogenannten „,religiösen Prostitution" der ethnische Elementargedanke eines freien, ungebundenen Waltens des Geschlechtstriebes als eines der Gottheit wohlgefälligen Naturtriebes zu vollstem Ausdrucke. Es ist der Dienst eines zügellosen Naturprinzips, dem die beengende Fessel der Ehe zuwider ist, das nur in jenem ungebundenen, freien Liebesleben seine vollste Erfüllung findet. Die Preisgebung erscheint als ein diesem Naturprinzip dargebrachtes,,Wollustopfer“, als ein Geschlechtsgenuß, der in der Form der Prostitution, der schrankenlosen, geschlechtlichen Hingebung an jeden Beliebigen ohne individuelle Liebe, nur als Akt roher Sinnlichkeit und gegen Entgelt vor sich geht, also alle Merkmale dessen an sich trägt, was wir heute,,Prostitution" nennen, wenn auch die moralische Bewertung eine ganz andere ist, und man in diesem Sinne eigentlich nicht von Prostitution reden könnte. Für den inneren Zusammenhang spricht aber die überall deutliche Provenienz der religiösen Prostitution aus

83) a. a. O., S. 25.

84) J. Kohler, in: Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Bd. XII, S. 315–316.

85) Kohler, ebend., Bd. V, S. 345.

86) Wilutzky, a. a. O., S. 36.

87) Vgl. Wilutzky, a. a. O., S. 34-37.

88) Vgl. mein „,,Sexualleben unserer Zeit", S. 109, 111-113.

der primitiven Promiskuität und ihr häufiger Uebergang in die profane Prostitution. Wie die der religiösen Prostitution dienenden Tempel oft unmittelbar aus dem Männerhause hervorgehens) und noch manche von dessen Eigentümlichkeiten lange bewahren, so sind sie auch zweifellos überall die Vorbilder für die späteren Bordelle gewesen, ja, haben vielfach als solche fungiert.

Man kann die religiöse Prostitution in zwei Kategorien scheiden: 1. die einmalige Prostitution zu Ehren der Gottheit, 2. die dauernde religiöse Prostitution90). Bei der ersteren handelt es sich meistens um die Darbringung der Jungfrauschaft oder um eine einmal sich ereignende Hingabe eines bereits deflorierten Weibes; in beiden Fällen kann, falls nicht ein göttliches Symbol (künstlicher Phallus usw.) die Rolle des Mannes spielt, die Preisgebung an einen oder mehrere Männer erfolgen, die als Stellvertreter der Gottheit zu betrachten sind. Diese zeitliche religiöse Prostitution bekundet sich durchaus als eine Art von „Ablösung" oder „Sühne“ für die Beschränkung der ursprünglichen sexuellen Ungebundenheit, die man aus religiöser Scheu vor dem alten Herkommen nicht ganz zu beseitigen wagt, aber zeitlich nach Möglichkeit beschränkt. Die Dauerprostitution ist dann ein weiterer Schritt in dieser Richtung, da die Dirnen an Stelle aller übrigen Mädchen, die nunmehr ausscheiden, das Prinzip des ungebundenen Geschlechtsverkehrs aufrechterhalten und damit „eine große Aufgabe erfüllen, die in den Augen ihrer Landsleute nicht nur nicht verächtlich, sondern eher dankenswert ist und leicht einen Schimmer von Heiligkeit erhält" (Schurtz). Daraus erklären sich die religiösen Feiern und Volksfeste bei der Einweihung öffentlicher Mädchen, wie sie bei primitiven Völkern üblich sind.

Neben dieser deutlich erkennbaren sozialen Ursache der religiösen Prostitution mögen ja auch vielfach die individuellen Momente einer Beziehung der Gottheit zum Geschlechtlichen eine Rolle spielen. Darüber habe ich früher91) die folgende Ansicht entwickelt, die ja bei Würdigung des sozialen Momentes

89) Vgl. Schurtz, Altersklassen und Männerbünde, S. 198. 90) Vgl. Iwan Bloch, Beiträge zur Aetiologie der Psychopathia sexualis, Dresden 1902, Bd. I, S. 79 ff.

91) Iwan Bloch, Beiträge usw., 1902, Bd. I, S. 88-89.

einer Ablösung der Promiskuität durch Prostitution als des primär wirksamen Faktors wohl auch noch zu Rechte bestehen kann:

Die geschlechtliche Hingebung als rein sinnlicher Akt ist mit einem religiösen Gefühle verknüpft. So konnte entweder eine Kombination glühender Sinnlichkeit mit intensivem religiösen Empfinden das Weib veranlassen, sich ganz dem Dienste des Gottes zu weihen und seinen Leib im Namen desselben dauernd hinzugeben oder es konnte auch die Idee eines göttlichen Harems92) ihre irdische Verwirklichung in der Tempelprostitution finden, bei der auch die Gottheit vieler Weiber durch Vermittelung der Männer teilhaftig wird, oder endlich konnte diese Sitte aus dem ursprünglichen Gebrauche abgeleitet sein, überhaupt den als einen religiösen Akt betrachteten Beischlaf im Tempel oder an heiligen Stellen des Hauses auszuüben. Hierauf deutet eine merkwürdige Aeußerung des in ethnologischen Dingen sehr scharf blickenden Herodot. Indem er von den Aegyptern berichtet, daß der Beischlaf im Tempel bei ihnen streng verboten ist, was vielleicht auf sein früheres Vorkommen hindeutet, fährt er fort:,,Denn alle anderen Völker, außer den Aegyptern und den Hellenen, begatten sich in den Heiligtümern und gehen vom Beischlaf ungewaschen in das Heiligtum und meinen, die Menschen wären gleich wie die Tiere, denn man sähe doch das Vieh und die Vögel sich begatten in den Tempeln der Götter und in den heiligen Hainen; wenn nun dieses dem Gotte nicht angenehm wäre, so würden es ja die Tiere auch nicht tun. Also tun sie, und diesen Grund geben sie davon an; mir aber will das nicht gefallen." (Herodot II, 64.)

Dieser Brauch entsprang unzweifelhaft dem Bedürfnis einer religiösen Empfindung und dem Wunsche, sich durch den Aufenthalt im Tempel während des Aktes mit der Gottheit direkt in Verbindung zu setzen. Als nun später die Gottheit ihre eigenen Hierodulen in Gestalt der Tempelmädchen bekam, da wurde es überflüssig, die eigene Gattin oder ein anderes Weib mit in den Tempel zu nehmen, da man ja nunmehr vermittelst der Tempeldirnen mit der Gottheit verkehren konnte. Bei weiblichen Gottheiten, wie der Mylitta, der Anaitis, der Aphrodite, kommt als viertes ätiologisches Moment der Tempelprostitution noch in Betracht, daß jene Buhlerinnen oft wegen ihrer hervorragenden Schönheit und Geistesgaben als Abbilder der Göttin betrachtet und verehrt wurden. Daraus erklärt sich bei den Griechen der Brauch, daß schöne Hetären, wie z. B. die Phryne dem Praxiteles und dem Apelles Modell standen, um Venusstatuen für die Tempel darnach zu bilden (Athenaeus XIII, 590 f, 591 a).

92) Nach dem Glauben der Inder z. B. hat jeder Gott seinen Harem. Vgl. E. Hardy, Indische Religionsgeschichte, Leipzig 1898, S. 43.

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