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I.

Zustand der modernen Schule.

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Kenntniß der Staatsbürger auf eine bessere Stufe hebt. Dabei kommt es gar nicht auf die besondere Staatsform an. Ob Monarchie oder Republik, ob aristokratische oder demokratische Verfassung, das sind untergeordnete Fragen gegenüber der großen Hauptfrage: Soll der moderne Kulturstaat geistlich oder weltlich sein? soll er theokratisch durch unvernünftige Glaubensfäße und klerikale Willkür, oder soll er nomokratisch durch vernünftige Geseße und bürgerliches Recht geleitet werden? Die Hauptaufgabe ist, unsere Jugend zu vernünftigen, vom Aberglauben befreiten Staatsbürgern heranzuziehen, und das kann nur durch eine zeitgemäße Schul-Reform geschehen.

Unsere Schule. Ebenso wie unsere Rechtspflege und Staatsordnung, entspricht auch unsere Jugenderziehung durchaus nicht den Anforderungen, welche die wissenschaftlichen Fortschritte des 19. Jahrhunderts an die moderne Bildung stellen. Die Natur. wissenschaft, die alle anderen Wissenschaften so weit überflügelt und welche, bei Licht betrachtet, auch alle sogenannten Geisteswissenschaften in sich aufgenommen hat, wird in unseren Schulen immer noch als Nebensache behandelt oder als Aschenbrödel in die Ecke gestellt. Dagegen erscheint unseren meisten Lehrern immer noch als Hauptaufgabe jene todte Gelehrsamkeit, die aus den Klosterschulen des Mittelalters übernommen ist; im Vordergrunde steht der grammatikalische Sport und die zeitraubende „gründliche Kenntniß“ der klassischen Sprachen, sowie der äußerlichen Völkergeschichte. Die Sittenlehre, der wichtigste Gegenstand der praktischen Philosophie, wird vernachlässigt und an ihre Stelle die kirchliche Konfession gesezt. Der Glaube foll dem Wissen vorangehen; nicht jener wissenschaftliche Glaube, welcher uns zu einer monistischen Religion führt, sondern jener unvernünftige Aberglaube, der die Grundlage eines verunstalteten Christenthums bildet. Während die großartigen Erkenntnisse der modernen Kosmologie und Anthropologie, der heutigen Biologie

und Entwickelungslehre auf unseren höheren Schulen gar keine oder nur ganz ungenügende Verwerthung finden, wird das Gedächtniß mit einer Unmasse von philologischen und historischen Thatsachen überladen, die weder für die theoretische Bildung noch für das praktische Leben von Nußen sind. Aber auch die veralteten Einrichtungen und Fakultäts-Verhältnisse der Universitäten entsprechen der heutigen Entwickelungsstufe der monistischen Weltanschauung ebenso wenig, als die Unterrichts-Leitung in den Gymnasien und in den niederen Schulen.

Unsere Kirche. Den Gipfel des Gegensaßes gegen die moderne Bildung und gegen deren Grundlage, die vorgeschrittene Natur-Erkenntniß, erreicht unstreitig die Kirche. Wir wollen hier gar nicht vom ultramontanen Papismus sprechen, oder von den orthodoren evangelischen Richtungen, welche diesem in Bezug auf Unkenntniß der Wirklichkeit und Lehre des krassesten Aberglaubens nichts nachgeben. Vielmehr verseßen wir uns in die Predigt eines liberalen protestantischen Pfarrers, der gute Durchschnittsbildung befißt und der Vernunft neben dem Glauben ihr gutes Recht einräumt. Da hören wir neben vortrefflichen Sittenlehren, die mit unserer monistischen Ethik (im 19. Kapitel) vollkommen harmoniren, und neben humanistischen Erörterungen, die wir durchaus billigen, Vorstellungen über das Wesen von Gott und Welt, von Mensch und Leben, welche allen Erfahrungen der Naturforschung direkt widersprechen. Es ist kein Wunder, wenn Techniker und Chemiker, Aerzte und Philosophen, die gründlich über die Natur beobachtet und nachgedacht haben, solchen Predigten kein Gehör schenken wollen. Es fehlt eben unseren Theologen ebenso wie unseren Philologen, unseren Politikern ebenso wie unseren Juristen an jener unentbehrlichen Naturtenntniß, welche sich auf die monistische Entwickelungslehre gründet, und welche bereits in den festen Besigstand unserer modernen Wissenschaft übergegangen ist.

I.

Vernunft und Offenbarung.

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Konflikt zwischen Vernunft und Dogma. Aus diesen bedauerlichen, hier nur kurz angedeuteten Gegensäßen ergeben sich für unser modernes Kultur - Leben schwere Konflikte, deren Gefahr dringend zur Beseitigung auffordert. Unsere heutige Bildung, als Ergebniß der mächtig vorgeschrittenen Wissenschaft, verlangt ihr gutes Recht auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens; sie wünscht die Menschheit mittelst der Vernunft auf jene höhere Stufe der Erkenntniß und damit zugleich auf jenen besseren Weg zum Glück erhoben zu sehen, welche wir unserer hoch entwickelten Naturwissenschaft verdanken. Dagegen sträuben sich aber mit aller Macht diejenigen einflußreichen Kreise, welche unsere Geistesbildung in Betreff der wichtigsten Probleme in den überwundenen Anschauungen des Mittelalters zurückhalten wollen; sie verharren im Banne der traditionellen Dogmen und verlangen, daß die Vernunft sich unter diese höhere Offenbarung" beugen solle. Das ist der Fall in weiten Kreisen der Theologie und Philologie, der Sociologie und Jurisprudenz. Die Beweggründe dieser letteren beruhen zum größten Theile gewiß nicht auf reinem Egoismus und auf eigennüßigem Streben, sondern theils auf Unkenntniß der realen Thatsachen, theils auf der bequemen Gewohnheit der Tradition. Von den drei großen Feindinnen der Vernunft und Wissenschaft ist die gefährlichste nicht die Bosheit, sondern die Unwissenheit und vielleicht noch mehr die Trägheit. Gegen diese beiden leßteren Mächte kämpfen selbst Götter dann noch vergebens, wenn sie die erstere glücklich überwunden haben.

Anthropismus. Eine der mächtigsten Stüßen gewährt jener rückständigen Weltanschauung der Anthropismus oder die Vermenschlichung". Unter diesem Begriffe verstehe ich „jenen mächtigen und weit verbreiteten Kompler von irrthümlichen Vorstellungen, welcher den menschlichen Organismus in Gegensatz zu der ganzen übrigen Natur stellt, ihn als vor

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bedachtes Endziel der organischen Schöpfung und als ein principiell von dieser verschiedenes, gottähnliches Wesen auffaßt. Bei genauerer Kritik dieses einflußreichen Vorstellungs-Kreises ergiebt sich, daß derselbe eigentlich aus drei verschiedenen Dogmen besteht, die wir als den anthropocentrischen, anthropomorphischen und anthropolatris chen Irrthum unterscheiden“*). I. Das anthropocentrische Dogma gipfelt in der Vorstellung, daß der Mensch der vorbedachte Mittelpunkt und Endzwed alles Erdenlebens oder in weiterer Fassung der ganzen Welt sei. Da dieser Irrthum dem menschlichen Eigennuß äußerst erwünscht, und da er mit den Schöpfungs-Mythen der drei großen Mediterran-Religionen, mit den Dogmen der mosaischen, christlichen und mohammedanischen Lehre innig verwachsen ist, beherrscht er auch heute noch den größten Theil der Kulturwelt. II. Das anthropomorphische Dogma knüpft ebenfalls an die Schöpfungs-Mythen der drei genannten, sowie vieler anderer Religionen an. Es vergleicht die Weltschöpfung und Weltregierung Gottes mit den Kunstschöpfungen eines sinnreichen Technikers oder „Maschinen - Ingenieurs" und mit der Staatsregierung eines weisen Herrschers. Gott der Herr“ als Schöpfer, Erhalter und Regierer der Welt wird dabei in seinem Denken und Handeln durchaus menschenähnlich vorgestellt. Daraus folgt dann wieder umgekehrt, daß der Mensch gottähnlich ist. Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde." Die ältere naive Mythologie ist reiner Homotheismus und verleiht ihren Göttern Menschengestalt, Fleisch und Blut. Weniger vorstellbar ist die neuere mystische Theosophie, welche den persönlichen Gott als unsichtbares" eigentlich gasförmiges! Wesen verehrt und ihn doch gleichzeitig nach

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*) E. Haedel, Systematische Phylogenie. 1895. Bd. III, S. 646 bis 650: „Anthropogenie und Anthropismus“. (Anthropolatrie bedeutet: Göttliche Verehrung des menschlichen Wesens".)

I.

Anthropistische Irrthümer.

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Menschenart denken, sprechen und handeln läßt; sie gelangt dadurch zu dem paradoren Begriff eines „gasförmigen Wirbelthieres". III. Das anthropolatrische Dogma ergiebt sich aus dieser Vergleichung der menschlichen und göttlichen Seelenthätigkeit von selbst; es führt zu der göttlichen Verehrung des menschlichen Organismus, zum „anthropistischen Größenwahn". Daraus folgt wieder der hochgeschäßte „Glaube an die persönliche Unsterblichkeit der Seele", sowie das dualistische Dogma von der Doppelnatur des Menschen, dessen „unsterbliche Seele" den sterblichen Körper nur zeitweise bewohnt. Indem nun diese drei anthropistischen Dogmen mannichfach ausgebildet und der wechselnden Glaubensform der verschiedenen Religionen. angepaßt wurden, erlangten sie im Laufe der Zeit eine außerordentliche Bedeutung und wurden zur Quelle der gefährlichsten Irrthümer. Die anthropistische Weltanschauung, die daraus entsprang, steht in unversöhnlichem Gegensaß zu unserer monistischen Natur-Erkenntniß; sie wird zunächst schon durch deren kosmologische Perspektive widerlegt.

Kosmologische Perspektive. Nicht allein die drei anthropistischen Dogmen, sondern auch viele andere Anschauungen der dualistischen Philosophie und der orthodoxen Religion offenbaren ihre Unhaltbarkeit, sobald wir sie aus der kosmologischen Perspektive unsers Monismus kritisch betrachten. Wir verstehen darunter jene umfassende Anschauung des Weltganzen, welche wir vom höchsten erklommenen Standpunkt der monistischen Natur-Erkenntniß gewonnen haben. Da überzeugen wir uns von folgenden wichtigen, nach unserer Ansicht jezt größtentheils bewiesenen „kosmologischen Lehrfäßen“.

1. Das Weltall (Universum oder Kosmos) ist ewig, unendlich und unbegrenzt. 2. Die Substanz desselben mit ihren beiden Attributen (Materie und Energie) erfüllt den unendlichen Raum und befindet sich in ewiger Bewegung. 3. Diese Bewegung

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